Protokoll der Sitzung vom 13.11.2019

(Zuruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

Heute ist die Stunde des Landtags, und ich habe Ihnen seit 10 Uhr aufmerksam zugehört.

(Zuruf von der AfD: Sie waren doch draußen!)

Ich möchte auf einiges, was Sie gesagt haben, noch einmal eingehen.

Ja, wir haben einen Haushaltsentwurf vorgelegt, und er ist die Grundlage dafür, dass wir mit Zuversicht ins neue Jahrzehnt starten können. Und warum können wir das? Weil dieser Haushaltsentwurf eine solide Grundlage ist. Er ist nachhaltig,

(Abg. Rainer Hinderer SPD: Und wetterfest!)

er denkt an heute, aber auch an morgen und übermorgen, er ist generationengerecht,

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

und er ist wetterfest, meine Damen und Herren.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Halten Sie jetzt die Rede von letzter Woche noch einmal? – Zu ruf des Abg. Anton Baron AfD)

Er ist wetterfest. Und die Grundsätze, die diesem Haushalts entwurf zugrunde liegen, lauten zum einen: Es handelt sich um Steuergeld. Es ist nicht mein Geld, es ist nicht das Geld des Haushaltsgesetzgebers,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Unser Geld!)

sondern es ist das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzah ler. Das sind auch wir alle hier im Raum – der Kollege Röhm selbstverständlich ebenso.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ich zahle gern Steu ern! Der Staat gibt mir ja etwas zurück! – Zuruf des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

Deswegen haben wir natürlich den Anspruch, mit diesem Geld verantwortungsvoll und effizient umzugehen sowie zum Zwei ten einen Mehrwert zu schaffen. EU-Kommissar Oettinger hat

in Bezug auf die europäischen Finanzmittel einmal gesagt: „Es muss ein Mehrwert geschaffen werden.“

Das sind also die Leitlinien. Und, meine Damen und Herren, ich bin überzeugt, dass all diese Grundsätze und Leitlinien mit diesem Entwurf auch eingehalten sind.

Wir haben uns viel Mühe gegeben. Das gilt natürlich für die Landesregierung, die den Entwurf aufgestellt hat. Aber vor al lem gilt auch: Es ist ein Gemeinschaftswerk, das gemeinsam mit den Regierungsfraktionen, mit Grünen und CDU, erarbei tet wurde. Wir haben uns in vielen und langen Sitzungen der Haushaltskommission auf diesen Entwurf verständigt. Dafür noch einmal ganz herzlichen Dank an dieser Stelle, meine Da men und Herren.

Gern gehe ich auf einige Kritikpunkte ein, die die Opposition hier formuliert hat.

(Zuruf: Auch die CDU!)

Um es deutlich zu sagen – das wurde schon im ersten und im zweiten Redebeitrag gesagt –: Wir sind noch nicht fertig. Das ist der Entwurf der Regierung, und jetzt beginnen die Bera tungen im Parlament. Wir werden in den kommenden zwei Wochen, Herr Kollege Stickelberger, gemeinsam viele Stun den im Finanzausschuss verbringen, nehme ich an

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Ich freue mich da rauf!)

ich freue mich auch darauf –, und wir werden jeden Einzel plan intensiv beraten. Selbstverständlich wird es Änderungen am Haushaltsplanentwurf geben. Alles andere wäre eine nie da gewesene Premiere. Änderungen muss es schon allein des halb geben, weil die Ergebnisse der Steuerschätzung erst vor lagen, nachdem der Haushaltsentwurf beschlossen worden war. Deshalb müssen, Herr Kollege Stoch und Herr Kollege Rülke, noch einige Punkte geklärt werden. Da geht es auch um die Steuermehreinnahmen und die Daimler-Bußgelder – beides zusammen fast 2 Milliarden € – und die Frage: Wie ist die Verwendung dieser Mittel geplant? Ich habe in der letzten Woche dafür plädiert, Vorsorge zu treffen, die Rücklage zu er höhen und insbesondere für konjunkturelle Risiken vorzusor gen.

Damit sind wir schon an einem Punkt, an dem ich einiges, was der Kollege Stoch gesagt hat, einmal genauer unter die Lupe nehmen möchte.

„Handeln statt reden“, haben Sie gefordert. Das haben Sie jetzt nicht zum ersten Mal gesagt. Die Handlung erfolgt dann, wenn der Haushalt beschlossen ist. Erst dann sind die Mittel freige geben. Und dann können all die Projekte, all die Verbesserun gen, all die Investitionen in reale Politik umgesetzt werden.

(Zuruf des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

Wir haben in den vergangenen Jahren bewiesen, dass wir in Baden-Württemberg handeln. Das werden wir selbstverständ lich auch in den kommenden Jahren tun.

Zu dem Satz der AfD-Fraktion, dies sei der letzte Haushalt von Grün-Schwarz, kann ich nur sagen: Träumen Sie weiter. Es wird nicht der letzte sein.

(Vereinzelt Beifall bei den Grünen – Lachen der Abg. Bernd Gögel und Anton Baron AfD – Abg. Anton Ba ron AfD: Das werden wir sehen! Vielleicht kommt ja Grün-Gelb!)

Es ist der zweite Doppelhaushalt, und es werden noch einige weitere Doppelhaushalte folgen.

Wir sind in einer Situation – das habe ich in der letzten Wo che auch nicht verhehlt –, in der sich die konjunkturelle Ent wicklung im Vergleich mit den letzten Jahren auf jeden Fall abgeschwächt hat.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP zu den Grü nen: Haben Sie das gehört? Das war eine Koalitions aussage! – Gegenruf des Abg. Andreas Stoch SPD: Die CDU jubelt!)

Deshalb müssen wir Vorsorge treffen, und deshalb sollten wir die Rücklagen erhöhen.

Wie Sie, Herr Kollege Stoch, auf die Summe von 5 Milliar den € an Rücklagen kommen, die wir jetzt angeblich noch hät ten, kann ich nicht nachvollziehen.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Ah ja!)

Ich kann Ihnen sagen: Wir hatten eine Rücklage für Haushalts risiken. Diese umfasste einmal ein Volumen von 1,056 Milli arden €. Im September waren davon noch etwas über 300 Mil lionen € nicht gebunden. Mittlerweile sind 8,9 Millionen € da von noch nicht verausgabt bzw. gebunden. Also, diese Mittel können Sie nicht gemeint haben, Herr Kollege Stoch.

Vielleicht haben Sie in die 5 Milliarden € die 2,2 Milliarden € eingerechnet, die wir für den Abbau der impliziten Verschul dung, also den Sanierungsstau an landeseigenen Gebäuden, zurückgelegt haben. Das könnte sein. Wenn das der Fall ist, dann kann ich Ihnen sagen, dass im Herbst 52 Millionen € von diesen 2,243 Milliarden € noch nicht für konkrete Projekte ge bunden waren. Seit der Finanzausschusssitzung im Oktober hat sich auch das geändert. Also, die komplette Summe für die Sanierung von landeseigenen Gebäuden ist mittlerweile gebunden.

Dass Sie die Rücklagen für Stuttgart 21 da jetzt subsumiert hätten, kann ich mir irgendwie nicht vorstellen. Wenn Sie sa gen: „Wir haben ja so viel Geld frei“, würde das ja bedeuten, dass Sie sagen, wir sollten die 379 Millionen €, die da drin sind, jetzt für etwas anderes verwenden.

Ich weiß auch nicht, ob Sie den Versorgungsfonds oder die Versorgungsrücklage eingerechnet haben. Das kann aber ei gentlich nicht sein; denn das wären inzwischen rund 8 Milli arden €. Ich gehe einmal davon aus, dass Sie diese auch er halten wollen.

Ob Sie jetzt auch schon die Milliarde eingerechnet haben, von der ich in der vergangenen Woche gesagt hatte, die sollten wir zusätzlich verwenden, weiß ich ebenfalls nicht.

Auf jeden Fall kann ich Ihnen sagen: Die Rechnung, die Sie hier aufgemacht haben, ist definitiv falsch, meine Damen und Herren.

(Zuruf des Abg. Andreas Stoch SPD)

Sie ist falsch, und deswegen müssen wir tatsächlich – darü ber werden wir in der Koalition beraten – die Vorsorge erhö hen.

(Zuruf des Abg. Peter Hofelich SPD)

Ich kann Ihnen nur sagen: Wer auch in Zukunft handlungsfä hig sein will und auch in Zukunft gestalten will, der muss jetzt Vorsorge treffen. Und genau das werden wir tun.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Fabian Gram ling CDU – Abg. Rainer Stickelberger SPD: Und in vestieren!)

Ja, und wir investieren viel. Und ich sage: Wenn man fast 2 Milliarden € mehr zur Verfügung hat, dann kann man so wohl zusätzliche Ausgaben tätigen als auch die Rücklage auf stocken. Beides ist möglich, meine Damen und Herren, bei des werden wir tun. Wo genau wir investieren, werden wir heute und auch im Zuge der Finanzausschusssitzungen inten siv diskutieren und dann beschließen.

Herr Kollege Stoch, besonders interessant war Ihre Forderung, wir sollten jetzt antizyklisch investieren. Zunächst einmal: Wir haben ja mit dem Abbau der impliziten Verschuldung die Möglichkeit, Mittel, die für Tilgung vorgesehen sind, auch in den Erhalt des landeseigenen Vermögens zu investieren. Das heißt, es ist möglich, in die Substanz des Landes zu investie ren. Das ist gut und richtig. Wenn wir die Mittel jetzt gebun den haben, ist ja noch nicht jedes Projekt fertiggestellt und ab geschlossen; das dauert ein bisschen länger. Ich sage einmal: Es liegt insbesondere daran, dass die Baukonjunktur nach wie vor sehr gut läuft und es eine hohe Auslastung gibt.

Es ist doch klar, dass die Probleme, die wir jetzt haben, ins besondere im Bereich der Automobilindustrie und im Bereich des Maschinenbaus liegen. Das haben Sie selbst ja auch an gesprochen. Ich weiß jetzt nicht genau, was Sie meinen, wenn Sie sagen, wir sollten in Baden-Württemberg antizyklisch in vestieren. Sollen wir Maschinen anschaffen? Sollen wir mehr Autos kaufen? Ist das Ihre Vorstellung von antizyklischen In vestitionen? Das kann ich mir jetzt nicht vorstellen.

Wenn hier behauptet wird, diese Regierung würde zusehen, wie die wirtschaftliche Entwicklung läuft, und nicht handeln, dann kann ich Sie nur fragen: Wer war es denn, der den ers ten sogenannten Autogipfel einberufen hat? Das war nicht die Bundesregierung, und das war auch kein anderer Ministerprä sident, sondern das war Ministerpräsident Winfried Kretsch mann. Aus diesem ersten Autogipfel ist dann der Strategiedi alog Automobilwirtschaft entstanden, eine Vernetzung von Politik, Wissenschaft und Wirtschaft, und ich kann nur sagen: Das hat sich als absolut vorausschauende Initiative bewährt. Über diesen Strategiedialog Automobilwirtschaft sind eine Menge gemeinsamer Projekte entstanden. Und ich denke, das ist genau die richtige Reaktion auf die schwierigen Entwick lungen im Bereich Fahrzeugbau gewesen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)