Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Corona ist zu 90 % ein Phantom und zu 10 % vielleicht eine Gefährdung. Da ist die Dringlich keit gar keine Frage. Diese ist ohne Zweifel gegeben. Neh men Sie einmal die Situation eines Hoteliers, der jeden Tag mehrere Tausend Euro Verluste hat. Das verkraftet er nicht. Für den ist jeder Tag eine entsetzliche Herausforderung.
Was die Demokratieeinschränkung anlangt, die Aushebelung der Grundrechte: Meine Damen und Herren, für eine Demo kratie, die sich ernst nimmt, ist jede Minute, in der das nicht gerechtfertigt ist, ein Dringlichkeitsgebot. Das müssen wir uns vor Augen halten. Es geht hier nicht um Killefit und Klimbim, es geht um die Grundfragen unserer Gesellschaft, um die Grundfragen der Demokratie.
Da ist Dringlichkeit in höchstem Maß angesagt. Jede Minute, in der wir diese Diktatur länger aufrechterhalten, ist eine Schande für unser Volk. Deswegen jetzt Dringlichkeit!
Daher kommen wir zur Abstimmung über die Dringlichkeit dieses Antrags. Wer der Dringlicherklärung dieses Antrags der AfD-Fraktion zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzei chen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Dringlicherklä rung des Antrags ist damit nicht zugestimmt.
Antrag der Fraktion der AfD – Sicherung des Landeshaus halts in der Corona-Krise – Drucksache 16/7987
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! 250 000 Menschen waren im April in Baden-Württemberg arbeitslos. Das ist ein Anstieg um über 61 000 im Vergleich zum März. Jeder Einzelne von diesen Menschen steht vor vielen Fragen und Problemen. Jeder einzelne Arbeitslose ist ein Arbeitslo ser zu viel.
Die Familien müssen ihre Ausgaben einschränken, geplante Anschaffungen überdenken. Die Politiker und der Landtag müssen hier vorbildlich und vor allem dringlich handeln. Bei den Baden-Württembergern verbreitet sich Unsicherheit. Seit Jahrzehnten waren nicht so viele Baden-Württemberger in Kurzarbeit. 1,7 Millionen Baden-Württemberger leiden an Kurzarbeit. Zehntausende von Unternehmen in Baden-Würt temberg stehen vor der Insolvenz.
Nur ein Beispiel, stellvertretend für viele Unternehmen: Zwei Drittel aller Reisebüros im Ländle stehen vor dem Nichts und werden aufgeben müssen. Alle diese Unternehmen werden aufgeben müssen, wenn ihnen die Politik nicht hilft, und zwar nicht mit Krediten zu 9 % Zinsen, sondern mit nicht rückzahl baren Hilfen und – genauso wichtig – mit einer planbaren Per spektive. Das wird kosten. Das wird viele Milliarden Euro kosten, sehr viele Milliarden Euro.
Die Politik muss handeln, sie muss – das füge ich hinzu – end lich handeln. Wir sind die Politik. Reden ohne handeln ist falsch. Wir, die AfD-Fraktion im Landtag, tun das: Wir han deln. Die AfD-Fraktion hat deshalb schon am 18. März 2020 einen Rettungsschirm in Höhe von 7 Milliarden € für die Wirt schaft, für Kleinunternehmen und für Soloselbstständige ein gebracht.
Da ging die Landesregierung und da gingen Sie, meine Da men und Herren von der CDU – von den Grünen erwarte ich nichts anderes –,
noch mit einem Hilfsfonds von gerade einmal 850 Millionen € in die Sitzung am Folgetag. Wahrlich, da haben Sie die Aus wirkungen der Coronakrise aber drastisch unterschätzt. Als Ihnen das dämmerte, mussten Sie schnell in der Mittagspau se den AfD-Gesetzentwurf kopieren und haben dann in einer Sondersitzung des Landtags, wie es sie auch in Baden-Würt temberg noch nie gab, diesen Antrag der AfD durchgewun ken.
Nun zur heutigen Debatte: Die AfD hat schon vor drei Wo chen eine Haushaltssperre beantragt, welche Sie – und zwar alle anderen Parteien im Landtag – abgelehnt haben. Wie kön nen Sie nur so völlig abwegig, so unverständlich, so – ich ge he so weit, das zu sagen – verantwortungslos handeln? Sie tra gen die Verantwortung für die Menschen in unserem Land.
Die Ausgabenseite explodiert, weil wir – ich hoffe, da darf ich für alle Kollegen hier in diesem Hohen Haus sprechen – den Bürgern helfen wollen. Über die Ausgabenseite erstattet uns das Finanzministerium wöchentlich eine Übersicht, einen Be richt. Die Einnahmeseite erodiert dramatisch. Es gibt keine, wirklich keine einzige Prognose, welche nicht von einem his torischen Wirtschaftsabschwung ausgeht, einem historischen Wirtschaftsabschwung, welcher das Land Baden-Württem berg gerade wegen seiner wirtschaftlichen Stärke doppelt so stark treffen wird wie den Durchschnitt der Republik.
Wir von der AfD-Fraktion fordern vom Finanzministerium auf der Einnahmeseite – genauso wie auf der Ausgabenseite – mindestens auch monatliche Steuerschätzungen, damit wir unserer Kontrollfunktion überhaupt nachgehen können.
Das Finanzministerium geht davon aus, dass die Steuerein nahmen in diesem Jahr um bis zu 4 Milliarden € sinken könn ten. Die Finanzministerin sagt aber in demselben Satz auch sofort, sie kenne auch deutlich pessimistischere Szenarien.
Unzählige Gemeinden führen Haushaltssperren ein – Heil bronn, Pforzheim, Rottweil, Heidelberg, Rheinfelden, Ettlin gen usw. Die Liste ließe sich geradezu beliebig fortsetzen. Es gibt kein Unternehmen im Land, wirklich kein Unternehmen, welches nicht überlegt, seine Ausgaben zu prüfen und nur un abkömmliche Ausgaben zu tätigen und andere aufzuschieben.
Die Landesregierung, die Regierungsfraktionen GRÜNE und CDU sowie die Oppositionsfraktionen SPD und FDP/DVP verweigern sich in dieser Situation einer Haushaltsrevision. Ich bin wirklich fassungslos.
Die AfD-Fraktion fordert eine Überprüfung aller Haushalts positionen hinsichtlich verzichtbarer Ausgaben.
Die für zwingend notwendige Hilfen erforderlichen Mittel werden wir an anderen Stellen frei machen müssen. Das kann
leider, wie wir alle hier wissen, nicht vollständig gelingen, ist aber kein Freifahrtschein für unbegrenztes Schuldenmachen.
Für einen schamlosen Schuldenhaushalt zulasten unserer Kin der steht die AfD-Fraktion nicht zur Verfügung.
Die AfD-Fraktion fordert einen Einstellungsstopp bei Beam ten mit Ausnahme von Polizeidienst und krisenrelevanten Stellen. Die AfD-Fraktion fordert konsequent natürlich auch einen Beförderungsstopp bei allen Landesbeamten und natür lich eine Aussetzung der Gehaltsanpassungen
voraussichtlich zunächst bis zum Jahresende. Die AfD-Frak tion fordert zudem konsequent einen Verzicht auf mindestens 10 % der Bezüge bei allen Abgeordneten, Staatssekretären und Ministern.
Wir wollen den Bürgern ein Zeichen für gemeinsames Einste hen in der Krise setzen. Wir haben diesen Antrag zum letzten Plenum auf die Tagesordnung gebracht. Sie haben einmütig Einsparungen bei Ihnen selbst abgelehnt.
Ja, die AfD-Fraktion bedauert, diese harten Forderungen für die Landesbeamten aufstellen zu müssen. Ja, die Steuerein nahmen des Landes brechen zusammen. Ja, wir haben eine riesige Welle von Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit. Ja, wir al le werden in diesen Zeiten den Gürtel enger schnallen müs sen. Die Kürzung der Abgeordnetendiäten haben Sie, wie ich schon erwähnte, bereits abgelehnt.
Die AfD-Fraktion ist sehr gespannt darauf, zu erfahren, wie Sie die Haushaltssperre und die Haushaltsrevision, die alter nativlos sind, nun ablehnen werden und wie Sie das den Bür gern, den Menschen in Baden-Württemberg erklären wollen.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist unser Ziel in der Pandemie, hier die Opfer sowie die sozialen und ökonomi schen Folgen so gering wie möglich zu halten und selbstver ständlich auch einen Zusammenbruch, der bei einer solch gro ßen Pandemie durchaus im Raum steht, so weit wie möglich zu verhindern. Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind tief greifend. Sie werden uns noch lange beschäftigen – vor allem auch in der Haushaltspolitik.