Protokoll der Sitzung vom 26.06.2019

Nun ist man stolz darauf, dass man um landeseigene Schlös ser mehr Blühwiesen anlegt. Das ist nicht falsch – aber das ist doch aus der Liga Schrebergarten und nicht aus der Liga Lan desregierung, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Nach acht Jahren grün geführter Regierungen, nach acht Jah ren eines grünen Umweltministers ist Baden-Württemberg nun bei Weitem nicht das grünste Land in der Republik. Der Biolandbau kommt eben nicht schneller voran als anderswo;

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Das stimmt doch gar nicht! 14 %!)

bei der Fotovoltaik liegen wir nicht mal im Mittelfeld. – 14 %, herzlichen Glückwunsch!

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Bei der Windkraft wird gebremst, bei der Wasserkraft wird verhindert. Der Pestizideinsatz – ein wichtiges Thema dieses Volksbegehrens – hält an, und der Agrarminister verkündete vor wenigen Monaten, dass er diesen Pestizideinsatz auf den Feldern auch nicht erfassen wolle, weil „das den Bürger ja nichts angeht“. Diese Aussage hat er wohl zurückgenommen, aber ich fürchte, er bleibt bei seiner Haltung, auch wenn er halbherzig Veränderungen ankündigt.

Noch immer dürfen Kunstdünger und Pestizide auch auf land wirtschaftlichen Flächen mitten in Naturschutzgebieten aus gebracht werden. Die Düngeverordnungen klingen zwar stren ger, ihre Einhaltung wird aber praktisch nicht kontrolliert.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Die Europäische Union schlägt uns unsere eigene Düngever ordnung um die Ohren, und wir unternehmen nichts – auch nicht hier, in einem grün geführten Land. Nein, die Europäi sche Union ist nur dann recht, wenn es darum geht, etwas nicht zu tun. „Pro Biene“ will z. B., dass bis in sechs Jahren jeder vierte Hof im Land ökologisch betrieben wird; bis in 16 Jahren soll das gar jeder zweite sein. Ministerpräsident Kretschmann kontert dies mit dem Verweis auf die europäi sche Ebene. Was die Initiatoren des Begehrens davon halten, konnten wir nachlesen – Zitat –:

Es ist schade, wenn gerade ein grüner Ministerpräsident die Verantwortung nach oben abschiebt.

Das stimmt, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Der Ministerpräsident hat, nachdem in Bayern der Erfolg ge feiert wurde, gesagt, er sehe keine Grundlage für das Volks begehren, weil in Baden-Württemberg andere Verhältnisse herrschten als in Bayern. Leider ist das falsch. Denn hier herr schen andere Parteien, aber an den Verhältnissen ändert das zunächst einmal gar nichts.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Das stimmt auch nicht!)

Was im Koalitionsvertrag steht – das haben wir in anderen Fällen schon gesehen –, muss ja nicht umgesetzt werden. Man kann das machen wie beim Wahlrecht oder bei der direkten Demokratie; Hauptsache, man setzt immer wieder ein schö nes, neues, wohlklingendes Programm aufs Gleis. Dass die ses dann nie losfährt, weil die CDU die Bremse gezogen hat, merkt danach hoffentlich niemand. Oder vielleicht doch?

Bei aller Kritik: Ich muss dem grünen Umweltminister sicher nicht erklären, was einem zum Thema „Besserer Artenschutz“ einfallen könnte, wie man in Bezug auf insektenfreundliche res Kunstlicht vorgeht, wie man den Biolandbau noch stärker forciert, wie man eine klare Strategie auf den Weg bringt, um den Einsatz von Pestiziden in den nächsten Jahren zu reduzie ren und sogar zu halbieren, und wie wichtig ein Totalverbot von allen Neonicotinoiden ist, die sich besonders schädlich auf die Tierwelt auswirken. Ich bin mir sicher, dass der Mi nister weiß, dass synthetische Pestizide aus Naturschutzge bieten und aus direkt an diese angrenzenden Gebieten ver bannt werden müssen. Er weiß sicher auch, dass Glyphosat und andere Totalherbizide dort nichts verloren haben und dass wir diese auf Privatflächen sofort und in der Landwirtschaft so bald wie möglich verbieten sollten. Er weiß, dass wir die Einhaltung von Düngeverordnungen kontrollieren müssen; er weiß, wie man Grünland insektenfreundlich bearbeiten kann.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Das alles muss ich dem Umweltminister wahrscheinlich nicht erzählen. Ich muss ihn aber fragen, warum aus dem „Wir soll ten“ nicht endlich ein „Wir machen“ wird, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Ich muss ihn fragen, was passieren muss, damit die grünen Ideen, die an diesen Punkten oft richtig und gut sind, auch um gesetzt werden.

Sie sind an der Regierung – seit acht Jahren. Sie führen eines der beiden entscheidenden Ministerien. Wie kann es da sein, dass Bürgerinnen und Bürger diese grüne Regierung mit ei nem Volksbegehren dazu antreiben müssen, für ein grünes Herzensanliegen grüne Politik zu machen?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Höhenflug der Grünen, der sich quer durch Deutschland in den Umfragen zeigt, ist mit Hoffnungen der Bürger verbunden, und zwar gerade beim Umwelt- und beim Klimaschutz. In der Tat haben andere Par teien, auch meine eigene, diesem Thema lange nicht genügend Priorität eingeräumt.

(Beifall des Abg. Daniel Rottmann AfD)

Die Grünen aber müssen sich sagen lassen, dass sie diese The men im eigenen Parteinamen führen und sie für ihre ureigene Kernkompetenz halten. Wenn so eine Partei nach acht Jahren Regierung im Land nicht erheblich mehr geleistet hat als an dere Parteien in anderen Ländern, was soll ich dann noch sa gen?

(Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Dass diese Grünen dieses Land nicht gerechter und sozialer machen würden, war leider absehbar. Aber wenn sie es nicht einmal grüner machen, dann höre ich auf zu staunen; dann bin ich schlicht fassungslos, liebe Kolleginnen und liebe Kolle gen.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von den Grünen)

In Bayern wie in Baden-Württemberg ist die Biene zum Sym boltier des Artenschutzes geworden. Ich sage Ihnen, dass es einer Biene leider ziemlich egal ist, wer nicht verhindert, dass man ihr die Lebensgrundlagen entzieht. Grünes Nichtstun ist nicht artenfreundlicher als schwarzes Nichtstun.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Markus Rösler GRÜ NE: Das kann man gut kontern!)

Für die Fraktion GRÜNE er teile ich das Wort Herrn Abg. Walter.

Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Über diese Debatte haben wir uns schon et was gewundert. Schon der Titel weist eher auf parteitaktische Polemik als auf eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema Umweltschutz hin.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wenn acht Jahre lang schlechte Umweltpolitik in BadenWürttemberg betrieben wurde, dann waren die Sozialdemo kraten ja auch fünf Jahre lang führend dabei.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Sascha Binder SPD: Landwirtschaft und Umwelt! – Abg. Dr. Stefan Fulst- Blei SPD: Erfolge sind alle grün! – Unruhe)

Ja, ihr saßt im Kabinett. Seid doch einmal ruhig. Ich habe euch noch viel zu sagen. – In den fünf Jahren, als die Sozial

demokraten mit in der Regierung waren, haben sie nicht ge sagt: „Macht mehr“, sondern sie haben eher gebremst,

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Aha! – Zuruf der Abg. Gabi Rolland SPD)

als es darum ging, extra Geld für den Nationalpark auszuge ben oder ein ökologisches Jagdgesetz einzuführen – alles war mit euch nicht zu machen.

Haben Sie denn eigentlich vergessen, dass wir gemeinsam – das hatten Sie ja erwähnt, Herr Kollege Stoch – den ersten Na tionalpark in Baden-Württemberg auf den Weg gebracht ha ben?

(Abg. Andreas Stoch SPD: Hatte ich erwähnt! Man muss bloß zuhören!)

Das haben Sie gesagt, aber offensichtlich sind Sie nicht stolz darauf, oder Sie ziehen ihn aus der Bilanz heraus. – Wir ha ben den Naturschutzhaushalt verdoppelt.

(Zuruf: Damals!)

Ja, damals. – Wir haben ein zweites Biosphärengebiet ge schaffen.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Damals!)

Sind Sie denn gar nicht stolz darauf? Ich habe nach Ihrer Re de den Eindruck, Sie lieben die Oppositionsrolle. Und wenn Sie so weitermachen, werden Sie sie noch lange innehaben.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Hochmut kommt vor dem Fall!)

Was mich an der Debatte auch wundert, ist: Wenn im Umwelt ausschuss Ihre Fachleute am Tisch sitzen, gibt es gegen unse re Umweltpolitik quasi gar keinen Widerspruch. Wo waren all die Themen, die Sie jetzt angesprochen haben? Wo waren die Anträge im Ausschuss? Wo waren die Anträge im Plenum? Die gab es nicht.

(Abg. Sascha Binder SPD: Sind das alle Argumente? – Abg. Andreas Stoch SPD: Sie regieren! Sie haben eine Mehrheit im Parlament!)

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