Sie haben davon gesprochen, dass die Auflösung des Integra tionsministeriums eigentlich eine Petitesse sei, eine Notwen
digkeit, um eine Querschnittsaufgabe in der Landesregierung zu etablieren, und dass dieses Ministerium viel zu klein ge wesen sei, um schlagkräftige Arbeit zu leisten. Wir sehen das anders.
Sie merken es auch jetzt bei der Umressortierung, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ehemaligen Integrati onsministeriums bis heute immer noch nicht wissen, in wel ches Ministerium sie jetzt kommen, ob sie ins Innenministe rium oder ins Sozialministerium kommen.
Diese Umressortierung scheint also noch im Gang zu sein, und Sie sind sich im Detail nicht klar, wer jetzt für was zu ständig ist.
In den Ausschussberatungen haben wir einige Fragen klären wollen, bei denen sich für uns im Hinblick auf die Nebenab reden noch Unklarheiten ergeben haben. Da war die Frage, wer denn in Zukunft für den Breitbandausbau in diesem Land zuständig ist, das Ministerium für Ländlichen Raum oder das Ministerium für Digitalisierung. Dazu gab es die Antwort, in Zukunft sei das Ministerium für Ländlichen Raum nach wie vor für den Breitbandausbau zuständig. Deshalb stellt sich mir schon die Frage, weshalb das Ministerium für Inneres, Digi talisierung und Migration im Digitalisierungspaket 150 Mil lionen € für den Breitbandausbau festlegen lassen wollte. Viel leicht können Sie das noch einmal aufklären. Wer ist jetzt für Digitalisierung zuständig: der Innenminister oder der Land wirtschaftsminister? Die Leute, die etwas von Digitalisierung verstehen, würden das sicher gern erfahren.
Nun zu der Ansiedlung des Bereichs Arbeit im Wirtschafts ministerium. Herr Kollege Sckerl, wenn Sie das so sehen, wie Sie uns das vorhin eindrucksvoll begründet haben,
Wer davon spricht, dass das Sozialministerium für den sozia len Zusammenhalt zuständig ist, der muss auch den Bereich Arbeit in diesem Ministerium ansiedeln, ganz allein deshalb, weil auch die übrigen Gesetzgebungszuständigkeiten für die sen Bereich im Sozialministerium vorherrschend sind.
Sie, Herr Lasotta, versuchen, einen Widerspruch zwischen Ar beitgebern und Arbeitnehmern und einen Widerspruch zwi schen Arbeit und Wirtschaft aufzulösen.
Diesen Widerspruch gibt es nicht, wenn die Arbeitnehmerin nen und Arbeitnehmer in Arbeit sind. Da sind für die Zusam menarbeit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern die Ge werkschaften und die Arbeitgeberverbände als Tarifparteien zuständig. Es geht uns doch darum, was mit den Menschen passiert, die nicht auf dem Arbeitsmarkt unterkommen, denen wir helfen müssen, wieder auf den Arbeitsmarkt zu kommen. Da, glauben wir, ist die Zuständigkeit besser im Sozialminis terium angesiedelt als im Wirtschaftsministerium,
Insofern kommen wir zu dem Ergebnis, dass wir dieser Res sortverteilung nicht zustimmen können, weil sie eine falsche Widerspiegelung Ihrer Politik darstellt. Deshalb können wir dies heute nur ablehnen.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Die Bewertung der Abgrenzung der Geschäftsbereiche der Ministerien fällt für die Freien Demo kraten durchaus ambivalent aus. Einerseits begrüßen wir die Auflösung des Integrationsministeriums und die Ressortie rung dieses Bereichs im Sozialministerium.
Wir denken, dass dies eine wirtschaftlich vernünftige, aber auch der gesellschaftlich wichtigen Bedeutung der Integrati on dienliche Maßnahme ist. Dieser Bereich findet im Sozial ministerium eine solide Plattform.
Auch begrüßen wir die Korrektur der Zusammenlegung des Finanz- und Wirtschaftsministeriums. Von vornherein waren der Zuschnitt deutlich zu groß und die Aufgabenvielfalt zu übermäßig, sodass das Superministerium keine sinnvolle Lö sung war. Aufgrund der Zukunftsherausforderungen ist es sinnvoll, dass die starke Wirtschaft in Baden-Württemberg ein eigenständiges Ministerium als Ansprechpartner hat.
Ein Wermutstropfen ist die Ressortierung der Digitalisierung im Innenministerium. Digitalisierung ist ein Querschnittsthe ma, welches am Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg nach unserer Auffassung im Wirtschaftsministerium angesiedelt sein sollte – eine Auffassung, die Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, zumindest noch bis zur Wahl geteilt ha ben. Die Befassung des Innenbereichs mit diesem Thema er folgt von vornherein unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit.
Dies ist ein sicherlich wichtiger Aspekt, aber er birgt zunächst die Gefahr, die Risiken groß- und die Chancen der Digitali sierung kleinzureden.
Dass die Digitalisierung im Innenbereich fachfremd ist, zeigt sich auch daran, dass hierfür erst jetzt völlig neue und mitun ter kostspielige Strukturen im Innenministerium aufgebaut werden müssen.
Schlicht nicht nachvollziehbar ist aber für unsere Fraktion die Aufnahme des Tourismus ins Justizministerium. Hier sind kei ne inhaltlichen Gründe erkennbar. Es geht hier offensichtlich nicht um die Sache, sondern um Personen. Insoweit ist die all gemein geäußerte Kritik richtig. Für viele stellvertretend darf ich den Vorsitzenden des Richterbunds, Matthias Grewe, an führen, der zunächst an einen Witz glaubte. Er könne – so sag te er einer Stuttgarter Zeitung – keinen inhaltlichen Zusam menhang zwischen Justiz und Tourismus erkennen. Und die Zugabe wertet er als Geringschätzung der Aufgaben der Jus tiz.
Aber auch die Tourismusbranche reagiert wenig amüsiert. Man fühlt sich als politische Verschiebemasse. Der Präsident des Hotel- und Gaststättenverbands, Fritz Engelhardt, stellt klar, dass man den Tourismus mit gut 20 Milliarden € Umsatz in erster Linie als wichtigen Wirtschaftsfaktor für BadenWürttemberg sehe. Für den Umzug ins Justizministerium kön ne er keinen sachlichen Grund erkennen.
Für uns Freie Demokraten ist klar: Es darf keine weitere Schwächung der Justiz oder gar eine Entwertung durch den neuen Bereich Tourismus im Justizministerium geben.
Ich bin dem Justizminister insoweit dankbar, dass er sich da ran messen lassen möchte, dass eine Geringschätzung der Auf gaben der Justiz eben nicht eintreten wird. Allerdings steht die bekannt gegebene Geheimabsprache, die Nebenabrede zum Koalitionsvertrag, die Strukturen der Justiz und der Gerichte sowie die mögliche Zusammenfassung von Gerichten zu über prüfen, im Widerspruch zum Koalitionsvertrag,
(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das ist kein Wi derspruch, Herr Kollege! – Gegenruf des Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU)
in dem bekanntlich die Aufrechterhaltung einer bürgernahen Justiz durch den Erhalt der Zahl der Amts- und der Landge richte – der Zahl, Herr Kollege Sckerl –, die durch eine Zu sammenfassung beeinträchtigt würde, zugesichert wurde. Die damit eingetretene Verunsicherung in der Justiz ist gleichwohl ein denkenswert schlechter Start.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Bernhard La sotta CDU: War aber leicht auflösbar, weil die Zahl der Gerichte nicht reduziert wird!)
dass die wichtigen Belange der Justiz nicht unter dem war men Scheinwerferlicht des Tourismus unter die Räder kom men.
(Beifall bei der FDP/DVP sowie der Abg. Rainer Hin derer und Sascha Binder SPD – Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU)
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Politiker können al les. Das Problem dabei ist: Nur sie selbst sehen es so. Dem Bürger selbst wird es nur alle paar Jahre nahegebracht, näm lich dann, wenn nach Wahlen ein wildes Revirement der Res sorts veranstaltet wird und man sieht, dass völlig fremde Sach bereiche zusammen- oder auseinandergewürfelt werden. Die Bürger registrieren das dann mit großer Verwunderung – aber die Zeit geht ja darüber.