Winfried Kretschmann

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Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Lage ist ernst, sehr ernst. Wir verzeichnen einen Höchststand an Neu infektionen und einen Höchststand an Verstorbenen. Das ex ponentielle Wachstum ist zurück, das Virus ist stärker denn je.
In den letzten Wochen ist die Zahl der Neuinfizierten hochge schnellt. In den letzten sieben Tagen haben sich allein in Ba den-Württemberg 20 000 Menschen mit dem Virus angesteckt; bundesweit waren es fast 150 000. Die Sieben-Tage-Inzidenz steigt täglich. Sie liegt derzeit in Baden-Württemberg bei 187, bundesweit bei 176. Am Freitag sind in Deutschland fast 600 Menschen an und mit dem Virus verstorben – ein trauriger Höchststand.
Auch die Lage in den Krankenhäusern spitzt sich immer mehr zu.
Auch die Lage in den Krankenhäusern spitzt sich immer mehr zu. Ich bin in ständigem Austausch mit Ärzten aus den Kliniken.
Und was ich dabei zu hören bekomme, macht mir große Sor gen. Allein bei uns in Baden-Württemberg werden gerade 2 000 Covid-19-Patienten in den Krankenhäusern behandelt, 500 davon auf den Intensivstationen – so viele wie nie zuvor, Tendenz steigend.
An der Universitätsklinik Heidelberg etwa sind die Intensiv kapazitäten zu fast 90 % ausgelastet, und auch in anderen Kli niken ist die Lage angespannt. Ärzte und Pflegepersonal auf den Intensivstationen sind an ihrer Belastungsgrenze.
Dazu kommt, dass sich wegen der steigenden Infektionszah len auch immer mehr Klinikmitarbeiter mit dem Virus anste cken
und damit ausfallen.
So sind gerade in der Uniklinik Freiburg 5 % bis 10 % der ge testeten Mitarbeiter positiv.
Nein, Herr Dr. Fiechtner, und Sie brauchen sich auch gar nicht darum zu be mühen. Ich werde Zwischenfragen von Ihnen generell nicht beantworten.
Ansonsten wür de ich vorschlagen, dass ich in der zweiten Runde hinausge he, damit Sie gern Ihre Fragen an mich stellen können, die ich dann auch gern beantworte.
Bereits jetzt werden fast alle ohne größeres Risiko für die Pa tienten verschiebbaren sogenannten elektiven Operationen verschoben, um die Kliniken zu entlasten. Aber natürlich ha ben auch diese Patienten ein Recht auf die Behandlung ihrer Leiden. Bei alledem müssen wir auch sehen: Es trifft längst nicht nur die Alten. Das Durchschnittsalter der intensiv beat meten Patienten liegt etwa in der Uniklinik Freiburg bei nur 58 Jahren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit den differenzierten Ver schärfungen, die wir Anfang November beschlossen hatten, konnten wir für einige Zeit den exponentiellen Anstieg der Zahl der Neuinfektionen stoppen
und das Infektionsgeschehen in eine Seitwärtsbewegung brin gen. Das Ziel, unser Gesundheitssystem vor einer Überlas tung zu schützen, hatten wir damit erreicht. Allerdings ist es nicht gelungen, mit diesen Maßnahmen die Infektionszahlen deutlich herunterzudrücken.
Nun sehen wir erneut einen massiven Anstieg; deshalb müs sen wir jetzt weitere einschneidende Maßnahmen ergreifen und das öffentliche Leben radikal herunterfahren, um die Zahl der Neuinfektionen drastisch zu senken. Nur so können wir die Kontrolle über das Virus zurückgewinnen; denn erst bei einer Sieben-Tage-Inzidenz unter 50 sind die Gesundheitsäm ter wieder in der Lage, alle Kontakte nachzuverfolgen und die Infektionsketten zu brechen.
Tatsache ist aber: Ein kleines Feuer kann man schnell löschen, einen Flächenbrand dagegen nur sehr schwer. Deshalb hat meine Landesregierung am vergangenen Freitag landesweite Ausgangsbeschränkungen beschlossen, und deshalb haben die Bundeskanzlerin, meine Länderkollegen und ich uns gestern erneut beraten. Dabei waren wir uns einig: Die Lage ist bit terernst. Wir müssen die Kontrolle über das Virus zurückge winnen. Das schaffen wir aber nur, wenn wir jetzt noch ent schiedener handeln.
Anders geht es nicht. Deswegen haben wir gemeinsam und sehr einmütig entschieden: Wir fahren das ganze Land herun ter, und zwar konsequent.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, folgende Beschlüsse haben wir im Einzelnen gefasst – sie gelten erst einmal bis zum 10. Januar 2021 –:
Erstens: Die Kontaktbeschränkungen werden aufrechterhal ten. Das heißt, es dürfen sich weiterhin maximal fünf Perso nen aus zwei Haushalten treffen. Kinder bis 14 Jahre können dazukommen. Für Familien werden wir für die Weihnachts tage, das heißt für den – nochmals verkürzten – Zeitraum vom 24. bis 26. Dezember, eine zusätzliche Option schaffen. Mög lich sind danach auch Treffen mit maximal vier Personen, die nicht zum eigenen Hausstand, aber zum engsten Familienkreis gehören. Dazu gehören Ehegatten, Lebenspartner sowie Ver wandte in gerader Linie, Geschwister, Geschwisterkinder, auch wenn dies mehr als zwei Hausstände bedeutet. Auch hier werden dazugehörige Kinder bis zum 14. Lebensjahr nicht mitgezählt.
So wollen wir sicherstellen, dass Weihnachten zumindest im engsten Kreis gemeinsam gefeiert werden kann und dass nie mand durch unsere Regelungen gezwungen wird, an Weih nachten allein zu sein.
Um das zu ermöglichen, werden die nächtlichen Ausgangs beschränkungen für diesen Zweck nicht angewandt.
Aber machen wir uns nichts vor: Weihnachten wird in diesem Jahr trotzdem ganz anders als sonst. So manche Gewohnhei ten und Rituale, die uns viel bedeuten, werden in diesem Jahr nicht möglich sein. Gläubige leiden unter den Beschränkun gen in den Kirchen. Das macht uns auch alle zusammen trau rig, aber es ist, wie es ist.
Die Alternativen wären das Gegenteil einer frohen Botschaft. Ein normales Weihnachten in diesem Jahr würde kurz danach in den Gesundheitsnotstand führen. Wir sehen, was Thanks giving in den USA angerichtet hat. Deshalb sind all diese Ein schränkungen in unserem ureigenen Interesse, auch wenn sie uns alle schmerzen.
Nun zum zweiten Punkt: Der Einzelhandel wird ab dem 16. Dezember 2020 bis zum 10. Januar 2021 mit Ausnahme etwa von Lebensmittelgeschäften, Apotheken, Banken und Geschäften des dringenden Alltagsbedarfs geschlossen. Eben so werden Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpfle ge wie etwa Friseursalons geschlossen. Kosmetikstudios und weitere körpernahe Dienstleistungen waren bei uns in BadenWürttemberg bereits geschlossen und bleiben es auch. Medi zinisch notwendige Behandlungen wie etwa Physio- und Er gotherapie, Logopädie oder medizinische Fußpflege bleiben weiter möglich.
Meine Damen und Herren, diese Schließungen sind ein har ter Schlag für die betroffenen Unternehmen. Das gilt ganz be sonders für den Einzelhandel, für den das Geschäft vor Weih nachten traditionell besonders wichtig ist. Deshalb kann ich die Frustration und das Ungehaltensein vieler Betroffener gut verstehen. Wir haben in dieser Lage aber keine andere Wahl. Wir müssen jetzt die Kontakte radikal herunterdrücken, um das Virus wieder unter Kontrolle zu bekommen. Denn bei so hohen Infektionszahlen – –
Nein. – Denn bei so hohen Infektionszahlen greifen auch die besten Hygiene konzepte nicht mehr. Ich versichere Ihnen aber: Wir versu chen nach Kräften, den wirtschaftlichen Schaden abzumil dern, eine Insolvenzwelle zu verhindern und Existenzen zu si chern.
Dafür wird die Überbrückungshilfe III des Bundes für die Un ternehmen, die direkt oder indirekt von den Schließungen be troffen sind, verbessert. Die Höhe des monatlichen Zuschus ses wird auf maximal 500 000 € erhöht. Zudem soll es Ab schlagszahlungen ähnlich wie bei den Novemberhilfen geben. Darüber hinaus wird es unbürokratische Teilabschreibungen von Waren geben, die durch die Schließung an Wert verlieren.
Wir stehen hinter unseren Unternehmen. Aber gesamtwirt schaftlich betrachtet ist es besser, jetzt in den Lockdown zu gehen. Wenn wir die Pandemie nicht unter Kontrolle bekom men, sind auf Dauer die wirtschaftlichen Schäden sehr viel größer.
Das sagen uns auch zahlreiche Ökonomen und Wirtschafts experten.
Drittens: Die Schulen und Kitas in Baden-Württemberg wer den vorzeitig schon am 16. Dezember geschlossen. Für Schü lerinnen und Schüler der Abschlussklassen wird Fernunter richt angeboten. Für Kindergartenkinder und Schüler bis Klas se 7, deren Eltern an ihrem Arbeitsplatz unabkömmlich sind, wird es eine Notbetreuung geben, die von den Schulen bzw. den Kitaträgern organisiert wird. Wir appellieren an die El tern, auf die Notbetreuung zu verzichten, wenn das möglich ist, um die Kontakte so weit wie möglich zu reduzieren.
Dabei geht es jetzt auch darum, die Lehrkräfte und Erziehe rinnen so weit wie möglich aus dem Infektionsgeschehen zu nehmen, damit sich die Kontakte reduzieren.
Viertens: Der Verkauf von Pyrotechnik vor Silvester wird ver boten, damit nicht durch Feuerwerk Verletzte die Kranken häuser noch zusätzlich belasten.
Natürlich gelten bei uns in Baden-Württemberg die derzeiti gen Ausgangsbeschränkungen auch in der Silvesternacht.
Fünftens: Wir appellieren eindringlich und mit Nachdruck an alle Arbeitgeber, die Betriebsstätten, soweit möglich, entwe der durch Betriebsferien oder durch großzügige HomeofficeLösungen vom 16. Dezember bis zum 10. Januar zu schlie ßen.
Sechstens: Die Lieferung und Abholung von Speisen bleiben weiter möglich. Der gemeinsame Konsum von alkoholischen Getränken im öffentlichen Raum wird nun bundesweit unter sagt – so, wie es in Baden-Württemberg bereits gilt.
Siebtens: Zu den Einschränkungen im religiösen Bereich wer de ich mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften weiter in engem Kontakt bleiben, um geeignete Regeln abzustim men. In jedem Fall werden für Gottesdienste und Zusammen künfte von Glaubensgemeinschaften Maskenpflicht und ein Mindestabstand von 1,5 m gelten. Der Gemeindegesang wird untersagt. Wo volle Kirchen zu erwarten sind, muss man sich vorher anmelden.
Das sind sozusagen Mindestregelungen. Weitere Einschrän kungen werden mit den Kirchen besprochen. Das habe ich im Übrigen schon gemacht, und jetzt wird dies noch einmal be sprochen, um zu sehen, was dann insgesamt das Ergebnis sein wird.
Achtens: Um den bestmöglichen Schutz in den Alten- und Pflegeheimen zu ermöglichen, werden Testungen des Pflege personals mehrmals pro Woche verpflichtend eingeführt. Das gilt auch für das Personal von mobilen Pflegediensten.
Neuntens: Bund und Länder verfolgen weiterhin eine Hot spot-Strategie, die in Baden-Württemberg aber wegen der ho hen Infektionszahlen bereits landesweit umgesetzt ist.
Zehntens: Wir appellieren eindringlich an alle, bis zum 10. Ja nuar auf nicht notwendige Reisen zu verzichten. Wer aus ei nem ausländischen Risikogebiet einreist, muss zehn Tage in Quarantäne gehen. Diese Quarantäne kann durch einen nega tiven Test, der frühestens am fünften Tag nach der Einreise gemacht wurde, beendet werden.
Meine Damen und Herren, am 5. Januar werden sich die Län derchefs erneut mit der Kanzlerin über das weitere Vorgehen im Kampf gegen das Virus beraten. Eines kann ich Ihnen heu te allerdings schon sagen: Wenn die Zahlen bis dahin nicht deutlich heruntergehen, brauchen wir auch danach drastische Einschränkungen,
um das Leben und die Gesundheit der Bürgerinnen und Bür ger in unserem Land zu schützen. Die Zielmarke ist und bleibt die Sieben-Tage-Inzidenz von 50. Denn nur dann können die Gesundheitsämter die Infektionsketten wieder richtig nach verfolgen und können wir die Kontrolle über die Pandemie zurückgewinnen.
Wir müssen uns nämlich immer wieder vor Augen führen: Wenn die Infektionszahlen so hoch sind, dass die Kontakte nicht mehr umfänglich nachverfolgt werden, ist die Dunkel ziffer derer, die andere anstecken, weil sie asymptomatisch in fiziert sind,
sehr hoch.
Schätzungen gehen bis zum Drei- bis Fünffachen der gemel deten Zahlen.
Deswegen ist das Senken dieser Zahlen von grundlegender Bedeutung, um die Kontrolle über die Pandemie zurückzuge winnen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Maßnahmen sind ein schneidend. Sie greifen tief in unseren Alltag ein, beschrän ken unsere Freiheitsrechte und beeinträchtigen Wirtschaft, Bil dung, Kultur und viele andere Bereiche der Gesellschaft.
Aber es geht in dieser bitterernsten Lage nicht anders. Das Vi rus lebt von Kontakten, und deshalb müssen wir unsere Kon takte jetzt, so gut es geht, einschränken.
Schaden vom Volk abzuwehren ist meine Pflicht als Minister präsident und ist die Pflicht aller Ministerinnen und Minister. Das haben sie und ich in einem Amtseid geschworen, und das gilt in dieser Pandemie umso mehr.
Für mich und alle anderen in dieser Regierung stehen das Le ben und die Gesundheit der Bevölkerung an erster Stelle. Ich bin überzeugt: Wir können es als aufgeklärte Gesellschaft nicht hinnehmen, dass täglich Hunderte Menschen durch das Virus sterben.
Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Menschen 40, 70 oder 85 Jahre alt sind. Der Schutz des Lebens steht über allem. Hier geht es um die Würde jedes Einzelnen, aber es geht auch um die Würde unserer Gesellschaft. Wir alle haben jetzt gemein sam die Aufgabe und die Pflicht, Gesundheit und Leben zu schützen – und ich bin überzeugt: Wir haben auch die Kraft dazu.
Das gilt umso mehr, als es neben all den Hiobsbotschaften auch Zeichen der Hoffnung gibt. Wissenschaftler haben in kür zester Zeit wirkungsvolle Impfstoffe entwickelt.
Das ist der Schlüssel zur schrittweisen Rückkehr zum norma len Leben,
und es zeigt: Es gibt ein Licht am Ende des langen, dunklen Tunnels.
Meine Landesregierung tut alles dafür – –
Meine Landes regierung tut alles dafür, dass wir mit dem Impfen loslegen können, sobald der erste Impfstoff genehmigt und da ist. Ich habe Ihnen ja in meiner letzten Regierungsinformation die Impfstrategie der Landesregierung vorgestellt,
und ich kann Ihnen heute vermelden: Die Vorbereitungen lau fen nach Plan. In wenigen Tagen sind die zentralen Impfzen tren startklar. Und auch vor Ort, in den Stadt- und Landkrei sen, werden unter Hochdruck Impfzentren errichtet.
Dabei hat mich besonders beeindruckt, wie viele Menschen aus dem ganzen Land freiwillig anpacken. Es haben sich be reits über 5 000 Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte und Helfer bereit erklärt,
uns bei der landesweiten Impfoffensive tatkräftig zu unterstüt zen. Täglich bekommen wir Anrufe und E-Mails von Freiwil ligen, die mithelfen wollen. Das, meine Damen und Herren, ist gelebter Zusammenhalt; das ist unser Baden-Württemberg, und darauf können wir stolz sein. Darauf können wir bauen.
Ich danke allen, die ihren Beitrag dazu leisten, dass wir mit dem Impfen von Tag 1 an loslegen können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Maßnahmen, die wir be schlossen haben, sind drastisch. Aber ob diese Maßnahmen wirken, wie stark sie wirken und wie schnell, hängt von je dem und jeder von uns ab. Es liegt in unserer Hand, ob wir die Kontrolle über das Virus in den nächsten Wochen zurück gewinnen können.
Ich bitte daher die Bürgerinnen und Bürger eindringlich: Blei ben Sie zu Hause, wann immer es geht. Beschränken Sie Ih re Kontakte auf das Allernötigste. Beachten Sie die AHA-Re geln – Abstand halten, Hygiene beachten, Alltagsmasken tra gen. Lüften Sie regelmäßig, nutzen Sie die Corona-Warn-App, arbeiten Sie, wann immer möglich, zu Hause, und vermeiden Sie nicht notwendige Fahrten mit dem ÖPNV.
Suchen Sie auch bitte nicht nach jeder Lücke, sondern schlie ßen Sie die Lücke selbst, aus eigener Einsicht. Wir sind jetzt alle gefordert, unseren Beitrag zu leisten, aus Solidarität mit den Pflegekräften sowie den Ärztinnen und Ärzten, die am Rande der Erschöpfung um das Leben ihrer Patienten auf den Intensivstationen kämpfen, aus Verantwortung gegenüber un seren Mitmenschen, deren Gesundheit auch von unserem Ver halten abhängt, aber auch aus purem Eigennutz; denn je ge ringer die Zahl der Infizierten, desto geringer die Gefahr, dass wir uns selbst anstecken, erkranken und möglicherweise ster ben.
Es liegt an unser aller Verhalten, ob wir die Ausbreitung des Virus stoppen und Gesundheit und Leben von allen schützen können. Das Virus ist stark. Wir müssen jetzt zeigen: Wir sind stärker.
Wenn wir uns an die Maßnahmen halten, stärken wir uns und schwächen das Virus. Im Frühjahr ist es uns durch eine gro ße gemeinsame Kraftanstrengung gelungen, die Kontrolle über das Virus zurückzugewinnen. Ich bin mir sicher, es wird uns auch erneut gelingen.
Herzlichen Dank.
Frau Präsiden tin, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf mich erst ein mal bei den Regierungsfraktionen bedanken für die Unterstüt zung durch den Entschließungsantrag, für die Beschlüsse, die
wir gemeinsam gefasst haben. Aber auch bei den Oppositi onsfraktionen SPD und FDP/DVP sehe ich doch eine grund sätzliche Unterstützung dieser Maßnahmen, so, wie wir sie jetzt mit dem Lockdown ergreifen,
wobei es natürlich Differenzen in einzelnen Fragen gibt.
Vielen Dank für diese grundsätzliche Unterstützung. Das ist, glaube ich, in dieser Zeit wichtig.
Zu Ihnen, Herr Gögel, möchte ich sagen: Sie sind genau wie alle anderen Fraktionsvorsitzenden umgehend von den Ergeb nissen unterrichtet worden.
Ich habe es al lerdings versäumt, Sie hinterher anzurufen; das stimmt.
Sie müssen sich allerdings in Ihrer Fraktion schon mal darü ber einigen: Ist das nun ein gefährliches Virus, und es ist eine Pandemie, oder ist es eine harmlose Grippe? Darüber müssen Sie sich einfach mal untereinander einigen.
Denn das, was Sie hier präsentieren, ist höchst widersprüch lich,
und es ist sehr schwierig, damit umzugehen. Man kann nicht – wie Sie es tun – einerseits sagen, das, was da passiert, sei gar nicht gefährlich, und andererseits dann wieder hinsicht lich der Verteilung von Masken und was weiß ich was Kritik üben. Das passt nicht zusammen. Einigen Sie sich doch ein fach mal darauf, was Sie wollen.
Bitte.
Nein, an Ihnen arbeite ich mich eben gerade nicht ab. Gerade das habe ich nicht vor.
Dafür ist die Situation dann doch zu ernst.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, hinterher sind wir alle klü ger.
Der Philosoph Sören Kierkegaard hat es etwas umfassender ausgedrückt:
Das Leben kann man nur rückwärts verstehen, aber le ben muss man es vorwärts.
In dieser Situation befinden wir uns nun mal in dieser Pande mie. Wir brauchen die Erfahrungen, die wir in diesen Mona ten machen; denn über das Virus und seine Verbreitung wis sen wir noch immer viel zu wenig. Auch die Studien, die Sie genannt haben – – Wir haben auch andere Studien. Das Bild ist nicht mehr so einheitlich, etwa dazu, was Kinder und Ju gendliche betrifft. Wir sind da also ein lernendes System. Das ist einfach so.
Das grundlegende Problem, das wir zurzeit haben, ist, dass wir bei mindestens über 60 % der Infektionen nicht mehr sa gen können, woher sie kommen, woher sich die infizierte Per son die Infektion geholt hat. Das macht einfach das Problem aus. Wenn man das nicht weiß, wie soll – das frage ich Sie mal – dann die Strategie aussehen? Wenn man gar nicht wirk lich weiß, wo sich die Leute angesteckt haben, wie soll dann die Strategie aussehen, die die Pandemie gezielt bekämpfen soll? Das möchte ich gern einmal von irgendjemandem hören. Das habe ich bisher noch nie gehört.
Die Wissenschaftler haben uns noch einmal ganz eindringlich gesagt – wir haben sie nämlich noch einmal ins Kabinett ge holt, bevor wir die Entscheidung getroffen haben –: Das Ent scheidende ist: Wir müssen herunterkommen von diesen ho hen Infektionszahlen, und dann schlägt auch wieder die Stun de von Strategien und Plänen. Vorher sind sie überhaupt nur sehr, sehr bedingt möglich.
Ich verstehe, dass dauernd gefordert wird: Planbarkeit und Wenn-dann-Szenarien. Aber das ist bei diesen sehr hohen In fektionszahlen weithin illusorisch. Das muss ich Ihnen leider sagen, weil uns das die Wissenschaftler so sagen.
Einen kleinen Moment. – Darum haben sie so dringend an uns appelliert,
diesen Schritt jetzt zu gehen, damit die Infektionszahlen sin ken und wir dann wieder in einen Bereich kommen, in dem wir die Pandemie kontrollieren können, weil wir wieder et was über die Infektionsketten wissen, wo sie entstehen und wo sie sich weiterverbreiten. Das ist genau der Punkt.
Darum haben wir uns so entschieden, wie wir uns entschie den haben – für diese harten Maßnahmen –, weil wir sonst Ih re Wünsche auch nach dem 10. Januar nicht erfüllen können. Das muss man leider so deutlich sagen.
Wenn wir bis zum 10. Januar nicht runterkommen, müssen wir wieder entscheiden: Was machen wir mit den Schulen? Dann müssen wir wieder entscheiden: Was machen wir mit den Betrieben? Da kann ich Ihnen ziemlich sicher sagen: Wir werden dann diese Beschränkungen wohl nicht aufheben kön nen, sondern vielleicht müssen wir sie sogar noch mal ver schärfen. Denn wir haben keineswegs alles stillgelegt, wie Sie behauptet haben, sondern es sind nur bestimmte Bereiche der Wirtschaft betroffen. Das Arbeitsleben und das wirtschaftli che Leben finden in weiten Bereichen nach wie vor statt. Es ist klar: Man kann eine Baustelle nicht im Homeoffice aufstel len, und man kann im Homeoffice auch kein Auto produzie ren.
Das heißt, es gibt eben bestimmte Bereiche, in denen es not wendig ist, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an ihren Arbeitsplatz gehen. Aber der dringende Appell lautet, wo immer es möglich ist, Homeoffice zu machen, und wo im mer es möglich ist, dann auch in dieser Zeit Betriebsurlaub und Betriebsferien zu machen. Das ist der dringende Appell.
Dann will ich doch noch mal darauf hinweisen: Sie waren da nicht gerade der Leiseste, Herr Kollege Rülke, und Sie auch nicht, Herr Stoch. In einer früheren Phase der Pandemie ha ben wir doch sehr, sehr intensiv über die Verhältnismäßigkeit unserer Maßnahmen gesprochen.
Da musste ich mir doch einiges anhören.
Und – darauf will ich auch einmal hinweisen – die Gerichte haben nicht wenige der Maßnahmen, die wir gemacht haben, für unverhältnismäßig erklärt und aufgehoben.
Das muss man einfach auch mal sehen. Daran sind wir doch wohl gebunden. Jetzt ist wieder eine allgemeine Masken pflicht in der Ludwigsburger Innenstadt vom Gericht aufge hoben worden – erfreulicherweise nur für diejenigen, die ge klagt haben. Es wurde nicht die ganze Verordnung aufgeho ben.
Also waren und sind wir noch immer in der Abwägung der Verhältnismäßigkeit der Mittel. Darum dauert es auch manch mal etwas länger, weil wir in einem Rechtsstaat leben und das beachten müssen, und nicht, wie manche Leute denken: Wenn die Bundeskanzlerin jetzt eine flammende Rede hält, dann gilt
unmittelbar danach das, was sie dort gesagt hat. So ist es eben nicht.
Vielmehr müssen wir solche Verordnungen machen; die müs sen sattelfest sein. Wir müssen das, was sie erwartet, selbst beachten. Wie Sie gesehen haben, genügt es den Gerichten nicht immer. Aber das darf man doch bitte mal nicht ausblen den.
Die wirksams te Strategie ist natürlich, sehr, sehr früh alles stillzulegen. Aber wäre das verhältnismäßig? Hätte das vor Gericht und vor Ih rem kritischen Urteil standgehalten? Sicher nicht.
Einen kleinen Moment. – Deswegen haben wir am 2. November die Be schlüsse getroffen, die wir getroffen haben. Warum? Weil wir Ansagen aus der Wissenschaft hatten,
dass wir, wenn sich die Leute auch umfänglich an die Maß nahmen halten, damit rechnen können, die Welle zu brechen. Deswegen haben wir diese Beschlüsse und nicht noch schär fere gefasst.
Das war schlichtweg der Grund.
Die Wissenschaftlerin, die uns beraten hat, hat gesagt: „Es war den Versuch wert.“ Das hat sie ganz ernsthaft gemeint. Aber es hat nun mal nicht gereicht. Wir waren auch viele Wochen in einer Seitwärtsbewegung. Die Zahlen sind in der ersten Zeit sogar langsam gesunken und erst jetzt, vor wenigen Tagen, hochgeschnellt.
Herr Kollege Rülke, weil Sie das angesprochen haben mit den Ausgangsbeschränkungen: Als mir am Donnerstag um 5 Uhr zum zweiten Mal die Zahl von über 4 000 Infizierten in BadenWürttemberg gemeldet wurde, habe ich in der Tat die Reiß leine gezogen und mir gesagt: „Du musst jetzt etwas machen.“ Das war das allererste Mal, dass ich vorgeprescht bin und nicht auf alle Beschlüsse der MPK gewartet habe. Denn ich habe Gefahr im Verzug gesehen und mich in solch einer Situa tion, in der die Zahlen dermaßen nach oben gehen, verpflich tet gefühlt, jetzt diese Ausgangsbeschränkung mit harten Aus gangssperren nachts zu machen, die auch erfreulicherweise ganz gut eingehalten wird. Mannheim hat das vorgemacht. Denn ich wollte nicht in Kauf nehmen, dass wir noch Tage warten müssen, nämlich bis Mittwoch, bis überhaupt wichti ge Einschränkungen passieren.
Zu den anderen Fragen – Geschäfte, Schulen – habe ich nichts beschlossen, denn die sind natürlich weit umstrittener und pre kärer. Da ist es auch wichtig, im Konsens vorzugehen. Aber bei den hohen Infektionszahlen, der Steigerung, die wir in Ba den-Württemberg hatten, schien es mir angemessen, das zu machen.
Ich habe dann am Freitag eine Sonderschalte des Kabinetts gehabt, und wir haben das besprochen. Für diese Maßnahme habe ich das Parlament jetzt nicht extra gebeten, zu kommen. Aber es soll nicht an mir liegen. Ich werde in Zukunft, wenn noch einmal solche Dinge anliegen, die zwar nur einen ein zelnen Punkt betreffen, aber sehr wichtig sind, durchaus der Parlamentspräsidentin schreiben, dass sie das Parlament ein berufen kann. Das nehme ich also als Kritik von Ihnen auf.
Jetzt will ich noch einmal sagen: Perspektive und Planungen gehen nur bei niedrigen Zahlen. Deswegen haben wir uns jetzt für solche durchgreifenden Maßnahmen entschieden. Das ist einfach der Grund.
Jetzt zur Strategie: Containment oder Protection? Das ist kei ne Alternative.
Es ist keine Alternative. Wir können eine vernünftige Protec tion gar nicht machen, wenn wir nicht die Zahlen drastisch nach unten bekommen.
Meine Damen und Herren, 30 % bis 40 % der Bevölkerung gehören zu Risikogruppen. Ich weiß nicht, wer von Ihnen es gesagt hat: Es sind allein 21 Millionen Personen über 60 Jah re. Dazu kommen sehr viele andere Millionen Menschen, die aus anderen Gründen zu den belasteten Gruppen zählen. Jetzt frage ich Sie: Was heißt Protection für dieses eine Viertel bis eine Drittel der Bevölkerung? Was soll denn das heißen?
Das müsste ei nem doch mal jemand sagen, was das heißen soll. Deswegen tun wir das, was möglich ist.
Dass wir jetzt ganz verstärkt etwa in Alten- und Pflegeheimen testen und darauf achten, dass dort keine Infektionen hinein getragen werden, das ist der Fall. Dort werden FFP2-Masken verteilt. Dort wird getestet, wie es jetzt auch der Beschluss vorsieht. Das heißt, das machen wir jetzt.
Allerdings: Zu der Zeit, als Tübingen das gemacht hat, wo man sich sehr früh auf dem Markt Masken besorgt hat, hätten wir sie bundesweit gar nicht gehabt. Das heißt, es wäre bun desweit zu diesem Zeitpunkt gar nicht möglich gewesen. Das kann eine einzelne Kommune machen, aber wir hätten es um fänglich gar nicht machen können.
Es ist halt so: Wenn einer im Theater aufsteht, sieht er natür lich besser, aber wenn alle aufstehen, nicht mehr.
Das ist das Problem bei der Geschichte. Das sind keine Vor würfe an die Stadt Tübingen und ihren Oberbürgermeister, aber das war zum damaligen Zeitpunkt nicht in dem Sinn ver allgemeinerbar, wie es den Eindruck erweckt hat. Jetzt wird groß vom Tübinger Weg gesprochen. Auf diesem Weg sind wir schon längst, und das wird nach Maßgabe der Mittel und Instrumente gemacht, die wir dazu haben, und der Logistik, mit der das verteilt wird. Insofern sind wir genau auf diesem Weg.
Aber da es sehr viel mehr Vulnerable gibt als jene in Alten- und Pflegeheimen, geht Protection ohne Containment nicht. Deswegen müssen wir von diesen hohen Zahlen herunter, da mit wir genau das wieder machen können.
Also überlegen Sie mal: Wenn wir bei den hohen Infektions zahlen von 30 000 oder gar 40 000, die wir jetzt hatten, die Nachverfolgung machen würden, wenn es überhaupt ginge, dann hätten Sie jeden Tag zwei Millionen Menschen in Qua rantäne. Wie soll denn das funktionieren? Wer soll denn das machen? Also geht es nur zusammen. Das ist genau die Stra tegie, die wir verfolgen. Wir sind da, glaube ich, auf einem richtigen Weg.
Ja, jetzt. Herr Abg. Dr. Schweickert hat mich schon früh gefragt.
Herr Kollege Schweickert, ich sehe nicht, dass sich Menschen über die Maßnahmen und Hilfen beschweren, die wir in Baden-Würt temberg gemacht haben.
Das sehe ich überhaupt nicht. Die Leute sind froh darüber.
Beim Bund ist es alles ein bisschen schwieriger und kompli zierter. Ich will das auch gar nicht kritisieren. Es stehen schwie rige EU-rechtliche Fragen zur Debatte. Darauf habe ich nun keinen direkten Einfluss. Das müssen die Bundesbehörden selbst machen und sich mit uns committen, wenn wir das um setzen sollen. Wir können da nur einen allgemeinen Druck machen.
Ich sage es Ihnen noch mal, Sie haben es gesehen: Nachdem es mit den Abschlagszahlungen nicht gut lief, sind diese er höht worden. Wir sind da dran. Aber wir können die Arbeit der Bundesbehörden nicht übernehmen. Da müssen Sie sich schon über Ihre Kollegen im Bundestag direkt an die Bundes behörden wenden. Ich kann nicht mehr tun, als dass wir all gemein Druck machen. Die Minister machen das. Ich möch te nicht wissen, wie oft die Wirtschaftsministerin in Telefon gesprächen und -schalten ist und sich wirklich krummlegt, da mit das geschieht. Also, da tun wir das Mögliche.
Ja, da sind wir dabei. Es ist einfach ein Beispiel. Sofort steht etwas im Raum.
Aber schauen Sie: Das Prinzip ist erst mal: Wir wollen jetzt einfach verhindern, dass sich Menschen in Städten wieder an sammeln – aus welchen Gründen auch immer. Schauen Sie: Es macht keinen Sinn, dass wir die Läden schließen und dann das Geschehen sozusagen beim Abholen vor dem Laden statt findet. Das macht doch keinen Sinn. Deshalb versuchen wir es jetzt mit dem umgekehrten Weg: ein Bringsystem. Darauf haben wir uns, glaube ich, schon geeinigt. Das ist jetzt in der Mache, sodass auch die örtlichen Geschäfte den Leuten, die etwas brauchen, dies bringen können. Das Bringsystem ist möglich, das Holsystem nur für Lebensmittel. Das ist das, was wir gerade heute noch einmal besprochen und verhandelt ha ben. Ich hoffe, dass ich jetzt niemandem vorgegriffen habe. Aber das wird ungefähr der Weg sein. Ich hoffe, dass das in Ihrem Sinn ist.
Ja, noch eine Zwischenfrage.
Ich habe Ihnen das doch beantwortet. Es sind 2 500 Menschen auf den Inten sivstationen.
Man muss Folgendes sehen: Erstens: Das Problem ist die Zahl. Die Dunkelziffer – das habe ich Ihnen ja gesagt – ist bei der Infektionslage, die wir haben, sehr viel höher.
Das ist nur die Zahl der Gemeldeten.
In Wirklichkeit sind es mehr.
Zweitens: Es ist klar – das kann man ungefähr sagen –, dass ein bestimmter Prozentsatz davon schwer krank wird. Man muss leider auch sagen, dass ein Teil davon sterben wird. Das weiß man. Dazu kommt, dass heute auch mehr Menschen in den Krankenhäusern liegen, die nicht auf die Intensivstation kommen, sondern andere Stationen belegen. Das alles sind Tatsachen.
Die Zahlen können Sie gern jederzeit erfragen. Das Recht ha ben Sie als Abgeordneter. Sie bestreiten es aber offensichtlich. Ich weiß gar nicht, was diese Debatte soll. Wir müssen uns hier nicht über Zahlen streiten, die uns die Krankenhäuser melden. Das kann jeder einfach erfahren. Man muss es nur ernst nehmen. Das ist das Entscheidende.
Man muss es ernst nehmen.
Nein, jetzt bit te nicht.
Ich will noch etwas sagen: Herr Kollege Stoch, wir haben das letzte Mal über die Regelung für das Weihnachtsfest geredet. Ich habe mit einigem Respekt gesagt, dass man selbstver ständlich auch Ihre Position vertreten kann, dass sie durchaus vertretbar ist. Das kann man aus epidemiologischen Gründen überhaupt nicht bestreiten. Ich habe aber erklärt, warum wir damals eine andere Regelung gefasst haben. Ich habe erläu tert, dass wir sie aus den allgemeinen Gründen des Feiertags schutzes so gefasst haben.
Bei Weihnachten kommt immer noch hinzu, dass es ein wich tiges Familienfest ist. Deswegen sind wir dabei geblieben, die Kontakte für die Familien ein Stück zu erweitern. Wir haben aber versucht, die Kontakte so einzugrenzen, dass ein Mini mum an verwandtschaftlichen Kontakten möglich ist. Wir ha ben sowohl den Zeitraum als auch die Möglichkeiten der Kon takte etwas eingeschränkt. Darüber kann man in der Tat un terschiedlicher Auffassung sein. Die Ministerpräsidentenkon ferenz hat sich jetzt noch einmal sehr einmütig für diesen Weg entschieden.
Jeder, der es nicht muss, ist aber aufgerufen, dass er das Weih nachtsfest anders feiert, als er es gewohnt ist. Ich persönlich war durch die Umfrage beunruhigt, bei der 40 % der Befrag ten trotz der schon weiteren Lockerungen gesagt haben, dass sie sich an die Regeln nicht halten werden. Jeder weiß doch, dass der Innenminister nicht die Polizei in die Wohnungen schicken kann, damit sie nachschaut, wie viele um den Christ baum herumsitzen.
Das geht doch schlichtweg nicht. Das kann doch ernsthaft nie mand vom Innenminister erwarten. Also sind wir in besonde rer Weise darauf angewiesen, dass sich die Menschen, die sich versammeln, an die Regeln halten. Nur im Einzelfall kann man das kontrollieren. Deshalb sind wir bei dieser Regelung geblieben. Offensichtlich ist es mit einer hohen Emotionalität verbunden, dass man das Weihnachtsfest irgendwie mit sei nen Angehörigen und allerengsten Freunden feiert. Deshalb haben wir uns so entschieden.
Aber auch die, die überhaupt keine Kontakte wollen – auch dazu gab es bei der Ministerpräsidentenkonferenz eine Stim me –, verdienen Respekt. Auch das kann man gut begründen.
Dann will ich noch etwas zu den Fragen zur Schule sagen. Wir alle sind uns einig – das wissen inzwischen auch alle –, wie wichtig der Präsenzunterricht ist. Ich kann der Kultusminis terin nicht verübeln, dass sie für diesen Präsenzunterricht kämpft. Das kann ich ihr doch nicht übel nehmen. Das ist ein fach ihre Aufgabe.
Darum geht es jetzt. Jetzt haben wir aber eine andere Infekti onslage. Da gab es ein gewisses Hin und Her. Aber ich will auch noch einmal sagen: Das war doch sehr, sehr lange vor der Entscheidung über die Regelungen zur Weihnachtszeit. Jetzt muss man nicht so tun – das war drei Wochen vorher –, als hätte es alle gleich in Ungemach gestürzt, weil es an drei Tagen mal ein Hin und Her gab.
Dass es nicht gut ist, so etwas zu machen, bestreitet ja nie mand – schon gar nicht in der Pandemie. Aber die Einschät
zungen von mir und ihr waren einfach unterschiedlich. Ich will noch einmal sagen: Mit Wahlkampf hatte das überhaupt nichts zu tun, überhaupt gar nichts!
Wir haben in der Regierung vereinbart, ich habe mit der Kul tusministerin, der Spitzenkandidatin der CDU, vereinbart:
Wir werden keinen Coronawahlkampf führen.
Die Bevölkerung kann von uns auch zu Recht erwarten, dass wir das in einer schweren Krise nicht machen. Ungewöhnli cherweise wird es so sein: Wir werden in dieser Krise notfalls bis zum allerletzten Tag vor der Wahl zusammen regieren und zusammen regieren müssen,
weil das die Lage erfordert, und das werden wir auch machen.
Die Bevölkerung hat zu Recht einen Anspruch darauf, dass wir da nicht einfach in die Pause gehen. Das, was in den Mo naten vor einer Wahl sonst natürlich üblich ist, wird in diesem Fall nicht möglich sein.
Ich will noch einmal sagen: Die Entscheidung, die wir dann getroffen haben – – Mir ging es jetzt um die pandemischen Fragen in dieser Auseinandersetzung. Die waren mit dem Kompromiss, den wir schließlich gefunden haben, in Wirk lichkeit erfüllt. Das will ich noch einmal sagen. Wir gingen von der These aus, dass es bei den Kleinen und Kleinsten nicht notwendig ist – und für die Älteren Fernunterricht. Damit sind die Erfordernisse der Pandemie erfüllt.
Was ist jetzt anders? Jetzt geht es – ich habe das damals ja ge sagt – – Wir haben die Regelungen nicht für die Lehrerinnen und Lehrer gemacht. Darüber, wie diese Regelungen ausse hen, gab es natürlich auch Proteste. Das hatte nichts mit einer Geringschätzung von Lehrerinnen und Lehrern zu tun. Viel mehr erfolgte der damalige Beschluss wegen der Schülerin nen und Schüler, der Millionen Schülerinnen und Schüler. Das war der Grund.
Jetzt, bei der hohen Zahl von Infektionen, ist das anders. Jetzt geht es auch um die Erzieherinnen und Erzieher, um die Leh rerinnen und Lehrer und um die Eltern, sobald diese ihre Kin der in den Kindergarten bringen. Eltern, die ihre Kinder in den Kindergarten bringen, sollen nicht wie üblich wieder zusam menstehen und über die Probleme ihrer Kinder reden. Auch das soll reduziert werden.
Dass sie das normalerweise machen, kann jeder verstehen. Aber auch das soll jetzt unterbleiben – deswegen nun die noch etwas schärfere Maßnahme. Das heißt, wir haben jetzt, Herr Kollege Rülke, Herr Kollege Stoch, eben auch die Lehrerin nen und Lehrer, die Erzieherinnen und Erzieher sowie die El tern, die zur Schule kommen, im Blick.
Bei einer anderen Infektionslage kann man sagen: „Bei einem Verhältnis von 120 000 Lehrkräften zu einer Million Schüler muss man das nicht machen.“ Aber jetzt muss man auch das machen. Das ist schlichtweg die Begründung dafür, warum das so gemacht wird.
Von diesen Beschlüssen soll doch auch ein klares Signal aus gehen. Und das Signal muss heißen: Leute, jetzt ist endlich mal Schluss damit, dass man sich irgendwo tummelt.
Das ist einfach das Signal – darum die milderen Ausgangsbe schränkungen am Tag, damit man einkaufen kann. Und wenn man eingekauft hat, geht man nach Hause und hält eben nicht noch ein Schwätzchen vor dem Laden.
Und wenn man die Kinder in den Kindergarten gebracht hat, geht man nach Hause.
Darum ist jetzt geschlossen worden, um einfach auch klarzu machen: „Liebe Leute, macht das jetzt nicht.“ Dass wir das ansonsten machen, ist das Normalste und Schönste von der Welt – aber jetzt eben nicht. Das war das Signal: Wir brau chen einfache, klare und durchgreifende Regeln. Und das ist damit, glaube ich, erfolgt.
Bitte.
Frau Abgeord nete,
es gibt eine klare Perspektive. Das heißt, die Bevölkerung wird durchgeimpft, und dann ist es herum mit dieser Pande mie. Das ist die klare Perspektive.
Wir sind dabei, dies zu organisieren. Das ist die einzige klare Perspektive, die es – Gott sei Dank – gibt.
Alles andere, was geschieht, ist minder klar. Es hängt immer von der Infektionslage ab, Frau Abgeordnete; das ist nun ein mal so.
Wenn es uns hoffentlich gelingt,
zum 10. Januar – oder wenig später – die Sieben-Tage-Inzi denz wieder in den Bereich von 50 zu bekommen, dann kön nen wir wieder eine klare lokale Hotspot-Strategie auflegen, die diesen Namen auch verdient. Wenn das ganze Land – wie jetzt – schon auf 200 zugeht, was soll dann eine Hotspot-Stra tegie? Was für einen Stufenplan soll ich da machen? Das ist schon die Stufe Dunkelrot, das können Sie in den Übersich ten sehen. Also: Wenn wir herunterkommen, dann wird noch einmal klarer gemacht – es wird jetzt auch erarbeitet –, wel che härteren Maßnahmen wir in den einzelnen Stufen aufle gen, und dann können wir es Ihnen sagen.
Man kann natürlich sagen:...
... So, liebe Be völkerung, wenn die Zahlen am 10. Januar nicht unter 50 lie gen, dann geht es so weiter, und es kommt noch etwas dazu.
So wird es wahrscheinlich sein. Aber dazu legen wir ja jetzt die Maßnahmen fest – nicht, dass wir im selben Zustand sind wie jetzt, sondern hoffentlich darunter. Wenn wir darunter sind, dann schlägt wieder die Stunde der lokalen Begrenzung, der lokalen Strategien. Die Pandemiestufen, die der Sozialmi nister festgelegt hat, liegen vor, sind aber nicht greifend ge nug. Wir wissen jetzt, dass wir klarere, schärfere Regelungen für die einzelnen Stufen treffen müssen, und diese werden dann, denke ich, sicher vorliegen. Das Mehr an Klarheit ist da nicht zu machen.
Ich sage Ihnen auch: Da jedes Virus anders ist, können Sie das auch nicht ins Infektionsschutzgesetz schreiben, sonst müssten Sie es bei je der neuen Pandemie, die kommt, novellieren. Bei den Masern beispielsweise – so hat mir ein Infektiologe gesagt – genügt es, wenn jemand mit Masern in einen Klassenraum geht. Nach fünf Minuten ist die ganze Klasse angesteckt, weil Masernvi ren eine 30-mal höhere Infektiosität als das Coronavirus ha ben.
So ist jedes Virus anders, und Sie müssen für jedes Virus ei ne andere Strategie auflegen. Deshalb werden wir, solange die Infektionszahlen so hoch sind, immer auch ein Stück auf Sicht fahren; es bleibt uns gar nichts anderes übrig. So haben wir es gemacht, und ich kann nicht so tun, als hätten wir nicht er folgreich gearbeitet. Das war der Fall. Über den ganzen Som mer waren die Infektionszahlen sehr niedrig. Wir wussten na türlich, dass eine zweite Welle kommt; Sie müssen mich schon richtig zitieren. Dass sie in dieser Schärfe und Geschwindig keit kommt, haben wir unterschätzt – jedenfalls ich. Das kann man überhaupt nicht bestreiten. Davon sind wir in der Tat nicht ausgegangen.
Jetzt wissen wir mehr, also will ich noch einmal sagen: Wir versuchen, gemeinsam die Infektionszahlen herunterzubekom men. Wenn uns das gelingt, dann können wir auch wieder planbarer handeln, und wenn nicht, werden wir weiter auf Sicht fahren müssen. Das muss ich Ihnen so offen sagen. Ich bin gespannt, ob jemand ganz andere Angebote machen kann. Die habe ich bisher nicht vernommen.
Insofern habe ich noch einmal eine Bitte; das ist eine ganz wichtige Bitte. Ich merke es schon wieder an den vielen E-Mails und Briefen, die ich bekomme. Jeder fragt: „Darf ich das noch?“ Es ist ein bisschen der Geist dieser Lückensucherei:
Wo darf man jetzt gerade noch was machen? Mein Rat an uns alle ist, genau umgekehrt vorzugehen, nicht nach jeder Lücke in der Verordnung zu suchen, danach zu suchen, was man noch darf, sondern von der Vernunft gegebenenfalls auch öf fentlich Gebrauch zu machen und zu sagen: „Ich mache nicht alles, was ich darf. Ich mache das, was das Virus nicht liebt: Ich vermeide Kontakte.“ Wenn wir alle uns daran halten und dafür werben, haben wir gute Chancen, dass wir am 10. Janu ar ein erhebliches Stück weiter sind als heute.
Vielen herzlichen Dank.
Frau Präsiden tin, werte Kolleginnen und Kollegen! Als ich Ende Oktober hier vor Ihnen stand, habe ich gesagt:
... wir haben Alarmstufe Dunkelrot...
Die Lage spitzte sich damals dramatisch zu, die Infektions zahlen wuchsen exponentiell, unsere Gesundheitsämter wa ren überlastet, die Zahl der Intensivpatienten verdoppelte sich fast im Wochentakt.
Es drohte ein Kollaps der Krankenhauskapazitäten innerhalb weniger Wochen, es bestand die Gefahr, dass wir die Kontrol le über die Pandemie verlieren.
Um eine akute nationale Gesundheitsnotlage abzuwenden, hatten sich Bund und Länder in einer gemeinsamen Kraftan strengung auf weitreichende Einschränkungen des öffentli chen und privaten Lebens verständigt.
Die gute Nachricht ist: Die Maßnahmen haben gewirkt. Wir konnten den exponentiellen Anstieg bremsen
und den Kollaps des Gesundheitssystems vermeiden. Das ist ein wichtiger Zwischenerfolg.
Aber wir müssen auch die schlechten Nachrichten zur Kennt nis nehmen: Die Infektionszahlen sind noch immer viel zu hoch,
die Kontaktnachverfolgung ist weiterhin in den meisten Fäl len nicht mehr möglich,
und es kommen noch immer sehr viele Menschen mit schwe ren Covid-Verläufen ins Krankenhaus.
Die Intensivstationen füllen sich immer mehr.
Das macht deutlich: Wir befinden uns nach wie vor in einer dramatischen Lage.
Wir befinden uns nach wie vor in einer dramatischen Lage. Wir haben die notwendige Trendwende noch nicht erreicht. Die Maßnahmen reichen noch nicht aus. Es gibt keinen Grund zur Entwarnung.
Um die Infektionszahlen deutlich zu senken, die zweite Wel le zu brechen,
gibt es deshalb nur einen Weg: noch weniger Kontakte und noch mehr Sicherheit bei den Kontakten, die unvermeidbar sind. Deshalb habe ich mit meinen Länderkollegen und der Kanzlerin gestern erneut intensiv beraten. Wir haben beschlos sen, die geltenden Regeln zu verlängern und zu verschärfen sowie klare Signale für die Weihnachtszeit zu geben, damit sich alle frühzeitig darauf einstellen können.
Die neuen Regeln treten in Baden-Württemberg am 1. Dezem ber in Kraft und gelten erst mal bis zum 20. Dezember.
Zunächst zu den Verlängerungen und Verschärfungen:
Erstens: Es dürfen sich nur noch höchstens fünf Personen aus maximal zwei Haushalten treffen. Kinder bis zum Alter von 14 Jahren werden dabei nicht mitgerechnet. Um Unklarheiten zu vermeiden: Fünf ist die Obergrenze. Diese Obergrenze zählt, auch wenn zwei Haushalte aus mehr als fünf Personen bestehen.
Zweitens: Es gilt eine Maskenpflicht in allen Innenstädten mit Publikumsverkehr und überall dort, wo sich Menschen außer halb der eigenen Privaträume nicht nur flüchtig begegnen.
Drittens: In Geschäften bis zu 800 m2 Ladenfläche darf sich höchstens eine Person pro 10 m2 aufhalten – das ist ja die jet zige Regelung –, in größeren Geschäften mit über 800 m2 La denfläche höchstens eine Person pro 20 m2 Verkaufsfläche. Für Einkaufszentren wird die Gesamtverkaufsfläche angesetzt.
Viertens: Betriebe und Einrichtungen, die derzeit geschlossen sind, bleiben geschlossen. Das ist für die Betroffenen extrem schmerzhaft. Ich habe großes Verständnis für die Frustration und auch für den Zorn, der in diesen Bereichen entsteht. Aber es geht leider nicht anders, da wir die Kontakte so weit wie möglich reduzieren müssen.
Um den betroffenen Unternehmen, Selbstständigen, Vereinen und Einrichtungen zu helfen, hat der Bund zugesagt, die fi nanzielle Unterstützung für den Zeitraum der Schließung im Dezember weiterzuführen.
Dabei will er erneut das Prinzip der Novemberhilfen anwen den. In die Förderprogramme werden auch die Schausteller und Marktkaufleute aufgenommen.
Fünftens: Für Unternehmen, deren Betrieb erheblich einge schränkt ist, werden die Stützungsmaßnahmen im Rahmen der Überbrückungshilfe III bis Mitte des kommenden Jahres ver längert.
Dabei hat der Bund zugesagt, die Konditionen für die haupt betroffenen Wirtschaftsbereiche zu verbessern, vor allem für die Kultur- und Veranstaltungswirtschaft,
für die Soloselbstständigen und die Reisebranche.
Dafür haben wir Länder uns starkgemacht.
Sechstens: Hochschulen und Universitäten – –
Sechstens: Hoch schulen und Universitäten sollen auf digitale Lehre umstellen, wann immer es möglich ist.