Protokoll der Sitzung vom 05.02.2020

(Abg. Anton Baron AfD: Genau! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Hoffentlich ist das Kapitel Fiecht ner demnächst beendet in diesem Hause!)

Der Verfassungsschutz darf nicht politisch gefärbt sein, erst recht nicht von Menschen, die unsere Demokratie und Men schenwürde abschaffen wollen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das nun die SPD ist, die ein sozialistisches Einheitssystem fordert, oder, Frau Präsidentin – nicht die Vizepräsidentin, die Präsidentin –, eine Partei – mit Ihrer Erlaubnis zitiere ich die Mitbegründerin der grünen Partei, Frau Ditfurth – mit „öko faschistischem und rechtsradikalem Gedankengut“ wie die Grünen.

(Heiterkeit des Abg. Anton Baron AfD)

Mit den pädophilen und antisemitischen Ausschweifungen dieser Partei

(Abg. Sascha Binder SPD: Wo war jetzt das Zitat zu Ende?)

will ich erst gar nicht anfangen.

(Heiterkeit des Abg. Anton Baron AfD)

Vielmehr stellt sich mir die Frage, inwieweit eine weisungs gebundene Exekutivbehörde solch massive Einschnitte in das Privatleben eines Menschen oder einer Gruppe machen darf, ohne dass die Judikative zuvor gehört wird.

(Vereinzelt Beifall bei der AfD – Staatssekretärin Bärbl Mielich: Da klatschen sie auch noch! Pfui Teu fel! – Gegenruf des Abg. Anton Baron AfD: Allein wegen dem Satz mit den Grünen habe ich geklatscht! – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Herr Baron gehört zu der Gruppe dazu! Das ist der gleiche Vo gel!)

Nun darf ich das Wort Herrn Innenminister Thomas Strobl geben.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kol legen! Die Änderungen des Landesverfassungsschutzgeset zes und des Landessicherheitsüberprüfungsgesetzes haben drei Gründe:

Erstens: Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf verfolgen wir insbesondere das Ziel, den weitgehenden Gleichklang zu den Regelungen auf Bundesebene wiederherzustellen. Das Sicher heitsüberprüfungsgesetz des Bundes wurde im Juni 2017 der art umfassend geändert, dass auch auf Landesebene Anpas sungen erforderlich sind.

Zweitens: Mit der vorgelegten Novelle wird zugleich der Fest stellung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Rechtsterrorismus/NSU BW“ der 15. Wahlperiode des Land tags von Baden-Württemberg Rechnung getragen. Dieser Un tersuchungsausschuss konstatierte, dass der personelle und materielle Geheimschutz bundesrechtlichen Vorgaben folge; ein Alleingang bei einer Novellierung des Geheimschutzrechts sei nicht zielführend.

Drittens: Die Harmonisierung des Rechtssystems im Geheim schutz ist erforderlich, um ein einheitliches Sicherheitsniveau zu gewährleisten. Außerdem ermöglicht es die gegenseitige Anerkennung von Sicherheitsüberprüfungen der übrigen Län der sowie des Bundes.

Diesen drei Anforderungen, verehrte Kolleginnen und Kolle gen, trägt der vorgelegte Gesetzentwurf Rechnung, indem wir die wesentlichen Änderungen des Sicherheitsüberprüfungs gesetzes auf Bundesebene auch auf das Land übernehmen.

Die Neufassung verdeutlicht, dass der Geheimschutz eine Ausprägung des Schutzes der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ist. So werden in das Gesetz Grundsätze zum materiellen Geheimschutz aufgenommen, die bisher nur in untergesetzlichen Regelungen enthalten waren. Dabei wird u. a. die Funktion des Geheim- und Sabotageschutzbeauftrag ten nunmehr auf gesetzlicher Ebene verankert. Die wesentli chen Grundlagen eines effektiven Geheimschutzes einschließ lich seiner materiellen Aspekte werden gesetzlich geregelt.

Im Rahmen der Anhörung wurde die Aufnahme der bisher un tergesetzlich geregelten Vorschriften zum materiellen Geheim schutz in den vorgelegten Gesetzentwurf ausdrücklich be grüßt.

Darüber hinaus erweitern wir die Maßnahmen, die bei einer Sicherheitsüberprüfung getroffen werden. Als ein zentrales Element soll die Einsicht in öffentlich sichtbare Internetseiten einschließlich des öffentlich sichtbaren Teils sozialer Netz werke ermöglicht werden. Im Zuge der Digitalisierung wer den Internetauftritte und insbesondere soziale Netzwerke im mer wichtiger und haben daher auch für die Beurteilung von Sicherheitsrisiken an Bedeutung gewonnen.

Das Verfahren der Sicherheitsüberprüfung muss diesen Ent wicklungen Rechnung tragen, um weiterhin einen effekti ven, funktionierenden Geheim- und Sabotageschutz gewähr leisten zu können. So zeigt der im Jahr 2017 aufgedeckte Fall eines Geheimnisverrats durch einen Mitarbeiter des Bundesamts für Verfassungsschutz, dass Personen vermehrt Informationen über sich im Internet preisgeben, die für die Beurteilung der sicherheitsmäßigen Zuverlässigkeit ent scheidend sein können.

Durch die Einsichtnahme können auch Erkenntnisse über den Umgang mit persönlichen und sensiblen Daten gewonnen werden. Diese sind vor allem bei der Einschätzung der Per sönlichkeit und Zuverlässigkeit der betroffenen Person rele vant.

Das Gesetz weitet darüber hinaus die bisher nur für die höchs te Überprüfungsart vorgesehene Wiederholungsüberprüfung auf alle Überprüfungsarten aus. Lebensverhältnisse verändern sich über die Zeit hinweg, sodass damit nicht nur das Bedürf nis besteht, die in der Sicherheitserklärung angegebenen Da ten neu zu erheben, sondern auch die Notwendigkeit, die Maß nahmen der jeweiligen Überprüfungen erneut umfassend durchzuführen.

Zudem werden in das Landessicherheitsüberprüfungsgesetz und das Landesverfassungsschutzgesetz Regelungen für die Verarbeitung personenbezogener Daten in elektronischen Ak ten aufgenommen. Zusammen mit der Einführung der Mög lichkeit, die Zustimmung zur Sicherheitsüberprüfung einfach elektronisch – also z. B. mittels einfacher E-Mail – zu erklä ren, wird dem Arbeitsprogramm der Landesregierung zum Bü rokratieabbau Rechnung getragen, indem bisherige Schrift formerfordernisse reduziert werden. Das Thema wird uns ja heute noch unter Tagesordnungspunkt 5 und dem Stichwort „Entbürokratisierung und Digitalisierung“ in diesem Hohen Haus beschäftigen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass es ohne Sicherheit kei ne Freiheit gibt und dass die Demokratie wehrhaft sein muss, um gegen ihre Feinde zu bestehen. Zu einer wehrhaften De mokratie gehört eben auch, dass der Staat in der Lage sein muss, seine geheimhaltungsbedürftigen Informationen effek tiv zu schützen. Ein wichtiger Baustein in diesem Gefüge ist das Landessicherheitsüberprüfungsgesetz, das wir mit dem vorgelegten Entwurf an die Erfordernisse eines modernen Ge heimschutzes anpassen wollen.

Danke für Ihre Unterstützung für eine wehrhafte Demokratie.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl Zimmermann und Abg. Thomas Blenke CDU: Sehr gut! – Zuruf des Abg. Sascha Binder SPD)

Meine Damen und Her ren, gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 16/7046. Ab stimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Aus schusses für Inneres, Digitalisierung und Migration, Druck sache 16/7599. Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetz entwurf zuzustimmen.

Ich bitte Sie, damit einverstanden zu sein, dass ich die Arti kel 1 bis 3 gemeinsam zur Abstimmung stelle. Ist das der Fall? – Das ist sehr schön. Vielen Dank.

Artikel 1 bis Artikel 3

Wer den Artikeln 1 bis 3 zustimmt, den bitte ich um das Hand zeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist den Artikeln 1 bis 3 mehrheitlich zugestimmt.

Die Einleitung

lautet: „Der Landtag hat am 5. Februar 2020 das folgende Ge setz beschlossen:“.

Die Überschrift

lautet: „Gesetz zur Änderung des Landessicherheitsüberprü fungsgesetzes und des Landesverfassungsschutzgesetzes“. – Sie stimmen der Überschrift zu.

Wir kommen zur

S c h l u s s a b s t i m m u n g

Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. – Danke schön. Gegenprobe! – Danke. Wer enthält sich? – Dem Gesetz ist mehrheitlich zugestimmt.

Wir haben Punkt 3 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zum Abbau verzichtbarer Formerfordernisse – Drucksache 16/7352

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für In neres, Digitalisierung und Migration – Drucksache 16/7600

Berichterstatter: Abg. Dr. Ulrich Goll

Das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Rede zeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Zuerst spricht Herr Abg. Lede Abal für die Grünen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kollegin nen und Kollegen! Die Vorlage des Entwurfs des Gesetzes zum Abbau verzichtbarer Formerfordernisse im Landesrecht Baden-Württemberg ist eine gute Nachricht. Bürokratieabbau und Erleichterung werden immer gefordert, und sie finden hier tatsächlich einmal statt.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Zunächst einmal gilt es festzuhalten, dass der Bürokratieab bau nicht unerheblich Bürokratie und Aufwand verursacht.

(Vereinzelt Heiterkeit)

In diesem Fall war der Bürokratieabbau sogar gesetzlich ver ordnet, weil das E-Government-Gesetz des Landes diesen Auftrag vorsieht. So gingen umfangreiche Vorarbeiten vor aus, für die ich mich bei Herrn Innenminister Strobl stellver tretend für sein Haus und die anderen beteiligten Bereiche der Landesverwaltung bedanken möchte.

Wesentlicher Zwischenschritt war die Vorlage des Berichts der Landesregierung zur Verzichtbarkeit von Formerforder nissen im Landesrecht Baden-Württemberg im Dezember 2018. Die heutige Beschlussfassung ist – auch das ist eine gu te Nachricht – der erste Schritt zu Bürokratieabbau und Er leichterung. Dazu wurden über 1 400 Regelwerke des Landes durchforstet, ausgewertet und ein Gesetzentwurf zur Entbü rokratisierung in eine Drucksache von 68 Seiten gegossen, die Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, vorliegt.

Worum geht es inhaltlich? Es gilt zu prüfen, in welchen Re gelungen des Landes die Schriftform verzichtbar ist. Wann kann auf die Vorlage von Originalen als Nachweis verzichtet werden? Ordnet ein Gesetz oder eine Verordnung die Schrift form an, heißt dies, dass die Erklärung tatsächlich urkundlich erfolgen und eigenhändig unterschrieben werden muss. Das wäre beispielsweise bei einer Patientenverfügung der Fall. Ein solches Formerfordernis ist grundsätzlich aber die Ausnahme, da es den Rechtsweg erschwert. Also bedarf es besonderer Gründe, warum dieser zusätzliche Aufwand gefordert wird.