Protokoll der Sitzung vom 13.12.2019

(Vereinzelt Heiterkeit bei der SPD)

In jedem Fall fordern Sie übrigens 500 neue Stellen, bei de nen Sie uns überhaupt nicht nachweisen konnten, dass sie nach der einmal erfolgten Neubemessung der Grundsteuer wirklich notwendig sind.

(Zuruf von der CDU: Ja, das werden wir beweisen!)

150 Stellen sind zunächst als wirklich notwendig angesehen worden. Das wissen Sie alles genau. Da buttern Sie plötzlich hinein, weil Sie wollen, dass eine eigene Bürokratie aufge baut wird. Das ist das, was Sie wollen, meine Damen und Her ren.

(Beifall bei der SPD – Abg. Tobias Wald CDU: Falsch! Wir werden es beweisen!)

Was ist bei der für unser Land wichtigen FuE-Förderung die Haltung des Finanzministeriums zu den Vorschlägen von Mi nister Scholz zur mittelstandsfreundlichen Förderung über ei ne Prämie? Unser Interesse, Frau Ministerin.

Steuerliche Förderung von Wohneigentum: Was kann fortent wickelt werden, z. B. für Wohnungsbau in genossenschaftli cher Hand, auch für Durchschnittsverdiener?

Und natürlich die Einkommensteuer – bei der uns eine Debat te bevorsteht; das haben wir ja gehört –: Warum beteiligt sich Baden-Württemberg nicht an der Diskussion darüber, wie wir gerade bei den Beziehern mittlerer Einkommen mehr Steuer gerechtigkeit schaffen können? Das liegt in unserem badenwürttembergischen Interesse, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen reden wir auch über die Substanz Baden-Württem bergs. Deutschland driftet sozial und ökonomisch auseinan der. Da darf man sich auch in Baden-Württemberg schon ein mal fragen, ob die reine Unterscheidung in Großstadt und ländlichen Raum, wie Sie es in Ihrer Rhetorik immer bringen, noch der Wirklichkeit in Baden-Württemberg entspricht. Das tut sie natürlich nicht, und deswegen müssen Sie sich auch fragen, ob Ihre Flächenkomponente wirklich das Mittel ist, mit dem man hier antreten sollte. Ich halte sie für keine be friedigende Antwort. Wir werden uns etwas überlegen müs sen, aber Ihre Diskussion führt nicht in die richtige Richtung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Daseinsvorsorge und Infrastruktur werden wieder zu kriti schen Faktoren. Wollen wir wirklich – auch da gab es eine Debatte –, wie jetzt beim Breitband, dauerhaft Marktversagen durch Privatisierung mit öffentlichem Geld einfach zuschüt ten und das mit Förderbescheiden im Land einfach untermau ern? Das kann doch nicht wirklich die künftige Realität sein, meine Damen und Herren.

Und zur Schuldenbremse: Wir haben uns auch ohne die Fi nanzministerin auf einen guten Pfad geeinigt. Wie sieht aber dann der weitere Weg aus? Wir bekennen, dass wir zu den Pa rametern, die wir gefunden haben – Konjunkturkomponente, Einfluss des Parlaments und Räumen des Kontos –, stehen.

Der Beitrag Baden-Württembergs für eine dynamische Wirt schaft wird für uns wichtig sein, und deswegen gilt: Wir wol len in die Zukunft schauen, und wir wollen, dass wir mit der Finanzpolitik gestalten. Mit diesem Haushalt haben wir unse re Probleme. Er ist eher eine Gießkanne als wirkliche Gestal tung.

Deshalb muss aus diesem Parlament auch die Initiative für mehr erwachsen. Wir von der SPD-Fraktion sind dazu bereit. Insofern sind der Doppelhaushalt und der Einzelplan des Mi nisteriums für uns heute das Gebot, an Baden-Württembergs Zukunft zu arbeiten, wo andere die Gegenwart verwalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die AfD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Podeswa.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Zunächst möchte ich Ihnen, sehr geehrte Frau Finanzministerin Sitz mann, dazu gratulieren, dass es Ihnen gelungen ist, zumindest einen kleinen Teil des unerwarteten Geldsegens aus Strafzah lungen und Steuermehreinnahmen in Höhe von rund 2,1 Mil liarden € vor den Begehrlichkeiten der rot-grünen Ressorts in Sicherheit zu bringen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Rainer Sti ckelberger SPD: Das waren die schwarz-grünen!)

132 Millionen € Kreditmarktschulden zu tilgen und 800 Mil lionen € in die Rücklage zu retten war angesichts des Ausga benrauschs – Herr Kollege Hofelich sprach vom Gießkannen prinzip – der rot-grünen Regierungsfraktionen sicherlich nicht einfach.

(Staatssekretärin Bärbl Mielich: Du liebe Zeit! – Ge genruf von der CDU: Das hat er noch nicht kapiert!)

Dazu meinen Glückwunsch an Sie, Frau Finanzministerin.

Leider muss die Lobeshymne damit aber auch schon aufhö ren. Klar zu verurteilen ist, mit welcher Ignoranz Sie dem Par lament begegnen, wenn es um die Finanzen geht. Die Kont rolle der Finanzen ist die vornehmste Aufgabe des Parlaments. Doch Ihre Regierungsfraktionen reichen teils erst um 23 Uhr Anträge ein, die im Finanzausschuss am nächsten Morgen um 10 Uhr entschieden werden. Auf solche Anträge kann die Op position nicht mehr sinnvoll reagieren – was ohne Zweifel ja auch beabsichtigt ist. Tatsächlich diskreditiert das die Arbeit des Finanzausschusses

(Abg. Tobias Wald CDU: Oje!)

und ist nur als Missachtung des Parlamentarismus zu inter pretieren.

(Beifall bei der AfD)

Der Haushalt kommt doch wohl nicht völlig überraschend. Daher gibt es auch keinen plausiblen Grund, weshalb ausge rechnet den Regierungsfraktionen erst am Vorabend einfallen sollte, was sie für den Haushalt beantragen wollen. Oder wol len Sie den Bürgern ernsthaft erklären, dass Sie den Staats

haushalt von Baden-Württemberg auf dem aufbauen, was Ih nen am Vorabend, gemeinsam beim Bierchen, eingefallen ist?

(Abg. Bernd Gögel AfD: Wahrscheinlich!)

Kommen wir zum Selbstverständnis des Ministeriums für Fi nanzen. Der Bürger erwartet, dass gerade das Finanzministe rium mit gutem Beispiel vorangeht. Es muss der Garant für die sparsame und effiziente Verwendung der hart erarbeiteten Steuergelder der Bürger sein. Es muss sich und alle Empfän ger von Steuergeld kritisch überwachen und kontrollieren.

Leider, Frau Finanzministerin Sitzmann, werden Sie und Ihr Ministerium dieser Vorbildfunktion nicht gerecht. Die vorge sehene Mittelverwendung ist weder sparsam, noch setzt sie nachvollziehbare Prioritäten. Vielmehr haben Sie sich mit dem hier vorgelegten Staatshaushaltsplan und insbesondere mit dem Einzelplan 06, dem Einzelplan Ihres Ministeriums, nach haltig von jedem seriösen Wirtschaften verabschiedet.

(Beifall bei der AfD)

Rekordverdächtig ist nicht nur, dass es sich um den höchsten Haushalt aller Zeiten mit 54,7 Milliarden € handelt, wenn wir ihn um die Änderungen des Länderfinanzausgleichs korrigie ren, um ihn vergleichbar zu machen; dank der Pensionsver pflichtungen für über 3 000 zusätzliche Beamte treiben Sie auch den Schuldenhaushalt in geradezu größenwahnsinnige Verschwendung. Mit zusätzlichen Personalkostenverpflich tungen in Milliardenhöhe nehmen Sie der nächsten Generati on den notwendigen Handlungsspielraum.

Da wundert es nicht, dass Sie sich mit Händen und Füßen ge gen die Einführung der doppelten Buchführung in der Lan desverwaltung wehren. Diese würde aufzeigen, dass Sie sich mit Ihrem Handeln der Insolvenzverschleppung schuldig ma chen würden, wären Sie ein Unternehmen.

(Beifall bei der AfD)

Auch muss man den Eindruck gewinnen, das Finanzministe rium wolle selbst den Spitzenplatz beim geplanten Personal wildwuchs einnehmen. Allein für den Einzug der Grundsteu er möchten Sie 500 zusätzliche Beamte einstellen, 150 bereits mit dem jetzigen Haushalt und weitere 350 erklärtermaßen. Da Sie gleichzeitig einen hohen zweistelligen Millionenbe trag für die Digitalisierung des Einzugs der Grundsteuer im Haushalt veranschlagt haben, fragt man sich, wo hierbei die Effizienzgewinne aus der Digitalisierung bleiben. Digitalisie rung muss schließlich einen Effizienzgewinn abwerfen und darf nicht ein zusätzlicher Kostenfaktor und ein zusätzlicher Personalkostenfaktor werden.

(Beifall bei der AfD)

Ich erinnere nochmals daran: Die Wirtschaft streicht gerade Zehntausende Stellen, insbesondere in der für uns wichtigen Automobilindustrie. Die Landesregierung sollte sich an der Wirtschaft orientieren und die notwendige Sparsamkeit an den Tag legen. Stattdessen werden allein in diesem Doppelhaus halt 3 000 neue Beamtenstellen geschaffen, die den Steuer zahler dauerhaft belasten.

Kommen wir zu einem weiteren Kostentreiber. Schauen wir auf die Personalaufstockung im Einzelplan 06 – Ministerium

für Finanzen –: Von den zusätzlichen Stellen sind gerade ein mal 8 % mit dem Vermerk „künftig wegfallend“ versehen, 92 % der Stellen werden den Bürger dauerhaft belasten. Nur zum Einzug der reformierten Grundsteuer, die ja angeblich nicht höher ausfallen soll als die, die wir jetzt einziehen – wer das glaubt, wird sicherlich seliggesprochen –,

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Genau! – Abg. Tobias Wald CDU: Wissen Sie, wer den Hebesatz macht? Das sind die Kommunen! Sie haben die Grundsteuer nicht ka piert!)

wollen Sie dauerhaft rund 50 Millionen € Steuergeld pro Jahr aufwenden. Das nenne ich einen Schildbürgerstreich.

(Beifall bei der AfD)

Wir fordern eine Personalbremse, und damit sind wir nicht al lein. Alle Oppositionsfraktionen haben Personaleinsparungs anträge gestellt, sogar die SPD.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Die SPD spart heu te schon Personal ein!)

Wir, die AfD-Fraktion, haben Stelleneinsparverpflichtungen beantragt. Wissen Sie noch, was Stelleneinsparverpflichtun gen sind? Die haben Sie nämlich in Ihren Abreden zum Koa litionsvertrag vereinbart. 5 000 Stellen wollte Grün-Schwarz streichen. Stattdessen hat die zu Grün-Rot mutierte Regie rungskoalition jetzt insgesamt – nur in dieser Legislaturperi ode – schon 6 440 zusätzliche Stellen geschaffen. Das nenne ich mal eine vollständige Erfüllung Ihrer Koalitionsvertrags vereinbarungen.

(Beifall bei der AfD)

Jedes Schulkind kann nachrechnen – pro geschaffener Beam tenstelle entstehen Pensionsrückstellungsverpflichtungen in der Größenordnung von 800 000 € –, dass das die Staatskas se mit zusätzlichen Pensionsverpflichtungen in Höhe von 5 Milliarden € belasten wird – 5 000 Millionen €!

(Abg. Udo Stein AfD: Hört, hört! – Abg. Dr. Hein rich Fiechtner [fraktionslos]: Wir haben es doch!)

Ihre wirtschaftsfeindliche Politik verlangt vom Bürger und von den Unternehmen das Sparen. Also gehen Sie gefälligst mit gutem Beispiel voran. Alle Oppositionsfraktionen – ich unterstreiche es noch mal: alle Oppositionsfraktionen – haben sich der AfD angeschlossen und Anträge zu Personalkürzun gen gestellt.