Protokoll der Sitzung vom 21.07.2016

Meine Damen und Herren, ich freue mich über die fraktions übergreifende Einigkeit, was den Gesetzentwurf in der Sache angeht. Darüber freut sich ein Innenminister. Die einzelnen Wortbeiträge möchte ich nicht bewerten, mit einer einzigen Ausnahme: Herr Kollege Binder, ich hatte eigentlich bisher einen anderen Eindruck von Ihnen, aber was Sie heute gebo ten haben, war schon ein ganz kleines Karo. Wenn Sie in die ser Art Klein-Klein in der letzten Legislaturperiode dieses Thema beispielsweise auch mit Ihrem Koalitionspartner an gegangen sind,

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

dann wundert mich nicht, dass Sie über fünf Jahre nichts, aber auch gar nichts in diesem Bereich zustande gebracht haben.

(Beifall bei der CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: Ent schuldigung! Haben Sie etwas von dem Dreisäulen modell gehört?)

Es ist ja jetzt nicht so, dass es Gewalt gegen Polizeibeamte oder die Überlegungen zu Bodycams erst kurz vor der Land tagswahl gegeben hätte.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Es gab aber jede Menge andere Dinge, die gemacht worden sind! – Gegenruf: Bildungsplan!)

In Hessen sind die Bodycams schon ziemlich lange im Ein satz. Dafür, dass Sie dieses Land fünf Jahre regiert haben, war es dann doch ein bisschen mau, was bei den Bodycams am Ende des Tages herausgekommen ist und wie Sie das ange gangen sind.

In anderen Ländern gibt es die Bodycams. Ich kenne kein ein ziges Bundesland, in dem schlechte Erfahrungen damit ge macht werden. Insbesondere wird auch in allen wissenschaft lichen Untersuchungen klar belegt, dass dadurch die Angrif fe gegen Polizistinnen und Polizisten weniger werden und Tä ter von Übergriffen abgehalten werden.

Dann muss ich sagen: Ja klar, natürlich hätte man einen Än derungsantrag zu dem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion stel len können. Es ist aber genauso das gute Recht einer Land tagsfraktion, einen eigenen besseren Gesetzentwurf einzubrin gen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Thomas Blenke CDU: So ist es!)

Es ist ja nichts Verwerfliches, welchen Weg die Koalition hier geht. Ich glaube, dass es ein besserer Gesetzentwurf ist.

Ich verspreche Ihnen, Sie nicht mit technischen Details zu langweilen. Aber der Pre-Recording-Modus ist schon etwas sehr Wichtiges. Was heißt das? Das heißt, die Kamera ist im Grunde genommen immer eingeschaltet, filmt immer. Aber alle 60 Sekunden wird das, was gefilmt worden ist, gelöscht, indem das, was neu aufgenommen wird, sozusagen das Alte

überschreibt. Das ist auch nicht mehr zu holen, sondern es ist endgültig weg. Nur wenn der Polizist bzw. die Polizistin die Aufnahmetaste drückt, dann sind auch die 60 Sekunden, die vorher gefilmt worden sind, als Dokumentation sichergestellt.

Das ist ein endscheidender Vorteil, weil die Polizistin oder der Polizist bei einem bevorstehenden Angriff auch in einer Stress situation jetzt nicht mehr zwischen der Eigensicherung und der Filmerei in diesem Maß schnell entscheiden muss. Des wegen hat man dann Zeit, beispielsweise eine Lageeinschät zung besser vornehmen zu können, und auch die Nachvoll ziehbarkeit polizeilicher Handlungen in der Situation wird deswegen natürlich verbessert.

(Zurufe von der SPD)

In diesem Punkt ist der Entwurf der SPD-Fraktion eben ein fach lückenhaft. Deswegen finde ich es richtig, dass es einen besseren Gesetzentwurf gibt. Im Übrigen: Hessen und das Saarland machen es genau so, wie es dieser Gesetzentwurf vorsieht, und sie machen es mit gutem Erfolg.

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abg. Dr. Fiechtner zu?

Ja, selbstverständlich. Ich habe mich schon ge wundert.

(Heiterkeit)

Bitte.

Ich wollte Sie nicht enttäuschen.

(Heiterkeit)

Herr Minister, die Aufnahmesequenz von 60 Sekunden und sofortiger Löschung hinterher erscheint mir sehr kurz, vor al lem wenn man noch in Rechnung stellen muss, dass der Po lizist das erst einmal aktivieren muss. Gäbe es denn keine län geren Aufnahmemöglichkeiten? Was spräche dagegen? Ich könnte mir vorstellen, dass fünf Minuten oder ähnliche Zeit abschnitte hier dann auch den Gesamtvorgang festhalten könn ten.

Wenn ständig eine Kamera läuft, haben Daten schützer und Juristen – im Übrigen auch Juristen im Justizmi nisterium dieser Landesregierung – immer Bedenken. Es ist auch in Ordnung, dass wir uns das sorgfältig anschauen.

Diese datenschutzrechtlichen Bedenken gibt es bereits bei die sen 60 Sekunden. Das ist, Herr Abg. Dr. Fiechtner, immer ei ne Abwägungsentscheidung. Wenn ich richtig informiert bin, gibt es durchaus auch den Einsatz von Bodycams, bei denen dann nur 30 Sekunden abrufbar sind. Wir haben uns für den längeren Zeitraum entschieden.

Wir werden – das will ich gar nicht verhehlen – aus daten schutzrechtlichen Gründen an diesem Gesetzentwurf mögli cherweise noch ein bisschen schleifen müssen, weil wir sozu sagen an der Grenze dessen sind, was datenschutzrechtlich möglich ist. Wir haben das maximal ausgeschöpft. Ich glau be, dass das so auch richtig ist.

Insofern kommt diese Vorlage dem Ziel, unseren Polizeibe amtinnen und Polizeibeamten ein transparentes und ein wei teres gutes Instrument an die Hand zu geben, am nächsten.

Es fügt sich im Übrigen in einen Gesamtrahmen ein. Wir, die Koalition, haben angekündigt, dass wir mehr Personal für die Polizei wollen, dass wir eine bessere Ausstattung für die Po lizei wollen, dass wir mehr Möglichkeiten für die Polizei wol len. All dem wird dieser Schritt, den wir jetzt gehen, auch ge recht. Er hilft auch als eine von mehreren Maßnahmen mit, unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten besser vor Über griffen, vor Gewalt und vor Angriffen zu schützen. Das hat unsere Polizei bei Gott auch so verdient.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Vereinzelt Beifall bei der AfD und den fraktionslo sen Abgeordneten)

In der zweiten Runde erteile ich das Wort Herrn Abg. Binder.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Wenn wir vom ganz kleinen Karo spre chen, Herr Minister Strobl, dann muss ich sagen: Ich bin nach den ersten Sitzungen des Ständigen Ausschusses und auch der Sitzung des Innenausschusses eigentlich davon ausgegangen, dass wir, wenn wir uns in der Zielrichtung einig sind, dann auch miteinander reden, wenn wir gesetzliche Grundlagen schaffen, und darüber sprechen, wie wir, wenn uns inhaltlich nicht sehr viel trennt, zu einer gemeinsamen Linie kommen.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Sie haben doch den Ge setzentwurf eingebracht! Sie haben nicht mit uns ge redet!)

Nachdem wir diesen Gesetzentwurf eingebracht hatten, wäre es – da kann ich dem Kollegen Goll nur recht geben – das Nor malste der Welt gewesen, einen Änderungsantrag einzubrin gen.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Kleinkariert, Herr Kollege!)

Wir haben diesen Gesetzentwurf nicht deshalb eingebracht, um eine parteipolitische Diskussion zu führen, sondern um diese gesetzliche Grundlage zu schaffen –

(Abg. Martin Rivoir SPD: Schnell zu schaffen!)

nicht mehr als das, dem der Ministerpräsident in der letzten Legislaturperiode zugestimmt hat – und um genau einen Ab stimmungsbedarf zwischen CDU und Grünen zu reduzieren, um relativ schnell zu einer gesetzlichen Grundlage zu kom men.

(Lachen des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE)

Es gab immer mal wieder auch in der Geschichte dieses Par laments Regierungen, die Gesetzentwürfen von Oppositions fraktionen zugestimmt haben. Einer Ihrer Vorgänger, Thomas Schäuble – –

(Minister Thomas Strobl: Wir hätten ja auch vorher sprechen können! – Gegenruf des Abg. Martin Rivoir SPD: Ruhe auf der Regierungsbank!)

Das ist ja kein Widerspruch. – Das gab es immer mal wie der. Ihr Vorvorvorgänger Thomas Schäuble hat das auch schon einmal gemacht und hat bei dieser Gelegenheit die Gunst der Stunde genutzt, sich damals mit der Opposition gemein ge macht und diesem Gesetzentwurf zugestimmt, verbunden mit einem Lob an die SPD-Fraktion. Auch so kann man in diesem Parlament miteinander arbeiten. Sie haben sich für einen an deren Weg entschieden. Das wird uns aber nicht davon abhal ten, im Sinne der Sache im Innenausschuss diese beiden Ge setzentwürfe kollegial gemeinsam zu beraten und mit einer breiten Mehrheit zu verabschieden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Hans Peter Stauch AfD)

Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aus sprache beendet.

Ich schlage vor, die beiden Gesetzentwürfe Drucksachen 16/308 und 16/334 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für In neres, Digitalisierung und Migration zu überweisen. – Es er hebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Punkt 5 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der CDU – Gesetz zur Änderung des Landesbeamtengesetzes und des Landesbesoldungsgeset zes Baden-Württemberg – Drucksache 16/348

Meine Damen und Herren, die Fraktionen sind gestern Abend übereingekommen, den gestern eingebrachten Gesetzentwurf noch heute auf die Tagesordnung zu setzen. Folgende Rede zeiten wurden vereinbart: Für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion und fünf Minu ten für den Zusammenschluss fraktionsloser Abgeordneter.

Die den Gesetzentwurf einbringenden Fraktionen sind über eingekommen, die Begründung des Gesetzentwurfs in ihre Ausführungen zu integrieren.

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Abg. Sckerl das Wort.