Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 92. Sitzung des 16. Landtags von Baden-Württemberg.
Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich ganztägig Herr Minister Lucha sowie Herr Staatssekretär Schebesta, ab 13:30 Uhr Herr Minister Hermann und ab 14:15 Uhr Herr Mi nisterpräsident Kretschmann.
Aktuelle Debatte – Von der Komplementärkoalition zur Blockadekoalition – wie bei der grün-schwarzen Landes regierung die Zukunft auf der Strecke bleibt – beantragt von der Fraktion der FDP/DVP
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 50 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die Aussprache steht eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion zur Verfügung. Wie immer darf ich an dieser Stelle die Mitglieder der Landesregierung bitten, sich ebenfalls an den vorgegebenen Redezeitrahmen zu halten.
Ich gehe davon aus, dass die Debatte möglicherweise sehr zu gespitzt zugehen kann, aber ich bitte Sie insgesamt alle um etwas mehr Ruhe, damit man jeweils dem Redner oder der Rednerin gut zuhören kann.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Jahr 2016 ist eine soge nannte – man könnte auch sagen: selbst ernannte – Komple mentärkoalition an den Start gegangen. Wer nicht so genau wusste, was darunter zu verstehen sei, dem wurde mitgeteilt, man teile sich die Kompetenzen auf, je nachdem, wer das be treffende Ministerium besetze. Dort werde dann harmonisch und ohne Streit regiert.
als sich der Verkehrsminister und die Kollegin Razavi bei ei nem Thema aus der Verkehrspolitik mal wieder so richtig lieb hatten.
Mit den Händen voraus; sie hätten sich vielleicht erwürgt. Wir hätten also, wenn sie sich um den Hals gefallen wären, wahrscheinlich so eine Art grün-schwarze Laokoon-Gruppe erlebt, meine Damen und Herren.
Sie merken schon: Es ist längst vorbei mit dieser Komplemen tärkoalition. Frei nach Heinz Erhardt könnte man sagen: So lange es Haare gibt, liegt sich diese Koalition in denselben. Das ist aus dieser Komplementärkoalition geworden.
Sie blockiert sich derartig, dass aus der Komplementärkoali tion eine Blockadekoalition geworden ist.
Es geht nicht nur um den Verkehrsminister; der ist im Mo ment noch friedlich. Auch der Innenminister und stellvertre tende Ministerpräsident scheint es mit der Harmonie nicht so zu haben. Denn er hat auf sechs Seiten mal aufgestellt, wo es
überall hakt. 17 Projekte hat der Innenminister zu Papier ge bracht: 16 davon CDU-Projekte, die von den Grünen blockiert werden, und ein einziges Projekt der Grünen, das von der CDU blockiert wird. Der Spielstand für Trainer Thomas Strobl ist bei Halbzeit 1 : 16.
Beim Fußball kämen Sie so, wie Ihre Bilanz aussieht, Herr Strobl, gar nicht mehr aus der Kabine – nicht mal bei Hanno ver 96, meine Damen und Herren.
Sie merken es in Ihrem eigenen Ressort: Bei Ihrem Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht kann sich die CDU nicht gegen die Grünen durchsetzen. Deshalb wird in diesem Land zu wenig abgeschoben. Diese Koalition ist in der Innen politik ein Sicherheitsrisiko, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD – Abg. Thomas Blenke CDU: Ach komm! – Oh-Ru fe von der CDU)
So geht es auch in anderen Bereichen weiter. Es gelingt nicht, abzuschieben. Über 60 % der Abschiebungen scheitern, weil Sie sich in dieser Koalition nicht durchsetzen können. Sie hö ren das nicht gern – ich weiß das –, so wenig, wie Sie gern le sen, was Ihre Parteifreunde auf Parteitagen über Sie sagen. Aber es ist so, Herr Minister.
In der Wirtschaftspolitik ist es genauso. Es wird nur blockiert. Seit drei Jahren gibt es ein Gezerre um die Landesbauordnung. Im Landtagswahlkampf gab es keine CDU-Wahlveranstaltung ohne den Schenkelklopfer mit den überdachten Fahrradstell plätzen und dem Efeu auf dem Dach. Was hat sich in diesen drei Jahren geändert?
Der Ministerpräsident verteidigt sie nach wie vor. Ich darf Sie zitieren, Herr Ministerpräsident: Es handle sich um – so wört lich – „keine grünen Hirnfürze“. Doch, Herr Ministerpräsi dent, das sind grüne Hirnfürze, was da in der Landesbauord nung steht.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD – Abg. Anton Baron AfD: Oh ja! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das kann man sagen, wenn man im Jahr 1960 ist!)
Das war eine bemerkenswerte Formulierung. Gestern oder vorgestern kam auch eine bemerkenswerte Formulierung, nämlich dass es im Land Baden-Württemberg kein Bäderpro gramm geben solle, verbunden mit der Empfehlung, die Kin der sollten das Schwimmen doch in der Donau lernen; Sie hät ten es dort auch gelernt. Für diesen Ratschlag werden sich si cher viele genauso bedanken wie für Ihre Formulierung, man
solle doch möglichst die jungen Männerhorden in die Pampa schicken. Als Sie dann erklären sollten, was Sie unter „Pam pa“ verstehen, Herr Ministerpräsident, haben Sie erklärt: „Na ja, da habe ich halt ein bisschen Blödsinn erzählt.“
Meine Damen und Herren, man kann sich die Frage stellen: Was ist das Leitmotiv dieser Koalition? Manche Koalitionen haben ja Leitmotive. Wir erinnern uns an Willy Brandt: „Mehr Demokratie wagen!“ Aber ich glaube, meine Damen und Her ren, das Leitmotiv dieser Koalition und dessen, was der Herr Ministerpräsident gelegentlich vom Stapel lässt, lässt sich eher mit Robert Musil formulieren. Er hat nämlich einmal gesagt: