Bernd Grimmer
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Frau Präsidentin, sehr geehr te Damen und Herren! Die Behandlung des von der Landes regierung vorgelegten Gesetzentwurfs zum Vierten Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften hat im Ausschuss noch viele strittige, unausgereifte Punkte aufgezeigt, die noch zu beraten wären.
Dennoch möchte ich anmerken, dass es in den Änderungsan trägen Vorschläge gibt, die unsere Zustimmung finden; z. B. findet eine Verpflichtung des Rektorats, sich eine Geschäfts ordnung zu geben, oder eine Festschreibung der kaufmänni schen Buchführung unsere Zustimmung.
Insgesamt überwiegen jedoch die durch uns abzulehnenden Vorschläge. Insofern hat sich an unserer Ansicht zum Gesamt paket des Gesetzentwurfs nichts geändert. Nach wie vor leh nen wir den Gesetzentwurf ab, insbesondere deshalb, weil Dinge darin eher verschlechtert als verbessert werden sollen und Punkte enthalten sind, die nicht durchdacht sind, Punkte, die überflüssig sind oder die ideologiegeleitet sind. Hier mei ne ich z. B. die in Artikel 1 enthaltene Neufassung von § 4, die von Chancengleichheit handelt, aber in der Praxis nichts anderes als Diskriminierung bedeutet.
Meine Damen und Herren, es ist völlig richtig, dass wir uns Gedanken machen sollten, wie der Hochschulbetrieb in Pan demiezeiten organisiert werden kann. Die Universitäten, Hoch schulen und ihre Angehörigen brauchen hierzu rechtliche Si cherheit hinsichtlich der Organisation der Lehre und der Prü fungen im Onlineformat. Der eingereichte Vorschlag ist je doch mit heißer Nadel gestrickt. Denn die Durchführung von Prüfungen im Onlineformat ist höchst problematisch. Techni sche Ausstattung, technische Störungen, Sicherheit und das Potenzial, Betrugsversuche zu identifizieren, das sind nur ei nige neuralgische Punkte, bei denen Ihre Onlineprüfungsfor mate nicht überzeugen.
Als Alternative zu Präsenzprüfungen wurden im vergangenen Sommersemester verschiedene Verfahren ausprobiert. Bei die sen konnten Prüflinge z. B. Aufgaben in einem bestimmten Zeitraum ohne Aufsicht bearbeiten. Sie durften beliebig Ma terialien wie Bücher und Aufzeichnungen verwenden.
Da ein Austausch der Studenten untereinander wahrschein lich ist, wird zu Klausuren mit offenen Fragen und mit kom plexen Problemlösungen geraten. Diese Vorgehensweise ist vielleicht in einigen Fächern praktikabel, in anderen Fächern aber nicht. Oder sagen Sie bald auch hier, dass Kompetenzen wichtiger sind als Wissen?
Und was ist, wenn die Onlineklausur läuft, die überlasteten Netze aber die Prüflinge aus der Klausur werfen? Studenten der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin haben Über wachungslösungen ausprobiert und dabei zahlreiche Möglich keiten identifiziert, die Überwachung zu manipulieren.
Meine Damen und Herren, es sind noch viele Fragen offen, die heute nicht gelöst werden können, geschweige denn, dass die betreffenden Regelungen beschlossen werden dürften. Deshalb stimmen wir dem Gesetzentwurf nicht zu.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehr te Damen und Herren! Das von der Landesregierung im Ent wurf vorgelegte Vierte Hochschulrechtsänderungsgesetz ist ein weiterer Versuch, Ihre ideologische Weltsicht gesetzlich zu verankern.
Die Landesregierung ist offenbar der Überzeugung, Univer sitäten und Hochschulen wären mit ihren anspruchsvollen Aufgaben – nämlich die nächste Generation auf die sich ra sant wandelnde Arbeitswelt vorzubereiten – nicht genügend ausgelastet.
Zu den originären Aufgaben der Universitäten und Hochschu len wie Lehre und Forschung soll sich nun der Klimaschutz gesellen, also im Hochschulgesetz verankert werden. Dabei verbirgt sich hinter dem Begriff z. B. die sogenannte „kli maneutrale Verwaltung“. Abgesehen davon, dass der Begriff „klimaneutral“ irreführend ist, hat diese Aktion mit Klima schutz wenig zu tun. Zwar wird die klimaneutrale Verwaltung den Papierverbrauch reduzieren, dafür aber den Stromver brauch erhöhen. Hier kann man in der Tat in einem völlig neu en Sinn von klimaneutral sprechen. Denn ob man A plus B oder B plus A rechnet, das Ergebnis bleibt gleich.
Sie wollen die klimaneutrale Verwaltung als Ihren Einsatz für den Klimaschutz darstellen. Dabei ist es schlicht und einfach ein natürlicher Modernisierungsprozess, mit dem alle Verwal tungsvorgänge optimiert werden. Gegen diese Optimierung ist nichts einzuwenden, aber sie bedarf keiner ideologischen Überhöhung.
Ähnliches betrifft den Punkt Tierschutz. Seit Jahren ist das Thema in der Politik präsent. Der Worteflut folgen nur weni ge Taten. In der Anzahl durchgeführter Tierversuche ist Ba den-Württemberg Schlusslicht unter allen Bundesländern mit weit über 500 000 „verbrauchten“ Tieren jedes Jahr. Seit neun Jahren sind Sie, meine Damen und Herren der Grünen, an der Regierung, und es hat sich nichts Wesentliches verändert. Ein Beifall für ein Lippenbekenntnis der Ministerin ist hier nicht ausreichend.
Nun ist es ja nicht so, dass es keine Alternativen gibt. Diese existieren schon seit Jahren, man muss sie nur implementie ren.
Dafür müssen jedoch die alten und zum Teil obsoleten Struk turen umgebaut werden, und das kostet Geld – Geld, das die Universitäten bzw. Hochschulen nicht haben. Und man muss deregulieren, denn die meisten Tierversuche werden durch ge setzliche Vorgaben erzwungen.
Es ist unbestritten, dass wir unsere Lebensgrundlage – die Na tur und die Tiere – schützen und erhalten müssen. Diese Ver antwortung aber den Hochschulen aufzubürden ist ein Denk fehler aus der langen Reihe der Irrungen und Wirrungen der Landesregierung.
Der Schutz natürlicher Lebensgrundlagen ist neben dem Tier schutz bereits in Artikel 20 a des Grundgesetzes und auch in den Artikeln 3 a und 3 b der Landesverfassung verankert.
Statt gesetzlicher Wegweiser benötigen die Hochschulen fi nanzielle Investitionen in Lehre und Forschung, in deren Aus
stattung und Infrastruktur, damit sie ihre Arbeit mit moderns ten Instrumenten machen können. Die veralteten Methoden sollten ad acta gelegt werden können.
Lassen Sie davon ab, die Hochschulen mit zusätzlichen Auf gaben zu belasten. Es ist vernünftiger, sich auf die wirklichen Probleme der Hochschulen zu fokussieren, z. B. auf befriste te und schlecht bezahlte Stellen, auf den hohen Betreuungs schlüssel oder auf die unzureichende Grundfinanzierung.
Unsere Universitäten bzw. Hochschulen leiden seit Jahren un ter einer permanenten Unterfinanzierung. Die zur Verfügung stehenden Grundmittel reichen nicht einmal aus, um die lau fenden Kosten und die dazugehörigen erwähnten Dauerauf gaben optimal zu erfüllen. Von optimal kann gar keine Rede sein.
Das zur Verfügung stehende Budget bremst die Hochschulen nicht nur in ihrer Entwicklung, sondern zwingt sie in eine noch stärkere Abhängigkeit von der Wirtschaft. Natürlich ist die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Hochschule sehr wichtig. Sie darf aber nicht als überlebenswichtige Alter native und als Ersatzmittel für die fehlenden Grundmittel be trachtet werden. Das ist aber aktuell der Fall.
Es gibt zu denken, wenn Ordinarien mehr mit dem Schreiben von Projektanträgen zur Finanzierung ihrer Mitarbeiter be schäftigt sind als mit ihrer Forschung. Diese Fehlentwicklung muss dringend korrigiert werden.
Dem Gesetzentwurf stimmen wir in dieser Form nicht zu.
Ich danke Ihnen. – Frau Prä sidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Neuord nung des Abfallrechts soll in erster Linie eine Anpassung an das Kreislaufwirtschaftsgesetz des Bundes erfolgen. Zweck
ist der ressourceneffiziente Umbau der Wegwerfgesellschaft. Dagegen ist im Grunde nichts einzuwenden.
Es ist zu begrüßen, Abfälle zu vermeiden, die stoffliche Ver wertung voranzutreiben und einen effizienteren Umgang mit knappen Ressourcen anzustreben.
Eine Bemerkung an die Grünen kann ich mir an dieser Stelle aber nicht verkneifen: Seit Jahren predigen Sie als Credo der Kreislaufwirtschaft, es gäbe überhaupt keinen Müll, sondern nur Abfall, also Sortierbares und Wiederverwertbares. Das kann man so sehen; ich teile diese Auffassung.
Absurderweise machen Sie aber eine einzige Ausnahme, näm lich beim sogenannten Atommüll. Da wird gnadenlos vom schrecklich strahlenden Müll gesprochen, den man gar nicht tief genug vergraben könne. Wieso kommen Sie da nicht auf die Idee, dass darin noch weit über 90 % der Energie stecken und dass es intelligenter wäre, diese zu nutzen, z. B. aufgrund eines immensen Energiebedarfs in der Wasserstoffwirtschaft?
Russen und Chinesen haben das längst umgesetzt mit der ab solut sicheren und höchst effizienten Kraftwerksgeneration IV. Wir verschlafen alles aus ideologischer Verblendung.
Darf ich um Ruhe bitten?
Zurück zum Gesetzentwurf. Keine schlechte Idee, bei Bau maßnahmen den Aushub durch Erdmassenausgleich bzw. Ni veauanhebung vor Ort zu belassen, statt ihn auf ferne Depo nien zu verfrachten.
Gerade zum letzten Teil des A-8-Ausbaus führen wir diese Diskussion in Pforzheim. Das sage ich mit einem freundli chen Gruß an den Herrn Verkehrsminister mit der Bitte um Unterstützung.
Auch die immerhin halbherzige Absicht, künftig Rezyklate einzusetzen, findet unsere Zustimmung.
Äußerst skeptisch sehen wir dagegen, ob es unter dem Strich tatsächlich zu einer Kostenentlastung führen wird, wenn z. B. bei Bauvorhaben bereits ab 500 m3 Bodenaushub ein teures Abfallverwertungskonzept vorgelegt werden muss.
Zu kritisieren ist auch die angekündigte gebührenrechtliche Anpassung bei der öffentlichen Abfallentsorgung. Insbeson dere die Einführung einer Einheitsgebühr für Bioabfälle dürf te das Wohnen weiter verteuern und Eigenheimbesitzer, die meist selbst kompostieren, deutlich benachteiligen.
Einen geradezu bitteren Beigeschmack hinterlässt der § 11 – Durchsuchung und Wegnahme bereitgestellter Abfälle. Hier regeln Sie, welche Abfälle die Ärmsten der Armen an sich nehmen dürfen.
Im Gesetzentwurf ist von Gegenständen für den Eigenge brauch die Rede, also z. B. Pfandflaschen. Falls Sie sich da zu durchringen könnten, unseren Rentnern in der Altersarmut auch noch die Entnahme von Essensresten und Lebensmittel abfällen zu gestatten, sollten Sie nicht nur von Eigengebrauch, sondern auch von Eigenverbrauch sprechen. Das sollte viel leicht noch ergänzt werden um den famosen Vorschlag des BUND, dass Abfälle so zu lagern seien, dass – ich zitiere – „eine Begutachtung und Einschätzung durch Privatpersonen“ möglich ist.
Meine Damen und Herren, ich will nicht weiter in die Details gehen. Ich komme an dieser Stelle aber nicht daran vorbei, auf Ihre eigenen Widersprüche zu verweisen. Dabei muss ich mich leider auf ein einziges Beispiel beschränken.
Nehmen wir das Nachhaltigkeitspostulat. Kreislaufwirtschaft ist ja nichts anderes als ein Modell, nachhaltig zu wirtschaf ten. Weil man dieses Prinzip der Nachhaltigkeit für existenzi ell hält, muss ihm laut UN universale Geltung zukommen. Da her auch die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, die bekanntlich längst von EU, Bund und Ländern adaptiert sind.
Ist Ihnen eigentlich schon aufgefallen, dass das besagte uni versale Geltung beanspruchende Prinzip der Nachhaltigkeit keineswegs universal gilt? Nachhaltigkeitsappelle richten sich doch in aller Regel an uns Europäer, während andernorts kein Hahn danach kräht. Warum zucken die Nachhaltigkeitspredi ger gleichgültig mit den Schultern angesichts der ungebrems ten Bevölkerungsentwicklung z. B. auf dem afrikanischen Kontinent? Produzieren die Menschen dort denn keine Müll berge, beanspruchen sie keine Ressourcen? Ist es nachhaltig, mehr Menschen in die Welt zu setzen, als man ernähren kann? Und ist es fair, die Probleme eines Kontinents auf andere ab zuwälzen und deren redliches Bemühen um einen verantwor tungsvollen Umgang mit den Ressourcen zu konterkarieren? Sind Konflikte da nicht vorprogrammiert?
Es drängt sich der Verdacht auf, dass moralisch aufgeladene Begriffe wie ebendiese Nachhaltigkeit bevorzugt dann ins Feld geführt werden, wenn es den aktuell Regierenden zur Ab sicherung ihrer Machtbasis und ihrer Pfründe in den Kram passt.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, meine Damen und Herren! So mancher in diesem Land hat leider immer noch große Probleme mit den Abläufen der Demokratie, und am meisten die, die sich immer als Verteidi ger der Demokratie gerieren.
Vorweg zum Thema: Bei der Abstimmung über den Gesetz entwurf werden wir uns der Stimme enthalten.
Ich möchte diesen formalen Tagesordnungspunkt für etwas Ungewohntes nutzen. Der Brexit hat uns lange beschäftigt. Sehr oft haben wir über die Briten gesprochen. Wie wäre es da wohl, sie selbst einmal zu Wort kommen zu lassen? Ich zi tiere aus einer Rede eines großen britischen Politikers:
So, das ist es, das letzte Kapitel am Ende der Straße. Ein 47-jähriges politisches Experiment, mit dem die Briten offen gesagt nie... sehr glücklich waren. Meine Mutter und mein Vater unterschrieben einen gemeinsamen Markt, nicht eine politische Union,
das hat er wohl für Sie gesagt, Herr Fink –
nicht Flaggen, keine Hymne, Präsidenten. Und nun wol len Sie sogar Ihre eigene Armee.
Meine Meinung über die EU hat sich geändert, seitdem ich vor 20 Jahren dem EU-Parlament beitrat....
Im Jahr 2005 sah ich, wie die EU-Verfassung abgelehnt wurde – durch die Franzosen in einem Volksentscheid. Ich sah, wie sie abgelehnt wurde – durch die Niederländer in einem Volksentscheid. Ich sah, wie Sie in den EU-Institu tionen diese Entscheide ignorierten und den gleichen In halt als Lissabon-Vertrag zurückbrachten und wie Sie da mit prahlten, Sie könnten diesen Vertrag ohne Volksent scheide durchpeitschen....
So wurde ich zu einem offenen Gegner des gesamten EUProjekts.
Ich möchte, dass der Brexit eine Debatte im Rest Euro pas anstößt. Was wollen wir von Europa? Wenn wir Han del, Freundschaft, Kooperation, faires Geben und Neh men wollen, dann brauchen wir keine EU-Kommission,
dann brauchen wir keinen EU-Gerichtshof. Wir brauchen diese Institutionen und diese ganze Macht nicht. Ich kann Ihnen versprechen, für die UKIP und für meine Partei: Wir lieben Europa, wir hassen nur die Europäische Union.
Es ist so einfach, wenn man es kapiert.
Ich hoffe, das ist der Anfang vom Ende dieses Projekts. Es ist ein schlechtes Projekt. Es ist nicht nur undemokra tisch, es ist antidemokratisch,...
es gibt Menschen Macht ohne Rechenschaft, Menschen, die nicht durch die Wähler zur Rechenschaft gezogen wer den können. Das ist eine inakzeptable Struktur....
Ich weiß, dass Sie uns vermissen werden. Ich weiß, Sie wollen unsere Nationalflaggen verbieten, aber wir win ken Ihnen zum Abschied zu.
Und er zeigte den Union Jack,
vermutlich in dieser Art und Weise.
Wir freuen uns darauf, in der Zukunft mit Ihnen als sou veräne...
In diesem Moment, genau an diesem Punkt, nach vier Minu ten und drei Sekunden, also einer Überschreitung von drei Se kunden, drehte die EU-Parlamentsvorsitzende ohne Vorwar nung Nigel Farage – um den handelte es sich hier – den Ton ab.
Dies als Anmerkung zum Brüsseler Demokratiestil.
So weit Nigel Farage, der große Brite und noch größere De mokrat,
der mehr als jeder andere Großbritannien aus der EU geführt hat. Nigel Farage hat am 29. Januar seine letzte Rede im EUParlament gehalten, die ich Ihnen in den wesentlichen Passa gen vorgetragen habe, denn sie zeigt uns, worum es beim Bre xit wirklich ging und geht.
Meine Damen und Herren, diesen Worten ist nichts hinzuzu fügen; sie verstehen sich von selbst. Es sind die Worte eines Mannes, dessen Hoffnung auf eine Reformfähigkeit der EU offenbar erloschen ist.
Ich hoffe, dass diese aufrichtigen Worte bei Ihnen und im Land draußen zu einem Umdenken beitragen. Wer für die Herr schaft des Volkes ist, der muss gegen diese EU sein.
Das ist der Kern des Brexits, das ist die Lehre, die wir alle be herzigen sollten. Ich verneige mich vor einem großen Briten, ich verneige mich vor einem freiheitsliebenden Volk.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte heute in die ser Runde ein grundsätzliches Thema ansprechen, das Parla mentarier, Landesregierung und Bürger gleichermaßen be trifft, vielen aber nicht bekannt ist. Wenn wir hier im Landtag über die EU debattieren, dann ist der Adressat in aller Regel die Landesregierung; es geht dabei um deren Abstimmungs verhalten im Bundesrat.
Die meisten Menschen gehen davon aus, dass der Bundesrat als zweite Kammer unseres Staates über echte Entscheidungs- und Vetorechte auch in EU-Fragen verfügt. Tatsächlich aber ist das nicht der Fall. Das Gesetz über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union grenzt die Rolle des Bundesrats im Wesentlichen auf sogenannte Stellungnahmen ein. Das heißt, der Bundesrat agiert nicht als Gesetzgeber, sondern als Berater der Bundes regierung. Ausgenommen hiervon sind nur Veränderungen an den EU-Kernverträgen – ein Fall, der höchst selten auftritt und den es lange Jahre schon nicht mehr gab.
Die Machtlosigkeit des Bundesrats und die Aushöhlung des Föderalismus zeigt sich in Folgendem:
Erstens: Der Bundesrat, der als Legislative eigentlich die Bun desregierung kontrollieren sollte, wird als nur beratendes Gre mium der Bundesregierung untergeordnet. Die grundsätzlich vorgesehene Gewaltenteilung zwischen Exekutive und Legis lative wird damit schwer kompromittiert.
Zweitens: Der Bundesrat und die Länder sind in den Entschei dungsverfahren auf EU-Ebene nicht abgebildet.
Drittens: Selbst in ihren Kernzuständigkeiten verfügen die Bundesländer über keinen effektiven Schutz ihrer föderalen Rechte. Die Bundesrepublik kann auf EU-Ebene im sogenann ten vereinfachten Verfahren jederzeit überstimmt werden.
Viertens: Das Machtverhältnis zwischen Bundesregierung und Bundesrat ist selbst im Kern der Länderzuständigkeiten ext rem zugunsten der Bundesregierung verschoben. In § 5 Ab satz 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union heißt es:
Kommt ein Einvernehmen
von Bundesrat und Bundesregierung –
nicht zustande und bestätigt der Bundesrat daraufhin sei ne Auffassung mit einem mit zwei Dritteln seiner Stimmen gefassten Beschluss, so ist die Auffassung des Bundesra tes maßgebend.
Übersetzt heißt das: Ein Eingriff in die Kernkompetenzen der Länder erfordert keine Zweidrittelmehrheit;
Zustimmung liegt vielmehr vor, wenn sich nicht zwei Drittel dagegen aussprechen. Das ist eine Umkehr des fundamenta len Prinzips der Beschlussfassung: Ein Beschluss ist gefasst, wenn er nicht mit Zweidrittelmehrheit abgelehnt wird.
Hinzu kommt, dass sich im Bundesrat oft Länder der Stimme enthalten, da sie von Koalitionen regiert werden. Enthaltun gen sind dann aber automatisch Stimmen für die Position der Bundesregierung.
Zusammenfassend wiederholt sich auf Bundesebene das Bild, das wir auch aus dem Land kennen: Bundesrat und Landtag sind weitgehend entmachtet. Die meisten wesentlichen Ge setze kommen aus Brüssel. Es gibt mit Bezug auf diese Ge setze keinen Föderalismus, keine Gewaltenteilung, keine ech te Demokratie, keine Ordnung, die dem Geist des Grundge setzes entspräche.
Sie, Ihre Parteien, meine Damen und Herren, haben den Fö deralismus und unsere Staatsordnung auf dem Altar der EU geopfert.
Was wir brauchen, sind nicht mehr Stellen für die Landesre gierung, Herr Kollege Frey, sondern echte Entscheidungsrech te für Landtag und Bundesrat. Im Land ist das Problem § 34 a der Landesverfassung, auf Bundesebene ist es das Gesetz über
die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenhei ten der Europäischen Union, und auf EU-Ebene ist das Prob lem der Lissabon-Vertrag.
Es zeugt nur von völliger Hilflosigkeit, unter dysfunktionalen Gesetzen über Verbesserungen nachzudenken. Ohne echte Entscheidungsrechte sind Landtag und Bundesrat politische Zombies – Scheintote, die so tun, als ob sie Demokratie prak tizieren würden.
Meine Damen und Herren, wir sollten anfangen, zusammen zuarbeiten. Die EU-Entscheidungsverfahren müssen auf ver nünftige Füße gestellt werden – im Landtag und im Bundes rat.
Wir brauchen eine bessere Landesverfassung, wir brauchen echte Entscheidungsrechte für den Bundesrat, und wir brau chen eine neue Grundordnung der EU, die unser föderales Modell wiederherstellt.
Abschließend noch eine Bemerkung, wenn Sie gestatten. Wir werden dem Bericht nicht zustimmen. Natürlich wissen wir, dass man nicht einfach „nicht zur Kenntnis nehmen“ kann, aber wir werden uns nicht dahin gehend vereinnahmen lassen, dass eine Kenntnisnahme als zustimmende Kenntnisnahme interpretiert werden könnte.
Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin – ich danke Ihnen vorab schon für die Verlängerung –, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Vorsitzender, vielen Dank für die Würdigung. Wir von der AfD-Fraktion haben schon mehrfach die Arbeitsweise des Europaausschusses im Land tag kritisiert. Grund: Regelmäßig kommen gerade die poli tisch brisanten Vorlagen von der EU erst dann in den Aus schuss, wenn bereits alles entschieden ist. Unsere Fraktion fin det dieses Gebaren abenteuerlich, und ich will heute Ihr Au genmerk darauf lenken, was da so alles durchgewunken wird.
Da ist zum einen die Mitteilung der EU zur – Zitat – „Schaf fung von Vertrauen in eine auf den Menschen ausgerichtete künstliche Intelligenz“, behandelt am 10. Juli im Ausschuss, beschlossen im Bundesrat jedoch bereits am 27. Mai, also fast zwei Monate zuvor. Bei diesem Vorschlag geht es um nicht weniger als die Verpflichtung aller KI-Systeme in der EU auf politische Vorgaben. KI-Systeme sollen nach dem Willen der EU, der Landesregierung und der etablierten Parteien, die das akzeptiert haben, nicht nur ihren Zweck erfüllen, sondern auch auf die Verfolgung originär politischer Ziele verpflichtet wer den. Jede KI in der EU soll die politischen Ziele „Vielfalt, Nichtdiskriminierung und Fairness“, „Gesellschaftliches und ökologisches Wohlergehen“ und noch einiges andere sicher stellen.
Das ist ein enormer Eingriff in die Meinungsfreiheit. Denn was unter diesen Begriffen konkret zu verstehen ist, legt die etablierte Politik fest. Diese politischen Ziele müssen dann in allen KI-Systemen abgebildet und umgesetzt werden. Die Al
gorithmen von Facebook, Google, des Landes, der Schulen, der Hochschulen, von Daimler, SAP, von der Feuerwehr bis zu den Parteien, sie alle werden dem einzigen Verständnis po litischer Korrektheit untergeordnet.
Was also der Meinung der Herrschenden widerspricht, wird gar nicht mehr ins Internet hochgeladen werden können. Mei ne Damen und Herren, das ist ein Totalitarismus, den die grünschwarze Landesregierung mitbeschlossen hat, ein Totalita rismus, der in seiner Form, in seiner vollständigen Automati sierung und in seiner Penetranz weit über das hinausgeht, was uns als historisch bekannte Unterdrückungssysteme vorliegt.
Im Europaausschuss wurden diesem Thema fünf Sekunden gewidmet, und überdies war im Bundesrat und seitens der grün-schwarzen Landesregierung alles schon entschieden: Man ist dafür. Die AfD lehnt diesen Angriff auf die Meinungs freiheit klar ab.
Anderes Beispiel: Der eine oder andere erinnert sich an die heftigen Kämpfe, die um das Thema „Internationale Gerichts höfe“ im Rahmen der Handelsabkommen geführt wurden. Seitdem sind ein paar Jahre vergangen, und, siehe da, die Glo balisten aller Couleur sind am Ziel. Der EU-Bericht sagt uns, dass im Rahmen des Handelsabkommens der EU mit Kana da internationale Gerichte kommen werden. Nationale Poli tik und Rechtsprechung werden noch mehr unter internatio nale Vormundschaft gestellt, die Bürger werden noch mehr ih rer politischen Gestaltungsmacht beraubt. Debatte in diesem Landtag darüber: Fehlanzeige. Debatte im Ausschuss darü ber: Fehlanzeige.
Sie haben es also geschafft, die Menschen und Völker noch mehr einzuengen und zu entmündigen, und das weitgehend an der Öffentlichkeit vorbei. Wir, die AfD, lehnen diese inter nationalen Gerichtshöfe eindeutig ab.
Nächstes Beispiel: Am 9. Oktober stand im Ausschuss das Thema „Rechtsstaatlichkeit in der EU“ auf der Tagesordnung, ein sehr wichtiges Thema, denn die EU will sich anmaßen, re gelmäßig Legislative und Judikative in den Staaten, also auch in Deutschland und in Baden-Württemberg, zu überprüfen, zu bewerten und gegebenenfalls Strafen zu verhängen – also ein richtiges Hammerthema, ein Thema, das an die Grundfesten unserer Gesellschaft Hand anlegt.
Sie ahnen es: Dieses Thema wurde im Bundesrat am 20. Sep tember, also drei Wochen vor der Beratung hier, abschließend behandelt. Im Ausschuss fand keine Diskussion statt. Es geht um die Planung, den Kern des Staates, den Kern für Demo kratie unter EU-Vormundschaft zu stellen. Doch außer der AfD will niemand diese Debatte führen.
Der Ausschuss hat für das heutige Plenum die Beschlussemp fehlung verabschiedet, von dem europapolitischen Bericht Kenntnis zu nehmen. Wir lehnen diesen Bericht ab. Wir leh nen insbesondere ab, wofür er steht; denn Ausschuss und Be richt spiegeln Demokratie vor, wo keine ist. Diesem Landtag gebühren Entscheidungsrechte, nicht Kenntnisnahmen. Ich
verweise in diesem Zusammenhang auf gestern, als Sie en bloc das Gesetz zur Stärkung der Mitwirkung des Landtags in EU-Angelegenheiten abgelehnt haben. Sie wollen keinen star ken Landtag, keine Entscheidungsrechte, keine Kompetenz. Wir von der AfD wollen genau das: einen starken Landtag, Transparenz, gelebte, echte Demokratie.
Frau Präsidentin, sehr geehr te Damen und Herren! Heute ist wieder großes Theater ange sagt – ganz großes Theater. Damit meine ich nicht den vorhe rigen Tagesordnungspunkt, sondern diesen. Da haben sich doch die beiden konfrontativ-kooperativen Fraktionen dieser Komplementärkoalition zu einer Großen Anfrage zusammen gefunden, und zwar zum Thema „Städte und Gemeinden“ – und das zufälligerweise anderthalb Wochen vor der Kommu nalwahl.
Wie es der Zufall nun weiter will, legt die Landesregierung den Anfragenden einen wunderschönen Statusbericht über das kommunale Dasein im Ländle vor. An allen Ecken und Enden des Landes, so wird bescheinigt, blüht der Fortschritt; von EFRE bis KIF strahlt die Sonne des real existierenden grün
schwarzen Wunders über das Land. Die Gelder fließen wie Milch und Honig: Digitalisierung, Schulen, Radverkehr und, nicht zu vergessen, das Sofortprogramm „Saubere Luft“. Man glaubt es kaum, um wie viel es den Städten und Gemeinden, ja, uns allen, besser geht – immer besser. Der Fünfjahresplan zeigt wieder enorme Fortschritte.
Die vorliegende Anfrage der Regierungsfraktionen und die Antwort der Landesregierung sind eine einzige Jubelmeldung, offensichtlich gestrickt als Munition für den Kommunalwahl kampf. Die Regierungsfraktionen nutzen die Landesverwal tung, um parteipolitische Werbung produzieren zu lassen.
Man bejubelt, was das Land alles für die Digitalisierung tut. So hat man doch sage und schreibe 7,6 Millionen € für die „Digitale Zukunftskommune“ und 3,9 Millionen € für InKo Mo 4.0 ausgegeben. – Fragen Sie mich bloß nicht, was das „4.0“ zu bedeuten hat, außer, dass es ein überflüssiger Mar ketinggag ist.
Das Lachen aus China und den USA angesichts dieser Kle ckerbeträgchen hört die Landesregierung wahrscheinlich nicht. Die Realität ist, dass Deutschland ein digitales Entwick lungsland ist. Die Qualität unserer digitalen Infrastruktur liegt allen Studien zufolge hinter der in praktisch allen vergleich baren Ländern.
Schlimmer noch: Deutschland holt nicht auf. Nein, laut einer Studie des IMD, die auch durch andere Quellen bestätigt wird, fällt Deutschland noch weiter zurück. Die Landesregierung schwafelt auf gut Englisch von Dingen wie „Future Commu nities“, versagt aber im Ergebnis.
Unsere Schulen sind ein Bild mit Licht und viel Schatten. Die Inklusion scheitert an der Konfrontation zwischen Ideologie und Realität; sie scheitert aber auch daran, dass Lehrer feh len. Immer mehr Bürger, und zwar gerade jene, die es sich leisten können, schicken ihre Kinder auf Privatschulen. Der Anteil der Kinder, die öffentliche Schulen besuchen, geht langsam, aber stetig zurück. Lehrer an Brennpunktschulen mit einem Ausländeranteil von 70, 80, 90 % oder mehr berichten von schwierigsten Lehr- und Lernbedingungen. Aber die Lan desregierung bejubelt sich für den Ausbau der Schulsozialar beit – als ob das die integrative Wirkung ersetzen könnte, die ein hoher Anteil gebürtig deutschsprachiger Kinder in den Klassen hat.
Da wir gerade beim Thema Bildung sind: Die Landesregie rung berichtet stolz vom Ausbau der Kinderbetreuung: hier 74 Millionen €, dort 152 Millionen € für die Kommunen. Aber alles ist relativ. Wissen Sie, wie viel u. a. in Griechenland, Spanien, Italien oder Portugal der Besuch einer öffentlichen Kita die Bürger kostet? Null Euro – gar nichts. Man kann al so sagen, dass die deutschen Rettungsgelder für den Euro doch für sinnvolle Dinge ausgegeben wurden.
Die Frage ist nur: Weshalb zahlt ein Stuttgarter für ein Kind 219 € pro Monat für einen städtischen Kitaplatz mit Verpfle gung, wenn das Gleiche in Ländern, die wir nach dem Willen von Merkel und Co. retten durften, umsonst zu haben ist?
Wahrscheinlich, weil die Stuttgarter in der verqueren Wirk lichkeitssicht der Regierenden durch die Eurorettung so reich geworden sind.
Und wehe dem, der vielleicht zwei, drei oder vier Kinder hat. Dann ist man schnell bei 400 oder 500 € pro Monat, außer na türlich, man ist Migrant auf Hartz IV, dem eh alles von der Kommune bezahlt wird – vom Geld der Arbeitenden, versteht sich.
Ich greife ein weiteres der vielen angesprochenen Themen he raus: den Landschaftsverbrauch. Meine Damen und Herren, die Grünen sind einmal als Partei für Umweltschutz gestartet. Die Grünen sind heute die Partei der Umweltvernichtung.
Sie haben nichts am dramatischen Flächenverbrauch in Ba den-Württemberg geändert. Im Gegenteil: Durch Windkraft räder in Waldgebieten fördern Sie aktiv die Zerstörung der Naturräume.
Noch schlimmer: Sie fördern den Flächenverbrauch durch So laranlagen, die auf Wiesen gebaut werden.
Das grüne Umweltministerium entblödet sich nicht, noch da rauf stolz zu sein, dass Wiesen zu industriellen Solarflächen werden.
Zum Thema Wirtschaft will ich nur daran erinnern, dass die Grünen den Verbrennungsmotor ab 2030 verbieten wollen, al so in gut zehn Jahren. Wer das fordert, hat von Wirtschaft kei ne Ahnung, hat vom Land Baden-Württemberg keine Ahnung.
Das Geld, das Sie zur Wirtschaftsförderung den Kommunen zuschieben, ist eine Lappalie gegen diesen Angriff auf die wirtschaftlichen Grundlagen der Kommunen und des Landes.
Zum wirtschaftlichen Blindflug passt der finanzielle. Von 2008 bis 2015 sind die Einnahmen der Kommunen um 36 % gestie gen. Aber sind die Leistungen der Kommunen besser gewor den? Noch absurder wird es, wenn man sich vor Augen hält, dass von 2010 bis 2017 auch die Schulden der Kommunen um 25 % gestiegen sind. Stark steigende Einnahmen, unveränder te Leistungen und trotzdem noch mehr Schulden – so eine Bi lanz muss man erst einmal zustande bringen. Das dann noch als Erfolg zu verkaufen ist schon mehr als kreativ.
Schon die Fragesteller der Großen Anfrage haben in der Be gründung erkannt: Die Haushaltslage der Kommunen ist sehr heterogen. Deutlich wird das an der Pro-Kopf-Verschuldung, die in den Stadtkreisen mit 3 000 € dreimal so hoch liegt wie in den kreisangehörigen Gemeinden mit gut 1 000 €. Das müsste doch ein Signal für das Land sein, hier den stark be lasteten Städten, die von Kultur- und Freizeiteinrichtungen bis hin zu hohen Sozialkosten Leistungen zu erbringen haben, spürbare Hilfen zu geben.
Auch insgesamt nimmt die Pro-Kopf-Verschuldung zu – trotz ausgezeichneter Finanzierung, trotz bester Steuersituation al ler Zeiten.
Im Antrag wird die Wohnungsbauförderung des Landes für 2017 gelobt. Tatsächlich ist das Land rund 256 Millionen € Haushaltsreste für die Wohnraumförderung im Jahr 2017 nicht losgeworden, darunter knapp 40 Millionen € für die Zuwei sung für Investitionen an Gemeinden, Mittel, die dadurch nicht geflossen sind. Wir können damit rechnen, dass diese Mittel auch 2018 nicht ausgegeben wurden und auch weiter hin nicht ausgegeben werden.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Wer mit offenen Augen durch das Land fährt, sieht, was wirklich ge schieht. Er sieht fleißige Menschen, denen die Früchte ihrer Arbeit immer mehr genommen werden.
Er sieht einen Staat, der sich in absurde ideologische Projek te flüchtet, aber die eigentlichen Grundlagen der Gesellschaft immer mehr verkommen lässt –
wirtschaftlich, kulturell, digital.
Was Sie hier haben produzieren lassen, ist in Wirklichkeit ein Fanal des Scheiterns: trotz üppiger Einnahmen noch mehr Schulden. Hinzu kommt, dass nach der jüngsten Steuerschät zung gerade den Kommunen die Einnahmen wegbrechen wer den. Bis 2021 wird ihnen der beachtliche Betrag von über 1 Milliarde € fehlen. Land und Bund wird es etwas besser ge hen, dagegen soll die EU nach ihrer eigenen Planung gerade zu in Geld schwimmen – allein im Rahmen des EU-Haushalts 35 % mehr. Weshalb Straßen, Schulen und Bäder verrotten,
die Mittel der Kommunen gekürzt werden, aber die EU-Bü rokratie im Geld schwimmt – erklären Sie das doch einmal den Bürgern, bitte.
Das Land hat gerade derzeit sehr große Spielräume. Nutzen Sie diese zugunsten unserer Kommunen, und nutzen Sie die se im Rahmen Ihrer vorhandenen Möglichkeiten über den Bundesrat, um z. B. bei der anstehenden Frage der Grundsteu er eine sachgerechte Lösung zu finden, eine Lösung, die kei nesfalls Mehrbelastungen bringen darf, sondern eine, die die Grundsteuer am besten abschafft. Denn dort, wo die Grund steuer von Eigentümern bezahlt wird, ist sie eine Substanz steuer, und dort, wo sie umgelegt werden kann, ist sie unso zial. Und – um auf die letzte Debatte zurückzukommen –: Steuern sollten steuern, nicht nur Einnahmen generieren.
Auch das kann die Grundsteuer nicht.
Ich danke Ihnen.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren! Das zur Beratung ste hende Thema heißt Weißbuchprozess und nicht „Emotionaler Enthusiasmus“. Deswegen werde ich ein bisschen etwas an deres sagen müssen als meine Vorredner.
Welche EU wollen wir? Wie soll die europäische Zusammen arbeit in der Zukunft aussehen? Das sind die Fragen, die durch den Weißbuchprozess hätten geklärt werden sollen. Gestellt oder gar beantwortet wurden diese nicht. Der aufgeblasene Weißbuchprozess hat zu absolut nichts Neuem geführt. Die Bürger sollen noch mehr den Weisungen einer pervertierten Technokratie unterliegen, die noch machtvoller werden soll. Der Schutz, den der Staat seinen Bürgern eigentlich geben müsste, soll noch mehr abgebaut werden. Die Plünderung der Bürger auf dem Altar der EU soll weitergehen. Eine erste EUSteuer erscheint bereits am Horizont.
Die real existierende EU in ihrer fundamentalen Fehlentwick lung wurde zu einem Instrument der Unterdrückung und „Ent reicherung“ der Menschen – um es einmal freundlich auszu drücken. Das rückwirkende Fahrverbot für Dieselautos ohne Bestandsschutz ist eine Enteignung, eine Verletzung der Ei gentumsrechte der Menschen. Der geplante Zugriff auf die deutsche Einlagensicherung der Sparkassen, der Volks- und der Privatbanken wird zur weiteren Enteignung der deutschen Sparer beitragen.
Der Null- und Negativzins der EZB zum Erhalt einer geschei terten Währung ist bereits eine Enteignung der Sparer wie der Alterssicherung und führt zugleich zur Explosion der Mieten und der Immobilienpreise, sodass inzwischen in den Ballungs räumen oft unzumutbare Wohnverhältnisse bestehen, insbe sondere für Familien mit Kindern.
Uploadfilter sind ein Zensurmechanismus, der die freie Mei nungsäußerung massiv einschränkt. Die Externalisierung von richterlicher Gewalt auf Privatunternehmen wie Facebook führt zur Unterdrückung der freien Meinungsäußerung.
Das Monster DS-GVO will ich nur am Rande erwähnen. Es gäbe weitere Beispiele.
Die EU hebelt die Rechte der Bürger immer mehr aus, je mehr Macht sie hat. Das ist die Realität.
Was, meine Damen und Herren, wollen Sie heute eigentlich beschließen? Der Weißbuchprozess will die EU-Sozialversi cherung. Übersetzt heißt das: Die Deutschen – ich nenne
Deutschland als größte Volkswirtschaft hier stellvertretend für alle Geberländer – sollen Hartz IV, Arbeitslosen- und Gesund heitsversicherung für alle bezahlen.
Der Weißbuchprozess will die permanente Eurorettung um je den Preis. Übersetzt bedeutet dies: Die Deutschen kommen für die Staats- und Haushaltsdefizite aller auf.
Der Weißbuchprozess will noch mehr Freihandelsabkommen nach dem Muster von TTIP und CETA und damit einen noch besseren Zugriff der Konzerne auf die Menschen. Das heißt u. a. auch, die Privatisierung öffentlicher Netze wird voran getrieben. Einen wirksamen Rechtsschutz für die einfachen Bürger wird es immer weniger geben.
Ein Zitat:
Die EU muss in der Lage sein, umfassende Übereinkom men zur Bewältigung einer ganzen Reihe globaler Fra gen nicht nur auszuhandeln, sondern auch ihre Ratifizie rung und Umsetzung sicherzustellen.
Dieser Satz stammt aus dem Reflexionspapier „Die Globali sierung meistern“. Er kristallisiert den Machtanspruch einer Technokratie auf Unterwerfung. Die Erleuchteten in Brüssel entscheiden, und diese Entscheidungen müssen von uns, von allen anderen ratifiziert und umgesetzt werden, sonst kommt der große Knüppel.
Wir, die AfD, wollen ein Europa der Heimatländer, die frei und ohne Brüsseler Technokratie dort kooperieren, wo es sinn voll ist.
Das war das Erfolgsrezept Europas. Das ist das Rezept, dem wir folgen müssen. Wir müssen die EU wieder vom Kopf auf die Füße stellen, soweit dies möglich ist.
Wir wollen ein Europa, in dem jedes Land die Chance hat, sich seinen Wohlstand zu erarbeiten, und das nicht durch Um verteilung auf Kosten der Nachbarn.
Für demokratische, auch direktdemokratische Entscheidun gen brauchen wir mündige Bürger. Wir brauchen lokale, re gionale, nationale Strukturen, die die globalen Akteure eng an das Wollen der Bürger binden – überschaubar, gebunden und getragen von der gemeinsamen Kultur und Sprache.
Der Weißbuchprozess hätte eine Chance für einen neuen Kon sens in der EU- und Europapolitik sein können, eine Chance für ein echtes Ringen um den besten Weg in die Zukunft. Die se Chance wurde vertan.
Ich möchte auch das Thema Lärm ansprechen, aber nicht in dem Sinn wie der Kollege, was sicher auch ein Thema ist, sondern im Zusammenhang mit den Korsos, die ja sehr häufig auch mit lautem Gehupe begleitet werden, was perverserweise als Hupkonzert bezeich net wird, aber konzertant ist das ja kaum. Es ist sogar so, dass es ja auch gesundheitsschädlich sein kann. Es erschreckt die Leute insbesondere im Innenstadtbereich.
Ich habe noch nie gesehen, dass die Polizei da tätig wurde. Wie sehen Sie da die Rechtslage? Wird da eingegriffen? Soll te eingegriffen werden? Mich würde Ihre Meinung hierzu in teressieren.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich komme nicht umhin, in dieser europapolitischen Debatte auf die Regierungsinfor
mation des Herrn Ministerpräsidenten zurückzukommen, die letzte Woche stattgefunden hat. Ich zitiere daraus:
Wer das vereinte Europa infrage stellt, der stellt sich ge gen unsere Verfassung,... Das werden wir nicht zulassen.
Meine Damen und Herren, mich hat dieser Satz im Kontext der gesamten Rede schockiert. Es war vor allem der Tonfall, mit dem der Ministerpräsident die Worte gesagt hat: „Das wer den wir nicht zulassen.“
Ich möchte hier eines in aller Deutlichkeit sagen: Wir, die AfD, wollen ein freies, friedliches, rechtsstaatliches, wohlha bendes Europa.
Es ist einfach unwahr, wenn Vertreter anderer Parteien so tun, als ob wir nicht nach diesen Zielen streben, nach Zielen, wie sie sich alle vernünftigen Menschen für Europa wünschen, in der AfD und in Ihren Parteien.
Aber wir sind gegen eine EU, die in Richtung Unfreiheit, Will kür und Verarmung geht. Wir wollen ein neues Europa, das wieder für Freiheit, Frieden, Rechtsstaatlichkeit und Wohl stand steht.
Wir wollen demokratische Entscheidungen, auch national oder überhaupt, nicht in einem Teilparlament vorbestimmt haben. Es ist blanker Hohn, wenn Sie hier von Rechtsstaatlichkeit sprechen, diese aber z. B. im Zuge der Eurorettung mit Füßen getreten wurde,
oder wenn Sie und Ihre Parteien geradezu teuflische Zensur gesetze erlassen. Aber Bürgerbeteiligung können Sie insze nieren – wir haben das gehört –, eingerahmt in Strukturen, die Sie bestimmen, und mit Ergebnissen, die genau auf Ihrer Li nie liegen – so sehr von oben herab eingefädelt, dass im Aus schuss nicht nur die AfD, sondern auch die FDP/DVP und die SPD deutliche Kritik geübt haben.
Meine Damen und Herren, wir reden nicht über Europa, wir reden über die EU, ein juristisches Gebilde, dessen Zweck es sein sollte, das Leben der Menschen besser zu machen.
Selbstverständlich ist klar: Wenn ein juristisches Konstrukt mehr schadet als nützt,
dann muss es abgeschafft werden, oder man muss neue For men finden.
Genau das ist die Position der AfD. Wir sehen, dass die EU in weiten Teilen gescheitert ist: in der Wirtschaft, in der Land
wirtschaft, in der Umweltvorsorge, in der Religion, in der Ein wanderung und in vielen anderen Punkten. Wir müssen darü ber reden, wie wir den Staatenbund auf eine tragfähige Basis stellen können. Dieser Aufgabe stellen wir uns.
Für ein Europa der Vater- und Mutterländer zu sein, ist nicht gegen die Landesverfassung.
Ich hoffe sehr, dass Sie, auch wenn Sie unsere Ziele nicht tei len, so doch zumindest respektieren, dass wir für eine besse re Zukunft auch für Baden-Württemberg eintreten.
Kurz zum Weißbuch selbst: Der Weißbuchprozess war eine Irreführung. Das Ergebnis dieses Prozesses stand von vorn herein fest. Frau Merkel sagte im Februar 2017 – ich zitiere –,
... dass es auch eine Europäische Union mit verschiede nen Geschwindigkeiten geben wird,
geben wird, nicht geben könnte! –
dass nicht alle immer an den gleichen Integrationsstufen teilnehmen werden.
Analoge Aussagen gab es von Frankreich, Spanien und der damaligen Regierung Italiens.
Die Eurokratie und die wichtigsten Mitgliedsstaaten wollten Szenario 3. Und – oh Wunder – die Landesregierung hatte die selbe Haltung formuliert. Niemand aus der etablierten Politik wollte einen echten Rückbau der EU auf einen tragfähigen Kern, also Szenario 2 – nur Binnenmarkt – oder Szenario 4 – weniger, dafür effizienter.
Szenario 5 – sehr viel mehr Zentralisierung – wird de facto praktiziert, es stand aber nur mithilfe einer Extremvariante die Möglichkeit zur Verfügung, einen Mittelweg simulieren zu können.
Was blieb, ist das von vornherein präferierte Szenario 3 – je ne, die mehr tun, dürfen mehr –, eine abgefeimte Strategie, um die auf ihre Freiheit bedachten kleineren Länder auszu spielen. Diese sollen dann über die Kraft des Faktischen ge zwungen werden, die Schritte Deutschlands und Frankreichs nachzuvollziehen – was sie in freier Entscheidung nie getan hätten.
Wie in der EU leider üblich, erleben wir also auch hier eine ausgeklügelte strategiepolitische Irreführung. Da hilft auch das Schönreden in Ihren Entschließungsanträgen nicht, die al lesamt einen offenen Prozess simulieren, den es nicht gege ben hat. Wir tragen diese nicht mit.
Trotz dieser Kritik möchte ich mit einem Appell schließen: Lassen Sie uns anfangen, darüber nachzudenken, was wir ge
meinsam für unser Land, für die Bürger in unserem Land er reichen können. Dazu sind wir bereit.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Kößler, am Ende meiner Ausführungen werden Sie vielleicht die Äuße rung von Herrn Meuthen verstehen.
Warten Sie es ab, Herr Kollege. – „Vorwärts immer, rück wärts nimmer“, ein geflügeltes Wort, das die Wirklichkeits verleugnung und den Starrsinn Erich Honeckers in der End zeit der DDR auf den Punkt brachte und das heute die EU- und die Europapolitik der Altparteien auf den Punkt bringt.
„Vorwärts immer, rückwärts nimmer“ – verbohrt und fanati siert wird an einem gescheiterten europapolitischen Ansatz festgehalten.
Das Ergebnis in der Außenpolitik: Frankreich brennt, Groß britannien will die EU verlassen, Italien geht neue Wege, Ös terreich, Polen, Ungarn, Finnland, Tschechien suchen Frei heit, und in Rumänien wütet eine von der EU finanzierte Kor ruption. Deutschland ist in Europa so isoliert wie seit 70 Jah ren nicht mehr.
Das Ergebnis in der Einwanderungspolitik: die nicht enden wollende Serie von Morden, Mordversuchen und Vergewal tigungen, begangen von muslimischen Einwanderern oder de ren Kindern, in Straßburg, Kandel, Chemnitz, Ravensburg, Offenburg und vielen anderen Orten.
Das Ergebnis in der Wirtschaftspolitik: eine EU-Wirtschaft, die nur noch ein Schatten ihrer früherer Bedeutung ist
und deren weiterer Niedergang von der EU selbst prognosti ziert wird. Ihre Politik führt nach ihren eigenen Prognosen da zu, dass in der nächsten Generation kein einziges westeuro päisches Land mehr zu den führenden Wirtschaftsnationen dieser Welt zählen wird.
Die Eurokraten haben die Frechheit, zu behaupten, die euro päische Wirtschafts- und Währungsunion sei ein Erfolg, und die Antwort darauf müsse lauten: mehr Europa, also mehr EU.
Kommt gleich. – Und dann die ewige Mär vom ach so rei chen Deutschland. Dabei sind es gerade die Untersuchungen der EZB und der EU-Statistikbehörde, die uns die zunehmen de Armut der Deutschen vor Augen führen.
Der deutsche Staat mag in Steuereinnahmen schwimmen, die Unternehmen erfolgreich sein, aber die Menschen werden im mer ärmer.
Wie schon immer verstecken und verheimlichen Sie die Plün derung unseres Landes hinter juristischen Finessen und net ten Worten wie „Europäischer Währungsfonds“, „Eurozonen haushalt“, „Mehrjähriger Finanzrahmen“, „EU-Arbeitslosen versicherung“, „staatsanleihebesicherte Wertpapiere“ und, und, und.
Das Finanzgebaren der Europäischen Union passt zur Stabi litätskultur Deutschlands so präzise wie die Esskultur von Südseekannibalen zur französischen Gourmetküche.
Eine Staatsfinanzierung durch die Notenbank, also mittels Druckerpresse, war vor wenigen Jahren hierzulande der ulti mative Ausdruck von Verantwortungslosigkeit.
Mittlerweile hat die EZB für rund 2,6 Billionen € –
Billionen, ich wiederhole, also 2 600 Milliarden € – Staats anleihen aufgekauft.
Es ist völlig klar, dass es sich hier um Staatsfinanzierung han delt.
Aber was macht der EuGH in seinem Urteil aus der letzten Woche? Man findet juristische Spitzfindigkeiten und zimmert sich Argumente zusammen, sodass am Ende das Verbotene erlaubt ist.
Nehmen wir ein anderes Beispiel: die mehrjährige Finanzpla nung der EU. Wir reden hier über einen Nettomittelabfluss aus Baden-Württemberg in der Größenordnung von 2 bis 3,5 Mil liarden € pro Jahr. Genaue Zahlen kennt die Landesregierung angeblich nicht.
Meine Damen und Herren, das ist womöglich mehr, als wir in den Bundesfinanzausgleich einzahlen. Aber gibt es im Land darüber eine Debatte? Nein! Dabei ist es dringend angezeigt, dass wir über die Nettobelastung Baden-Württembergs durch die EU informieren und debattieren.
In der Realität geschieht das Gegenteil. Die EU will diesen Haushalt möglichst unauffällig, noch vor den EU-Wahlen – also vor Mai 2019 –, beschließen lassen. Im kommenden Mai wird dann ein EU-Parlament gewählt, das in der wichtigsten Frage, nämlich der des Haushalts, bis 2026 gar nichts Wesent liches mehr zu entscheiden hat oder haben soll.