Protokoll der Sitzung vom 12.12.2019

Kommen wir zu den sogenannten kleinen Hochschulen. Die mögen sich aus Sicht von Heidelberg oder Tübingen schon sehr klein ausnehmen. Allerdings erfüllen diese Standorte oft mals wichtige Aufgaben für eine ganze Region. Angesichts des starken Engagements der Unternehmer und Raumschaf ten an kleinen Hochschulstandorten wie dem Campus Nord schwarzwald als Außenstelle der Universität Stuttgart, der Au ßenstelle der Hochschule Furtwangen in Tuttlingen oder den Außenstellen der Hochschule Heilbronn in Künzelsau und Schwäbisch Hall ist für uns klar, dass das Land sich beim Er halt dieser kleinen Hochschulstandorte nicht aus der Verant wortung stehlen darf.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Norbert Beck CDU – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Sehr rich tig!)

Norbert Beck klatscht auch, wenn auch verhalten. Ich habe ja genickt.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Ich bin Zeuge!)

Die regionalen Innovationspartnerschaften zwischen Unter nehmen und Hochschulen im ländlichen Raum, die es seit In krafttreten des laufenden Haushalts gibt, wurden mit drei Mal 1 Million € ausgestattet. Diese Minimallösung kann die klei nen Hochschulstandorte wohl kaum am Leben erhalten.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Ja!)

Mit unserem Vorschlag zur Einrichtung eines Fonds speziell für die kleinen Hochschulen wäre sichergestellt, dass diese zuverlässig mit Personal und Sachmitteln ausgestattet würden und nicht bangen müssten, am Aufwuchs der Grundfinanzierung der jeweiligen Hochschule beteiligt zu werden. Mit 6 Millio nen € pro Jahr wäre eine solide Basis geschaffen worden, von der die ländlichen Räume unmittelbar profitiert hätten. Aber Sie können ja noch immer unserem Änderungsantrag zustim men.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Schön wäre es!)

Es geht also weiter für die Hochschulen im Land. Sie machen ihre Arbeit, aber Zeit zum Verschnaufen bleibt ihnen nicht – nicht einmal fürs Durchschnaufen. Hier war mehr drin. Sie haben die Chance verspielt, für Forschung und Wissenschaft bessere Rahmenbedingungen zu schaffen. Man könnte auch sagen: Die Hochschulen gehen zu Weihnachten leer aus, ob wohl sie brav waren.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Für die Landesregierung ertei le ich das Wort Frau Ministerin Bauer.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kol legen! Der vorliegende Doppelhaushalt des Wissenschaftsmi nisteriums gibt Antworten auf ein paar wirklich wichtige ak tuelle Herausforderungen oder Transformationen dieser Ge sellschaft, bei denen insbesondere Wissenschaft und Kultur, unsere Hochschulen und unsere Kultureinrichtungen, von gro ßer Bedeutung sind, um diese zu bewältigen.

Ich freue mich, dass sich diese Bedeutung von Wissenschaft und Kultur auch in den Etatzahlen deutlich widerspiegelt. Die Zahlen sprechen eine ganz klare Sprache: Wir stärken im Land Wissenschaft und Kunst, und wir legen eine Priorität auf Wis senschaft und Kunst. Sehen Sie sich die Summe der Ausga ben an. Rund 5,6 Milliarden € im Jahr 2020, knapp 5,7 Mil liarden € im Jahr 2021. Das bedeutet, die Ausgaben steigen 2020 um 4 % und 2021 um weitere 2 %.

Der Anteil des Einzelplans 14 am Gesamthaushalt erhöht sich von 10 % in diesem Jahr auf knapp 11 % im Jahr 2021. Das bedeutet, dass wir bei einem insgesamt wachsenden Haushalt die Prioritäten in Richtung Wissenschaft und Kunst verschie ben. Dabei sind Drittmittel der Einrichtungen noch gar nicht berücksichtigt.

Das ist gut und richtig so. Es ist auch wichtig für ein Haus, das für einen elementar großen Anteil an Beschäftigten steht. Unser Ressort hat landesweit ohne die Klinika rund 36 000 Beschäftigte. Dazu kommen noch rund 12 000 Drittmittelbe schäftigte, insbesondere bei den Hochschulen. Das Wissen schaftsministerium ist das personalstärkste Ressort nach dem Kultusministerium, noch vor dem Innenministerium. Ich freue mich, dass die Haushaltszahlen eine klare Sprache in Sachen Wissenschaft und Kunst sprechen.

Die Haushaltsdiskussionen der letzten Wochen waren im We sentlichen geprägt von der Auseinandersetzung um die Hoch schulfinanzierungsvereinbarung. Viele weitere Maßnahmen, die im Haushalt abgebildet sind, sind nicht entsprechend im Vordergrund gewesen.

Ich möchte deswegen die Gelegenheit nutzen, heute noch auf ein paar besondere Punkte einen Blick zu werfen. Danach werde ich etwas zur Hochschulfinanzierungsvereinbarung und dem Verhandlungsstand sagen. Nach mir wird Staatssekretä rin Olschowski das Thema „Kunst und Kultur“ beleuchten.

Wir stehen, wie gesagt, vor gewaltigen Herausforderungen oder auch Transformationen, die zu bewältigen sind: Klima schutz, künstliche Intelligenz, der Umbruch in der Automo bilindustrie, der Gesundheitsstandort, die Digitalisierung ins gesamt. Deswegen brauchen wir Wissenschaft und Forschung als Orte, um diese Veränderungen zu durchdenken, Lösungen zu erarbeiten. Wir legen großen Wert darauf, dass wir da Stär ken zusammentragen und die Kooperation intensivieren.

Wir haben mit dem sogenannten Innovationscampus ein neu es Format entwickelt für die Zusammenarbeit zwischen Uni versitäten, Forschungseinrichtungen, Unternehmen, Start-ups, Privaten und auch dem öffentlichen Raum. Denn wir wollen, dass an den Orten, an denen besondere Qualität in der Wis senschaft geliefert wird, ein dichtes Netzwerk entsteht, das dann in der Lage ist, innovative Verfahren und Produkte zu entwickeln und auch in der Grundlagenforschung innovativ weiterzudenken.

Einen solchen Innovationscampus haben wir etabliert: das Cy ber Valley, dieses Geflecht aus Wissenschaft und Wirtschaft über alle Institutionengrenzen hinweg. Wir haben schon enor me Kraftanstrengungen an den Tag gelegt, um dieses Cyber Valley zum Fliegen zu bringen. Wir haben aus dem MWKHaushalt jenseits von den 127 Millionen €, die wir schon in vestiert haben, im Doppelhaushalt weitere 22 Millionen € vor

gesehen. Wir festigen damit das Cyber Valley als Innovations standort, als Spitzenstandort für künstliche Intelligenz, der sich schon heute weit über die Landesgrenzen hinaus einen Ruf erarbeitet hat.

Ich freue mich in der Tat – Herr Abg. Salomon hat es gerade auch gesagt –, dass dieses Cyber Valley inzwischen auch in einem internationalen Netzwerk sichtbar ist. Die europäische Vernetzung hat begonnen. Die ersten ELLIS-Units sind aus erkoren, und neben Tübingen gehört Freiburg als Standort da zu. Das zeigt, dass wir im ganzen Land in Sachen künstliche Intelligenz hervorragend aufgestellt sind. Ich möchte mich bei allen bedanken, die immer wieder unterstützt haben, dass wir in diesem Bereich kraftvoll voranschreiten können.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Es ist hier zu Recht betont worden: Wir sind stolz darauf, dass Baden-Württemberg ein Standort exzellenter Wissenschaft und Forschung ist. Wir sind in diesem Zusammenhang mit vier von elf geförderten Exzellenzuniversitäten erfolgreicher als alle anderen Bundesländer. Das kostet auch ein bisschen Geld. Deshalb sind im Haushalt zusätzlich jährlich 16 Milli onen € an Landesmitteln ausgebracht worden, um die Erfol ge in der Exzellenz abzubilden und kozufinanzieren.

Darüber hinaus stellen wir im Gegensatz zu anderen Bundes ländern auch das Vorgängerprogramm der Exzellenzinitiative nachhaltig und unterstützen erfolgreich gewachsene Struktu ren.

Ein weiteres Stichwort, das ich gern kurz beleuchten möchte, ist das Thema „Klimaschutz und Nachhaltigkeit“. Dieses ist von Ihnen gerade zum Teil auch schon angesprochen worden. Mit begrenzten Ressourcen – wir sind im Wesentlichen für die Grundfinanzierung unserer Einrichtungen zuständig – set zen wir doch Dinge in Gang und schaffen neue Impulse für die großen Themen unserer Zeit. Dazu gehören Klimaschutz und Nachhaltigkeit ganz zuvorderst.

Wir haben verschiedene Maßnahmen ergriffen, um unsere For schungslandschaft dabei zu unterstützen, sich diesen Themen zu widmen. Wir haben Forschungsprogramme zur Finanzie rung im Bereich der Bioökonomie, der Wasserforschung, des ökologischen Landbaus, der Reallabore mit einer neuen För derlinie im Bereich Klimaschutz, die aufgesetzt wurde, und wir fördern im Rahmen des Strategiedialogs Automobilwirt schaft den Ideenwettbewerb zum emissionsfreien Campus. In diesen Tagen haben wir die Auszeichnung der besten Konzep te vorgenommen. Wir freuen uns sehr, dass auch mit begrenz ten Ressourcen die Energien, das Know-how und die Begeis terung für die Arbeit an diesen Zukunftsthemen in den Hoch schulen sichtbar gemacht werden können und die Freude an der Zusammenarbeit in diesem Bereich effektiv vorangebracht werden kann.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ein weiteres wichtiges Stichwort in diesem Komplex ist die integrative Taxonomie, das Synthesezentrum, das wir jetzt mit diesem Doppelhaushalt an der Schnittstelle von der Univer sität Hohenheim und dem Naturkundemuseum Stuttgart auf den Weg bringen. Dieses wird für das ganze Land ein Netz

werk in dem Bereich der Taxonomie, also der Stärkung der Artenkenntnis in Forschung, Lehre und wissenschaftlicher Weiterbildung, aufbauen.

(Beifall bei den Grünen und der Abg. Julia Philippi CDU)

Ich bin überzeugt davon: Unseren Hochschulen kommt eine Schlüsselrolle beim Thema Klimaschutz zu, wenn es um die Bildung für die nächste Generation geht, wenn es darum geht, in der Forschung voranzukommen und Lösungen für die Ak tivitäten anzubieten. Deswegen gibt es auch die Transferakti vitäten, die unverzichtbar sind, damit wir schnell, in kurzer Zeit, effektive Lösungen zur Reduktion von CO2 und zur Be wältigung der Auswirkungen des Klimawandels in die Praxis bringen.

Deswegen ist es auch wichtig, dass sich die Hochschulen in Baden-Württemberg damit auseinandersetzen und darüber nachdenken, wie sie mit ihrem Gebäudebestand, mit ihren Energiebedarfen und mit dem Verkehr, den sie produzieren, Teil der Lösung und nicht Teil des Problems sein können. Auch da erlebe ich, dass unsere Hochschulen außerordentlich aktiv sind. Wir werden da im Zusammenhang mit der nächs ten Hochschulfinanzierungsvereinbarung zu konkreten Ver abredungen kommen.

Ich möchte noch ein paar weitere Stichworte kurz streifen; Sie haben sie zum Teil auch schon angesprochen, zum Teil kann ich vielleicht auch die Gelegenheit nutzen, Sie auf den aktu ellen Stand zu bringen und ein paar Missverständnisse aus dem Weg zu räumen.

Wir haben über das Thema Medizin gesprochen. Die Studi enkapazitäten in der Humanmedizin werden um 10 %, also um 150 weitere Plätze, aufgestockt werden, die so schnell wie möglich ausgebracht werden. Ich gehe fest davon aus, dass wir zum kommenden Wintersemester damit starten können. Wir werden diesen Ausbau nutzen, die Allgemeinmedizin und die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum in einer beson deren Weise in den Fokus zu nehmen.

Darüber hinaus setzen wir unsere Anstrengungen im Bereich der Akademisierung von Gesundheitsfachberufen fort. Liebe Frau Abg. Rolland, da sind Sie, glaube ich, irgendwie falsch informiert. Baden-Württemberg ist schon heute bundesweit Vorreiterland in Sachen Akademisierung der Gesundheitsfach berufe,

(Zuruf des Abg. Rainer Hinderer SPD)

in einer besonderen Weise beim Thema Hebammen. Wir wer den auch im Doppelhaushalt zusätzliche Ressourcen einbrin gen, um den Ausbau um weitere 60 Plätze zu verstärken. Des wegen sind wir in diesem Bereich kurz vor der Vollakademi sierung angekommen. Wir werden auch in Bezug auf die an deren Bereiche weitere Schritte in die Wege leiten.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ein weiteres wichtiges Vorhaben, das in diesem Doppelhaus halt auf den Weg gebracht wird und das mir sehr wichtig ist, möchte ich betonen. Wir werden zusätzliche Neustellen im Bereich der Informationssicherheit für unsere Hochschulen

und Kultureinrichtungen ausbringen. Wir haben im letzten Haushalt schon erste Anstrengungen unternommen und gehen jetzt mit 50 weiteren Stellen noch einen Schritt weiter. Wenn man die Zeitung liest und schaut, was in Gießen gerade pas siert ist, wo eine ganze Universität wahrscheinlich durch ei nen Hackerangriff lahmgelegt wurde, weiß man, wie wichtig das ist. Deswegen bin ich froh, dass wir diese 50 neuen Stel len in ein landesweites Konzept der Informationssicherheit einbauen können.

Die Maßnahmen zum Thema „Technologietransfer und Grün dergeist“ sind hier schon ganz ordentlich besprochen worden. Ich werde sie hier nicht vertiefen und komme jetzt zu dem Thema Hochschulfinanzierungsvereinbarung.

Frau Ministerin, lassen Sie ei ne Zwischenfrage des Herrn Abg. Räpple zu?

Ich glaube, er sollte erst mal zuhören. Dann schauen wir mal.

(Abg. Stefan Räpple AfD: Das ist aber schade!)

Die Hochschulfinanzierungsvereinbarung soll für den Zeit raum der nächsten fünf Jahre von 2021 bis 2025 gelten. Es ist ja viel darüber diskutiert worden. Auch heute haben wir eini ges dazu gehört. Auch wenn ein paar Zahlen durcheinander geraten sind, ist allen klar – darüber sind wir uns alle einig –, dass es hier um ein Thema geht, das von enormer Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit unserer Hochschulen ist. Es ist des wegen auch von herausragender Bedeutung für die gute Auf stellung unseres Landes insgesamt.

Es geht um eine solide verlässliche und auch solide wachsen de Grundfinanzierung, also um das finanzielle Fundament un serer Hochschulen. Wir bieten unseren Hochschulen mit ei ner fünfjährigen Vereinbarung, die wir abschließen wollen, Planungssicherheit. Wir bieten an, dass sie damit von kurz fristigen, auch konjunkturellen Schwankungen frei sind, dass sie Sicherheit in Bezug auf die Bewirtschaftung ihrer Stellen und ihrer Mittel haben, die von Jahr zu Jahr im Rahmen die ser Vereinbarung übertragen werden können. Das ist auch ei ne starke Ansage eines Parlaments, das in diesem Kontext zeitlich befristet auf seine Haushaltshoheit verzichtet, indem es diese Verlässlichkeit gewährt.

Deswegen ist es ein hohes Gut, um das wir hier ringen. Ich bin froh über die Einigkeit, dass wir unseren Hochschulen die se Sicherheit geben wollen. Damit haben diese die Möglich keit, für junge Menschen, für Wissenschaftler und Wissen schaftlerinnen, für Talente aus aller Welt attraktiv zu bleiben und Gestaltungsspielräume zu erhalten, um selbst zu entschei den, wo sie besondere Akzente setzen wollen.

Im Kern der Hochschulfinanzierungsvereinbarung geht es al so darum, dass wir eine gute, eine verlässliche und eine ver lässlich wachsende Finanzierung unserer Hochschulen in der Basis gewährleisten. Wir sind stolz darauf, dass wir durch ein starkes Fundament die Voraussetzung dafür schaffen, dass un sere Hochschulen auch erfolgreich agieren können, wenn es um das Einwerben weiterer Mittel und Erfolge in den Wett bewerben geht. Da zeigen unsere Hochschulen, wie stark sie sind: bei der Exzellenzstrategie, bei Preisträgern – aktuell

Leibniz-Preisträgern –, beim Einwerben von ERC Grants aus der EU, beim Einwerben von EXIST-Gründerstipendien, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Aber auch unsere Hochschu len für angewandte Wissenschaften sind außerordentlich er folgreich beim Einwerben von zusätzlichen Mitteln im Zu sammenhang mit ihrer praxisnahen Forschung.