Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 94. Sitzung des 16. Landtags von Baden-Württemberg.
Von der Teilnahmepflicht befreit sind Herr Abg. Gall, Herr Abg. Glück, Herr Abg. Nelius, Frau Abg. Neumann-Martin, Herr Abg. Pfeiffer sowie Herr Abg. Teufel.
Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich ganztägig Frau Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut, Frau Staatssekretärin Gurr-Hirsch, Frau Staatssekretärin Mielich, Frau Staatssekre tärin Olschowski sowie ab der Mittagspause Frau Ministerin Dr. Eisenmann.
Eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt Ihnen ver vielfältigt vor. – Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvorschlägen zu. Vielen Dank.
2019, Az.: 1223/0151 – Ausschuss zur Wahl der ehrenamtlichen Ver waltungsrichter; Wahl der Vertrauensleute und deren Vertreter durch den Landtag
Überweisung an den Ständigen Ausschuss zur abschließenden Durch führung der Wahl der Vertrauensleute und deren Vertreter
terrichtung des Landtags gemäß Artikel 2 Absatz 5 des Gesetzes zu dem Vertrag des Landes Baden-Württemberg mit dem Verband Deut scher Sinti und Roma, Landesverband Baden-Württemberg e. V. (VDSR-BW) – Drucksache 16/6428
desregierung zu einem Beschluss des Landtags; hier: Bericht über die Umsetzung der Empfehlungen der Enquetekommission „Demogra fischer Wandel – Herausforderungen an die Landespolitik“ – Druck sache 16/6435
26/19 – Verfassungsbeschwerde gegen § 18 und § 18 a des Lan deshochschulgesetzes über die Wahl und Abwahl von Rektoratsmit gliedern
2 BvR 2055/16 – Verfassungsbeschwerde gegen § 38 des Landesdis ziplinargesetzes wegen Entfernung aus dem Beamtenverhältnis durch Disziplinarverfügung
Aktuelle Debatte – Acht Jahre grünes Umweltministeri um – wenn das Volk aufbegehren muss – beantragt von der Fraktion der SPD
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 50 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die Aussprache steht eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion zur Verfügung. Ich darf die Mitglieder der Landes regierung bitten, sich ebenfalls an den vorgegebenen Rede zeitrahmen zu halten.
Bevor ich das Wort erteile, habe ich eine Ankündigung. Es wird heute und morgen sehr warm, sehr hitzig. Deshalb kön nen die Herren das Sakko, wenn sie wollen, gern weglassen.
(Beifall bei allen Fraktionen – Abg. Thomas Blenke CDU: Gute Präsidentin! – Zuruf: Aber nur die Her ren! – Gegenruf der Abg. Nicole Razavi CDU: Ja, nur die Herren! – Unruhe)
Ferner habe ich eine Bitte. Wie gesagt, es wird ja heute und morgen sehr warm, richtig hitzig. Vielleicht ist das ein An sporn für uns alle, die Debatten so zu führen, dass die Hitze welle nicht noch weiter ansteigt. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen! Was im vergangenen Frühjahr in Bayern vor sich ging, hat uns als Nachbarn staunen lassen. Wir haben gestaunt über die unglaubliche Dynamik eines Volksbegeh rens zur Rettung der Bienen, über die Schlangen vor den Rat häusern. Wir haben darüber gestaunt, wie die Bayerische Staatsregierung am Ende dieses Prozesses dieses Begehren aufgenommen hat und es auch umsetzen will.
Und wir kommen aus dem Staunen wahrlich nicht heraus, denn nun läuft ein ähnliches Volksbegehren auch in BadenWürttemberg an, offensichtlich wieder mit großer Dynamik. Am erstaunlichsten ist aber, wem dieses Volksbegehren ins Stammbuch schreiben will, mehr für den Artenschutz zu un ternehmen, nämlich der einzigen grün geführten Landesregie rung in Deutschland, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Seit acht Jahren führen die Grünen die Regierung dieses Lan des an, seit acht Jahren haben sie das Umweltministerium in ne, seit acht Jahren hat dieses Land einen grünen Ministerprä sidenten. Trotzdem müssen die Menschen ein Volksbegehren für mehr Artenschutz in Baden-Württemberg starten. Nach acht Jahren mit grüner Regierungsspitze ist Baden-Württem berg nicht entscheidend weiter als Bayern, wo eine Partei re giert, die viele grüne Anliegen noch vor wenigen Jahren als Spinnerei abgetan hat. Sie merken: Ich staune weiter.
Ich staune noch mehr, wenn ich mir die Haltung zu „Pro Bie ne“ ansehe. Grüne Kreisverbände in Karlsruhe oder Stuttgart unterstützen das Volksbegehren.
Wir, die sozialdemokratische Partei, der Landesverband, ha ben die Unterstützung ebenfalls beschlossen. Und selbst die CDU-Landtagsfraktion kann sich jüngsten Meldungen zufol ge vorstellen, das Begehren zu unterstützen.
Bleibt also noch die Frage: Was tut die Landesregierung? Wa rum er das Begehren nicht unterschreiben will, hat der Minis terpräsident ja kürzlich schon erklärt – ich zitiere –:
Ja, Herr Ministerpräsident, da haben Sie wahrscheinlich so gar recht. Denn die Grünen führen ja letztlich ein Volksbegeh ren gegen sich selbst – die Basis gegen die eigene Landesre gierung.
Das kann man komisch finden; ich finde es zum Staunen. Dass der Ministerpräsident mit Volksbegehren, gerade wenn es um Familien und Kinder geht, inzwischen nichts mehr am Hut hat, ist uns ja von anderen Anlässen her bekannt. Laut dem jüngst vom Innenminister eingeholten Gutachten hat die Re gierung offensichtlich die These übernommen – ich zitiere aus dem Gutachten –, dass dem Volk angeblich die „langfristige Professionalität für direkte Demokratie“ fehle.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer von Bürgerbe teiligung und direkter Demokratie redet, durch Gutachten aber das Volk und seine Meinung verächtlich macht, der hat sich offensichtlich von der Bürgerbeteiligung verabschiedet.
(Beifall bei der SPD – Vereinzelt Beifall bei der AfD und der FDP/DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das tut niemand!)
Nun schauen wir uns einmal an, was die Landesregierung in Sachen Artenschutz auf den Weg gebracht hat. Zu Beginn der grünen Regierung – damals noch mit uns, der SPD – gab es ein Wassergesetz mit Vorgaben zu Gewässerrandstreifen, mehr Mittel für die Landschaftspflege, ein Grünlandumbruchver bot – alles noch aus grün-roten Tagen. Ich erinnere auch an die erstmalige Einrichtung eines Nationalparks in BadenWürttemberg.
Dann aber – das Volksbegehren bezieht sich vor allem auf die Themen aus der Landwirtschaftspolitik – wurde es schwarz im Landwirtschaftsministerium. Seither ist eben selbst bei ei nem grünen Kernanliegen jener Zustand eingetreten, den wir auch sonst wieder und wieder erleben. Da wird viel gewollt und wenig umgesetzt. Die CDU steckt in der Agrarpolitik der Neunzigerjahre fest; die Grünen verhalten sich wie eine Bür gerinitiative – aber nicht wie ein Gesetzgeber.
30 Millionen € hat man für das Programm Artenvielfalt be schlossen, aber außer Hochglanzbroschüren und wohlfeilen Ankündigungen ist bislang wenig herausgekommen.
Nun ist man stolz darauf, dass man um landeseigene Schlös ser mehr Blühwiesen anlegt. Das ist nicht falsch – aber das ist doch aus der Liga Schrebergarten und nicht aus der Liga Lan desregierung, meine sehr geehrten Damen und Herren.