Protokoll der Sitzung vom 01.02.2018

Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, Ihre Plätze einzunehmen und die sehr interessanten Gespräche einzustellen. – Vielen Dank.

Ich eröffne die 54. Sitzung des 16. Landtags von Baden-Würt temberg.

Von der Teilnahmepflicht befreit sind Herr Abg. Deuschle, Frau Abg. Erikli, Herr Abg. Dr. Fiechtner, Herr Abg. Klein böck, Frau Abg. Lindlohr, Herr Abg. Dr. Rösler, Frau Abg. Wehinger sowie Frau Abg. Wolle.

Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich ganztägig Herr Ministerpräsident Kretschmann, Herr Minister Strobl, Frau Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut, Herr Staatsminister Murawski, Frau Staatssekretärin Olschowski und zwischen 15 und 16 Uhr Herr Minister Hauk.

(Zuruf von der SPD: Es geht auch ohne die Regie rung!)

Krankheitsbedingt entschuldigt ist Frau Staatssekretärin Schopper.

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Baden-Württemberg als Denkfabrik für Ressourceneffizienz – beantragt von der Fraktion GRÜNE

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 50 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die Aussprache steht eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion zur Verfügung. Ich darf die Mitglieder der Landes regierung bitten, sich ebenfalls an den vorgegebenen Rede zeitrahmen zu halten.

Schließlich darf ich auf § 60 Absatz 4 der Geschäftsordnung verweisen, wonach im Rahmen der Aktuellen Debatte die Aussprache in freier Rede zu führen ist.

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Frau Abg. Lisbach das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren! „Baden-Württemberg als Denkfabrik für Ressourceneffizienz“ – ich stelle immer wie der fest, dass das Thema Ressourceneffizienz von vielen für nicht besonders spannend, für nicht besonders prickelnd ge halten wird. Aber hinter diesem doch etwas spröden Begriff

verbergen sich ungeahnte und vor allem auch ungehobene Schätze. Deswegen finde ich es wichtig, dass wir uns heute damit beschäftigen.

In den letzten drei Jahrzehnten hat sich der Rohstoffverbrauch weltweit verdoppelt. Ein weiterer massiver Anstieg wird bis 2050 erwartet. Gerade die neuen Hochtechnologien erfordern bisher eher selten genutzte Rohstoffe in ziemlich großen Men gen: Seltene Erden, Gallium, Lithium, Kobalt und anderes. Gleichzeitig steigt, gerade wenn die Rohstoffe knapper wer den, der Aufwand für deren Gewinnung und steigen damit auch die Kosten. Das ist für ein rohstoffarmes Land wie Ba den-Württemberg besonders gravierend. Das heißt, wir ste hen hier wirklich, auch aus wirtschaftlicher Sicht, vor ganz enormen ressourcenökonomischen Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen.

Rohstoffabbau wird nicht nur immer teurer, er zerstört auch Naturlandschaften. Böden, Meere und Gewässer werden be lastet. Der Abbau geht auch oft mit Gesundheitsgefährdung und sozialen Problemen einher. Ein Beispiel ist der Abbau von Kobalt im Kongo, der unter wirklich sehr schlimmen gesund heitlichen und sozialen Bedingungen erfolgt. 60 % der Ko baltvorkommen liegen im Kongo. Das heißt, es besteht dabei auch eine sehr große Abhängigkeit von diesem Land und von den Abbaubedingungen.

Meine Damen und Herren, all das macht deutlich: Ressour ceneffizienz ist kein Luxus und ist auch keine Worthülse, son dern es ist wirklich ein Gebot ökonomischer und auch ökolo gischer Vernunft.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Deswegen haben wir uns auch in der letzten Legislaturperio de schon umfassend damit befasst. Dort wurde die Landes strategie Ressourceneffizienz auf den Weg gebracht. Seitdem gibt es auch einen jährlichen Kongress zum Thema Ressour ceneffizienz, der auf ganz großes und zunehmend wachsen des Interesse stößt und bei dem auch immer wieder Vorzeige betriebe in diesem Bereich ausgezeichnet werden.

Aber auch im grün-schwarzen Koalitionsvertrag ist Ressour ceneffizienz als ganz wesentliches, wichtiges Ziel verankert. Ziel ist, Wirtschaftswachstum vom Ressourcenverbrauch zu entkoppeln. Dabei geht es darum, mit möglichst wenig Res sourcen möglichst viel Ertrag zu erzielen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Sie sind nachher dran.

Wie ist das denn zu schaffen? Ich will da ausnahmsweise ein mal die schwäbische Hausfrau bemühen: Wir schaffen das, indem wir sparsam sind und wenig verbrauchen, indem wir nichts verkommen lassen, indem wir Reste verwerten und Ge brauchtes wiederverwerten.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Oder, um es ins Wirtschaftsdeutsch zu übersetzen, indem wir Rohstoffe effizienter nutzen, Produktionsprozesse in Kreis läufen führen, indem wir auf Recycling und Wiedergewin nung setzen. Das sind alles sehr anspruchsvolle Aufgaben, de nen wir uns mit aller Konsequenz widmen müssen, und ge nau das tun wir auch in dieser Koalition, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Aber wir müssen nicht nur Stoffe effizient nutzen, auch unse re Systeme müssen effizienter werden. Mobilität ist hier ein gutes Beispiel. Viele Autos stehen die meiste Zeit ungenutzt auf der Straße. Wenn sie fahren, transportieren sie oft nur ei ne einzige Person. Viele Gebäude werden oft nur zu 50 % ih rer Lebenszeit genutzt, viele Gerätschaften und Maschinen kommen nur ganz selten zum Einsatz. Auch hier lassen sich intelligente Lösungen entwickeln, und auch hier lassen sich mit weniger Rohstoffeinsatz Kosten sparen.

Was braucht es, damit wir das schaffen? Es braucht vor allem eine Trendumkehr im Denken, es braucht Ideen, es braucht Freiheit zu Kreativität, und es braucht auch die Bereitschaft, neue Wege zu gehen. Zusammengefasst braucht es eigentlich genau das, wovon wir in Baden-Württemberg ja besonders viel haben, nämlich Tüftler- und Erfindungsgeist. Damit ma chen wir Baden-Württemberg dann auch zur Denkfabrik für Ressourceneffizienz und für effiziente Systeme.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Diese Idee der Denkfabrik nimmt aktuell sehr konkret Gestalt an. Die Landesregierung hat vor Kurzem beschlossen – im Gespräch ist es schon lange –, einen Thinktank für industriel le Ressourcenstrategien einzurichten. Dies ist eine Plattform, die dazu gedacht ist, Kompetenzen aus verschiedenen Res sourceneffizienzbereichen zusammenzuführen und ganzheit liche Lösungen zu erarbeiten – all das in engem Zusammen spiel von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Diese Platt form soll Impulse geben für eine sparsame und effiziente Roh stoffnutzung, und sie soll zugleich Ideenschmiede sein und als Aushängeschild für Innovation und Ressourceneffizienz in Baden-Württemberg dienen.

Dieser Thinktank, diese Denkfabrik, ist deutschlandweit bis lang einzigartig – vielleicht finden sich ja Nachahmer –, er un terstreicht noch einmal unseren besonderen Anspruch, den wir gerade auch als grüne Fraktion haben, dass Baden-Württem berg die Nummer 1 bei Umwelttechnologien und bei Ressour ceneffizienztechnologien werden soll.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Der Thinktank wird beim Karlsruher Institut für Technologie angesiedelt sein. Als Karlsruher Abgeordnete freut es natür lich den Kollegen Alexander Salomon und mich

(Zuruf des Abg. Alexander Salomon GRÜNE)

ganz besonders, dass dies bei uns stattfinden wird.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Frau Schütz freut es auch! – Gegenruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie freut sich auch!)

Ja, genau, Frau Staatssekretärin Schütz freut es auch; davon gehe ich doch aus.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wir freuen uns al le!)

Davon gehe ich auch aus. Aber wir Karlsruher und Karlsru herinnen dürfen uns noch mal besonders freuen.

Die feierliche Gründung ist für den 20. Februar geplant; im Endausbau soll dieser Thinktank aus 15 bis 20 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen bestehen; diese sollen also dort arbei ten. Es ist mit Kosten von etwa 2 Millionen € pro Jahr zu rech nen, die aber – auch das ist ein gutes Modell – zwischen Land und Industrie aufgeteilt werden. Die Laufzeit ist zunächst auf vier Jahre angesetzt; danach wird dann sicher weiter über die Zukunft dieses Thinktanks zu entscheiden sein.

Schön ist, dass die Wirtschaft schon sehr großes Interesse an diesem Thinktank zeigt und sich beteiligen will. Viele nam hafte Unternehmen haben bereits ihre Beteiligung zugesagt, gerade auch aus Industriebereichen mit hohen Materialbedar fen wie der Automobilindustrie, aber auch der Bau- und der Chemieindustrie. Wir hoffen, dass noch viele weitere mitma chen werden; auch der Bereich der Elektronikindustrie wäre hier sicher noch wichtig und interessant.

Meine Damen und Herren, wir sind überzeugt: Wenn dieser Thinktank erst einmal so richtig angelaufen ist, dann wird er eine ganz tolle Eigendynamik entfalten; hier kann man dann richtig loslegen.

(Zuruf des Abg. Emil Sänze AfD)

Eine besondere Würdigung stellt auch dar, dass der Vizeprä sident des KIT, Herr Professor Hirth, Vizepräsident für Inno vation und Internationales, den Thinktank nach außen vertre ten wird. Die Ergebnisse werden öffentlich gemacht und sol len damit auch noch einmal eine große Breitenwirkung ent falten. Denn es geht gerade nicht darum, etwas in einem El fenbeinturm zu entwickeln, sondern es sollen Dinge entwi ckelt werden, die dann tatsächlich in der Praxis umgesetzt werden, die breit umgesetzt werden. Es ist ganz wichtig, dass dabei mit konkreten Pilotvorhaben auch der Bevölkerung im mer wieder gezeigt wird, was sich mit Ressourceneffizienz al les erreichen lässt.

Meine Damen und Herren, die Ressourceneffizienz birgt un geheure Potenziale für Baden-Württemberg als Technologie- und Innovationsstandort, für den Klima- und den Umwelt schutz, aber ebenso auch für eine nachhaltige Entwicklung weltweit. Es wäre wirklich geradezu fahrlässig, wenn wir die sen besonderen Schatz, der in der Ressourceneffizienz liegt, in Baden-Württemberg nicht heben würden.

Schon heute steht „Made in Baden-Württemberg“ für hohe Qualität, für innovative Technik. Wir setzen alles daran, dass „Made in Baden-Württemberg“ auch ein Qualitätssiegel für Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz wird.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Anton Baron AfD: Jetzt braucht unsere Wirt schaft noch Ratschläge von der Politik!)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Nemeth.

(Abg. Norbert Beck CDU: Guter Mann!)

Guten Morgen, Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!

(Der Redner trinkt aus dem am Rednerpult bereitge stellten Wasserglas. – Abg. Andreas Schwarz GRÜ NE: Bettina, jetzt trinkt er dein Wasser! Das ist auch nachhaltig! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das ist ressourceneffizient!)