Protokoll der Sitzung vom 11.12.2019

(Abg. Sascha Binder SPD: Welche Haltung hat die Landesregierung?)

zu setzen und sie möglichst Schritt für Schritt auf der ganzen Welt auszuweiten. Europa hat sie, wie gesagt, im zentralen Feld. Andere große Regionen, wie etwa Kalifornien, machen es ebenfalls. Dies ist genau der richtige Weg in einer Markt wirtschaft.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [frak tionslos])

Meine Damen und Herren, das Klima ist so etwas wie der Ma krokosmos der natürlichen Lebensgrundlagen. Der Mikrokos mos ist die Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten. Diese vielfäl tige Tier- und Pflanzenwelt zu schützen ist eine weitere gro ße Aufgabe unserer Zeit. Unsere Natur- und Kulturlandschaf ten sind Lebensraum für schätzungsweise 50 000 Tier- und Pflanzenarten.

Aber auch dieser Reichtum ist bedroht. Zwei von fünf Tier- und Pflanzenarten gelten als gefährdet. Der Rückgang der Ar tenvielfalt hat dramatische Folgen; denn die biologische Viel falt ist ein eng gespanntes Netz. Mit jeder Pflanze und jedem Tier, das verschwindet, wird dieses Netz löchriger und weni ger tragfähig. Deswegen ist dieser Haushalt auch ein Haus halt des Artenschutzes. Wir führen unser Sonderprogramm zur Stärkung der biologischen Vielfalt fort und investieren dafür 36 Millionen €.

Zusammen mit den Initiatoren des Volksbegehrens „Pro Bie ne“ und den Landwirten haben wir uns auf weitere Schritte verständigt, um die Vielfalt der Tier- und Pflanzenwelt zu er halten. Wir werden dazu in Bälde einen Gesetzentwurf vorle gen. Über die Eckpunkte besteht Einigkeit. Das heißt, wir wol len in den nächsten zehn Jahren den Anteil des Ökolandbaus auf 30 bis 40 % steigern, den Anteil der chemisch-syntheti schen Pestizide um 40 bis 50 % reduzieren, und auch in den Städten und den Siedlungsgebieten stärken wir den Arten schutz.

Ich freue mich sehr, dass es uns gelungen ist, Artenschutz und Landwirtschaft hier zusammenzubringen und eine drohende Spaltung zu verhindern.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Auch diese Politik ist mit 40 Millionen € finanziell unterlegt.

Also, meine Damen und Herren: Ich denke, wenn wir Wirt schaft und Umwelt zusammen denken, wenn wir zwischen beiden ein „und“ und nicht ein „oder“ setzen, dann können wir trotz der großen Herausforderungen auch mit einiger Zu versicht in die Zukunft schauen. Das ist die Grundlinie dieses Haushalts – genauso wie das nächste Thema, nämlich Inno vation.

Innovation ist der Schlüssel für wirtschaftlichen Erfolg und für den Wohlstand von morgen. Wir haben in Baden-Würt temberg – auch darauf haben ja viele Redner hingewiesen – ein gutes Jahrzehnt hinter uns: den längsten Wirtschaftsauf schwung seit Erhards Zeiten, die geringste Arbeitslosenquo te seit Späths Zeiten, die höchste Beschäftigung aller Zeiten. In meiner Zeit als Ministerpräsident sind über 750 000 neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze entstanden.

(Abg. Klaus Dürr AfD: In grünen Ministerien! – Zu ruf des Abg. Peter Hofelich SPD)

Aber freilich: Es ziehen dunkle Wolken am Konjunkturhim mel auf.

(Abg. Anton Baron AfD: 10 800 Stellen hat Kretsch mann seit seinem Amtsantritt geschaffen!)

Wir lesen fast wöchentlich: Die Unternehmen fahren Sparpro gramme, kündigen an, Stellen abzubauen.

(Abg. Anton Baron AfD: Aber unsere Landesregie rung baut auf!)

Man muss einfach sehen: Das ist insbesondere durch die dra matischen Rückgänge der Auslandsnachfrage verursacht – vor allem im Fahrzeugbau und daraus folgend natürlich auch im Maschinenbau, der ja zum großen Teil eben für die Fahrzeug industrie produziert. Es gibt dramatische Nachfragerückgän ge in China, auch in Indien und anderen Regionen. Das ist zu nächst einmal der Grund.

Wir können ja heute in einem Interview mit Herrn Denner le sen: Er rechnet damit, dass dieser Nachfragerückgang in den kommenden Jahren nicht aufgeholt wird. Das ist seine Prog nose.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Von Ih nen verschuldet, Herr Kretschmann!)

Aber – auch das ist von Herrn Fraktionsvorsitzenden Schwarz schon gesagt worden –: Hinter diesem Abschwung verbergen sich natürlich

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

auch strukturelle Probleme, zum Teil auch Wettbewerbspro bleme.

(Zuruf des Abg. Peter Hofelich SPD)

Die Wirtschaftswelt wird sozusagen neu vermessen. Ich ver weise auf neue Technologien, rasend schnelle Innovationszy klen, disruptive Geschäftsmodelle und auch hungrige Kon kurrenten. Wir haben mit China einen völlig neuen Player im globalen Wettbewerb. Es ist klar, dass dies die Kernbranchen in unserem Land fundamental herausfordert.

Der ehemalige Daimler-Chef Zetsche sagte:

Es ist kein Naturgesetz, dass Daimler ewig besteht.

Wenn dies der Chef eines Automobilkonzerns sagt, dann weiß man, was die Stunde geschlagen hat.

(Zuruf des Abg. Hans Peter Stauch AfD)

Genauso wenig ist es ein Naturgesetz, dass Baden-Württem berg wirtschaftlich ewig spitze ist.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Vielmehr ist die nächste Dekade für den Wirtschaftsstandort entscheidend. Deshalb stellen wir die Innovationskraft unse res Landes in den Mittelpunkt unserer Politik. Genau das ist der Grund dafür, dass wir rund 1 Milliarde € in die Hand neh men, um die Technologien der Zukunft

(Abg. Stefan Räpple AfD: Kaputt zu machen!)

zu entwickeln, den Strukturwandel zu meistern und den Wohl stand von morgen zu sichern.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Stefan Räpple AfD: Das erzählen Sie schon seit acht Jahren!)

Wir erzählen es seit acht Jahren, und wir machen es auch seit acht Jahren.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Stefan Räpple AfD: Das sieht man!)

Das gilt gerade für die Automobilindustrie. Sie ist mit dem größten Strukturwandel ihrer Geschichte konfrontiert: kli maneutrale Mobilität, autonomes Fahren, neue Geschäftsmo delle.

Das Auto wird sozusagen neu erfunden. Meine Landesregie rung hat diese Herausforderung frühzeitig erkannt und gehan delt, und zwar nicht nach Schema F, sondern zielgerichtet mit einem neuen politischen Format. Das ist unser Strategiedia log Automobilwirtschaft. Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Rül ke, halte ich das für eine sehr weitsichtige Herangehenswei se.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Es kommt darauf an, was dabei herauskommt!)

Dabei kommen gute Dinge heraus. Diese können Sie übri gens im Haushalt alle nachlesen.

(Abg. Anton Baron AfD: Nennen Sie ein paar Bei spiele!)

Wir brauchen solche Formate. Wir können nicht immer ir gendwelche Gipfel machen und dann den Problemen nur hin terherrennen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Genau das passiert bei diesem Strategiedialog!)

Wir müssen uns mit allen Akteuren committen. Das machen wir mit den OEMs, mit den Zulieferern, mit der Energiewirt schaft, mit der Wissenschaft, mit den Kommunen, mit der Zi vilgesellschaft. Wir arbeiten in einem ständigen Arbeitspro zess zusammen, damit man sichten kann: Was kommt auf uns zu? Was sind die nächsten Herausforderungen?

(Abg. Stefan Räpple AfD: Die sind dann aber alle weg!)

Dann können wir auf sie reagieren und mit Zwischenergeb nissen in den Haushalt gehen und dafür Maßnahmen treffen. Genau das machen wir, Herr Kollege Rülke. Nur so können wir für die Unternehmen, ihre Arbeitnehmer und auch für das Klima erfolgreich arbeiten.

Wir haben viel vorangebracht:

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

das Testfeld Autonomes Fahren in Karlsruhe, massive Inves titionen in alternative Antriebe – von der Batterie über syn thetische Kraftstoffe bis zum Wasserstoff. Baden-Württem berg hat das erste flächendeckende Ladenetz für Elektroautos in Deutschland. Das ist ein ganz konkretes Ergebnis dieses Strategiedialogs. Wir haben heute ein Netz von Ladestellen in Baden-Württemberg. Die nächste Ladestelle ist nirgendwo mehr als 10 km, eine Schnellladestation nicht mehr als 20 km entfernt. Damit ist Baden-Württemberg allen anderen Bun desländern weit voraus.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rül ke FDP/DVP: Ja, beim Arbeitsplatzabbau!)