Protokoll der Sitzung vom 13.11.2019

Die nächste Frage kommt von Herrn Abg. Blenke.

Ich schließe genau an das von Ihnen Letztgesagte an, Herr Minister. Vielen Dank für diese gute Antwort von Ihnen zum Schluss.

Bei den vorherigen Fragestellern klang eine gewisse Sehn sucht nach Wiedereinführung von strengen Grenzkontrollen, von Schlagbäumen bis hin zu Zäunen und Mauern durch.

(Abg. Anton Baron AfD: Ach! – Abg. Udo Stein AfD: Das haben doch alles nur Sie gesagt!)

Ich möchte Sie einfach einmal bitten, uns die Errungenschaf ten darzulegen, die wir in Europa durch das Schengen-Ab kommen bei der Reisefreiheit mit den offenen Grenzen ha ben,

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

dass wir Europäer uns frei in Europa bewegen können, auch welche Freiheitsrechte das bewirkt bis hin zu dem, was das alles an wirtschaftlichen Vorteilen für uns bringt.

(Beifall der Abg. Daniel Andreas Lede Abal und Mar tina Braun GRÜNE sowie Karl Rombach CDU)

Herr Abg. Blenke, es wird in der mir von der Prä sidentin zur Verfügung gestellten Zeit absolut unmöglich sein,

(Zuruf von der AfD: Guter Versuch!)

hier die Vorteile der offenen Grenzen in Europa darzulegen.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Wir kön nen es ja einmal testen!)

Sie haben aber völlig zu Recht das Stichwort Ökonomie an gesprochen. Es gibt wahrscheinlich keine Region in ganz Eu ropa, die ökonomisch so stark von den offenen Grenzen pro fitiert hat wie Baden-Württemberg. Baden-Württemberg ist das Exportland Nummer 1 in Europa.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen, der CDU und der SPD)

Ich erinnere mich noch gut an Währungsdisparitäten,

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

als man sich gegen Währungsrisiken versichern musste. Das war für Unternehmen wie Daimler und Bosch ein überschau bares Problem, aber für den Mittelstand, für die Familienbe triebe ist das ein großes Problem gewesen. Deswegen bin ich sehr dankbar, dass insbesondere die mittelständische Wirt schaft, die Handwerker, die Familienbetriebe in unserem Land von diesem Europa der offenen Grenzen – einschließlich des Euro – profitiert haben wie niemand anders, auch in Heil bronn. Das hat uns über viele Jahrzehnte Wohlstand und Zu kunftsperspektiven für junge Menschen gegeben. Das sollte gerade uns in Baden-Württemberg unwahrscheinlich viel wert sein.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Das ist die ökonomische Seite. Um ein anderes Beispiel zu nennen: Die Wahrheit beginnt ja dann sehr schnell am Bren ner. Ich komme noch aus einer Generation, dass ich mich er innern kann, dass Lastkraftwagen am Brenner nicht stunden lang, sondern tagelang in der Schlange gestanden sind.

(Abg. Thomas Blenke CDU: So ist es!)

Was das für eine Exportwirtschaft wie die in Baden-Württem berg in Zeiten bedeuten würde, in denen „just in time“ im Grunde genommen ein Grundsatz unseres Wirtschaftslebens ist, kann man sich gar nicht ausmalen. Es wäre für die badenwürttembergische Wirtschaft eine Katastrophe, wenn wir die alten Brennerkontrollen, wie ich sie vor etwa 40, 50 Jahren noch persönlich miterlebt habe, wieder bekämen.

Abgesehen davon ist es für viele Menschen, insbesondere jün gere Menschen, selbstverständlich, sich hier in Stuttgart in den Zug zu setzen und gut drei Stunden später in Paris wie der aus dem Zug auszusteigen. Das ist das Europa der Frei heit, das viele Menschen sich wünschen. Es ist insbesondere auch ein Europa, das uns wirtschaftlich bzw. ökonomisch in den letzten Jahrzehnten außerordentlich viel gebracht hat.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Thomas Blenke CDU: Danke schön!)

Vielen Dank. – Es liegen mir noch zwei weitere Wortmeldungen vor. Aber die Zeit für die ses Thema ist um.

Ich rufe das nächste Thema auf.

(Minister Thomas Strobl steht am Redepult.)

Herr Minister, Sie sind zwar gleich wieder dran, aber Sie können sich zunächst noch einmal an Ihren Platz begeben. Ich rufe erst einmal das zweite Thema auf, gemeldet von der AfDFraktion:

E s k a l i e r e n d e H o c h z e i t s k o r s o s

(Minister Guido Wolf: Das dauert! – Vereinzelt Hei terkeit)

Das Wort für die AfD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Stauch.

Frau Präsidentin, sehr geehr te Damen und Herren Abgeordnete! Ich frage die Landesre gierung nach angemessener Zeit nochmals zu Hochzeitskor sos.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Zu was?)

Zu Hochzeitskorsos.

Am 8. Juli 2019 betonte Innenminister Strobl bezüglich Hoch zeitskorsos, dass bei Straftaten der Spaß aufhöre. Im Folgen den kam es aber erneut und teilweise verstärkt zu weiteren Hochzeitskorsos mit Gefährdungslagen durch Blockieren von Autobahnen und weiteren Straßen und durch Schusswaffen einsatz, wie beispielsweise in Aalen am 30. September 2019, am 4. und 7. Oktober 2019 und am 14. Juli 2019 sowie u. a. am 24. September 2019 in Mannheim, Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, am 14. Juli 2019 in Waiblingen mit Unfall. Man könnte die Aufzählung noch weiter ausdehnen. Es gibt genü gend Vorfälle.

Immer wieder kommt es dabei zu gefährlichen Eingriffen in den Straßenverkehr und zu Verstößen gegen das Waffenrecht.

Kulturelles Brauchtum fällt nach Expertenaussagen als Be weggrund weg. Vielmehr handelt es sich um übersteigertes Männlichkeitsgehabe und nach anderer Ansicht – die halte ich für wahrscheinlich – um Machtdemonstration.

Ich komme nun zu meinen Fragen.

Erstens: Welche Maßnahmen und mit welchem Erfolg wur den seit meiner ersten Befragung zur Eindämmung des straf rechtlich relevanten und verkehrswidrigen Verhaltens bei Hoch zeitskorsos eingeleitet?

Zur zweiten Frage. Da bisherige Maßnahmen offensichtlich wirkungslos sind und, wie beispielsweise in Frankreich oder Nürnberg 2019 mit Toten schon geschehen, Gefahren für Leib und Leben unbeteiligter Dritter bestehen, frage ich: Wurden bei der Innenministerkonferenz gemeinsame Handlungswege besprochen? Und, falls nein: Wie gedenkt die Landesregie rung, diese Problematik endlich in den Griff zu bekommen?

Vielen Dank. – Das Wort für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Strobl.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Abgeord neter, zunächst möchte ich in aller Deutlichkeit zum Ausdruck bringen: Für Autokorsos, bei denen die Teilnehmer sich und andere gefährden, Straßen blockieren oder gar Schreckschuss waffen abfeuern, habe ich kein Verständnis – null Komma null Verständnis.

(Beifall bei der CDU sowie der Abg. Klaus Dürr und Daniel Rottmann AfD)

Wir werden alles tun, das auch zu unterbinden.

Ich will Ihnen das auch gern begründen. Das hat für mich überhaupt nichts mit Fröhlichkeit zu tun. Das hat im Übrigen auch nichts mit irgendeinem kulturellen Hintergrund von ir gendjemandem zu tun – null Komma null –, sondern das sind Verstöße gegen Recht und Gesetz. Wir dulden das nicht, und die Polizei schreitet in allen Fällen auch sehr konsequent ein.

Gern nehme ich die Gelegenheit wahr, Ihnen einen aktuellen Überblick zum Thema „Hochzeitskorsos in Baden-Württem berg“ zu geben.

Im laufenden Jahr wurden seitens der Polizei drei Autobahn blockaden und 67 sonstige Straßenblockaden durch Hoch zeitskorsos in Baden-Württemberg festgestellt; Stichtag war der 20. September. In den letzten zwölf Monaten – Stichtag 9. August – wurden landesweit insgesamt rund 90 Hochzeits korsos polizeilich registriert. Die Polizei wurde bei sämtlichen vor Ort angetroffenen Autokorsos tätig. Es gelangten 25 Straf taten zur Anzeige, und es wurden 14 Schreckschusswaffen be schlagnahmt. Mir ist kein Fall bekannt, bei dem nachweislich eine scharfe Waffe abgefeuert wurde.

Um es klar zu sagen: Schusswaffen haben bei Hochzeitsfei ern nichts, aber auch rein gar nichts verloren.

(Abg. Thomas Blenke CDU: So ist es!)

Wenn aus einem Autokorso heraus geschossen wurde, wer den die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und die Fahrzeuge konsequent durchsucht. Aufgefundene Schreckschusswaffen werden wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz be schlagnahmt, der Autokorso wird aufgelöst. Wie Sie sehen, ist die Polizei handlungsfähig und schreitet konsequent ein.

Herr Abgeordneter, ich freue mich, Ihnen an dieser Stelle mit teilen zu können, dass sich der Bund nicht zuletzt auf mein Drängen hin bewegt hat und nun die längst überfällige Ver schärfung des Tatbestandskatalogs für Verkehrsordnungswid rigkeiten mit einem besonderen Gefährdungspotenzial angeht. Für uns ist es eine Selbstverständlichkeit, dass wir uns hier bei aktiv einbringen werden. Die erste Sitzung des Experten gremiums „Sanktionsniveau“ findet noch in diesem Jahr statt. Die B-IMK hat am 15./16. Juni entsprechende Beschlüsse zur Verschärfung des Strafmaßes für besonders gefährliche Ver stöße auch in den Bereichen Lärm und Abgase gefasst.