Protokoll der Sitzung vom 14.11.2019

Was die Wartezeit für den Versorgungsanspruch angeht, herrscht, glaube ich, immer noch ein Missverständnis vor. Frau Bay hat es vorhin erklärt – vielen Dank –: Gleichstellung erfolgt nur hinsichtlich der Zeit, die erfüllt sein muss; bei der Wartezeit gibt es eine Gleichstellung. Die Höhe des Min destanspruchs hängt natürlich immer auch vom Arbeitsum fang, der auch tatsächlich geleistet wurde, ab.

(Abg. Dr. Rainer Podeswa AfD: Die Mindestversor gung bekommen sie immer!)

Das haben wir ja auch schon im Innenausschuss angespro chen.

(Zurufe der Abg. Dr. Rainer Podeswa und Carola Wolle AfD)

Immerhin ist im Zuge des Anhörungsverfahrens eine Erwei terung des Tatbestands eingetreten. Wir begrüßen, dass Teil zeit, Elternzeit und Pflegezeit in die Gleichstellung gekom men sind. Dass die Mütterrente fehlt, kann man gut nachvoll ziehen. Sie gehört systematisch sicher nicht in eine Regelung in beamtenrechtlichen Vorschriften.

Was uns aber natürlich schon stört: Das abschlagsfreie Ruhe gehalt, das nach 45 Dienstjahren erreicht wird, ist immer noch an die Voraussetzung der Vollendung des 65. Lebensjahrs ge knüpft. Das wurde vom DGB auch schon zu zahlreichen an deren Gesetzentwürfen eingewendet. Da hätte ich doch erwar tet, dass man sich mit diesem Argument auseinandersetzt. Das muss man ja nicht in diesem Gesetz regeln. Aber nur darauf zu verweisen, dass die bisherige Rechtslage okay ist und auch europarechtlichen Vorschriften nicht widerspricht, ist etwas dürftig. Man hätte sich ruhig einmal mit diesem Vorschlag auseinandersetzen können und vielleicht das Für und Wider einer solchen Regelung aufzeigen können, zumal es ohnehin nur um relativ wenige Fälle gehen kann. Wer erreicht heute noch bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs 45 Dienstjahre?

(Abg. Karl Klein CDU: Wir beide!)

Sie und ich, Herr Klein. Alle anderen betrifft es wahrschein lich nicht mehr.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Zu den Leitungsfunktionen im Linden-Museum möchte ich nichts sagen.

Aber zum Gesetz zur Ausführung des Zensusgesetzes möch te ich schon etwas sagen. Wir müssen jetzt das Ausführungs

gesetz verlängern, weil noch zahlreiche Gerichtsverfahren an hängig sind. Da hätten wir schon erwartet, dass vielleicht die Landesregierung einmal tätig wird. Warum kann man nicht versuchen, mit den betroffenen Gemeinden über die Jahre ei ne außergerichtliche Lösung herbeizuführen? Wenn die sta tistischen Daten damals mangelhaft und unzureichend waren, dann hätte man ja daran denken können, dass man, wenn da Fehler passiert sind, diese heilt und im Einvernehmen mit den Kommunen eine Regelung findet, um anhängige Gerichtsver fahren zu beenden. Aber wir wissen ja aus anderen Bereichen, dass die Kontakte der Landesregierung zu den kommunalen Landesverbänden, zur kommunalen Familie, wie das immer so schön beschrieben wird, durchaus störanfällig sind

(Heiterkeit des Abg. Peter Hofelich SPD)

und das Finanzministerium offensichtlich nicht in der Lage ist, Einigungsgespräche zu führen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Unter dem Strich: Die Regelungen, die in dem Entwurf die ses Artikelgesetzes getroffen wurden, sind notwendig und sinnvoll. Deshalb wird die SPD-Fraktion zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Karl Klein CDU – Abg. Peter Hofelich SPD: Sehr schön!)

Herr Abg. Brauer, Sie sprechen für die FDP/DVP.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung hat hier einen Gesetzentwurf zur Anpassung des Landesbe amtenversorgungsgesetzes vorgelegt. Sie bezeichnet ihn im Vorblatt als Gesetz zur Anpassung an verschiedene Rechtsän derungen. So ist es auch eine Ansammlung kleiner Änderun gen, die jedoch für die jeweils Betroffenen zu deutlichen Ver besserungen führen können.

Ich möchte hier nur zwei Aspekte herausgreifen, und zwar zum einen die volle Anrechnung von Teilzeittätigkeiten auf die Wartefrist für den Versorgungsanspruch und zum anderen die Mindestversorgung als neue Untergrenze für Beamte. Hier werden ungünstige Fallkonstellationen, die zu einem Versa gen des Anspruchs auf Mindestversorgung geführt haben, kor rigiert und damit Betroffenen die Angst vor einer zu geringen Pension bei frühzeitigem Ausscheiden aus dem Beruf genom men. Deshalb stimmen wir dem Gesetzentwurf zu.

Jedoch hätten sich noch mehr Menschen draußen gefreut, wenn in einem Änderungsgesetz zum Beamtenrecht die lan ge diskutierten und auch im Koalitionsvertrag erwähnten Ver besserungen der Arbeitssituation der Landesbeamten in die Wege geleitet worden wären.

Völlig vergessen wurde beispielsweise die Absenkung der 41-Stunden-Woche durch die Einführung von Lebensarbeits zeitkonten, auf die die 41. Stunde gebucht werden kann. Die se könnte von den Beamtinnen und Beamten später für ein Sabbatical oder für die Reduzierung der Lebensarbeitszeit ge nutzt werden.

Wir stehen im Ländervergleich bezüglich unseres Beamten rechts nicht so gut da, wie es unserer Stellung in der Bundes republik eigentlich angemessen wäre. Aber eines darf man na türlich nicht vergessen: Wir haben in der letzten Woche eine ordentliche Besoldungserhöhung beschlossen, und zusätzlich werden im neuen Haushalt wieder fast 3 000 neue Stellen ent halten sein. Dies alles erhöht die Personalausgaben immer weiter. Aufgabenkritik und Stelleneinsparungen wären nötig, doch das Gegenteil ist der Fall. Es gibt immer mehr Aufga ben für den Staat. So sind die neuen Stellen häufig notwen dig, weil Rechtsansprüche bestehen oder komplizierter ge wordene Regelungen mehr Personal erfordern.

Man würde sich wünschen, dass insbesondere der Bund bei Gesetzesänderungen mehr an den dadurch ausgelösten Perso nalmehraufwand in Land und Kommunen als an die dadurch ausgelöste Pressemitteilung denkt.

Doch die aktuelle Landesregierung macht es teilweise auch nicht besser, wenn schon zum zweiten Mal keine Einigung mit den kommunalen Landesverbänden beim neuen Haushalt zustande kommt. Das Geld für deren Forderungen wäre vor handen gewesen – das weiß jeder –, und unverschämt waren diese Forderungen auch nicht. In der Landesregierung hat man schlicht die eigenen Projekte höher gewichtet als die Anlie gen der Kommunen.

Beim Blick auf den Kalender stellt man fest: Die Kommunal wahl ist vorbei, die Landtagswahl steht vor der Tür. So ein fach macht es sich die Regierung.

Herr Wald ist gerade nicht da. Er hat es sich vor zwei Wochen auch leicht gemacht, als er bei der Tagung der Steuergewerk schaft in Schwäbisch Gmünd die Beamtinnen und Beamten damit vertröstet hat, dass die grün-schwarze Koalition an ei ner Rücknahme der Verschlechterung bei der Beihilfe, z. B. bei Ehepartnern an einer Rücknahme der Kürzung der Beihil fe von 70 % auf 50 %, arbeite. Wenn dieses Landesbeamten versorgungsgesetz das Ergebnis dieser Arbeit ist, dann sollten Sie sich jetzt bei der Steuergewerkschaft melden und sich da für entschuldigen. Bei der Beihilfe ist nämlich rein gar nichts passiert.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Für die Regierung darf ich das Wort Frau Staatssekretärin Dr. Splett geben.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Aus sprache wurde schon hervorgehoben, wie wichtig die Verein barkeit von Beruf und Familie für die Attraktivität des öffent lichen Dienstes ist. Insbesondere vor dem Hintergrund des de mografischen Wandels ist dies ein zentraler Erfolgsfaktor im Wettbewerb um Fachkräfte.

Bereits jetzt wird vom Land als Arbeitgeber die Vereinbarkeit von Beruf und Familie großgeschrieben. Dabei noch besser zu werden und das Land dadurch noch wettbewerbsfähiger zu machen, ist ein wichtiges Anliegen dieser Landesregierung. Der Gesetzentwurf, den wir heute in zweiter Lesung beraten, trägt hierzu bei.

Neben Änderungen im Versorgungsrecht enthält der Gesetz entwurf Änderungen am Besoldungsrecht, notwendige An passungen des Partizipations- und Integrationsgesetzes für Ba den-Württemberg, des Landesstatistikgesetzes sowie des Ge setzes zur Ausführung des Zensusgesetzes 2011. Einige we sentliche Regelungen, die wir mit diesem Gesetzentwurf nun auf den Weg bringen, möchte ich im Folgenden hervorheben.

Es geht zunächst um die Berücksichtigung von Eltern- sowie Pflegezeiten bei der für einen Versorgungs- oder Altersgeld anspruch erforderlichen Wartefrist. – Die Betonung liegt auf der Wartefrist, nicht auf der Höhe. – Durch die Berücksichti gung von Elternzeiten sowie Pflegezeiten bei der Wartefrist wird die Attraktivität und Familienfreundlichkeit des Landes als Arbeitgeber weiter gestärkt, indem den durch diese Rechts änderung betroffenen Beamtinnen und Beamten u. a. die Sor ge vor einem unversorgten Ausscheiden wegen Dienstunfä higkeit genommen oder reduziert wird.

(Vereinzelt Beifall)

Frau Staatssekretärin, las sen Sie eine Zwischenfrage von Herrn Abg. Dr. Podeswa zu?

Ja.

Vielen Dank, Frau Staatsse kretärin Splett, dass Sie die Frage zulassen. – Ich zitiere wört lich:

Mit der Streichung des § 27 Absatz 4 Satz 4 soll es künf tig nicht mehr möglich sein, dass verbeamtete Personen im Ruhestand aufgrund von Freistellungszeiten einen ge ringeren Versorgungsanspruch als die Mindestversorgung haben.

Wie hoch ist die Mindestversorgung, und welche Versorgung bekommt dann ein Beamter, der fünf Jahre lang in Teilzeit tä tig war und anschließend, aus welchen Gründen auch immer, in den Ruhestand geht?

Vielen Dank für die Fra ge. Zur Mindestversorgung komme ich gleich.

Ich war jetzt noch beim Thema Wartefrist und bei der Berück sichtigung von Eltern- und Pflegezeiten. Ein weiterer Punkt zur Wartezeit betrifft die Abschaffung der nur zeitanteiligen Berücksichtigung einer ausgeübten Teilzeitbeschäftigung bei der Ermittlung der erforderlichen Wartezeit.

Sie haben jetzt über die Regelung zur Mindestversorgung ge sprochen, die in der Tat ebenfalls Bestandteil des Gesetzes ist. Diese Mindestversorgung soll zukünftig nicht mehr unter schritten werden können. Bislang konnte es passieren, dass diese bei langen Freistellungszeiten unterschritten wurde; das ist zukünftig nicht mehr der Fall. Wir haben es vorhin bereits gehört – das legt ja auch der Begriff schon nahe –: Es ist ein Mindestmaß an Versorgung, und es entspricht dem Alimenta tionsprinzip, dass wir diese Mindestversorgung sicherstellen.

Sie müssen, glaube ich, berücksichtigen, dass Beamtinnen und Beamte sich nicht einfach beurlauben lassen können, sondern dass hierfür Gründe vorliegen müssen. Es sind auch nur we nige Fälle, in denen es zu langen Freistellungszeiten in die sem Sinn kommt. In diesen Fällen ist das Land als Arbeitge

ber in Entsprechung des Alimentationsprinzips verpflichtet, eine Mindestversorgung sicherzustellen, und das tun wir mit diesem Gesetz. Damit können wir zugleich einen möglichen Verstoß gegen geltendes europäisches Recht vermeiden.

Frau Staatssekretärin, es gibt noch eine Zwischenfrage von Frau Abg. Wolle.

Jetzt würde ich lieber fortfahren. – Der Gesetzentwurf, den wir heute in zweiter Le sung beraten, enthält neben versorgungsrechtlichen Änderun gen auch die Anhebung der besoldungsrechtlichen Einstufung der Leitungsfunktion des Linden-Museums Stuttgart sowie des Staatlichen Museums für Naturkunde Karlsruhe von der derzeitigen Besoldungsgruppe B 2 nach B 3. Damit wird die Leitung dieser beiden Museen mit den übrigen im Landesbe soldungsgesetz enthaltenen Museumsleitungen gleichgestellt, und dies halten wir angesichts der hohen gesellschaftlichen, wissenschaftlichen und kulturpolitischen Bedeutung dieser Museen für sachgerecht.

Herr Podeswa, Ihre Prognosen zu den zukünftigen Besucher zahlen sind natürlich fernab jeder Realität. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie sich von der Bedeutung der beiden Häu ser einmal durch einen Besuch überzeugen könnten.

Herr Abg. Podeswa hat noch eine Zwischenfrage, Frau Dr. Splett.

Ich glaube, er hat eine Nachfrage zur ersten Frage.