Protokoll der Sitzung vom 04.03.2020

(Zuruf des Abg. Stefan Räpple AfD)

Gerade wenn Sie nach dem Rückgrat der Digitalisierung der Verwaltung fragen, muss ich sagen: Den digitalen Wandel gibt es nicht ohne schnelles Internet. Wir, die CDU, haben vor der Landtagswahl versprochen, in dieser Legislaturperiode insge samt eine halbe Milliarde Euro in die Hand zu nehmen. Was haben wir gemacht? Wir haben schon im ersten Jahr, seit Tho mas Strobl der dafür zuständige Minister ist, mehr Geld in den Breitbandausbau investiert als Grün-Rot in den ganzen vor angegangenen fünf Jahren zusammen:

(Beifall bei der CDU – Abg. Nicole Razavi CDU: Hört, hört!)

113 Millionen € im Jahr 2016 statt 73 Millionen € zwischen 2011 und 2016. Herr Stoch, so ist es. Ich weiß: Sie bekom men da immer Schnappatmung. Aber Zahlen lügen an dieser Stelle nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: Wen sehen Sie gerade an? – Zuruf des Abg. Sascha Binder SPD)

Wir haben seither in jedem weiteren Jahr mehr als 100 Milli onen € für den Ausbau der digitalen Infrastruktur ausgegeben, den größten, den es in diesem Land jemals gegeben hat.

Das Ergebnis lässt sich sehen. Wir haben 90 % der privaten Haushalte mit schnellem Internet versorgt. Das sind 17 Pro zentpunkte mehr als noch im Jahr 2016. Und wir haben jetzt noch einmal nachgelegt und die eingeplante Rekordsumme für schnelles Internet bis zum Jahr 2021 auf die Rekordsum me von 1 Milliarde € verdoppelt. Das heißt, wir erfüllen un ser Wahlversprechen nicht nur, wir haben es sogar übertrof fen.

Herr Abg. Deuschle, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Karrais zu?

Ich bin mir sicher: Wenn er die Rede bis zum Ende hört, wird die Frage beantwortet sein. Falls nicht, beantworte ich sie gern am Ende.

Die FDP/DVP hat für sich beschlossen, lieber nicht zu regie ren als falsch zu regieren. Diesen Gegensatz gibt es bei uns in Baden-Württemberg nicht. Wir regieren, und das ist richtig.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Hans- Ulrich Rülke FDP/DVP: Lieber falsch regieren! – Abg. Andreas Stoch SPD: Lieber schlecht regieren! – Heiterkeit der Abg. Sascha Binder und Andreas Stoch SPD)

Es ist zwar erfreulich, wenn Homeoffice in der Landesverwal tung immer öfter praktiziert wird und auch praktiziert werden kann, und die Einführung der E-Akte wird den Trend zum mo bilen Arbeiten sicherlich auch weiter verstärken. Aber klar ist: Das setzt voraus, dass die Beschäftigten beim mobilen Arbei ten nicht in ein Funkloch fallen. Dass in den Kommunen das Abstimmungsverhalten, wenn es um den Ausbau von Mobil funkmasten geht, anders ausfällt als hier im Land, dürfte be kannt sein. Zumindest hat der Co-Vorsitzende der Grünen Ju gend Deniz Gedik recht, wenn er fordert, dass man in seiner Partei beim Mobilfunkausbau die Scheuklappen von gestern ablegen sollte.

Ich darf für die CDU-Fraktion sagen: Wir sind technologieof fen. Wir sind fest davon überzeugt, dass wir nur mit Fortschritt und nicht mit Verboten oder mit ablehnenden Voten vor Ort den digitalen Wandel so gestalten, dass wir den Anschluss an die Weltspitze hier in Baden-Württemberg nicht verlieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Digitale Infrastruktur ist das eine, Cybersicherheit das ande re. Zu Recht hat der eco-Verband im Bundesländervergleich den Ausbau der IT-Sicherheitsagentur in Baden-Württemberg hervorgehoben. Das ist die Anlaufstelle für den Mittelstand bei Cyberangriffen.

Ja, die IT-Sicherheit steht auch im Doppelhaushalt 2020/2021 für uns ganz oben auf der Agenda. 13 Millionen € zusätzlich investieren wir hier in die Cybersicherheitsagentur, die alle Behörden im Land vernetzen wird, die mit Cybersicherheit zu tun haben. Denn wir wissen: Die Digitalisierung gelingt nur, wenn die Menschen der Technik vertrauen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das tun die Menschen in Baden-Württemberg.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Laut dem Deutschland-Index der Digitalisierung 2019 macht Baden-Württemberg nicht nur bei der Transparenz der Ver waltung, sondern auch bei der E-Government-Nutzung große Fortschritte. Demnach ist in Baden-Württemberg der Anteil der Bürger, die Formulare online an die öffentliche Verwal tung übermitteln, so stark gestiegen wie in keinem anderen Bundesland. Auch der Anteil der Bürger, die elektronisch Kontakt mit Behörden haben, hat so stark zugenommen wie in den meisten anderen Bundesländern nicht.

In diesem Zusammenhang will ich nochmals auf die E-Akte als grundlegenden Baustein unserer Digitalisierungsstrategie im Land verweisen. Sie wird nicht nur die elektronische Zu sammenarbeit innerhalb Baden-Württembergs verbessern, sondern auch den Kontakt zwischen den Bürgern und der Ver waltung des Landes weiter vereinfachen und modernisieren. Über 57 000 Arbeitsplätze in Polizei und Landesverwaltung werden dafür in den nächsten Jahren auf die neue landesein heitliche E-Akte Baden-Württemberg umgestellt. Herr Dr. Rülke, Sie haben es angesprochen: Was Online-Anliegenma nagement, elektronisches Bezahlen, Präsenz in den sozialen Netzwerken oder die Verschlüsselung des Datenverkehrs zwi schen Bürger und Verwaltung angeht: Bei all diesen Zukunfts themen stehen die Kommunen in unserem Land bereits jetzt besser da als der Bundesdurchschnitt.

Aber es stimmt: Bislang werden etwa im Schnitt pro Kommu ne nur 0,6 von fünf untersuchten Verwaltungsleistungen on line angeboten. Da müssen wir besser werden, und da werden wir auch besser.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wenn wir aber nach Rheinland-Pfalz schauen, Herr Gall, wo die FDP bekanntlich mit Rot und Grün regiert, dann sehen wir: Rheinland-Pfalz landet beim genannten Digitalpolitik vergleich der Bundesländer nicht nur abgeschlagen im Mit telfeld,

(Zuruf des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

dort stehen laut Deutschland-Index auch noch weniger Ver waltungsleistungen als bei uns digital zur Verfügung, was die Auffindbarkeit und die Bereitstellung von Formularen angeht.

Weil Sie das so mantrahaft vor sich hertragen: Ein eigenes Di gitalisierungsministerium gibt es in Rheinland-Pfalz auch nicht. Es gibt dort nicht einmal eine wirkliche, mit den not wendigen Kompetenzen ausgestattete Anlaufstelle für Digi talisierung.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sind wir für Rheinland-Pfalz zuständig? – Zuruf des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Es war Thomas Strobl, der den Bereich Digitalisierung in sei nem Ressort erstmalig gebündelt hat. Entsprechend heißt bei uns nicht nur irgendeine Randabteilung so, sondern ein gan zes Ministerium.

(Abg. Sascha Binder SPD: Das sollten Sie einmal Ih rer Spitzenkandidatin sagen!)

Das Thema BITBW ist zugegebenermaßen kein Highlight. Ich will hier auch ganz deutlich sagen: Wir scheuen da kein Urteil und keinen kritischen Blick von außen. Wir haben des halb ganz bewusst externen Sachverstand geholt. Ja, wo Ver besserungsbedarf besteht, da wird die Landesregierung auch nachbessern.

(Zuruf von der AfD)

Deshalb, liebe Bedenkenträger der FDP/DVP, halten wir nicht nur, was Sie versprechen. Digital first, Bedenken second, ma chen statt nörgeln, das ist unsere Devise. Daher vielen Dank, dass Sie uns die Möglichkeit gegeben haben, heute noch ein mal über das Thema Digitalisierung nicht nur in Überschrif ten, sondern auch inhaltlich zu sprechen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Stickelberger.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Stempel, Faxgerät und PC entsprechen heute schon nicht mehr der Realität in unse ren Verwaltungsbüros. Wir sind da schon weiter, als der Titel dieser Debatte vermuten lässt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Da niel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Herr Dr. Rülke, ich kann Ihnen nur empfehlen, bei Gelegen heit vielleicht mal in ein Landratsamt oder in eine der 1 100 Gemeinden in Baden-Württemberg zu gehen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ich habe einmal in Ihr Wahlkreisbüro geguckt!)

Da würden Sie Fortschritt pur erleben. Davon können Sie sich eine Scheibe abschneiden.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Dass Sie ausgerechnet nach einem Digitalisierungsminister rufen, kann ich verstehen. Ich kann verstehen, dass Sie nach langer Phase der Enthaltsamkeit wieder einmal ein Minister amt anstreben.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Allein der Deckungsvorschlag, auf den Sie ja sonst in den Haushaltsdebatten immer besonders großen Wert legen, hat heute gefehlt.

Das Bild, das durch den Titel dieser Aktuellen Debatte ver mittelt wird, verkennt auch die Leistungen und die Anstren gungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Verwal tungen. Das haben diese nicht verdient, Herr Dr. Rülke.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Unbestritten ist aber natürlich, dass wir die Möglichkeiten der Digitalisierung in unserem Land noch nicht voll ausschöpfen, etwa im Vergleich zu Finnland oder Schweden; das ist schon gesagt worden. Von Estland will ich gar nicht sprechen. Da

hat man andere Startvoraussetzungen gehabt. Es wäre aber et was billig, hier einfache Schuldzuweisungen auszusprechen. Das hilft uns auch nicht weiter.

Uns sind in diesem Zusammenhang drei Punkte wichtig, auf die ich näher eingehen will: Akzeptanz, Solidarität und Kon sequenz.

Erstens zur Akzeptanz: Wenn wir von der Digitalisierung der Verwaltung sprechen, sollten wir uns klarmachen, was wir da von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwal tung verlangen. Wenn man sich die Altersstruktur in den meis ten Behörden anschaut, stellt man fest, dass viele Mitarbeite rinnen und Mitarbeiter noch zu Zeiten von Kugelschreiber und Schreibmaschine begonnen haben. Sie haben die Einführung des PCs und der Kommunikation per E-Mail im Büro erlebt. Seit ein paar Jahren bekommen sie Laptops, mit denen sie auch von zu Hause aus arbeiten können, und am Ende ihrer beruflichen Laufbahn steht möglicherweise das völlig papier lose Büro, wie wir es etwa bei den Grundbuchämtern schon weitgehend erleben.