Peter Hauk

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Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin der Fraktion GRÜNE sehr dankbar für die vorliegende Initiative, gibt die heutige Beratung doch die Möglichkeit, zum einen über den Zustand des Waldes zu in formieren, zum Zweiten auch über die Maßnahmen, die die Landesregierung hierzu mit breiter Zustimmung des Landtags von Baden-Württemberg ergriffen hat.
Es ist wahr: Wir befinden uns im dritten Jahr einer für den Wald problematischen klimatischen Situation. Im Jahr 2018 war es deutlich zu trocken. Im Jahr 2019 war es deutlich zu heiß mit Temperaturen über 40 Grad. Und im Jahr 2020 hat ten wir nicht nur keine ausreichende Winterfeuchte und kei nen Frost, sondern wir hatten auch von Ende März bis Mitte Mai keinen Niederschlag. Diese Situation in einer Phase zu Beginn des Jahres, in der die Vegetation in Gang kam, war hoch problematisch für die Wälder, vor allem im Hinblick auf den Borkenkäferbestand. Denn für den Borkenkäfer waren dies ideale Zustände. Dieser konnte sich in dieser Zeit, weil die adulten Käfer aufgrund des Ausbleibens von Frost im Win ter nicht abgetötet worden sind, sofort weiterentwickeln. Wir hatten bereits am 1. April in den höchsten Lagen Temperatu ren von über 15 Grad und damit Ausgangstemperaturen für die Weiterentwicklung des Borkenkäfers, der ab diesem Zeit punkt im Prinzip überall im Land auf dem Vormarsch war. Da durch ist die Borkenkäfergradation und -kalamität nicht ein gedämmt worden, nein, sie geht geradezu weiter. Wir haben schon jetzt Schadholzanfälle in einer Höhe wie im gesamten Jahr 2019. Man muss sich einfach mal vergegenwärtigen: Was derzeit dort stattfindet, ist in der Tat eine katastrophale Situa tion.
Im Unterschied zu anderen Ereignissen in früheren Jahren und zum Teil Jahrzehnten bleibt es auch nicht auf ein lokales oder regionales Ereignis in Baden-Württemberg beschränkt, son dern die Situation ist in ganz Mitteleuropa und im südlichen Teil Nordeuropas die gleiche. Daher sind auch keine zusätz lichen Arbeits- und Transportkapazitäten verfügbar, wie dies in früheren Jahren und zum Teil Jahrzehnten der Fall war. Das heißt, wir können niemanden anheuern, der aufarbeitet. Man muss wissen, dass wir damit eingeschränkt sind, der Situati on überhaupt hinterherzukommen.
Ja, die Situation nach den Stürmen war vom Volumen her schwieriger. Aber diese schwierigere Situation war auf Süd deutschland begrenzt, und es war damals möglich, dass wir durch das Zusammenziehen von Arbeitskapazitäten der Lage nach zwei, drei Jahren Herr geworden sind.
Jetzt haben wir es mit einer anderen Situation zu tun: drei Jah re in Folge unterschiedliche Klimaextreme. Meine sehr ver ehrten Damen und Herren von der AfD, wer da heute noch sagt, das sei nicht anthropogen verursacht, das sei Zufall, Wet terextreme habe es schon früher gegeben, der irrt letztendlich – das muss man einfach sagen –, der ignoriert die Fakten.
Ja, gern.
Vielen Dank, Frau Wölfle. – Ich kann Ihnen fachlich ausdrücklich zustimmen. Aber ich kann Ihnen keine sofortige Lösung anbieten, auch weil wir sie nicht in BadenWürttemberg treffen könnten. Vielmehr muss es eine bundes weite Lösung sein.
Der Vorfall ist durch hessische Behörden ausgelöst worden, die auf eine uralte Richtlinie für die Containerbeladung zu rückgegriffen haben und feststellten, der Inhalt könne im Prin zip verrutschen und zur Instabilität des Containers auf dem Lkw führen. Daraufhin hat man Containerverkehre im Prin zip eingeschränkt bzw. untersagt.
Dann kam noch ein Unfall dazu – ich glaube, im Höllental –, bei dem ein Lkw mit einem solchen Container umgekippt ist. Dieser Unfall war nachweislich nicht auf die Ladung zurück zuführen.
Aber er hat natürlich dazu geführt, dass insbesondere die Po lizeibediensteten und -direktionen in Südbaden für das The ma Container sensibilisiert sind.
Wir bemühen uns, dort eine bundesweite Lösung hinzubrin gen. Es muss eine bundesweite Lösung sein. Aber Sie wissen, der behördliche Schwergang ist, wenn es sich nicht unbedingt um eine Pandemie handelt, häufig nicht so einfach zu über winden. Aber wir sind an diesem Thema dran. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, damit ist schon klar: Wir sind in mitten einer Katastrophensituation. Und wenn ich jetzt von einer Pandemiesituation gesprochen habe: Wir haben uns ein Stück weit schon an Corona gewöhnt, und die Meldungen, die uns dazu ereilen, reißen auch niemanden mehr so richtig vom Hocker. Auch die Meldungen, die uns bezüglich der Wälder ereilen, reißen niemanden mehr so richtig vom Hocker, ob wohl die Situation latent katastrophal ist.
Wir können jetzt einfach sagen: Wir wollen damit leben. Wir müssen ja dafür sorgen, dass die Wälder wieder ihrer Funkti on als Kohlenstoffspeicher gerecht werden, damit wir den Kli mawandel aktiv angehen können und ihm etwas entgegenset zen können, und zwar mit Ressourcen, über die wir selbst ver fügen. Überdies werden wir die Produkte aus den Wäldern, das Holz, in der Zukunft noch mehr brauchen als in der Ver gangenheit, wenn wir fossile durch biobasierte Rohstoffe er setzen wollen. Das ist der ganz entscheidende Punkt. Ich glau be, wir müssen auch dahin kommen, dass dies am Ende ge lingt.
Ich bin dem Landtag sehr dankbar, dass er im Herbst letzten Jahres ein großes Notpaket für den Wald beschlossen hat – 40 Millionen €, davon über 30 Millionen € direkte Hilfen für die Waldbesitzer. Das sind Hilfen für die Waldbesitzer, aber keine Entschädigungen. Ich will das immer wieder betonen. Wir können für die Vermögensverluste, so schmerzlich sie
sind, keine Entschädigung leisten. Und das sind schmerzliche Vermögensverluste. Wenn Sie 1 ha Fichte, 500 m3 Holz, mit einem Roherlös von, vor der Katastrophe, 90 € verkaufen – das sind jetzt einmal 45 000 ha, die da herumstehen – –
450 €.
Hektar, sorry, die dann gerade so herumstehen. – Da muss man einfach sagen: Das ist Geld, das weg ist und das nicht er setzbar ist. Aber wir sollen und wollen sie unterstützen in der Aufarbeitung, denn dort, wo Wald stand und steht, muss auch wieder Wald hin. Ich glaube, das ist das ganz Entscheidende, dass wir die Motivation der Waldbesitzer erhalten, auch wie der Wälder zu pflanzen. Wer jetzt nicht gerade schnell wach sende Baumarten anbaut, die auf Landwirtschaftsflächen in frage kämen, aber nicht in den Wäldern, der wird vermutlich den Ertrag dessen, was er pflanzt, selbst nur selten erleben – trotz steigender durchschnittlicher Lebenserwartung. Da muss man einfach festhalten, dass wir im Prinzip die Motivation der Waldbesitzer brauchen, wieder anzubauen, wieder anzupflan zen, und zwar mit Baumarten, die klimaresilient sind. Das ist der ganz entscheidende Punkt.
Wenn wir heute dort Buchen und Fichten haben, dann verjün gen die sich natürlich schon noch, bevor sie absterben. Das ist vollkommen klar. Die Samen fallen herunter, und da gibt es auch wieder junge Bäume. Die werden wir natürlich belassen, aber wenn wir sie so belassen und nichts tun, dann haben wir zwar wieder Wälder, also zumindest Jungwälder, aber diese werden nicht sonderlich stabil sein, denn es wird ja weiterge hen. Der Klimawandel zeichnet sich eben durch die Witte rungsextreme – verstärkte Trockenheit, verstärkte Hitzeperi oden, verstärkte Überschwemmungsperioden etc. – aus. Mit diesen Extremen werden die Bäume, die seit Hunderttausen den und Millionen von Jahren hier akklimatisiert sind, nicht fertig, weil der Wandel so schnell voranschreitet, dass sich langlebige Individuen darauf nicht in ihrer Lebenszeit einstel len können. Das ist das Geheimnis.
Deshalb werden wir klimaresilientere Baumarten zusätzlich künstlich, also per Hand, mit einbringen müssen. Da beißt die Maus überhaupt keinen Faden ab. Das sind Baumarten, die im Prinzip die Verhältnisse in Mitteleuropa gewöhnt sind; denn wir werden ja auch Frostereignisse nicht ausschließen können. Man kann nicht einfach sagen: Jetzt nehmen wir mal Baumarten von Italien und vom Mittelmeer, und dann wäre alles gut. Ich sage, an der Küste gibt es keine Fröste, und in sofern wäre das sofort zum Scheitern verurteilt.
Deshalb kann man in der Hauptsache nur mit Baumarten ar beiten, die in Deutschland bereits vorhanden und hier schon akklimatisiert sind. Das sind Baumarten in der Rheinebene wie die Nussbäume, wie beispielsweise auch die Hainbuche, die als sekundäre Baumart heute in Mischwäldern generell vorkommen. Das ist beispielsweise die Esskastanie, die bis her nur in den wärmeren Klimazonen vorkommt, die aber auch einmal einen leichten Frost erträgt. Auf diese Baumar ten werden wir verstärkt setzen müssen. Es werden aber auch solche sein, auf die wir in der Vergangenheit schon gesetzt ha ben, wie beispielsweise die Douglasie und die Roteiche.
Jetzt sage ich als einer, der fachlich in dieser Frage auch pflan zensoziologisch beleckt ist: Das sind jetzt auch Baumarten, die im Prinzip keine Verfälschung der heimischen Flora vor nehmen. Das muss man auch festhalten.
Vielen Dank für den Beifall; es ist so. – Es gibt natürlich auch Baumarten, die nicht aus Deutschland stammen, die ei ne Flora verfälschen können, weil sie invasive Wirkungen aus lösen. Die wollen wir ausdrücklich nicht.
Deshalb können wir da nicht einfach wahllos eingreifen und sagen: Jetzt schauen wir mal und nehmen die Atlaszeder, den Tulpenbaum und die Baumhasel. Vielmehr muss man die, die sich hier noch nicht etabliert haben, wo es noch keine Anbau versuche gibt, ausprobieren. Unter Anleitung oder Beobach tung der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt muss man Versuchsflächen anlegen, um zu sehen, ob diese Baumar ten sich bewähren. Aber man muss auch mit „Fremdländern“ – in Anführungszeichen – arbeiten, weil ansonsten die Palet te der Baumarten, die zur Verfügung steht, zu gering ist. Wir brauchen eine Risikostreuung. Am Ende ist doch unser ge meinsames Ziel, Wälder zu haben und keine Steppen. Das ist doch der ganz entscheidende Punkt.
Deshalb haben wir die Förderrichtlinie so ausgerichtet, dass im Zweifelsfall auch einmal ein höherer Anteil der nicht hei mischen Baumarten mitgefördert wird, weil wir davon ausge hen, dass die Naturverjüngung eh den Rest erledigt. Das heißt, die Naturverjüngung ist immer dabei, weil die Bäume sich na türlich verjüngen. Wir wollen ja die natürliche Pflanzenflora und die Gesellschaften erhalten. Diese Bäume sind eine zu sätzliche Risikoabsicherung für die Zukunft, was das Thema Klimaresilienz angeht. Das müssen wir den Waldbesitzern an die Hand geben. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Da muss Ideologie jetzt zurückstehen.
Wer Wälder erhalten will, muss Wälder erhalten, muss Wäl der wollen, und Wälder können wir nur erhalten und bekom men, wenn wir auch das ganze Spektrum, das die Natur in Mitteleuropa bietet, nehmen und anwenden.
Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehe ich die Krokodilstränen des Kollegen Pix zu diesem Thema; es war mir schon klar, dass das für manche in dieser Frage eine Hürde ist, über die man springen muss. Aber es ist anderer seits so, dass man sich in dieser Situation überlegen muss: Was wollen wir am Ende als Oberziel erreichen? Das Oberziel ist für mich der Walderhalt, und das Oberziel heißt für mich auch Klimaschutz. Dem Klimaschutz ist manches unterzuordnen.
Ich spreche deshalb auch ganz offen – deshalb ist der Streit auch öffentlich geworden – insbesondere darüber, was die Transporte angeht. Wir sind ja bei einem anderen Thema un seres Koalitionspartners auch nicht zufrieden, was die 44-tRegelung angeht. Ich verstehe ja, dass manche Brückenbau werke unter Umständen nicht geeignet sind, manche Lasten
zu tragen, und es ist ja auch wahr, dass sich erhöhte Lasten in ihrer Wirkung auf das Brückenbauwerk potenzieren. Aber am Ende muss man sich die Frage stellen: Was ist denn wichti ger? Schützen wir jetzt in dieser dramatischen Situation die Natur, oder schützen wir Steine und Beton? Diese Frage muss man sich natürlich auch stellen
das ist so! –, und dann muss man schon fragen: Nehme ich in Kauf, dass ich vielleicht erhöhte Sanierungskosten für Brü ckenbauwerke habe, was noch nicht geklärt ist, oder nehme ich in Kauf, dass wir jetzt – und zwar sofort! – in eine ökolo gische Katastrophe hineinlaufen, und nehme ich in Kauf, dass wir massenhaft auch Pflanzenschutzmittel ausbringen, die wir nicht ausbringen wollen, die wir aber ausbringen müssen, wenn die Hölzer nicht rechtzeitig abgefahren werden und der Käfer fliegt?
Diese Frage muss man sich sehr wohl stellen, und dafür ist auch noch keine Lösung auf dem Tisch.
Die Lösung ist noch nicht auf dem Tisch. Sie besteht darin, dass wir hoffentlich bald erfahren, welche Brückenbauwerke überhaupt betroffen sind. Das wissen wir auch nicht.
Ich bin der FDP/DVP für die Anfrage, Kollege Hoher, dank bar – nicht für Ihre Rede, aber für Ihre Anfrage dankbar –,
weil wir jetzt auch wissen, dass es nur 3 % der Brückenbau werke sind – immerhin: „nur“ –, aber auch wissen, dass wir nicht wissen, welche kommunalen Brücken davon betroffen sein könnten.
Und ich frage mich natürlich, wo die ganzen Schilder mit der Lastbegrenzung stehen. Denn es gibt ja nicht nur Holzlaster, die mal schwerer sind, sondern es gibt auch andere Lkws, die im Zweifelsfall etwas schwerer sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, nachhaltige Wäl der: Zur Nachhaltigkeit hätte es keine Zertifizierung ge braucht, weil die Nachhaltigkeit unser gesetzlicher Auftrag ist. Ich bin den Koalitionsfraktionen sehr dankbar, dass sie sich bei der Neufassung des Landeswaldgesetzes nicht nur er neut zum Grundsatz der Nachhaltigkeit bekannt haben, son dern die Nachhaltigkeit erneut als Leitmaxime in das Wald gesetz aufgenommen und zum Teil auch verstärkt haben.
Zertifizierungen sind quasi das öffentliche Siegel oder ein Sie gel eines Dritten, das international anerkannt ist. Das kann man machen, wenn man das will. Wir haben uns im Koaliti onsvertrag dazu bekannt, dass wir nach zwei Systemen zerti fizieren, nach PEFC und FSC. Aber es ist überhaupt keine Fra ge, dass wir natürlich dieses Siegel tragen, weil wir auf Nach haltigkeit setzen. Insofern ist es kein Problem, dass wir das tun. Aber nicht die FSC-Zertifizierung garantiert die Nachhal tigkeit, sondern das Landeswaldgesetz von Baden-Württem berg – in diesem Landtag beschlossen – garantiert die Nach haltigkeit, weil sich daran alle Waldbesitzer halten müssen.
Der Zustand des Waldes ist also dramatisch, und die Progno sen sind nicht gut. Ich kann da keine Entwarnung geben. Es wird sogar noch schlimmer. Denn wir werden damit rechnen müssen, dass sich die Zyklen der Klimaextreme in den nächs ten Jahren verkürzen und wir damit solche Ereignisse immer wieder haben werden. Wir werden irgendwann von einem ka tastrophalen Ausnahmezustand in einen katastrophalen Dau erzustand kommen.
Deshalb ist es notwendig, die zuständigen Verwaltungen per sonell und sächlich aufzurüsten, damit sie das überhaupt be wältigen können.
Noch einmal: Der Wald ist Voraussetzung dafür, dass wir überhaupt die Kohlenstoffsenke langzeitig – für die Meere sind wir nicht zuständig; die haben wir in Baden-Württem berg auch nicht – halten und dass wir versuchen, sie nicht zu gefährden. Das ist das oberste Ziel.
Das versuchen wir auch, indem wir die Nutzung des Waldes immer wieder voranbringen. Es tut mir wirklich im Herzen weh, wenn ich sehe, dass wir derzeit noch verwendungsfähi ge Hölzer zerhacken müssen, weil es dafür keine Abnehmer und keine Verwendung gibt. Deshalb ist es notwendig und wichtig, dass wir jetzt den zweiten Schritt ebenfalls beherzt gehen, dass wir von fossilen Rohstoffen und ihrer Verwen dung wegkommen hin zu biobasierten Verwendungen, am bes ten holzbasierten Verwendungen.
Ich bin der Koalition sehr dankbar dafür, dass wir in diesem Haushalt die Gründung des Technikums Laubholz beschlos sen haben. Das ist – so glaube ich – eines der größten Inves titionsvorhaben für die Zukunft überhaupt, das den bioökono mischen Aspekt aufgreift und das auch dafür sorgen kann, dass wir industrie- und wirtschaftsnahe Lösungen erarbeiten, wie möglichst schnell und zügig biobasierte Rohstoffe anstelle von fossilen Rohstoffen zum Einsatz kommen können. Wir müs sen uns abkehren von den Importen, abkehren vom Verfeuern von Erdöl und Gas. Wir müssen uns zu den Themen hinwen den, die die nachwachsenden Rohstoffe in unserem Land be treffen, letztlich hieraus die Wertschöpfung ziehen und damit auch die Wertschöpfung für die Grundbesitzer, die Waldei gentümer, die Forstwirte und die Landwirte erhöhen.
Das ist ganz entscheidend.
Die letzten fünf Jahre der Forstpolitik waren auch ein ganz entscheidender Beitrag dazu, dass dieses Thema gelingen kann, dass wir Weichen über den Holzbau hinaus gestellt ha ben. Der Landtag geht hier zumindest hinsichtlich der Innen ausstattung mit gutem Beispiel voran.
Am Rest konnten wir ja nichts ändern.
Das heißt, dass wir auch in allen anderen Bereichen die Ver wendung nachwachsender Rohstoffe deutlich befördern und deutlich nach vorn bringen. Das ist ökonomisch notwendig, das ist ökologisch notwendig, und es wird am Ende auch die immer so viel zitierte Einheit von Ökonomie und Ökologie bringen.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist wiederholt gesagt worden: Wir diskutieren über ein Novum, nämlich über einen Volksantrag, den Land wirtinnen und Landwirte in Baden-Württemberg eingebracht haben. Dieser Volksantrag wurde möglich, weil die Verfas sung in der letzten Legislaturperiode geändert wurde – übri gens gemeinsam in diesem Haus.
Wenn ich nun die Situation fünf Jahre nach dieser Verfas sungsänderung betrachte, kann ich, Herr Ministerpräsident, Ihre Euphorie nicht ganz teilen. Ich glaube, das Instrument des Volksantrags hat sich bewährt.
Was das Thema Volksbegehren betrifft, muss ich dem Kolle gen Schwarz recht geben. Auch ich meine, beim Volksbegeh ren muss man nachjustieren. Unsere damaligen Bedenken zu Quoren und dergleichen – das sage ich jetzt als Unionsvertre ter – sind, glaube ich, heute nachvollziehbar. Komplexe Sach verhalte eignen sich nicht unbedingt für Ja-Nein-Entscheidun gen in einem Volksbegehren.
Darüber muss man, wenn das Thema „Volksan trag, Volksbegehren“ nach dem Tagesordnungspunkt 6 dann beendet sein wird, weil dessen Anliegen entsprochen wurde, noch einmal vertieft diskutieren. Das ist, meine ich, notwen dig, damit es nicht erneut zu solchen, auch gesellschaftlichen, Spaltungskonflikten kommt.
Denn der Volksantrag hat seine Ursache natürlich auch in dem Volksbegehren. Da machen wir uns überhaupt nichts vor. Der Volksantrag ist ein Stück weit als Gegenbewegung dazu ent standen, dass sich mit dem Volksbegehren Initiatoren gefun den hatten, die gesagt hatten: „Wir wollen ein totales Pesti zidverbot in allen baden-württembergischen Schutzgebieten erreichen.“ Das hat natürlich eine Gegenbewegung derer aus gelöst, die in Schutzgebieten – in Landschaftsschutzgebieten, in Natura-2000-Gebieten, in Naturschutzgebieten – wirtschaf ten. Diese Gegenbewegung hat dann, um sich Gehör zu ver schaffen, das Instrument des Volksantrags gewählt – den wir nun entsprechend beraten.
Meine Damen und Herren, da muss man klar sagen: 90 000 Unterschriften sind kein Pappenstiel. Das ist schon eine brei te Grundstimmung, die sich hier ausdrückt. Dies kann man nicht erreichen, wenn man gerade mal so en passant über das Thema spricht. Aber ich glaube, das liegt daran, dass man so komplexe Sachverhalte hat, die sich nicht für ein Volksbegeh ren, für Ja-Nein-Entscheidungen eignen. Darauf wollten si cher auch die Initiatoren des Volksantrags aufmerksam ma chen.
Der Volksantrag wurde am 6. März eingereicht. Dem Volks antrag vorausgegangen war eine Unterschriftensammlung ab Oktober. Bis Anfang März 2020 wurden über 90 000 Unter schriften vorgelegt.
Parallel zum Volksantrag hat der runde Tisch mit Naturschutz- und Bauernverbänden stattgefunden. Dieser runde Tisch war nicht durch den Volksantrag initiiert, aber er hat wesentliche Elemente des Volksantrags – weil der Antrag schon Anfang Oktober bekannt war und aufgrund des Antrags Unterschrif ten geleistet wurden – bereits aufgegriffen.
Kollege Untersteller und ich – deshalb gehören die Punkte 5 und 6 eigentlich zusammen – haben einerseits die Anliegen des Volksbegehrens beachtet, andererseits aber auch praktika ble Antworten gefunden und versucht, nicht einen Kompro miss, sondern eine Weiterentwicklung des Volksbegehrens zu initiieren.
Das ist uns deshalb nicht schwergefallen – Kollege Stoch ist jetzt weg, aber Herr Kollege Weber, ich sage das jetzt an Ih re Adresse –, weil wir im Koalitionsvertrag schon entspre chende Passagen vereinbart hatten, was wir zu den Themen Pflanzenschutzmittelanwendung und dergleichen mehr tun wollen. Insofern war das für uns ein Leichtes.
Entschuldigung. Herr Kollege Gall, Sie haben mit Ihrer Po lizeireform auch länger als ein Jahr gebraucht. Die Legisla turperiode dauert eben fünf und nicht vier und auch nicht drei Jahre, und im letzten Jahr waren wir im dritten Jahr der Le gislaturperiode.
Wir waren deshalb auf einem guten Weg, und das ist uns des halb leichtgefallen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage ganz offen – und das ist auch die richtige Antwort an die Landwirte, näm lich an die freien Unternehmer – – Herr Kollege Rülke ist jetzt leider gegangen. Er hat hier von einem „Totalbankrott“ ge sprochen. Herr Kollege Dr. Rülke, da muss ich einfach sagen: Lesen hilft weiter.
Wer die soziale Markwirtschaft nur als Pädagoge in Lehrbü chern vermitteln kann, sollte einfach mal ein Gesetz durchle sen. Dann wird er nämlich merken, dass hier soziale Markt wirtschaft pur angewendet wird und wir eben nicht mit die sen Instrumenten, wie sie gang und gäbe sind – über das Ord nungsrecht –, sondern mit Anreizsystemen arbeiten – mit Aus nahme des Ordnungsrechts im Naturschutzbereich. Das war quasi die Morgengabe an die Initiatoren des Volksbegehrens, die wir auf den Verhandlungstisch legen mussten.
Ich finde, es ist eine sehr kluge Lösung, die am Ende heraus gekommen ist, mit der die Landwirte nicht nur leben können, sondern mit der sie vor allem weiter wirtschaften können. Kein einziger Landwirt wird gegängelt, keinem einzigen Land wirt wird etwas vorgeschrieben. Vielmehr schaffen wir An reizsysteme, wie wir das in Baden-Württemberg seit 30 Jah ren tun.
Herr Kollege Dr. Reinhart hat vorhin zu Recht einen meiner Vorgänger im Amt, Gerhard Weiser, genannt, der im Prinzip der Vater der Anreizsysteme in der Landwirtschaft war, ob das nun die SchALVO, die jetzt eigentlich bei uns allen im Haus unumstritten ist, der MEKA oder das Nachfolgeprogramm FAKT war, das auch unumstritten ist. Also, mit Anreizsyste men muss man Menschen überzeugen.
Dort, wo die Wirtschaft nicht mehr in der Lage ist, gewünsch te Effekte herzustellen, muss sie den Landwirt dazu bewegen, dies zu tun, und ihn für das gewünschte Verhalten belohnen und darf ihn ordnungsrechtlich nicht ständig einschränken. Das ist doch die Problematik.
Herr Weber – in Ermangelung des Kollegen Stoch –, ich glau be, Sie sollten Ihrer Bundesumweltministerin mitgeben, dass es die bessere, die klügere Variante ist, mit Anreizen zu arbei ten und nicht mit Verboten, die jetzt nach wie vor wie ein Da moklesschwert über den Landwirten hängen.
Franz Untersteller und ich haben uns auf ein Eckpunktepapier geeinigt, das auch nicht unumstritten war. Aber, meine Damen und Herren, es ist Aufgabe der Regierung, in entscheidenden und auch kritischen Momenten voranzugehen und zu versuchen, den gordischen Knoten zu durchschlagen. Wir haben mit die sem Eckpunktepapier versucht, die Initiatoren des Volksbe gehrens zu überzeugen. Das ist vollständig gelungen. Ich ha be nicht damit gerechnet, dass alle Unterstützer sofort zustim men. Ich meine, die SPD war ja auch Unterstützer. Sie hat sich bisher nie geäußert, ob sie dem Volksbegehren noch nachhängt oder ob sie jetzt auch einschwenkt.
Auf der Basis der Eckpunkte, die die Initiatoren akzeptiert ha ben, sind wir mit allen Beteiligten, mit Naturschützern und Naturnutzern, in intensive Gespräche eingetreten. Das war auch wichtig und richtig, weil die Eckpunkte damit auch Le ben erhalten haben. Am Ende eines acht- bzw. sechswöchigen Prozesses stand vor Weihnachten letzten Jahres auch ein Er gebnis, nämlich im Prinzip eine Rohfassung des hier vorge legten Biodiversitätsstärkungsgesetzes, also der Änderung des Naturschutzgesetzes und der Änderung des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes.
Ich glaube, dieser Prozess ist auch beispielgebend. Der Mi nisterpräsident hat zweifelsohne recht, wenn er sagt, dass die ser Beteiligungsprozess – durch das Volksbegehren ausgelöst – ein demokratischer Willensbildungsprozess von unten ist. Das heißt nicht, dass – – Herr Kollege Rülke ist wieder nicht da.
Ich stelle nur fest, dass die Abwesenheit andauert.
Wenn nicht alle Aspekte eines Volksbegehrens 1 : 1 umgesetzt wurden, heißt das nicht, dass das für die Katz war, wie der Kollege Dr. Rülke meinte. Vielmehr bedeutet das, dass im Prinzip die Anliegen des Volksbegehrens aufgenommen wur den und in eine vielleicht praktikablere und auch akzeptable re Form umgesetzt wurden. Das ist, glaube ich, geglückt, weil wir am Ende einen breiten Konsens erzielt haben.
Zu den Anliegen des Volksantrags, die im Einzelnen in den Ziffern 1 bis 10 niedergeschrieben wurden, hat die Landesre gierung nicht nur Stellung genommen, sondern die Anliegen sind ein Stück weit auch erledigt. Aber auch der Volksantrag hat eine immerwährende Funktion. Denn mit dem Gesetz, das wir heute – so hoffe ich – verabschieden, und mit dem Volks antrag, über den wir beraten, bleiben die Themen eine Dauer aufgabe.
Wenn der Landtag die Landesregierung ersucht, die nähere Gestaltung eines Kulturlandschaftsrats zu prüfen, dann wird das kein Prüfergebnis zu Sankt Nimmerlein, sondern über das Prüfergebnis werde ich im Herbst berichten. Wenn der Land tag die Landesregierung außerdem ersucht, die Ergreifung weiterer Maßnahmen zur Vermarktung regionaler Produkte, ökologisch sowie konventionell, insbesondere in Zusammen arbeit mit dem Handel zu prüfen, dann ist auch das kein Lip penbekenntnis auf dem Papier, sondern dann ist das am Ende unterlegt. Ich werde zum Jahresende auch berichten, was hier konkret unternommen wurde.
Denn wir bewegen uns nicht im Ungefähren. Vielmehr ist das, was hier steht, Wille dieser Landesregierung. Das machen wir uns zu eigen. Die Mehrheit des Landtags ist uns natürlich stets Befehl; das ist vollkommen klar. Wir machen das aber nicht widerwillig, sondern aus voller Überzeugung. Denn wir wol len im Prinzip die Themen voranbringen – auch im Sinne der Initiatoren des Volksantrags. Deswegen werden wir auch die Anliegen des Volksantrags in den nächsten Wochen und Mo naten immer wieder aufgreifen und am Ende in die praktische Politik einmünden lassen.
Ich kann aber nur ermuntern, die Bekenntnisse nicht nur dann abzugeben, wenn es um Fragen des Naturschutzes geht. Viel mehr haben wir auch andere umweltrelevante Fragen – was serwirtschaftliche, immissionsschutzrechtliche und derglei chen mehr – immer wieder zu klären, auf die ich jetzt nicht näher eingehe. Auch dort zählt es zur Gesamtsicht dazu: Wer bäuerliche Familienbetriebe erhalten will – das haben wir als gemeinsames Leitbild in dieser Koalition –, darf diese Betrie be nicht dadurch überfordern, dass er Anforderungen stellt, die nur noch arbeitsteilige Großindustriebetriebe erfüllen kön nen.
Vielen Dank.
Deshalb nur wenige Bemerkungen zu der heu tigen zweiten Lesung des Gesetzentwurfs, für den ich herz lich um Zustimmung bitte.
Erstens: Ich glaube, die Hauptziele dieses Gesetzes sind ei nerseits das Thema Pflanzenschutzmittelreduktion, anderer seits die Zielsetzung, den Bioanteil – – Herr Kollege Pix, wenn Sie mir Ihr Angesicht zuwenden würden – –
Vielen Dank. – Ich glaube, die erste Zielsetzung ist das Thema Pflanzenschutzmittelreduktion – –
Das Zweite ist die Erhöhung des Bioanteils und des Biosektors.
Zweitens: Das Thema des Biosektors war vor allem den bio logisch wirtschaftenden Landwirten ein Herzensanliegen, dass nicht die ursprüngliche Version des Volksbegehrens zum Tra gen kommt, nämlich eine Erhöhung des Bioanteils auf Teufel komm raus, sondern dass eine marktwirtschaftliche Kompo
nente mit hineinkommt. Ich glaube, das haben wir gelöst, in dem wir einfach den Bioanteil nachfrageorientiert steigern wollen, aber natürlich zur Nachfragestimulation auch das ei ne oder andere unternehmen wollen.
Das ist eine Selbstverpflichtung; die wird uns über die nächs ten Jahre begleiten. Da spielt vor allem das Thema „AußerHaus-Verpflegung und Gemeinschaftsverpflegung“ eine zen trale Rolle, der wir uns widmen müssen.
Drittens: Das Thema Pflanzenschutzmittelreduktion für den chemisch-synthetischen Sektor, die 40 % bis 50 %, die wir avisiert haben – das will die FDP/DVP-Fraktion wieder weg nehmen und sagt, das sei unrealistisch, ebenso wie die AfD –, war zentraler Bestandteil des Eckpunktepapiers. Wir haben den Initiatoren gesagt, dass wir diese Eckpunkte mit Leben erfüllen wollen. Unter diesen Voraussetzungen haben sie auch das Volksbegehren zurückgenommen. Ich sage Ihnen ganz of fen: Ich werde zum einen nicht wortbrüchig, zum anderen ist es eine Zielsetzung, die erfüllbar ist, und zwar schon deshalb, weil Pflanzenschutzmittelreduktion per se Zielsetzung eines jeden Landwirts ist.
Er will nicht auf Teufel komm raus Pflanzenschutzmittel ein setzen, sondern er will den Einsatz reduzieren. Aber wir müs sen ihm auch die Möglichkeiten hierzu geben. Wir haben da zu im 21. Jahrhundert die Möglichkeit – die nicht Arbeitskraft heißt; die haben wir nämlich nicht mehr. Im 18. und 19. Jahr hundert hat man die Kartoffelkäfer abgesammelt; man hat mit der Hacke gehackt. Diese Möglichkeiten haben wir nicht mehr, sondern wir leben in einer technologisch fortgeschrit tenen Gesellschaft. Deshalb müssen wir diese Möglichkeiten auch nutzen. Zu diesen Möglichkeiten gehört natürlich das Thema „Bessere Wetterprognosen“, dazu gehören die Themen Digitalisierung, Hackroboter und dergleichen mehr.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage ganz klar: Es gehört natürlich auch das Thema Züchtung dazu. Da kön nen wir auch nicht beim Jahr 1860 stehen bleiben, bei Gregor Mendel, sondern wir müssen Methoden anwenden, die es er lauben, dass man – im 21. Jahrhundert – schnellere Züch tungsfortschritte hat, um genau die Biodiversität zu wahren und damit auch Pflanzenschutzmittel nur noch in einem ge ringeren Umfang einzusetzen. Alles zusammen gehört zu ei nem Gesamtpaket.
Davor kann man die Augen nicht verschließen, und man kann auch nicht sagen: Das eine sparen wir einmal aus. Das ma chen wir gar nicht. Denn das 21. Jahrhundert stellt gesamthaf te Anforderungen. Da kann man nicht die Bauern ständig gän geln und sagen: Das eine lassen wir zu, und beim anderen ver wehren wir uns; das wollen wir gar nicht machen.
Ich glaube, dass mit diesem Gesetzentwurf eine gute Weiter entwicklung des Volksbegehrens geglückt ist, und zwar eine gute Weiterentwicklung im Sinne der Landwirtschaft. Wir er halten damit mit Ausnahme der Restriktionen in Naturschutz gebieten eine flächendeckende Bewirtschaftung.
Ich wiederhole mich, aber es ist wichtig: Kein Landwirt, der sich in einem Landschaftsschutzgebiet, einem Natura-2000Gebiet befindet, wird gegängelt. Er muss dort die Belange des integrierten Pflanzenschutzes einhalten. Ich bin froh, dass die ser dadurch wieder eine gewisse Renaissance erlebt,
vor allem im ackerbaulichen Sektor. – Frau Rolland, das ist übrigens auch eine Idee der Landesregierung von vor 20 Jah ren. Das muss ich beiläufig mal so festhalten. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass man den Aspekt des integrierten Pflanzen schutzes über die Schutzgebiete hinaus sukzessive auf alle an deren landwirtschaftlichen Flächen transferiert.
Naturschutz und Biodiversität hängen nämlich nicht nur da von ab, dass die Maßnahmen in Naturschutzgebieten vorbild lich umgesetzt werden. Vielmehr sollten wir sie auf der Flä che ausrollen und mit modernen Produktionsmethoden der Landwirtschaft kombinieren. Das ist doch das Erfolgsgeheim nis. Wie schaffen wir es im 21. Jahrhundert, moderne Produk tionsmethoden mit Biodiversitätsaspekten zu kombinieren? Ich glaube, das Erfolgsgeheimnis besteht genau darin. Das macht eine moderne, zukunftsgerichtete Politik aus. Ich bin überzeugt, dass wir mit diesen Gesetzesänderungen hierzu auch das Instrument in der Hand halten.
Vielen Dank.
Der Wunsch des Parlaments ist der Landesre gierung natürlich Verpflichtung.
Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herrn Kollegen Karrais würde ich einfach mal emp fehlen, das Gesetz zu lesen. Herr Karrais, Sie würden dabei viele Antworten finden, bei denen Sie jetzt moniert haben, die se würden nicht drinstehen.
Ich sehe ja ein, dass Sie den Gegnern des Volksbegehrens na hestehen – ich übrigens auch –
und dass Sie Ihre Zielsetzung, da das große Bohei machen zu können, nicht erreicht haben. Das sehe ich ein. Ich sehe auch ein, dass Sie als Partei und als Fraktion klein sind
und deshalb Ihre jeweiligen Sprecher auch nicht alles im De tail lesen können. Das sehe ich alles ein. Bevor Sie aber Un sinn verzapfen, die Wahrheit verdrehen und über Dinge spre chen, die verdreht sind und nicht den Tatsachen entsprechen, würde ich Ihnen einfach empfehlen, zu lesen. Das hilft näm lich. Lesen bildet, macht schlau und schärft das Rechtsbe wusstsein, vor allem, wenn es sich um Gesetze handelt, über die man hinterher abstimmen muss.
Ja, genau. Das ist systemimmanent.
Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren: Der Ge setzentwurf, den wir hier vorlegen – –
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die ser Gesetzentwurf, den der Kollege Untersteller schon in der Einbringung im Einzelnen begründet hat, ist gerade kein Kom promiss. Man könnte ja erwarten, dass man, wenn zwei Fron ten aufeinandertreffen, versucht, sich irgendwie herauszu wurschteln. Nein, meine Damen und Herren, das ist ganz be wusst eine Weiterentwicklung in der Frage der Landbewirt schaftung. Es kann auch kein Kompromiss sein, weil die Fron ten, die aufeinandertreffen, unterschiedlich bedeutsam sind.
Das eine sind Naturschützer, die zu Recht sagen: Wir wollen unsere Zielsetzungen des Naturschutzes, des Pflanzenschut zes, des Artenschutzes und des Insektenschutzes verwirklicht sehen. Das andere sind Landwirte, die dazu nicht zwingend im Gegensatz stehen, die aber existenziell betroffen sind. Das ist der große Unterschied. Die einen machen das aus Leiden schaft, aus Lust, aus der Verantwortung heraus. Die anderen, die damit wirtschaften, müssen jeden Tag ihr tägliches Brot damit verdienen. Das sind die Betroffenen, das sind die Grund eigentümer, die Pächter, die Bewirtschafter etc.
Deshalb kann es sich nie um Kompromisse handeln, sondern es muss sich um Lösungen handeln. Dieser Gesetzentwurf ist eine Lösung und kein Kompromiss.
Er ist eine Lösung, eine vorausschauende Lösung dafür, wo und wie sich Landwirtschaft weiterentwickelt. Sie wird sich weiterentwickeln müssen. Wir haben in Deutschland und in Baden-Württemberg eine besondere Verantwortung für eine multifunktionale Landwirtschaft.
Multifunktional heißt, auf ein und derselben Fläche verschie dene Güter zu produzieren – Güter des Naturschutzes, des Ar
tenschutzes, der Vielfalt, des Wasserschutzes, des Bodenschut zes, aber genauso das Gut der Lebensmittelproduktion, der Produkte, der Arbeitswertschöpfung und der Ernährung von Familien. All dies muss die Landwirtschaft auf einer Fläche erfüllen.
Das ist in Brasilien, in den USA und in China anders. Dort gibt es Monostrukturen. In den USA gibt es einerseits große Nationalparke, reine Naturschutzreservate und andererseits große landwirtschaftliche – nur landwirtschaftliche – Flächen, wo Maximalproduktion in der Landwirtschaft betrieben wird und der Naturschutz, der Artenschutz überhaupt keine Rolle spielen. Das haben wir in Deutschland nicht, und erst recht nicht in dem dicht besiedelten Land Baden-Württemberg.
Deshalb wollen wir diese multifunktionale Landwirtschaft und Landbewirtschaftung erhalten. Das will ich nicht Pflegern, die staatlich alimentiert und organisiert werden, überlassen. Viel mehr sollen das selbstständige bäuerliche Familienbetriebe übernehmen. In dieser Struktur soll es weitergehen und nicht in einer Struktur von Agroindustriellen, die dies auch nicht er füllen könnten, oder in einer anderen Struktur, wie sich das manche vorstellen.
Ja.
Besser muss nicht gleich ökologischer sein. Das sage ich auch. Ich bin da sehr neutral eingestellt. Aber der Po litik bedarf es natürlich. Gerade weil es diese Zielkonflikte auf engstem Raum gibt, muss es ein Stück weit Vorgaben geben und übrigens auch staatlichen Ausgleich für Dinge, die kein Produktionsziel sind und für die kein Markterlös da ist. Das ist doch unser Problem. Wenn alle den Markterlös einer öko logischen Landwirtschaft am Ladentisch kaufen würden, dann wären wir nicht bei 10 % Produktionsfläche; dann wären wir bei 50 oder 60 %. Das ist doch die Wahrheit. Der Markterlös gibt es doch nicht her. Das heißt, die Bauern, die Landwirte brauchen auch staatliche Transferleistungen, die wir beispiels weise in der zweiten Säule der Agrarpolitik im FAKT – frü her MEKA – anbieten. Das ist die Funktion der Politik, dort leitend, gestaltend einzugreifen.
Deshalb braucht es natürlich ein Weiterdenken: Wohin wird sich Landwirtschaft entwickeln? Wenn es klar ist, dass die Produktivität der Landwirtschaft in den nächsten Jahren wei ter ansteigen wird – Gott sei Dank –, dass wir also mehr Flä
chenproduktivität haben werden, mehr Weizen pro Hektar, auch qualitativ höhere Erträge, und das trotz Trockenheiten und dergleichen mehr – da braucht es auch mehr Agrarfor schung –, wenn das klar ist, dann brauchen wir Instrumente, um die Multifunktionalität zu erhalten. Denn in diesem Teil der Landwirtschaft bekennen sich alle dazu: der Bauernver band als Vertreter der Produzenten, wenn man so will, genau so wie die Naturschützer. Wir wollen ja diese Landschaft mul tifunktional gestalten. Da brauchen wir allerdings auch intel ligente Systeme und intelligente Formen, wie man den Land wirten diese Multifunktionalität letztendlich nahebringen kann. Das ist, glaube ich, das Entscheidende. Dort muss sich Land wirtschaft weiterentwickeln.
Für diese Zukunftsvorausschau der multifunktionalen Erfül lung verschiedener Bedürfnisse in der Landbewirtschaftung haben wir jetzt die Lösung geschaffen und damit auch das Volksbegehren obsolet gemacht. Frau Rolland, die SPD muss man vielleicht noch überzeugen. Sie waren ja damals bei den Unterstützern des Volksbegehrens dabei.
Ich will es ja gar nicht kritisieren; ich will es nur feststellen. – Sie waren die einzige Partei in Baden-Württemberg, die Un terstützer des Volksbegehrens war. Es gab natürlich auch Sym pathisanten in den anderen Parteien, auch bei der CDU, aber auch bei den Grünen. Es gab Kreisverbände, die das unter stützt haben und gesagt haben: „Wir wollen das Volksbegeh ren haben.“ Ich sage ganz offen: In diesem Prozess habe ich Respekt vor der grünen Partei, die es geschafft hat – das war das größte Dilemma, das sehe ich durchaus so –, diesen Kon flikt zu entschärfen, indem sie wahrscheinlich den größten Sprung gemacht hat und gesagt hat: „Wir bekennen uns zu mehr Ökologie, aber wir bekennen uns auch zu mehr Ökolo gie mit den Landwirten und mit der Landwirtschaft.“ Da muss ich einfach sagen: Davor habe ich großen Respekt.
Ich glaube auch, dass angesichts des Volksbegehrens, wenn auch viele Dinge normales Regierungshandeln sind, wahr scheinlich eine Lösung – kein Kompromiss – der Problema tik nicht möglich gewesen wäre in einer anderen Konstellati on als mit Grün und Schwarz. Das muss man auch einmal fest halten. Das war eine glückliche Fügung, dass das Volksbegeh ren zu einem Zeitpunkt kam, als wir gemeinsam regierten.
Jetzt schauen wir einmal. Ich glaube, dass die Union das nö tige Maß und Verständnis auch den Grünen ein Stück weit rü bergebracht hat, dass Landbewirtschaftung notwendig ist. Landbewirtschaftung und Landwirtschaft sind die Vorausset zungen für Landschaft. Das, was wir da draußen von hier aus sehen, sind der Stadtgärtner und der Wilhelmagärtner. Was wir beim Wald sehen, sind die bewirtschafteten Wälder. Das ist das Ergebnis der Förster, also von Bewirtschaftern. Das, was wir auf den Fildern etc. sehen, ist das Ergebnis von Be wirtschaftern, nämlich von Landwirten. Wenn Sie, egal, wo Sie im Land unterwegs sind, Freiflächen, das sogenannte Of fenland sehen, dann ist das das Ergebnis einer jahrhunderte langen Bewirtschaftung. Aufgrund dieser Bewirtschaftung ha
ben sich spezifische Arten in Fauna und Flora entwickelt und angesiedelt.
Baden-Württemberg ist nicht umsonst das artenreichste Land. Baden-Württemberg ist übrigens auch das vielfältigste Land – nicht nur, weil es topografisch so bewegt ist, sondern eben auch, weil wir Kulturformen und auch kleinbäuerliche Fami lienstrukturen über Jahrhunderte bewahrt haben, die die Vor aussetzung dafür geschaffen haben, dass wir überhaupt diese Artenvielfalt haben, dass es überhaupt so viele artenvielfälti ge Mähwiesen gibt, dass es so viele Natura-2000-Gebiete gibt, dass es so viele Schutzgebiete, schutzwürdige Bereiche gibt. Das ist im Wesentlichen das Ergebnis des Handelns von Be wirtschaftern, und zwar von Landwirten.
Man muss einfach festhalten: Landwirtschaft ist die Voraus setzung für Artenvielfalt und Biodiversität – ohne Landwirt schaft keine Biodiversität mehr. Ohne Landwirtschaft gäbe es Versteppung, gäbe es Verwaldung – das kann die Förster freu en –, was aber Einfalt und keine Vielfalt mehr wäre. Da muss man einfach festhalten: Die Landwirtschaft schafft die Vor aussetzung für Artenvielfalt.
Ich glaube, auch die Naturschutzseite hat eingesehen, dass es nicht ohne die Bewirtschafter geht. Wer mehr Vielfalt und In sekten will, braucht zwingend die Landwirte als Bewirtschaf ter, um dies entsprechend umzusetzen. Damit ergibt sich durch dieses Gesetz nicht nur ein Lösungskonzept, das das Thema für die nächsten zehn Jahre auf jeden Fall ausräumt, sondern das Gesetz kann auch eine Vorwärtsstrategie für die Landwirt schaft bedeuten – eine Vorwärtsstrategie für die Landwirte, die sich durch öffentliche Anwürfe als Bodenverschmutzer, als Überdünger, als Pflanzenvergifter, als Insektenzerstörer und dergleichen mehr gebeutelt sehen. Es ist auch eine Vor wärtsstrategie, zu sagen: Wir machen etwas aktiv für den Na turschutz, aber wir erwirtschaften im begleitenden Zug auch gute, gesunde, hochwertige Lebensmittel. Das ist einmal ein ganz entscheidender Punkt.
Deshalb braucht diese Lösung, dieser Gesetzentwurf – es ist kein Kompromissgesetzentwurf, sondern ein lösungsorien tierter Gesetzentwurf – auch keine großartigen weiteren Ver besserungen.
Wir haben versucht, eine breite Beteiligung zu erreichen. Ich gestehe durchaus zu – das ist auch die Aufgabe einer Landes regierung, die führen soll –, dass man zunächst einmal auf die Initiatoren
des Volksbegehrens zugeht. Kollege Untersteller und ich ha ben dies mit einem klaren Konzept, nämlich einem Eckpunk tepapier, getan. Das ist im Nachgang vielfältig kritisiert wor den: „Über das hätte man einmal breit diskutieren müssen“, „Ist es überhaupt sinnvoll?“, „Ist es überhaupt richtig?“ etc. Aber ich glaube, ohne eine klare Position der Landesregie rung in dieser Frage wären die Initiatoren des Volksbegehrens nicht bereit gewesen, vom Volksbegehren abzulassen. Das war aber der Fall.
Nachdem sie sich bereit erklärt haben und nach acht Wochen intensiver Verhandlungen zwischen allen Seiten – zwischen Naturnutzern, nämlich den Landwirten, und Naturschützern –, haben sich alle Seiten bei diesen Eckpunkten beteiligt. Ich glaube, es wurden gute Beteiligungslösungen gefunden – kei ne Kompromisse, sondern Lösungen. Wir konnten uns dann im vergangenen Jahr – vor Weihnachten – auf die Ausgestal tung der Eckpunkte einigen, die die Grundlage für das jetzt vorliegende Gesetzesvorhaben geworden sind. Im Nachgang gab es dann im März und April die Anhörung, die auch noch einmal Ergebnisse geliefert hat. Auch der Volksantrag hat Er gebnisse geliefert, die nach dem Anhörungsverfahren in den Gesetzentwurf – nicht nur in die Begründung – eingepflegt wurden und die dieser Gesetzentwurf enthält: die Themen zur Regionalität, die Frage zum Flächenverbrauch.
Natürlich kann ich mir beim Flächenverbrauch noch mehr vor stellen. Ich bin sehr dafür, dass wir einen Schutz von landwirt schaftlich produktiven Flächen aufnehmen und nicht immer nur ständig Ausgleichsflächen in der produktiven Landwirt schaft suchen, und dass wir vielleicht mit dem Umweltminis terium einen Kompromiss in der Frage der produktionsinteg rierten Kompensationen im Rahmen des ökologischen Aus gleichs erzielen. Das wird eine Daueraufgabe in der nächsten Runde sein – das heißt, ab dem nächsten Jahr, wahrscheinlich nach den Koalitionsverhandlungen. Es wäre höchste Zeit, dass wir solche vorwärtsgerichteten Lösungen im Prinzip auch für die Landbewirtschaftung hinbekommen.
Aber ein Anfang ist gemacht, indem die Eckpunkte hier er wähnt werden.
Das Thema Agrarforschung spielte im Volksantrag explizit ei ne zentrale Rolle. Es ist jetzt auch im Gesetz verankert und verpflichtet im Prinzip damit das Land zur Agrarforschung.
Wir haben also das Beteiligungsverfahren wirklich umfäng lich genutzt, um auch zu beteiligen und nicht nur zu hören – nach dem Motto: es kann nicht jeder erhört werden –, sondern die meisten auch zu erhören. Das ist nicht immer zu 100 % gelungen, aber zu 80, 70 oder 60 % fast immer.
Meine Damen und Herren, deshalb ist am Ende auch ein Ge setzentwurf herausgekommen, der wirklich gut ist, den man in voller Inbrunst nach außen vertreten kann.
Ich hatte gestern Abend eine Telefonkonferenz mit den Agrar ministern – das war eine vorbereitende Telefonkonferenz; da bei habe ich mich gleich für heute für die Sitzung in Berlin entschuldigt, weil hier die Einbringung des Gesetzentwurfs ansteht –, bei der mich alle für die elegante Lösung des Kon flikts beglückwünscht haben.
Das muss man einfach sagen. Das war parteiübergreifend. Das ist ja auch kein Wunder, weil es gelungen ist, alle mit an Bord zu nehmen.
Ich sage auch in Richtung Bund: Kopieren ist ausdrücklich erlaubt. Ich erwarte auch von der Bundesregierung in Deutsch land, dass solche Instrumente, die nicht das Ordnungsrecht betreffen, sondern die die Beteiligung betreffen, in der Frage
der Insektengesetzgebung und all dessen, was von der Bun desumweltministerin angekündigt wurde, mit übernommen werden.
Kopieren ist ausdrücklich erlaubt.
Ich glaube, es ist auch wichtig, dass in diesen Fragen beim Gesetzentwurf ein klarer Schulterschluss zwischen dem Um weltministerium einerseits und dem Landwirtschaftsministe rium andererseits besteht, dass wir auch gemeinsam bereit sind, diese gute Lösung nach außen zu vertreten und für sie entsprechend zu kämpfen.
Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, darf ich Sie sehr herzlich bitten, diesem Gesetzentwurf in den Bera tungen der Ausschüsse nicht nur sehr wohlwollend gegenüber zutreten, sondern ihm im Kern auch unverändert zuzustim men. Denn nach meiner Überzeugung und nach Überzeugung vieler Praktiker ist er wirklich gelungen. Es ist sicherlich ei nes der Spitzengesetzgebungswerke in dieser Legislaturperi ode.
Vielen herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kol legen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung zur Ände rung des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes, die wir heu te durchführen, ist die zweite zugesagte Änderung dieses Ge setzes in dieser Legislaturperiode. Wir haben zu Beginn der Legislaturperiode vonseiten der Koalition angekündigt, dass es in dieser Legislaturperiode nur schmale Änderungen geben wird.
Aber wir werden sicherlich in der nächsten Legislaturperiode – den Ausblick möchte ich jetzt noch nicht machen, den wer de ich zum Schluss geben – eine größere Änderung vorneh men, wenn das Gesetz seinem Namen „Jagd- und Wildtierma nagementgesetz“ wirklich Rechnung tragen soll. Insofern be lassen wir es jetzt bei den beiden kleinen Veränderungen, die
aber, glaube ich, für die jagdliche Praxis erhebliche Erleich terungen gebracht haben und noch bringen werden.
Heute liegt ein Gesetzentwurf vor, der erneut das moderne, wissensbasierte Jagdrecht fortentwickelt. Wir leben in einer Zeit, in der der Begriff „Fake News“ leider Gottes an Bedeu tung gewonnen hat und in der die Verbreitung von Fake News von vielen auch kräftig praktiziert wird. Wir leben in einer Zeit, in der viele glauben, dass man sich Fachkenntnisse aus schließlich über Google und Facebook aneignen kann. Das ist aber – zumindest in der Jagd – nicht so.
Wir leben aber auch in einer Zeit, in der es noch Menschen gibt, die modernes Denken und gleichzeitig Tradition, Tier schutz und die Nutzung der natürlichen Ressourcen vereinba ren, nämlich die Jäger. Hier zählt die eigene Erfahrung und ein Blick über den Tellerrand. Für die wissenschaftliche Ba sis dient uns die Wildtierforschung. So sind wir in der Lage, das Jagdrecht faktenbasiert weiterzuentwickeln. Diese Fort entwicklung basiert eben auch auf dem in Baden-Württem berg erstmalig erstellten Wildtierbericht, der auf wissenschaft lich fundierten Erhebungen basiert und Empfehlungen für die Fortentwicklung des Jagdrechts gegeben hat. Diesen Empfeh lungen folgen wir in dieser Novelle. So sind wir in der Lage, das Jagdrecht faktenbasiert weiterzuentwickeln.
Von vielen höre ich: Die Politik soll sich mehr an den Wissen schaftlern und an Fakten und weniger an Emotionen orientie ren. Herr Stein, wenn Sie dem folgen würden, hätten Sie nicht das gefordert, was Sie vorhin gefordert haben.
Naturschutz, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Tierschutz, Ei gentum und das Gewinnen von gesunden Lebensmitteln, näm lich das heimische Wildbret – das alles sind Aspekte, die mit hineinspielen. Das gelingt uns mit dem Jagd- und Wildtier managementgesetz.
Kollege Hagel hatte vorhin vollkommen recht, als er auf das Beteiligungsportal hingewiesen hat – wenige Anmerkungen, Gott sei Dank. Es gab zum Bereich Jagd in der Vergangenheit auch schon viele Shitstorms, vor allem von Veganern und ex tremen Vegetariern.
Ich möchte denen gar nicht absprechen, dass sie nach dieser Form leben wollen. Ich möchte aber kritisieren, wie militant sie zum Teil unterwegs sind und auch wie hetzerisch ihre Wortwahl ist. Ich sage das auch deshalb, weil ein Mitarbeiter von mir – das wusste ich gar nicht; er selbst hat mich darauf hingewiesen – eine Diplomarbeit zum Sprachgebrauch von Veganern und Vegetariern verfasst hat. Er hat festgestellt, dass dies mit den Extremen in den politischen Sektoren viel ge mein habe, nämlich mit den extremen Linken und den extre men Rechten. Das hat schon ein Stück weit etwas zu bedeu ten. Deshalb muss man auch davor warnen, damit man sol chen extremen Agitatoren nicht auf den Leim geht.
Die Jagd ist nicht nur so alt wie die Menschheit, sondern die Jagd muss auch verantwortungsvoll praktiziert werden. Die Jagd ist noch immer die tierschutzgerechteste
Möglichkeit, ein Wildtier vom Diesseits ins Jenseits zu beför dern. Dies erst macht es möglich, ein Wildtier zu konsumie ren. Viele vergessen manchmal, dass man lebende Tiere vor her töten muss, um am Ende genussvoll in ein Steak beißen zu können.
Keinesfalls, weder beim Rind noch beim Schwein oder Wildschwein, auch nicht beim Reh.
Deshalb, meine Damen und Herren, wird die Jagd auch in der Zukunft bedeutsam bleiben, weil sie das einzige Regulativ ist, in einer Kulturlandschaft das Gleichgewicht zwischen Wild tieren einerseits und der floristischen Natur andererseits zu be wahren. Eine andere Möglichkeit des Eingriffs haben wir nicht. Ansonsten würden sich Wildtiere explosionsartig ver mehren. Das kann am Ende niemand wollen, und es würde auch zu einer Verfälschung der Soziokulturen von Pflanzen und Tieren führen. Dieses Ergebnis wäre widernatürlich. Die sem widernatürlichen Ergebnis kann man nur Einhalt gebie ten, wenn man auch beherzt jagt.
Meine Damen und Herren, konkret soll die allgemeine Schon zeit um zwei Wochen vorverlegt werden. Mit der Vorverle gung werden wir auf die Veränderung der klimatischen Ver hältnisse reagieren. Der Klimawandel hat die Wildtiere längst erreicht. Erfahrene Jäger – Herr Stein, Sie sind noch Jungjä ger;
Erfahrungen von früher haben Sie noch nicht – werden auch bemerkt haben, dass die Rehgeißen ihre Kitze mittlerweile schon Anfang Mai und nicht mehr erst ab Ende Mai setzen und man um den 10. Mai herum schon die ersten Kitze im Wald herumspringen sieht, was früher erst im Juni der Fall war.
Es ist augenfällig: Die allgemeine Vegetation verlagert sich zeitlich nach vorn; jeder Winzer weiß dies, jeder Landwirt weiß dies. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Wild tiere. Deshalb muss ein modernes Gesetz dem Klimawandel, wenn man so will, auch nachfolgen. Wer natürlich den Kli mawandel negiert, der wird dafür auch keine Notwendigkeit sehen.
Eine aktuelle Analyse der seit vielen Jahren durch die Jäger schaft vorgenommenen Rehkitzmarkierungen zeigt, dass sich der Setzzeitpunkt weiter in Richtung Jahresanfang verscho ben hat.
Ja, nachdem ich ihn angesprochen habe, lasse ich sie zu.
Ich traue Ihnen nur nicht zu, dass Sie die Ent wicklung über Jahre hinweg beurteilen können, weil Sie noch gar nicht so lange jagdlich aktiv sind. Das war das Einzige, was ich mit dem Begriff Jungjäger gemeint habe – nicht, dass Sie das nicht wissen könnten; das können Sie wissen, natür lich. Aber es war halt vor 30 Jahren nicht so, dass es schon am 10. oder am 5. Mai Rehkitze gab, sondern das ist erst jetzt so. Das ist halt eine Folge des früher einsetzenden Vegetations beginns.
Das gilt natürlich auch für andere Tierarten. Es gilt beispiels weise für Wasservögel, für den Feldhasen und die Graugans. Deshalb ist es folgerichtig, die Schonzeiten vorzuverlegen.
Ich will noch mal betonen: Damit ist nicht automatisch ver bunden, dass die Jagdzeit für Rehwild vorverlegt wird. Wir werden die Jagdzeiten im Anschluss an die Novelle des JWMG neu justieren. Die Forschungseinrichtungen arbeiten dabei an einem Konzept. Vertrauen Sie darauf, dass alle As pekte berücksichtigt werden, für das Schalenwild ebenso wie für das Raubwild.
Die Afrikanische Schweinepest ist durch die Coronapande mie verständlicherweise ein wenig aus dem medialen Interes se gerückt, jedoch ist klar: Ein Ausbruch der ASP würde uns hart treffen, gerade jetzt, da die Wirtschaft angeschlagen ist. Deshalb wird auch jedem Einzelnen viel abverlangt.
Wie werden die Menschen unter dem Eindruck der Corona pandemie reagieren, wenn es Betretungsverbote für ASPKernzonen gibt, wenn die Mastbetriebe schließen, wenn Wild schweinschutzzäune gebaut werden? Daher gilt umso mehr, dass alles Mögliche zur ASP-Prävention unternommen wer den muss.
Der Gesetzentwurf enthält notwendige Regelungen zur Seu chenbekämpfung. Hier sind wir einmal mehr bundesweit Vor reiter. So ist die unmittelbare Bejagung durch Dritte ausdrück lich auf den Seuchenfall beschränkt, aber sie wird eben auch ausdrücklich erlaubt, wenn es notwendig werden würde. – Aber auch außerhalb der JWMG-Novelle will ich an Sie ap pellieren, die ASP nicht aus dem Auge zu verlieren.
Im Wildschadensersatzrecht wird der Grundstein für bessere Absprachen zwischen Jägern und Landwirten gelegt. Ebenso wie ich nichts von Debatten wie „Wild vor Wald“ oder „Wald vor Wild“ halte, halte ich auch nichts davon, Jagd und Land wirtschaft gegeneinander auszuspielen. Ich bin zuversichtlich, dass insbesondere die Präventions- und Ausgleichssysteme ei ne weitere Möglichkeit bieten, gemeinsam Wildschäden zu verhüten. Ich glaube, es ist entscheidend wichtig, dass einer seits für die Landwirte die Hürde genommen wurde, Wild schäden geltend zu machen, ohne gleich vor Gericht ziehen zu müssen – der Gang vor Gericht ist ja schon eine Hürde, die mit Kosten, Zeit und Aufwand verbunden ist –, und es damit auch zur verpflichtenden Einschaltung des Wildschadenschät
zers kommt. Andererseits ist auch klar, dass Landwirte Oblie genheiten – so nennt sich das rechtstechnisch im Gesetz – zu erfüllen haben, damit ihre Flächen nicht wildschadensgeneigt sind. Und diese Obliegenheiten müssen sie auch erfüllen.
Ich halte den Kompromiss, der erzielt worden ist, für gut. Kompromisse leben auch davon, Herr Stein, dass sie sich über die Jahre weiterentwickeln und man nicht an einem Tag ste hen bleibt und sagt: „Das ist der Kompromiss für alle Zeiten.“ Vielmehr wird das Ganze bei neuen Erkenntnissen auch wei ter gelebt. Da geht es nicht um Worte des Landwirtschaftsmi nisters, nicht um Worte des einen und Worte eines anderen Meisters. Vielmehr geht es darum, auf aktuelle Situationen hin im Gespräch eine Weiterentwicklung zu erzielen.
Das Thema Jagd bleibt am Ende gesellschaftsfähig. Auch soll ten die an der Jagd Beteiligten – die Grundeigentümer, die Be wirtschafter und die Jäger, die ja meist auch nur Beliehene sind und keine direkten Grundeigentümerrechte haben –
miteinander im Gespräch bleiben. Ich glaube, das ist sehr gut gelöst.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, insofern: Die Än derungen, denen der Ausschuss mehrheitlich zugestimmt hat, sind wiederholt angesprochen worden. Ich werbe auch um die Zustimmung zu der ausgewogenen Änderung des JWMG.
Klimawandel und übertragbare Krankheiten sind auch in der Jagd leider heute noch tagesaktuelle Themen. Wir packen sie an; diese Landesregierung hat sie angepackt.
Dies wird wahrscheinlich die letzte JWMG-Novelle in dieser Legislaturperiode sein. Ich bin aber sicher, dass wir in diesem Landtag nicht das letzte Mal über das Jagdrecht diskutieren werden. Einer neuen Regierung, einer neuen Koalition bleibt vorbehalten, noch bessere Regelungen zu treffen. Ich kenne auch schon ein paar.
Es wurde auch schon angesprochen. Herr Kollege Gall hat ge fragt, warum der Luchs erwähnt worden sei, der Wolf aber nicht. Kollege Hoher hat die Antwort halb gegeben: weil der Wolf noch nicht im Jagdrecht verankert ist. Ich sage nur: Das ist eine Aufgabe. Wenn der Anspruch der alten Regierung, ein Wildtiermanagementgesetz zu gestalten, richtig gewesen sein soll, dann muss auch der Anspruch richtig sein, alle Wildtie re zu managen und nicht nur solche, die letztlich im Belieben des Naturschutzes stehen.
Deshalb ist es notwendig – –
Ja.
Ich bezweifle gar nicht, dass hier in diesem Haus eine Mehrheit vorhanden wäre.
Das will ich gar nicht bezweifeln. Aber wissen Sie, Herr Schweickert: Am Ende muss ein Land in der Summe gut re giert werden.
Da reicht es nicht aus, sektoral zu sagen: „Wir brauchen das Jagdrecht dort, wo es besonders gut ist.“ Ich will auch eine gute Landwirtschaftspolitik machen. Ich will eine gute Ver braucher- und eine gute Schulpolitik etc. machen. Dazu brau chen Sie eine stabile Koalition. Das wissen Sie eigentlich auch. Deshalb brauchen Sie keine rhetorischen Fragen zu stel len.
Deshalb entscheiden wir solche Dinge in guter Freundschaft, aber nicht in voller Einheit, sondern in dem Sinn, in dem man sich eben geeinigt hat. Wir haben uns ja geeinigt, und auch dieser Gesetzentwurf ist ein Einigungsgesetzentwurf. Das heißt nicht, dass man nicht überall noch ein bisschen mehr machen könnte. Das will ich nur ausdrücklich ankündigen. Deshalb bin ich überzeugt: Es wird nicht die letzte Änderung bleiben. Aber ich glaube, die Änderungen in dieser Legisla turperiode haben viel dazu beigetragen, dass die Jagd einfach praktikabel bleibt und dass die Jäger das tun können, was sie mit Leidenschaft tun, nämlich jagen, hegen, sich um die Na tur und um ihren Bestand kümmern – aber auch beherzt schie ßen, wenn es sein muss.
Übrigens soll auch deshalb mit fünf Kugeln nacheinander im Halbautomaten geschossen werden dürfen, weil wir damit be reits existierendes bundesdeutsches Recht, das Ihre Partei, Herr Gall, auf Bundesebene im Waffenrecht mitgetragen hat, 1 : 1 übernehmen.
Wir wollen in dieser Frage keinen Flickenteppich. Der Jäger soll in Baden-Württemberg nicht für etwas strafbar gemacht werden, was in Hessen oder anderswo unter Umständen er laubt ist. Waffenrechtliche Fragen sind immer mit einer ho hen Sensibilität verbunden. Das wissen Sie selbst. Deswegen haben wir das Bundesrecht einfach nachvollzogen. Es war auch richtig und sinnvoll, dies zu tun.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dem Landtag dankbar, dass er trotz der enormen Herausforderun gen durch die Coronakrise die Sachthemen und die Aufträge aus dem Regierungsprogramm nicht aus den Augen verliert.
Heute findet die Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Lan desregierung zur Änderung des Jagd- und Wildtiermanage mentgesetzes statt. Politisch gesehen beinhaltet dieser Gesetz entwurf sicherlich ein Thema, das innerhalb der Regierung unterschiedlich betrachtet wird. Gerade deshalb will ich allen Beteiligten für die Zusammenarbeit danken.
Fachlich betrachtet gilt unser Jagdgesetz als eines der mo dernsten Jagdgesetze der Länder in Deutschland. Das rührt u. a. daher, dass es nicht nur Antworten zur Jagd als solche bietet. Vielmehr ist es, wie der Name schon vermuten lässt, auch ein Wildtiermanagementgesetz, und Wildtiermanage ment zielt vor allem auf die Konfliktprävention und Konflikt lösung im Umgang mit Wildtieren in unserer Kulturland schaft. Dies zeigt uns eindeutig: Naturschutz und Jagd müs
sen zusammen gedacht werden. Ein Jäger ist immer auch ein Naturschützer.
Es sei mir auch gestattet, anzufügen: Deshalb müssen wir auch – das werden wir sicherlich in der nächsten Legislaturperio de machen – noch mal einen neuen Anlauf unternehmen, dass alle Wildtiere, die bejagbar sein könnten, auch dem Jagdrecht unterliegen.
Ich glaube, das ist die zwingende Voraussetzung dafür, dass das Wildtiermanagementgesetz auch seinen Namen verdient. Der Name „Jagd- und Wildtiermanagementgesetz“ stammt ja nicht aus dieser, sondern aus der letzten Legislaturperiode. Ich denke, es ist wichtig, dass alle Wildtiere gemanagt werden und nicht nur diejenigen, die bestimmten Menschengruppen gefallen, und die anderen nicht.
Meine Damen und Herren, es gibt im JWMG nicht nur Ant worten zur Jagd als solcher. Vielmehr ist auch das Wildtier management ganz entscheidend. Das Wildtiermanagement zielt auf Konfliktprävention und Konfliktlösung im Umgang mit Wildtieren in unserer Kulturlandschaft. Das zeigt uns ein deutig: Naturschutz und Jagd müssen zusammen gedacht wer den.
Die Landesregierung hat vor einiger Zeit den Wildtierbericht 2018 vorgelegt, den ersten Wildtierbericht eines Bundeslands in Deutschland überhaupt. Damit haben wir Neuland betre ten. Es ist im Gesetz verankert, dass dieser Bericht vorgelegt werden muss. Enthalten sind darin nicht nur ein umfassender Berichts- und Analyseteil, sondern auch Empfehlungen zu jagdrechtlichen Änderungen, die im Jagdgesetz umgesetzt werden sollen.
Weitere Notwendigkeiten zur Änderung des JWMG ergeben sich aus der Verwaltungspraxis und aus der aktuellen Seuchen lage. Wir haben es in Deutschland aktuell nicht nur mit der menschlichen Seuche Corona zu tun. Vor der Haustür steht derzeit noch eine erschreckende Tierseuche, nämlich die Af rikanische Schweinepest, die nur wenige Kilometer vor der brandenburgischen Grenze in Polen bereits angelangt ist. Die Afrikanische Schweinepest ist nicht nur ein akutes Thema für unsere Landwirte, sondern auch ein akutes Thema für die tie rische Produktion in Deutschland generell und damit auch für die Versorgungssicherheit in Deutschland.
In Westpolen, unmittelbar an der deutschen Grenze, war jüngst ein Seuchenausbruch zu beklagen. Brandenburg denkt zusam men mit anderen ostdeutschen Ländern derzeit darüber nach, einen festen Grenzzaun, ähnlich wie an der deutsch-dänischen Grenze, gegen Wildschweinwanderungen zu errichten; dort gibt es diesen zum Teil auch schon. Sachsen hat auch schon die Errichtung eines solchen Grenzzauns angekündigt; dort wurde auch schon entlang der Oder einiges gebaut, um – das Durchschlüpfen ist für Wildschweine kein Problem – das Ein dringen von Wildschweinen, die an der ASP erkrankt sind, zu verhindern.
Es waren also auch aus seuchenrechtlichen Gründen einige Anpassungen im Jagdrecht notwendig.
Ich will die wesentlichen Punkte kurz darstellen. Erstens: Ein wichtiger Punkt ist die Einführung des Stadtjägers, wie es der Wildtierbericht 2018 empfiehlt. Der Stadtjäger soll konzept basiert zu Wildtierkonflikten beraten und notfalls auch jagen, wenn andere Mittel keinen Erfolg versprechen. Dabei ist es aber nicht so, wie manche vermuten, dass außer in Wald und Feld jetzt auch noch in der Stadt gejagt werden soll. Die Städ te sind ja befriedete Bezirke, und dort darf der Jagdausübungs berechtigte generell nicht jagen. Der Stadtjäger darf es, wenn er als solcher bestellt ist. Er darf und muss es auch tun, weil wir in der Vergangenheit immer häufiger das Eindringen von Wildtieren in befriedete Bezirke zu vergegenwärtigen hatten, seien es Füchse in Degerloch, Wildschweine in Eberbach oder wo auch immer.
Es ist allfällig, dass manche Wildtiere bei der Nahrungssuche Kulturfolger sind und deshalb auf befriedete Bezirke quasi übergreifen. Ich glaube, da brauchen wir auch ein Instrument. Insoweit sind wir mit der Einführung des Instituts des Stadt jägers bundesweit Vorreiter.
Die Konflikte mit Wildtieren sollen entschärft werden. Der Stadtjäger, der mit Augenmaß reagiert, kann hier helfen und auch die kommunalen Ordnungsdienste entlasten.
Nach dem Koalitionsvertrag sollen die Wildschadensregelun gen evaluiert werden. Das haben Grüne und CDU zu Beginn dieser Legislaturperiode so vereinbart, und der vorliegende Gesetzentwurf trägt dem auch Rechnung.
Die Wildschadensschätzer werden nämlich durch die Gemein den beauftragt, aber auf Kosten desjenigen, der die Schadens schätzung wünscht. Damit wird wieder ein Vorverfahren ein geführt, das nicht mehr so kompliziert ist wie das Verfahren ehedem, das aber vermeiden hilft, dass es zu viele Gerichts verfahren gibt. Und die Hürde, vor Gericht zu ziehen, ist na türlich für alle Beteiligten immer hoch. Sie entlastet aber ver stärkt die Landwirte, weil die Herbeirufung eines Wildscha densschätzers eine deutlich niederschwelligere und kosten günstigere Variante ist, als es auf einen Streit ankommen zu lassen und vor Gericht zu ziehen. Ich erlebe ja gerade in Ver waltungsgerichtsauseinandersetzungen: Die Mühlen der Jus tiz mahlen zwar schon trefflich klein, aber bis sie mahlen, dau ert es schon sehr lange. Ich sage einmal: Ich glaube, da haben wir jetzt einen deutlich effizienteren Weg gewählt.
Wenn die Höhe des Schadens, der geschätzt wurde, geringer ausfällt als die Kosten für den Wildschadensschätzer, bleibt der Auftraggeber generell auf den Kosten sitzen. Ich glaube, das ist eine sinnvolle Lösung, und sie wird damit auch jeden davon abhalten, aus Jux und Tollerei mal einen Wildschadens schätzer zu bestellen. Im Kern der von uns vorgeschlagenen Neuordnung des Wildschadensrechts steht nämlich das Ziel, die Befriedungswirkung zwischen den Streitparteien durch Anreize zur gütlichen Einigung zu stärken.
Nach dem Anhörungsverfahren wurde die Regelung zum Um fang des Wildschadensersatzes geändert. Es ist dabei geblie ben, dass Obliegenheiten eingeführt werden, bei deren Verlet zung der Wildschadensersatz gekürzt werden kann. Das ist im Prinzip nichts Neues. Das Mitverschulden kennt man gene
rell. Aber was darunter fällt, haben bisher die Gerichte be stimmt. Da macht es Sinn, Obliegenheiten zu formulieren. Das haben die Beteiligten – also Jägerschaft und Landnutzer – im Übrigen bereits vor zehn Jahren in einem Merkblatt, also sehr informell, getan. Das ist jetzt quasi schriftlich festgehalten, und es taucht in der Gesetzesbegründung auf. Damit wird es natürlich auch insofern justiziabel, als es in Streitfällen auch durch die Gerichte herangezogen werden kann.
In diese Regelungen, die die Wildschadensverhütung und die bessere Verständigung auf der Fläche zum Ziel haben, fügen sich freiwillige Präventions- und Ausgleichssysteme ein. So werden die freiwilligen Wildschadenskassen im Gesetz be zeichnet. Der Name wird Programm sein. Die Wildschadens prävention steht im Vordergrund. Damit kann die Neurege lung ganz wesentlich zu einer besseren Zusammenarbeit zwi schen Landwirten und Jägern beitragen und obendrein noch unnötige Bürokratie vermeiden und die Zivilgerichte entlas ten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Klimawandel macht es auch notwendig, über die Jagdzeiten nachzudenken. Die allgemeine Schonzeit wird um zwei Wochen vorverlegt, also von bisher Anfang März bis Ende April auf jetzt Mitte Februar bis Mitte April. Sie wird nicht verlängert, sie wird einfach um 14 Tage vorgezogen. Das entspricht den biologi schen Gesetzmäßigkeiten. Wir haben einen früheren Vegeta tionsbeginn. Die Setzzeiten, die Geburtszeiten der Tiere ver lagern sich nach vorn. Die Vorverlagerung der allgemeinen Schonzeit trägt dem Rechnung.
Damit ist aber im jetzigen Verfahren noch keine Aussage ver bunden, wie sich außerhalb der allgemeinen Schonzeit die Jagdzeiten hinsichtlich der Wildtierarten verändern. Es gibt ja manche Mutmaßungen – auch innerhalb der Jägerschaft –, dies könnte der Freibrief dafür sein, die Jagdzeiten sofort zu verändern und beispielsweise die Jagdzeit in Bezug auf das Rehwild von Anfang Mai in den April vorzuverlegen. Dem ist nicht so.
Die Jagdzeiten sind separat in einer Verordnung geregelt. Die se Verordnung ist hier nicht Gegenstand der Debatte. Ich fü ge hinzu: Es ist nicht beabsichtigt, die Jagdzeiten bezüglich Rehwild vorzuverlegen.
Das Ministerium hat deshalb aufgrund der besonderen Situa tion, in der sich unsere Wälder derzeit befinden, mit dem Lan desjagdverband und den Jägern eine gemeinsame Vereinba rung getroffen. Das Wildtiermonitoring ist ein ganz besonders wichtiges Thema. Der Abschuss auf den jetzt entstehenden Kahlflächen, auf den Käferflächen hat Vorrang.