Protokoll der Sitzung vom 21.07.2016

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Wie sieht denn die Gegenfinanzierung aus?)

Das kommt gleich. Warten Sie erst mal. Hören Sie erst mal zu.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Sie kriegen Ihre Gegenfinanzierung schon.

(Heiterkeit des Abg. Sascha Binder SPD)

Natürlich kostet die Weiterbezahlung der Vertretungslehrer auch in den Sommerferien – da geht es schon los – Geld. Und jetzt kommt es, sehr geehrter Herr Kollege: Deshalb beantra gen wir die Umwidmung der neuen Ministeriumsstellen für einen Einstieg in die Weiterbezahlung der Vertretungslehrer. Für diese hundert neuen Stellen in den Ministerien, meine Da men und Herren, ist Geld vorhanden. Aber für unsere Forde rung, Ministeriumsstellen für die Bezahlung der Vertretungs lehrer in den Ferien umzuwidmen, fehlt offenbar jegliche Em pathie.

Das sieht man noch besser daran, dass diese Kosten in den umfangreichen Absprachen und Nebenabreden zum Koaliti onsvertrag fehlen. Die betroffene Personengruppe wird sich Ihrer Wertschätzung jetzt richtig bewusst werden – seit Diens tag.

Anders ist es wohl bezüglich der Weiterqualifizierung der Haupt- und Werkrealschullehrer, um von Besoldungsgruppe A 12 nach A 13 höhergruppiert zu werden. Mittel im Qualifi zierungstopf sind anscheinend vorhanden, und Sie wollen das Problem auch angehen. Es ist in den Nebenabsprachen aufge führt. Dann fragt man sich, wenn Sie das Gleiche machen wol len, wie wir es vorschlagen: Warum stimmen Sie unserem An trag nicht einfach zu? Geben Sie sich einen Ruck, und steigen Sie gleich in die Umsetzung Ihrer Nebenabsprachen ein.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der AfD und fraktionslosen Abgeordneten)

Nun, sehr geehrte Damen und Herren, kommen wir zu dem Komplex, der uns, die FDP/DVP, besonders interessiert: neue Stellen in den Ministerien. Herr Hofelich sprach in diesem Zusammenhang von einem „Stellenausweitungsbauch“. Frau Ministerin Sitzmann meinte daraufhin: „Ach, es handelt sich doch wohl mehr um einen Waschbrettbauch.“ Ich denke, wir beide haben eine Vorstellung davon, was ein Waschbrettbauch ist.

(Vereinzelt Heiterkeit – Ministerin Edith Sitzmann: Sehr schlank! – Abg. Andreas Stoch SPD: Sie mein te Waschbär!)

Aber ich denke, Sie haben unterschiedliche Vorstellungen da von, wie wir den weiterentwickeln. Sie haben, glaube ich, nichts dagegen, wenn der Waschbrettbauch etwas Fett ansetzt. Wir hingegen haben eine klare Vorstellung davon, dass eine langfristige Gewichtszunahme grundsätzlich gesundheitsschäd lich ist.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der AfD und fraktionslosen Abgeordneten)

Allein das Staatsministerium mit den jetzt beantragten zusätz lichen Stellen: Seit dem Jahr 2011, seit Ihrem Regierungsan tritt, Herr Ministerpräsident, ist die Zahl der Stellen in der Vil la Reitzenstein von 211 auf 260 erhöht worden; das ist mithin eine Steigerung um fast 25 %.

98 Stellen sollen jetzt neu geschaffen werden: Spiegelrefera te, Neuzuschnitte der Ministerien usw. Vor allem fällt auf – wie immer bei Ihnen –, dass insbesondere die Leitungsposi tionen, also die höher dotierten Stellen, bevorzugt werden. Wie immer: viele Häuptlinge, wenige Indianer. Leider gilt das auch bei dieser Stelleninflation.

Aber keine Angst: Die Beruhigungspillen werden ja gleich mitgeliefert. Vielleicht hat man doch ein bisschen ein schlech tes Gewissen. Etwa die Hälfte der Stellen werden mit einem k.w.-Vermerk versehen; sie sollen wegfallen. Das erfolgt nach dem Motto der Madame de Pompadour, nachdem ihr im Jahr 1757 die Niederlage bei der Schlacht von Roßbach gemeldet wurde: „Nach uns die Sintflut.“

(Heiterkeit der Abg. Gabriele Reich-Gutjahr FDP/ DVP)

Die Eckwerte des Haushalts 2017, die der Ministerpräsident und die Finanzministerin in der vergangenen Woche vorge schlagen haben, weisen noch ein Defizit von 2,6 Milliarden € aus. Dazu kommen jetzt weitere Ausgabenwünsche der Koa lition von bis zu 4,4 Milliarden € für die Legislaturperiode. Da kann ich kein Bremsen zur Einhaltung der Schuldenbrem se erkennen; das ist Vollgaspolitik.

Das Finanzministerium will noch 800 Millionen € einsparen. 370 Millionen € sollen in den Ministerien eingesammelt wer den, und 430 Millionen € kommen von den Kommunen, An gestellten und Beamten. Die entsprechende Giftliste ist aller dings noch unter Verschluss. Das ist genauso, wie wir von Zielgrößen für Steuererhöhungen, etwa bei der Grunderwerb steuer, hören. Darauf sind wir wirklich einmal gespannt.

Jetzt hat das Finanzministerium noch ein „Sesam, öffne dich!“ gefunden.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege, werfen Sie bitte einmal einen Blick auf die Redezeitanzeige am Pult: „Re dezeit zu Ende“.

(Heiterkeit – Vereinzelt Beifall)

Ja. – Oh! Herr Präsident, eine Minute noch.

(Große Heiterkeit – Lebhafte Unruhe)

Schlusssatz.

Okay, dann werde ich ein bisschen schneller sprechen.

(Heiterkeit)

Die Integrationsleistungen des Bundes werden noch einmal um 2 Milliarden € aufgestockt. Davon bekommt das Land fast 200 Millionen €, und 60 Millionen € gehen direkt an die Kom munen. Diese 200 Millionen € werden vom Land jedoch zu rückbehalten und sollen als Verhandlungsmasse genutzt wer den.

Wir stellen fest, dass der Haushalt auf Kante genäht ist und dass in der Tat schon ein Unwetterereignis unseren ganzen Haushalt in Schieflage bringen kann. Der Rechnungshof hat darauf hingewiesen.

(Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Herr Präsident, ich komme jetzt zum Schluss. – Nach wie vor sind wir der Meinung: Gesunde Finanzen und ein gesunder

Staat gehören zusammen. Wir sprechen uns natürlich für die Unwetterhilfen und auch die entsprechenden Lehrerstellen aus. Aber insgesamt müssen wir aufgrund der dargelegten Ar gumente den Gesamthaushalt leider ablehnen. – Ich denke, es geht noch.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP, der AfD und den frakti onslosen Abgeordneten – Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Für die Fraktion der AfD erteile ich das Wort Herrn Abg. Sänze.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr ge ehrte Damen und Herren! Dritte Lesung des Nachtragshaus halts und keine Veränderung, sondern eher: Im Südwesten nichts Neues, griechische Tragödie, Teil 3. Die Dramaturgie bleibt erhalten. Die Ouvertüre beginnt immer mit einem kräf tigen AfD-Bashing – nur schade, dass gestern die Geheimdi plomatie der Landesregierung mehr zum Tragen kam.

(Zuruf des Abg. Tobias Wald CDU)

Hören Sie doch einfach nur zu!

(Abg. Tobias Wald CDU: Nein!)

Erster Akt: Das Trojanische Pferd wird in die Arena gescho ben, verkauft unter dem Label: „Braunsbach, Unwettersofort hilfe“. Ziel ist es, eine moralisch überlegene Position aufzu bauen. Wer könnte sich der Notlage der Mitbürger verschlie ßen?

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: So machen Sie vielleicht Politik! Das mag sein!)

Zweiter Akt: 320 Stellen für Lehrer mit der Befähigung für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen, ab 1. September zu besetzen, werden in § 2 des Nachtragsgesetzes auf die Büh ne geschoben. Wer könnte sich dieser Einstellung verschlie ßen?

Der dritte Akt: Die Krieger des schwäbischen Odysseus, Herrn Kretschmann, verlassen das hölzerne Pferd. 98 neue Planstel len, angeblich zur Schaffung von Kompetenzen wie Digitali sierung bzw. zur nachhaltigen Steuerung der Zukunft, werden auf die Bühne geschoben. Welch edler Zug – oder doch nur Unterstützung der neu geschaffenen Stellen für Staatssekre täre, die sich aufgrund mangelnder Kompetenz Verstärkung holen müssen?

(Heiterkeit und Beifall bei der AfD und den frakti onslosen Abgeordneten)

Schlauerweise wird bei der Hälfte der Stellen ein k.w.-Ver merk angebracht: zukünftig wegfallend zum 1. Januar 2022. Es stellt sich die Frage: Warum wurden nicht alle Stellen mit einem k.w.-Vermerk versehen? Ist es nicht so, dass im Zeit ablauf Kompetenzen aufgebaut werden und sich schon allein aufgrund der Digitalisierung ein Überhang in der Beamten schaft ergeben wird?

Schön finde ich auch den Absatz in der Begründung zu § 3. Zukünftig soll die Möglichkeit, „aus dringenden dienstlichen

Gründen Personal über die im Haushaltsplan ausgewiesenen Stellen hinaus zu beschäftigen“, von sechs auf neun Monate verlängert werden. Nimmt man damit schon eine Mehrung vorweg, oder ist das die zukünftige Flexibilisierung, die wir nötig haben?

Die AfD-Fraktion sagt Ja zu § 1. Die Landesregierung soll schließlich operativ tätig bleiben bzw. dies schnellstens wer den. Die AfD-Fraktion sagt Ja zum Aufbau der Lehrerschaft, denn Bildung ist eine der tragenden Säulen, die unser Land dringend nötig hat. Die AfD-Fraktion sagt Nein zu der Meh rung um 98 Planstellen, und die AfD-Fraktion sagt Nein zur Verlängerung um drei Monate in § 3 des Nachtragsgesetzes.

(Beifall bei der AfD)

Zum Schluss: Mancher Odysseus, der als Held aufgetreten ist, endet als Ritter der traurigen Gestalt.