Protokoll der Sitzung vom 12.12.2019

Solche Flächenschäden, wie sie durch den Borkenkäfer ent standen sind, waren jetzt auch im Südschwarzwald zu sehen. Diese waren schon gravierend. Aber das war nicht das einzig Auffällige. Wer im Sommer aufmerksam auf der A 5 gefah ren ist, hat bereits da gesehen, dass die Bäume, wie im Win ter, kein Laub mehr hatten. Die Buche hatte kein Laub mehr, die Kiefern waren zum Teil schon abgestorben, weil die Förs ter gar nicht mehr hinterherkamen, diese rechtzeitig zusam men mit den Waldarbeitern zu fällen, weil es überall ein Stück weit „gebrannt“ hat. Das heißt, auch dort haben wir Schäden. Wir haben Schäden bei der Buche – Gott sei Dank nicht oder nur selten flächig. Aber überall, und zwar in jedem Buchen bestand, fallen reihenweise Buchen aus. Man kann sagen: in einer Größenordnung von fast 10 %. Das ist erheblich.

Wir befinden uns mitten in einem Klimawandel, der sich jetzt durch zwei Extremjahre und einen Extremwinter – das Win terhalbjahr 2018/2019 war auch trocken und ist hinter dem langfristigen Durchschnitt an Niederschlägen zurückgeblie ben – gezeigt hat. In diesem Klimawandel, in dem sich die Temperaturen so schnell ändern wie noch nie in den letzten 40, 50 Jahren, befinden wir uns. Wir müssen den Waldbauern helfen und sie unterstützen, damit wir auch morgen noch Wald in Baden-Württemberg haben. Das ist der ganz entscheiden de Punkt. Der Wald wird anders aussehen.

Meine Damen und Herren, es wird nicht reichen, zu sagen – wie es der NABU in einer Mitteilung vermeldet –:

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

„Lasst die Wälder einmal ein bisschen brach liegen, dann wird alles ganz gut.“ Nein, mit Brache gewinnt man Einfalt, aber nicht Vielfalt. Wer Vielfalt will – auch Artenvielfalt in den Wäldern –, muss aktiv bewirtschaften und muss auch aktiv Baumarten einbringen, die klimaresilient sind. Das können heimische Baumarten sein wie die Walnuss, wie die Esskas tanie, wie die Douglasie, die ich jetzt einfach einmal als hei misch bezeichne,

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE bewegt abwägend seinen Kopf.)

wie die Hainbuche. – Also in den Eiszeiten, Markus,

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Ich habe ja gar nichts gesagt!)

war sie da. Das ist nachgewiesen. Das ist eindeutig. – Das können solche sein, das können aber auch andere sein. Wir müssen einmal ausprobieren, was geht.

Ich erinnere mich an eine Diskussion mit einem Vertreter des Bundesamts für Naturschutz. Das ist nicht gerade eine Zweig stelle des MLR. Der Vertreter des Bundesamts für Naturschutz sagte: „Die Douglasie und die Roteiche sind kein Problem. Die haben soziologisch keinen negativen Einfluss auf den Wald, weil sie sich gut mit den hier herrschenden Waldgesell schaften vertragen und sie nicht überlagern. Aber bei den an deren weiß man es nicht.“ Das sage ich auch: Bei anderen weiß man es noch nicht.

Deshalb müssen wir das, was jetzt an Schäden vorhanden ist, als Chance begreifen, überall im Land Anbauversuche mit Baumarten zu machen, die bisher in Baden-Württemberg fremd

sind, die aus dem Mittelmeerraum stammen, die aus Nordaf rika stammen, die aus den Höhenlagen des Libanon stammen, die aus dem Atlasgebirge stammen, die aus dem Kaukasus stammen, die im Zweifelsfall auch aus den Appalachen oder aus den Rocky Mountains stammen, um einfach auszuprobie ren, welche Baumarten klimaresilient sind und welche unse re Fauna und Flora nicht verfälschen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

Das ist, glaube ich, der ganz entscheidende Punkt, damit ge währleistet ist, dass wir auch zukünftig noch leistungsfähige Wälder haben. Leistungsfähige Wälder brauchen wir nicht nur, weil wir Nadelholz brauchen, lieber Kollege Hoher.

(Abg. Klaus Hoher FDP/DVP: Ja, ja!)

Das Nadelholz wird ein Problem bekommen – nicht, weil ich die Nadelhölzer nicht will, sondern weil der Lebensraum für Nadelhölzer immer enger wird, wenn es wärmer wird. Das muss man einfach einmal realistisch sehen. Dann haben wir am Ende nur noch die Douglasie, die dem vielleicht ein Stück weit widerstehen kann.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Dass die Kiefer auch nicht bestehen kann, hat man jetzt in der Rheinebene gesehen. Ich sage einmal: Das Spektrum wird sehr eng. Trotzdem glaube ich, man muss auf Holzforschung setzen; man muss darauf setzen, dass Baden-Württemberg ein wirtschaftsorientierter Standort bleibt.

Den Klimawandel muss man auch dadurch bekämpfen, dass man dauerhaft Kohlenstoffsenken schafft. Dazu ist es notwen dig, dass wir auch über die Verwendung des Laubholzes als dauerhafte Kohlenstoffsenke nicht nur nachdenken und die ses Holz nicht nur einbauen – so wie hier im Plenarsaal. Hier ist es vorbildlich. Das haben unsere Vorgänger schon 1952 ge macht; da waren die schon gut dabei. Es war zwar ein Beton bau und kein Hybridbau – das hätte man heute vielleicht an ders machen können –, aber es war ja dann, als es an die Sa nierung ging, alles denkmalgeschützt. Aber zumindest die Bauten innendrin sind aus Holz.

Wir brauchen also neue Verwendungsmöglichkeiten für Holz, gerade im Laubholzsektor. Wir brauchen Einsatzmöglichkei ten, die fossile Energieträger, fossile Rohstoffe ersetzen, die also Kohlenstoff speichern, und zwar mit einem doppelten Ef fekt, nämlich insofern, als sie andere Rohstoffarten aus dem fossilen Bereich ersetzen können – z. B. im Verpackungsbe reich, z. B. beim Kfz-Innenausbau, etwa durch Fasern. Es geht um Kohlenstofffasern aus Holz, die dadurch einerseits Koh lenstoff dauerhaft speichern und andererseits eine moderne Verwendungsart darstellen und Kunststoffe ersetzen können. Es ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, ganz ent scheidend, dass wir hieran forschen.

Herr Kollege Hoher, Sie monieren, dies könnte ein Millionen grab werden, so wie das Nationalparkzentrum. Na ja, gut. Ich sage mal: Wer für Forschung und Entwicklung Geld ausgibt – –

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Ist es denn aus Ih rer Sicht ein Millionengrab?)

Nein, das habe ich jetzt nicht gesagt. Ich habe gesagt, wenn Sie, Herr Kollege Hoher, sagen, es könnte ein Millionengrab werden, so wie das – – Ich habe immer im Konjunktiv gespro chen. Wenn das so wäre, dann muss ich sagen: Geld, das für Forschung und Entwicklung ausgegeben wird, ist noch nie in den Sand gesetzt worden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Forschung und Entwicklung, das ist etwas Positives.

Ich freue mich, Kollege Hoher, dass wir in Baden-Württem berg ein 100-Millionen-€-Projekt starten können, das europa weit einzigartig ist, mit dem Baden-Württemberg europaweit führend sein wird und mit dem wir europaweit wirklich einen Innovationsstandort für das Thema „Kohlenstoffspeicherung und Holzverwendung“ schaffen und das Land dabei ein Leucht turm sein wird.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Genau!)

Neben Finnland, wo ein ähnliches Projekt für Nadelholz läuft, ist Baden-Württemberg das einzige Land in Europa, das – jetzt im Bereich Laubholz – so etwas aufzieht.

(Zuruf des Abg. Klaus Hoher FDP/DVP)

Ich glaube, das war eine gute und richtige Entscheidung, und ich will mich beim Landtag ausdrücklich bedanken – nicht nur für die Ideengebung,

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

sondern auch dafür, dass das Geld am Ende auch bereitgestellt wurde. Das ist wie immer natürlich ein Wettstreit der unter schiedlichsten Politikfelder.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist deshalb, glau be ich, einfach notwendig, dass wir bei der Zukunftsforschung und dass wir im Waldbereich dabei sind.

Darüber hinaus dürfen wir aber das, was unsere tagtägliche Aufgabe ist, nicht vergessen, nämlich die Bewirtschaftung un serer Wälder und die Betreuung. Diese Aufgabe bleibt ja als Staatsaufgabe, und zwar auch die Beratung und Betreuung bei den Privatwäldern. Dies wird auch bei der neuen Organisati onsform nicht leiden. Für den einzelnen Landwirt wird das et was kosten, ja. Das ist so angelegt; nicht, weil der Landtag oder weil der Minister das so wollte, sondern weil die Kartell behörden es so vorgegeben haben, dass solche Leistungen et was kosten müssen.

Das haben wir jetzt umgesetzt, und das ist, glaube ich, rechts sicher. Wir haben es so umgesetzt, dass wir uns von den an deren Ländern noch immer deutlich abheben. Baden-Würt temberg bietet für Privatwaldbesitzer unter allen deutschen Bundesländern die kostengünstigste Privatwaldbetreuung an; es bietet die vielfältigsten Möglichkeiten an, während es trotz dem den Sektor auch für private Interessenten geöffnet hat.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Meine Damen und Herren, natürlich war die Landwirtschaft, war dieser ganze Sektor vom Klimawandel und von der Tro ckenheit geprägt. Etwas Weiteres kam hinzu – Kollege Rapp hat es eben richtigerweise angesprochen –: Natürlich war das

Volksbegehren „Pro Biene“ keine Erfindung der Landesregie rung; es war keine Erfindung einer Partei hier im Landtag. Aber es gibt noch eine Partei im Landtag, die dies unterstützt. Ich sehe sie hier zu meiner Linken. Die Sozialdemokraten in Baden-Württemberg sind die letzten Mohikaner, die immer noch glauben, dass das Volksbegehren „Pro Biene“ der rich tige Weg

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist doch gar nicht wahr!)

zur Lösung der Probleme hinsichtlich der Artenvielfalt in Ba den-Württemberg ist. Da kann ich nur sagen: „Guten Abend“ oder „Gute Nacht“, Herr Weber.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Guten Morgen! Sie sind nicht auf der Höhe der Zeit!)

Wenn Sie dann gehen, ist das Licht endgültig aus. Das ist klar.

(Beifall bei der CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: Sie sind nicht auf der Höhe der Zeit! Guten Morgen! Frü her aufstehen und was mitkriegen! – Abg. Karl Zim mermann CDU: Rettet die Sozis! – Abg. Anton Ba ron AfD: Die Grünen wollten das doch auch, Volks begehren „Pro Biene“!)

Das ist ja der Vorteil eines Jägers, dass er immer früh auf steht.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Ja, Sie sollten nicht auf die Jagd gehen, sondern hier zuhören!)

Nein, meine Damen und Herren, die Vereinbarkeit von Land wirtschaft und Natur- und Artenschutz beschäftigt uns natur gemäß im Haushalt. Mit dem Volksbegehren hatten wir zu nächst ein Problem.

(Abg. Anton Baron AfD meldet sich.)

Das ist vollkommen klar. Das Gesetz gibt es. Das ist keine Schimäre, sondern es ist da.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Ach was? – Abg. Anton Baron AfD: Frau Kurtz!)

Es ist geschrieben, aber noch nicht verabschiedet. Es stand zu befürchten, dass es die notwendige Unterstützung erhält. Des halb war klar, dass man klug – ich sage ausdrücklich „klug“ –, aber ohne zu gängeln und zu bevormunden versuchen muss te, die Unterstützer von „Pro Biene“ mit einer Zielsetzung zu überzeugen, sodass sie sagen: „Das, was wir haben, ist nicht schlecht, aber das, was die Landesregierung hat, ist besser.“

(Abg. Reinhold Pix GRÜNE: Viel besser!)