Thekla Walker
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Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der grünen Landtags fraktion ist es wichtig, dass das neue Grundsteuergesetz ver fassungskonform, einfach und transparent, also bürokratie arm, sowie nachhaltig im Hinblick auf die Flächennutzung ist. Ich bin sicher, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf für eine modifizierte Bodenwertsteuer haben wir dieses Ziel erreicht.
Der vorliegende Gesetzentwurf ist dabei nicht mit heißer Na del gestrickt, sondern ist das Ergebnis intensiver Beratungen mit Verfassungs- und Steuerexperten. Im Vergleich der ver schiedenen Modelle haben renommierte Verfassungsrechtler wie Professorin Johanna Hey oder Professor Michael Eich berger das modifizierte Bodenwertmodell – im Gegensatz üb rigens auch zum Bundesmodell – als besonders verfassungs fest eingestuft.
Es geht um viel. Steuereinnahmen von 1,8 Milliarden € sind eine wichtige Einnahmequelle der Kommunen in unserem Land. Aus diesem Grund waren natürlich auch die kommuna len Landesverbände wichtige Partner in den Beratungen. Sie tragen den Gesetzentwurf auch vollumfänglich mit, was si cherlich auch für unser Bodenwertmodell spricht.
Natürlich wird es Belastungsverschiebungen geben – das liegt in der Natur der Sache –, wenn die Werte, auf denen die heu tige Grundsteuer basiert, vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt werden; das ist doch klar. Aber die Zahlen, die von manchen jetzt hier in der öffentlichen Debat te vorgerechnet werden, sind doch schon sehr überzogen.
Sie basieren auf alten Hebesätzen der Kommunen. Die neuen Hebesätze können aber erst dann berechnet werden, wenn eine relevante Zahl neuer Bescheide auf der Basis des neuen Bo denwerts vorliegen. Das heißt, diese Berechnungen, von de nen wir jetzt öffentlich lesen oder hören können, sind nicht seriös.
Es ist wichtig, dass mit der neuen Grundsteuer das Wohnen nicht im Durchschnitt teurer wird.
Dafür haben wir mit den entsprechenden Abschlägen im Ge setz gesorgt. Wohngebäude werden so privilegiert und Miete rinnen und Mieter entlastet. Das Gesetz fördert sogar Inves titionen in bestehende Gebäude. Es schafft Anreize, zu bau en, statt ein unbebautes Grundstück, das baureif wäre, brach liegen zu lassen. Deshalb fördert dieses Gesetz auch einen res sourcenschonenden Umgang mit unseren Flächen, und das ist uns Grünen auch ganz besonders wichtig.
Noch einmal: Es ist aus unserer Sicht vollkommen überzogen, riesige Belastungsverschiebungen für Ein- und Zweifamilien häuser zu beschwören. Wie wollen Sie denn das typische Ein- und Zweifamilienhaus charakterisieren? Da gibt es ganz gro ße Unterschiede und sehr verschiedene Gebäudetypen.
Diese große Bandbreite ist vielmehr der Hauptgrund dafür, dass es kein Modell gibt, welches das Gebäude korrekt abbil den kann. Das ist die große Schwäche des Bundesmodells. Das Bundesmodell versucht dem abzuhelfen, indem es Pau schalierungen vorsieht.
Es wird versucht, Gebäudewerte pauschal abzubilden. Das ist aber verfassungsrechtlich hoch problematisch
und würde im Fall einer Klage unter Umständen wieder dazu führen, dass es negativ beschieden wird.
Bodenrichtwerte sind dagegen auch nach höchstrichterlicher Rechtsprechung eine belastbare Größe. Sie sehen: Vieles spricht für unser modifiziertes Bodenwertmodell. Deswegen war es richtig, dass Baden-Württemberg die Länderöffnungsklausel genutzt und als erstes Bundesland eine eigene Grundsteuer auf den Weg gebracht hat.
Es sieht so aus, dass auch andere Bundesländer diese Mög lichkeit nutzen werden. Klar ist: Vermutlich wird gegen alle Modelle, die jetzt auf den Weg gebracht werden, geklagt wer den. Nach unseren Beratungen gehen wir aber davon aus, dass wir mit unserem Modell in Bezug auf die Verfassungskonfor mität sehr gut aufgestellt sind
und damit einen Vorteil gegenüber den anderen Modellen ha ben.
Zum Schluss möchte ich mich bei allen Expertinnen und Ex perten bedanken, die an den Beratungen teilgenommen haben. Ich möchte mich bei allen bedanken, die mit ihren Stellung nahmen an der Weiterentwicklung dieses Gesetzes mitgewirkt haben. Bedanken möchte ich mich auch bei unserem Koaliti onspartner für die konstruktive Zusammenarbeit bei diesem neuen Gesetz. Abschließend gilt ein großes Dankeschön un serer Finanzministerin Edith Sitzmann und dem ganzen Fi nanzministerium für diesen Meilenstein nachhaltiger Finanz politik.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Grund und Boden ist wertvoll. Er ist die Grundlage unseres Lebens. Er ist wich tig für den Klimaschutz, die Qualität des Wassers und unsere Nahrungsmittelproduktion. Er stellt die Flächen für Wohnen, Wirtschaft, Industrie und Verkehr.
Beim Nutzungsdruck hat sich in den letzten Jahrzehnten na türlich einiges geändert. Nicht nur die Bevölkerungszahl ist zwischen 1952 und 2002 um 60 % gewachsen, nein, ab Ende 2000 hat sich der Siedlungs- und Verkehrsflächendruck noch verstärkt. 10 % mehr Flächen wurden verbraucht.
Es hat sich also einiges geändert, und trotzdem basiert unse re Grundsteuer auf Einheitswerten, die in den Sechzigerjahren im Westen und in den Dreißigerjahren im Osten von Deutsch land erhoben worden sind. Es liegt daher klar auf der Hand – die Finanzministerin hat es schon gesagt –, dass diese Basis nicht mehr verfassungskonform sein kann. Sie entspricht nicht mehr den grundgesetzlich garantierten Gleichheitsgrundsät zen und führt zu großer Ungerechtigkeit. Dementsprechend hat auch das Bundesverfassungsgericht im April 2018 geur teilt.
In Baden-Württemberg müssen wir 5,6 Millionen Grundstü cke bis 2024 neu bewerten – es ist also ein gewisser Zeitdruck dahinter –, um die wichtige Steuereinnahmequelle für unsere Kommunen abzusichern. Es geht um 1,8 Milliarden €, die über eine aufkommensneutrale Regelung den Kommunen auch in Zukunft zufließen können sollen.
Kriterien für eine Reform der Grundsteuer sind für uns: Zum einen muss sie verfassungskonform im Sinne der Gleichbe handlung sein, also gerecht. Zum anderen soll kein hoher Ver waltungsaufwand damit verbunden sein. Es geht ja um Milli onen Grundstücke, die immer wieder neu zu bewerten wären, und es geht um Nachhaltigkeit im Hinblick auf das Thema „Flächennutzung und -verbrauch“.
Auf Bundesebene wurde lange verhandelt; das wurde schon dargestellt. Am Ende ist ein Gesetzentwurf herausgekommen, der uns nach diesen Kriterien nicht überzeugt hat. So ist Ba den-Württemberg jetzt das erste Bundesland, das ein vollum fängliches eigenes Steuergesetz zur Grundsteuer vorlegt.
Wir legen ein Modell für eine modifizierte Bodenwertsteuer vor, welches das Kriterium der Einfachheit erfüllt, weil es nur um zwei Kriterien geht: die Grundstücksfläche und den Bo denrichtwert. Im Vergleich dazu mussten bei dem Bundesmo dell fünf Kriterien abgefragt werden.
Ergänzt wird die Bodenwertsteuer durch eine Steuermesszahl, modifiziert nach der Nutzung der Grundstücke. Das heißt, es gibt einen Abschlag für vorwiegend zu Wohnzwecken genutz te Grundstücke. Denn Wohnen soll nicht teurer werden. Das ist ganz klar.
Im Gegenteil: Die Bodenwertsteuer schafft Anreize, zu bau en. Denn sie besteuert bewusst unbebaute Grundstücke ge nauso wie bebaute und verhindert dadurch Spekulationen.
Sie fördert Investitionen in Gebäude und verhindert eine wei tere Zersiedlung. Damit fördert sie – das ist für uns Grüne sehr wichtig – einen ressourcenschonenden Umgang mit unseren Flächen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen.
Die Bodenwerte liegen größtenteils vor. Das heißt, die auf wendige und zeitraubende Bewertung der Gebäude fällt weg. Das spart Kosten und Verwaltungsaufwand in enormer Höhe. Das hat insgesamt auch bei der Expertenanhörung, die wir mit Verfassungsrechtlern, mit Steuerexperten und auch mit den kommunalen Landesverbänden durchgeführt haben, über zeugt. Das Bodenwertmodell hat im Vergleich der verschie denen Alternativen eindeutig die beste Position erhalten.
Das muss man wirklich sagen. Die Bodenwertsteuer wurde insbesondere von den Verfassungsrechtlern als das verfas sungsfesteste Modell gesehen.
Deswegen wurde sie auch parteiübergreifend von verschiede nen Oberbürgermeistern unterstützt. Unterschiedliche Verbän de wie das Institut der deutschen Wirtschaft, der Naturschutz bund und auch der Mieterschutzbund
haben dieses Modell schon immer favorisiert.
Auch in der Anhörung zeigte sich breite Unterstützung, auch wenn es in Bezug auf die Belastungsverschiebung kritische Stimmen gibt. Das ist ganz klar. Ich möchte dazu aber sagen: Dass es eine Belastungsverschiebung gibt, ist doch modellun abhängig eine klare Folge des Urteils des Bundesverfassungs gerichts. Denn bislang war die Grundsteuer ungerecht. Wenn es jetzt eine neue Grundsteuer gibt, wird es selbstverständlich zu Belastungsverschiebungen kommen. Das liegt in der Na tur der Sache.
Am Ende werden die Kommunen mit ihrer Hebesatzautono mie über die endgültige Höhe der Grundsteuer entscheiden. Wir hätten ihnen gern noch die Grundsteuer C dazugegeben, um noch mehr Druck auf brachliegende innerstädtische Grund stücke ausüben zu können, damit diese bebaut werden. Sie al le kennen den Wohnungsmangel.
Klar ist aber: Die Bodenwertsteuer ist jetzt aus unserer Sicht der richtige Weg. Sie ist innovativ, verfassungskonform, bü rokratiearm und – ich zitiere den Naturschutzbund von heute – „ein Meilenstein für nachhaltige Steuerpolitik“.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Coronakrise ist noch nicht vorbei, im Gegenteil. Seit der ersten Lesung des Nach tragshaushalts hat sich die Lage noch zugespitzt; das ist jetzt zwei Wochen her. Wir brauchen da nicht unbedingt erst zu un seren europäischen Nachbarn zu schauen; wir sehen gerade auch hier in der Umgebung, im Landkreis Esslingen und hier in Stuttgart, in der Landeshauptstadt, besorgniserregende Zah len.
Wie es weitergeht, kann niemand verlässlich sagen. Wird es eine zweite Welle geben? Wie hart wird uns diese zweite Wel le treffen? Wann steht ein Impfstoff zur Verfügung? Welche Folgen hat all das für die Wirtschaft im Land Baden-Würt temberg?
In einer solchen Situation ist es maßgeblich, dass das Land Verantwortung übernimmt, damit die Gemeinschaft die Kri se weiterhin gut meistern und gestärkt aus ihr hervorgehen kann.
Dieser Nachtragshaushalt ist deshalb die richtige Antwort auf eine beispiellose Krise, in der wir uns nach wie vor befinden. Wir übernehmen Verantwortung für die Gesundheit der Bür gerinnen und Bürger in unserem Land. Wir kümmern uns mit diesem Nachtrag um künftige Risiken. Wir begegnen dem Strukturwandel unserer Wirtschaft, der durch die Pandemie radikal beschleunigt worden ist. Wir stärken unseren Kom munen den Rücken und sind weiter ein verlässlicher Partner, auf den man bauen kann.
Ich möchte es an dieser Stelle nicht versäumen, ein großes Dankeschön an unsere Finanzministerin Edith Sitzmann und ihr Team im Finanzministerium zu richten, denen es gelungen ist, in sehr kurzer Zeit nach Bekanntgabe der September-Steu erschätzung einen ausgewogenen Nachtrag zu erarbeiten. Vie len herzlichen Dank dafür.
Ein wesentlicher Teil des Nachtragshaushalts besteht in der Vorsorge für Risiken. Es ist ganz klar: Wir sind mitten in ei ner Pandemie mit weiterhin steigenden Infektionszahlen. Da her ist es extrem wichtig, dass wir Vorsorge betreiben, dass wir Testkapazitäten steigern können, dass wir auf eine zwei te Welle vorbereitet sind und dass unter Umständen, wenn ein Impfstoff bereitsteht, dieser schnell gekauft und im Land ver teilt werden kann. Das ist sicherlich einer der wichtigsten Punkte unserer Vorsorge für Haushaltsrisiken.
Darüber hinaus gibt es weitere Risiken, die uns schon bekannt sind. Es sind Risiken, die wir bedenken müssen, die auch schon im Urhaushalt benannt worden sind. In der Rücklage für Haushaltsrisiken standen 1,2 Milliarden €. Das war auch gut so. Das hat uns in der ersten Phase der Coronapandemie sehr geholfen, sodass wir zusätzlich zu den 5 Milliarden €, die wir gemeinsam im Parlament beantragt und bewilligt haben, zügig in Hilfeleistungen einsteigen konnten. Das war richtig und auch sehr weitsichtig. Andere Bundesländer und der Bund haben das nicht getan. Das heißt aber auch, dass wir mit die sem Nachtragshaushalt die Lücken, die dadurch in der Rück lage für die Haushaltsrisiken entstanden sind, schließen müs sen.
Wir haben insgesamt 800 Millionen € in die Rücklage gestellt, um auf die Pandemierisiken vorbereitet zu sein, aber auch auf weitere Risiken, die uns schon aus dem Urhaushalt bekannt waren, sowie auf neue wie die kalamitätsbedingten Zufüh rungsbedarfe an ForstBW. Wir wissen jetzt, dass das kommen wird. Also muss man es auch in einem Nachtragshaushalt be nennen.
Der weitere wichtige und große Punkt in diesem Nachtrag ist ohne Zweifel das Hilfspaket für die Kommunen. Wir haben schon vor dem Sommer das Signal gesendet, dass wir bereit sind, die Kommunen zu unterstützen. Sie haben selbst mit massiven Steuerausfällen zu kämpfen. Sie haben hohe Kos ten im Rahmen der Pandemiebekämpfung und der Versorgung der Bürgerinnen und Bürger vor Ort. Es war klar, dass eine Vollbremsung der kommunalen Haushalte verhindert werden muss, damit die Investitionen in den Kommunen – sie haben ja auch eine wichtige konjunkturelle Rolle – weiterhin getä tigt werden können.
Klar ist für uns: Wir lassen die Kommunen nicht im Stich. Wir haben im Gegenteil ein großes Hilfspaket geschnürt. Zusam men mit den Geldern vom Bund fließen mehr als 4,2 Milliar den € direkt an die Kommunen in Baden-Württemberg.
Dass diese Hilfsleistungen und Zuschüsse für die Kommunen getragen werden können, haben Sie im Ausschuss mitgetra gen. Aber klar ist auch: Wir haben in diesem Nachtrag eine weitere Kreditaufnahme auf der Basis einer Naturkatastrophe vorgesehen, damit das alles finanziert werden kann, ganz be sonders die Hilfsleistungen für die Kommunen unseres Lan des.
Ein weiterer wichtiger Punkt in dem Nachtrag ist natürlich: Wie gehen wir mit der Wirtschaftskrise um? Denn es ist eine zentrale, eine hoch problematische Folge dieser Pandemie, in der wir uns befinden, dass es eben nicht nur eine Gesundheits
krise ist, sondern dass diese zu einer Wirtschaftskrise geführt hat, wie wir sie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr kann ten. Allein in Baden-Württemberg gibt es einen Wirtschafts einbruch von minus 7 %. Südwestdeutschland, Süddeutsch land insgesamt ist besonders von dieser Wirtschaftskrise be troffen, weil unsere Industrie natürlich auch vom Export ab hängig ist. Insofern ist es auch eine Krise, die den Struktur wandel in unserem Land massiv beschleunigt.
Es ist natürlich auch dadurch, dass jetzt die Infektionszahlen wieder steigen, insgesamt die Sorge da, dass wir einen soge nannten Double Dip erleben. Das heißt, dass es einen weite ren konjunkturellen Einbruch geben könnte, wenn es uns nicht gelingt, die Pandemie entsprechend einzudämmen. Das wäre natürlich sehr schlecht, weil es sich jetzt von den Zahlen her, die wir gesehen haben, andeutet, dass das Land wieder einen guten Aufschwung hat. Nach dem Abfall im zweiten Quartal dieses Jahres sieht es eigentlich so aus, als ob es positiv wei tergehen könnte. Aber, wie gesagt, durch die Pandemie liegen im Moment Risiken vor, die man noch nicht einschätzen kann.
Wirtschaftsexperten sind sich einig bei der Frage: Was stärkt uns in der Krise? Was stärkt die baden-württembergische Wirt schaft? Ganz klar, auf der einen Seite sind es die vielen inno vativen Mittelständler in unserem Land. Klar ist auch: Neben unserer Schlüsselindustrie, dem Automobilsektor und dem Maschinenbau, ist es sehr wichtig, auch auf weitere Standbei ne, auf weitere Stärken unserer Wirtschaftsstruktur im Land zu setzen. Denn nur, wer breit aufgestellt ist, ist in der Krise resilient und kann schnell wieder in einen Aufschwung kom men.
Genau das haben wir auch in diesem Nachtragshaushalt ab gebildet mit dem Investitionsprogramm „Zukunftsland Ba den-Württemberg“. Darin sind wichtige Punkte enthalten. Zum einen braucht es, wie gesagt, mehrere Standbeine in ei ner Wirtschaftsstruktur, um auch resilient mit künftigen Kri sen umzugehen. Wir investieren in die Gesundheitswirtschaft unseres Landes, in Medizintechnik, in personalisierte Medi zin, auch in die Universitätsklinika, um nur ein paar Punkte zu nennen. Es ist klar: Die Gesundheitswirtschaft war bereits eine Stärke im Land Baden-Württemberg. Aber durch die ak tuelle Situation hat sich noch einmal deutlich gezeigt, dass wir auf ein leistungsfähiges und auch ein gut finanziertes Gesund heitswesen angewiesen sind, meine Damen und Herren.
Die Mittelständler in unserem Land sind innovativ, das ist klar, und das wollen wir auch fördern – das ist nämlich eine wei tere Stärke, die uns hilft – mit dem Fonds bw-invest für Inno vationen und Zukunftstechnologien. Dadurch wollen wir ge zielt kleine und mittlere Unternehmen bei der Entwicklung von Zukunftstechnologien – da haben sie es natürlich schwe rer als sehr große Unternehmen in der Industrie – unterstüt zen.
Während die Pandemie weitergeht, gehen natürlich auch an dere Krisen weiter, wie z. B. die Klimakrise,
die ja den Strukturwandel in der Wirtschaft hier ebenfalls be einflusst. Deswegen dürfen wir das nicht außer Acht lassen, wenn wir uns jetzt überlegen, wie wir wichtige Impulse, Zu kunftsimpulse für die Wirtschaft im Land setzen können. Es gab ja zu Beginn der Coronapandemie schon einmal die Aus sage: Die Wirtschaft muss jetzt wieder Vorrang haben vor dem Klimaschutz.
Das teilen wir natürlich nicht;
das wäre der falsche Schluss, den man hier zieht. Vielmehr darf man die beiden Punkte nicht auseinanderdividieren, son dern muss sie zusammen denken. Denn das, was in der Wirt schaft jetzt an Innovationen, an Forschungsprogrammen ge leistet wird, gerade auch, um unsere Schlüsseltechnologien in die Zukunft zu führen, wird uns auch helfen, zukünftige He rausforderungen zu meistern. Deswegen investieren wir auch in die Transformation, in Klimaschutz und nachhaltige Mobi lität. Auch ein Gesamtpaket zur Weiterbildung für alle Sekto ren ist darin vorgesehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe jetzt ein paar Punk te genannt, von denen ich glaube, dass sie für Zukunftsimpul se im Land sehr wichtig sind –
auch, was die Rücklagen und Haushaltsrisiken angeht, auch, was das Hilfspaket für die Kommunen angeht. Das haben wir im Finanzausschuss bereits diskutiert. Dort habe ich eigent lich eher einen großen Konsens festgestellt und keine inhalt liche Kritik an einzelnen Punkten,
außer dass gefragt wurde, warum es in der Vorsorge für Haus haltsrisiken Punkte wie „Kalamitäten Forst“ gibt. Das haben wir erklärt. Das habe ich, glaube ich, heute auch noch einmal hinreichend erklärt. Aber ansonsten habe ich zu den einzelnen Punkten im Zukunftspaket keine inhaltliche Kritik gehört.
Das möchte ich an dieser Stelle einfach noch einmal festhal ten.
Deswegen glauben wir, dass wir die Mittel richtig veran schlagt haben und dass es richtig ist, auch auf der Basis von Schulden zu investieren – was natürlich nicht schön ist; das ist ganz klar. Nach einigen Jahren, in denen wir massiv daran gearbeitet haben, die Schulden des Landes zurückzuführen und Kapitalmarktschulden zu tilgen – das haben wir in dieser Legislatur zum ersten Mal getan –,
haben wir jetzt massiv neue Schulden, die wir aufnehmen wol len, die wir aufnehmen müssen, wenn wir alles finanzieren wollen.
Es wurde kritisiert, dass der Tilgungszeitraum zu lang ist. Vom Rechnungshof gab es Kritik an den 25 Jahren, die wir uns für die Rückzahlung vorgenommen haben. Aus unserer Sicht ist es ein Mittelweg, wenn man sich das im Bundesländerver gleich anschaut. Andere Länder haben 50 Jahre vorgesehen. Wir müssen einfach darauf achten, dass auch für künftige Ge nerationen die Haushalte noch gestaltbar sind.
Man muss darüber hinaus in den Blick nehmen, dass auch das, was über die Konjunkturkomponente aufgenommen wird, in wirtschaftlich guter Lage zurückgezahlt werden muss. Zusam men mit den 288 Millionen € pro Jahr, die wir in die Tilgung stecken wollen, ist das eine große Summe. Insofern denken wir, dass der Zeitraum von 25 Jahren ab 2024 der richtige ist.
Der Rechnungshof hat aber – das möchte ich hier jetzt noch festhalten – nicht unsere Auffassung infrage gestellt, dass es sich um eine Naturkatastrophe handelt und eine Kreditaufnah me auf dieser Basis möglich ist. Er hat auch die Höhe der Schulden nicht kritisch kommentiert. Insofern, denke ich, ist es der richtige Weg, den wir haushalterisch beschritten haben.
Zum anderen möchte ich sagen, dass es natürlich bedauerlich ist, dass wir erst seit gestern Abend zwei oder drei Änderungs anträge von der Opposition, von der SPD, auf dem Tisch ha ben – immerhin. Aber auf der anderen Seite lesen und hören wir,...
... dass Sie ein Gutachten er stellen wollen, um den Haushalt insgesamt auf Verfassungs mäßigkeit zu überprüfen. Da muss man irgendwann fragen: Was ist eigentlich das, was Sie wollen?
Das ist widersprüchlich. Zum einen wollen Sie sich mit die sen Änderungsanträgen einbringen, auf der anderen Seite stel len Sie das Gesamtpaket infrage.
Ich finde, wenn sie den Haushalt so massiv infrage stellt, hät te die Opposition auch eine Gesamt- oder eine globale Alter native vorlegen müssen.
Das haben Sie nicht getan.
Insofern kann ich Sie am Schluss nur noch auffordern: Über legen Sie sich noch einmal, ob Sie unserem Antrag nicht doch
zustimmen wollen und damit ein wichtiges Zukunftspaket für das Land Baden-Württemberg unterstützen.
Danke.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute in drit ter Lesung die Aufnahme der Schuldenbremse in die Landes verfassung. Änderungen der Landesverfassung bedürfen ei ner qualifizierten Zweidrittelmehrheit, und sie müssen in drei Lesungen beraten werden. Das sind hohe Hürden, die zeigen,
welche Bedeutung die heutige Beratung und auch die Abstim mung haben.
Die Debatten heute haben sich ausschließlich um die Corona krise gedreht. Die Coronakrise zeigt, welche dramatische Bri sanz die Verankerung der Schuldenbremse in unserer Landes verfassung in den letzten Monaten bekommen hat.
Kaum jemand hätte sich vor wenigen Wochen noch vorstel len können, wie sich eine so massive weltweite wirtschaftli che Krise, die wir jetzt erleben, entwickeln könnte. Deutlich wird das jetzt in den letzten Tagen durch die Steuerminder einnahmen, die wir hier im Land Baden-Württemberg zu ver zeichnen haben, von über 3 Milliarden € im Landeshaushalt 2020. Weitere Milliarden werden es im kommenden Jahr sein.
Die Coronapandemie zeigt uns also, wie schnell sich finanz politische Rahmenbedingen um 180 Grad drehen können. Ich bin froh, dass wir in den letzten Jahren, in denen das Land fi nanziell sehr gut dastand – das wissen wir alle –, konsequent Risikovorsorge betrieben haben, Schulden abgebaut haben und natürlich auf der Basis unserer guten Landeshaushalts ordnung mit anspruchsvollen Tilgungsverpflichtungen dafür gesorgt haben, dass wir jetzt ausreichend finanzielle Hand lungsspielräume haben, meine Damen und Herren.
Heute können wir froh sein, dass wir die Schuldenbremse des Grundgesetzes Ende letzten Jahres in die Landeshaushaltsord nung aufgenommen haben. Nur durch diese gesetzliche Ände rung hatten wir jetzt die Möglichkeit, in Notsituationen, bei Naturkatastrophen und in einem konjunkturellen Abschwung, den wir jetzt erleben, vom Verschuldungsverbot abzuweichen.
Diese Ausnahmen haben in den letzten Wochen ihre erste gro ße Bewährungsprobe bestanden, würde ich sagen, und sie ge ben uns in den nächsten Monaten die Sicherheit, haushaltspo litisch handlungsfähig zu sein und zu bleiben.
Das ist der große Unterschied zur sogenannten schwarzen Null. Die Schuldenbremse verleiht uns, dem Haushaltsgesetz geber, die nötige Flexibilität, um angemessen auf Notlagen und auch auf konjunkturelle Sondersituationen reagieren zu können.
Wir müssen dabei aber auch die Zukunft im Blick behalten, und genau das leistet die Schuldenbremse, die wir heute in der Verfassung verankern wollen. Schulden müssen immer in ei ne Politik eingebettet sein, die dafür sorgt, dass auch künfti ge Generationen noch Gestaltungsspielräume haben. Die Schul denbremse gibt hierzu kluge Vorgaben für Tilgungsverpflich tungen und Tilgungspläne.
Bei alldem – das zu betonen ist mir wichtig – ist die Schul denbremse eben kein Hemmnis für öffentliche Investitionen. Das zeigen auch namhafte wissenschaftliche Untersuchungen der vergangenen Jahre. Aber klar ist auch: Die Schuldenbrem se verpflichtet dazu, Prioritäten zu setzen, verantwortlich zu haushalten und eine kluge Steuer- und Wirtschaftspolitik zu betreiben, meine Damen und Herren.
Ich halte daher nichts von der in diesen Tagen auch immer wieder zu hörenden These, dass der staatlichen Verschuldung keine Grenzen gesetzt werden sollten. Das funktioniert schon politisch nicht, das funktioniert aber auch ökonomisch nicht und auch nicht ökologisch. Eine ungebremste Verschuldung ist eine waghalsige Wette auf ewig niedrige Zinsen, und sie macht uns dauerhaft von Wachstum abhängig. Deshalb ist ei ne Schuldenbremse sinnvoll und wichtig und verdient auch Verfassungsrang.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Anlauf bis zu dieser heu tigen dritten Lesung und der letzten Abstimmung zur Aufnah me der Schuldenbremse in unsere Landesverfassung war lang. Es war auch eine Kraftanstrengung; es gab viele Sitzungen, Beratungen. Aber ich denke, das Ergebnis kann sich am En de sehen lassen und verdient wirklich eine breite Zustimmung hier im Plenum.
Ich möchte mich herzlich bei den Kolleginnen und Kollegen der CDU, der SPD und auch der FDP/DVP für das gemein sam erarbeitete Ergebnis bedanken. Ich danke der Finanzmi nisterin und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die wichtigen Vorarbeiten und die gute Zusammenarbeit in den Arbeitskreissitzungen und darüber hinaus. Außerdem danke ich dem Rechnungshof für die konstruktive Zusammenarbeit und die wichtigen Anstöße und Debattenbeiträge, die er uns auf dem Weg zu diesem Gesetzentwurf geliefert hat.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist unser Ziel in der Pandemie, hier die Opfer sowie die sozialen und ökonomi schen Folgen so gering wie möglich zu halten und selbstver ständlich auch einen Zusammenbruch, der bei einer solch gro ßen Pandemie durchaus im Raum steht, so weit wie möglich zu verhindern. Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind tief greifend. Sie werden uns noch lange beschäftigen – vor allem auch in der Haushaltspolitik.
Unternehmen, Selbstständige, Arbeiternehmerinnen und Ar beitnehmer brauchen jetzt Unterstützung, um die Krise wirt
schaftlich zu überstehen. Es ist Aufgabe der Politik, den Fol gewirkungen dieser Pandemie entgegenzuwirken. Das haben wir getan, und das werden wir auch weiterhin tun, meine Da men und Herren.
Was haben wir haushaltswirtschaftlich gemacht? Wir haben ein umfangreiches Soforthilfeprogramm gestartet. Wir haben einen finanziellen Rettungsschirm in Höhe von bis zu 6,2 Mil liarden € gespannt. Wir haben einen Nachtragshaushalt auf gestellt, und wir, der Landtag, haben die Landesregierung er mächtigt, falls erforderlich, Kredite bis zu einer Höhe von 5 Milliarden € aufzunehmen.
Das konnten wir auch tun, weil wir in den vergangenen Jah ren eine solide Haushaltspolitik betrieben haben. Wir konn ten über die entsprechenden Rücklagen verfügen. Wir sind fi nanziell voll handlungsfähig, und deswegen konnten wir eben auch die Landesregierung ermächtigen, in der genannten Hö he Kredite aufzunehmen, ohne gegen die Schuldenbremse zu verstoßen.
Und was tut die AfD? Als es am 19. März 2020 hier darum ging, die notwendige Kreditermächtigung für den Rettungs schirm zu verabschieden, wollten Sie die Sondersitzung des Landtags mit allen Mitteln verhindern.
Und heute beantragen Sie eine weitgehende allgemeine Haus haltssperre, von der nur Stellenbesetzungen bei der Polizei und in Bereichen der Landesverwaltung, die direkt in die Pan demiebekämpfung involviert sind, ausgenommen werden sol len. Politisch will die AfD also mitten in einer hochgefährli chen Pandemie, mitten in einem nie da gewesenen wirtschaft lichen Lockdown,
zu Beginn einer der größten Rezessionen der Nachkriegszeit den Landeshaushalt einfrieren. Die Ausnahmen von der Haus haltssperre sollen auf Titel begrenzt werden, die wegen ge setzlicher oder vertraglicher Auflagen in voller Höhe ausge zahlt werden müssen.
Jetzt will ich Ihnen einmal sagen, was das ganz konkret be deutet: Eine Haushaltssperre bedeutet, dass Beschaffungen von Schutzkleidungen, Beatmungsgeräten, medizinisch not wendigen Materialien für die Pandemie nicht mehr getätigt werden können. Eine allgemeine Haushaltssperre, so wie Sie sie gefordert haben,
bedeutet, dass hier Soforthilfen für Unternehmen, Selbststän dige, Hilfspakete für Kommunen, Familien usw. nicht verab schiedet werden könnten. Dazu würde Ihr Antrag führen.
Ganz nebenbei würde das Land in einer massiven Abwärts bewegung der Wirtschaft eine verheerende wirtschaftspoliti sche Botschaft aussenden, nämlich:
„Jetzt ist brutalste Sparpolitik angesagt.“ Das wollen wir nicht. Das wird es mit uns nicht geben. Deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab.
Um es klar zu sagen: Selbstverständlich wird es notwendig sein, haushaltswirtschaftlich und politisch auf die einbrechen den Einnahmen zu reagieren. Wir werden den Doppelhaushalt natürlich punktuell auch auf den Prüfstand stellen. Dabei muss man mit Maß und Mitte vorgehen, und dies natürlich auf ei ner soliden Zahlenbasis. Diese haben wir erst mit der MaiSteuerschätzung; sie liegt uns jetzt gar nicht vor. Deswegen sind Ihre Forderungen jetzt auch nicht mit Zahlen unterlegt.
Ich will es noch einmal ganz klar sagen – das ist für mich auch das stärkste Argument –: In einer massiven Rezession ist wirt schaftspolitisch das Gegenteil eines rigiden Sparprogramms angesagt. Wir werden hier in den nächsten Wochen und Mo naten intensive Debatten über Konjunktur- und Investitions impulse führen müssen. Das ist eine Herausforderung, der sich natürlich alle politischen Ebenen werden stellen müssen, von den Ländern über den Bund
bis hin zur Europäischen Union.
Ich möchte an dieser Stelle jetzt nicht auf einzelne Forderun gen in diesem Zusammenhang eingehen, aber zwei Punkte sind mir an dieser Stelle wichtig, wenn es um Konjunkturpro gramme geht, die unseren Haushalt und auch nachfolgende Generationen enorm und sehr massiv belasten werden. Da geht es mir um zwei Kriterien.
Das erste Kriterium heißt: Jedes Konjunkturprogramm, das wir heute auflegen, muss die Wirtschaft nachhaltiger machen und aktiv zur Bewältigung der zentralen Menschheitsheraus forderung der Klimakrise beitragen. Das ist der erste Punkt.
Zweitens: Der Weg aus der Krise muss europäischer sein als der Weg in die Krise. Wir werden wirtschaftliche Rezessio nen nur dann erfolgreich überwinden, wenn Europa zusam menhält.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Jede Verschuldung ver schiebt Lasten in die Zukunft und macht künftige Generatio nen von Wachstum abhängig, weil sie nur mit weiterem Wachs tum den Schuldendienst ohne Wohlstandseinbußen werden leisten können. Schulden sind deshalb nicht per se falsch oder ungerecht, sie müssen aber in eine Politik eingebettet sein, die gleichzeitig die Chancen und die Gestaltungsspielräume zu künftiger Generationen im Blick hat und erweitert.
Deshalb tun heutige Haushaltsgesetzgeber gut daran, verant wortungsvoll und zurückhaltend mit Kreditaufnahmen umzu gehen. Wir tun gut daran, wo immer möglich, Vorsorge für künftige Krisen, Risiken und Belastungen zu treffen. Von die sem Geist war die Finanzpolitik der letzten Jahre getragen, und sie ist es auch heute noch – trotz neuer Schulden in der Coronakrise. Unser Ziel und unser Leitbild bleibt eine nach haltige Finanzpolitik, meine Damen und Herren.
Auch der interfraktionelle Gesetzentwurf von Grünen, CDU, SPD und FDP/DVP zur Verankerung der Schuldenbremse in der Landesverfassung ist von diesem Grundgedanken der Ver antwortung und des nachhaltigen Umgangs mit den Finanzen getragen. Dafür will ich den Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen, die den Gesetzentwurf eingebracht haben, noch mals sehr herzlich danken.
Die Coronapandemie führt uns allen vor Augen, wie schnell und wie tief greifend sich finanzpolitische Rahmenbedingun gen ändern können, und sie zeigt uns, wie wichtig es ist, Ri sikovorsorge zu betreiben, Haushaltspläne nicht auf Kante zu nähen, um flexibel reagieren zu können – wenn nötig, auch mit dem Instrument der Kreditaufnahme. Deshalb war es gut, dass wir die Ausnahmetatbestände und die Möglichkeiten, von den Bestimmungen der Schuldenbremse abzuweichen, im letzten Jahr schon in der Landeshaushaltsordnung verankert haben. Diese Ausnahmen haben in den letzten Wochen ihre ganz große erste Bewährungsprobe bestanden, liebe Kollegin nen und Kollegen.
Zu diesem Gesetzentwurf liegt uns nun in der zweiten Lesung das Ergebnis der Anhörung vor. Diese Ergebnisse bestätigen den eingeschlagenen Weg. Ich bedanke mich an dieser Stelle bei den kommunalen Landesverbänden, beim Rechnungshof, beim ifo Institut und beim Bund der Steuerzahler für ihre Rückmeldungen und die sachverständige Auseinandersetzung mit unserem Entwurf.
Neben der großen Zustimmung zur vorgeschlagenen Verfas sungsänderung gab es einige wenige Änderungsanregungen, die aber – da sind wir uns fraktionsübergreifend einig – zu keinen Änderungen am vorliegenden Gesetzentwurf führen müssen.
Meine Damen und Herren, in der ersten Lesung des interfrak tionellen Gesetzentwurfs Anfang Februar haben wir noch un ter gänzlich anderen Vorzeichen debattiert. Durch die Coro napandemie hat sich die Haushaltssituation von einem auf den anderen Tag radikal verändert.
Nach Jahren der Schuldentilgung waren wir auf einmal ge zwungen, in einem hohen Umfang Kreditermächtigungen zu beschließen; vielleicht müssen weitere folgen.
Das zeigt aber: Die Schuldenbremse bewährt sich in der Kri se. Sie ist keine Schönwetterveranstaltung, sondern ist auch für schweren Seegang gestrickt. Sie ist eben nicht die schwar ze Null, sondern ein flexibles und wirtschaftspolitisch kluges Instrument. Dabei ist sie nicht etwa eine Anknüpfung an frü here Zeiten, in denen immer neue Schulden gemacht wurden und der Schuldenstand immer nur weiter und weiter aufwuchs. Nein, die Schuldenbremse zwingt uns heute dazu, Schulden auch wieder abzutragen. Im Aufschwung gibt es klare Schul dentilgungsverpflichtungen; Notfallkredite müssen nach ei nem gesetzlich definierten Tilgungsplan wieder abbezahlt wer den.
Jetzt, in der Pandemiesituation, können wir froh sein, dass wir die Schuldenbremse in der Landeshaushaltsordnung veran kert haben und neue Schulden machen können. Wir können andererseits aber auch froh sein, dass es dazu einen Tilgungs plan mit klaren Tilgungsverpflichtungen gibt.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung der Lan desverfassung gehen wir also folgerichtig den nächsten Schritt und verleihen diesem wichtigen Instrument Verfassungsrang.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gern hätte ich Ihnen meine Rede persönlich vorgetragen. Leider verwehrte mir das der von der Landtagsopposition in unserer Abwesenheit ini tiierte Beschluss, die Sitzung ohne meine Fraktion durchzu führen.
Sehr geehrter Herr Rechnungshofpräsident Benz, ich danke Ihnen für Ihre Ausführungen zur vorliegenden Denkschrift des Jahres 2019, über die wir in der heutigen Plenardebatte bera ten. Die heutige Sitzung ist auch der richtige Ort, Ihnen, Herr Präsident Benz, den Mitgliedern des Senats und allen Mitar beiterinnen und Mitarbeitern des Rechnungshofs im Namen meiner Fraktion für Ihre wertvolle Arbeit zu danken.
Die Landesverfassung gibt vor, dass der Landesrechnungshof die gesamte Haushaltsführung des Landes unabhängig und ohne Vorgaben des Parlaments oder der Regierung überprüft. Dieser Aufgabe ist der Rechnungshof mit der Denkschrift 2019 in gewohnt hoher Zuverlässigkeit und Qualität gefolgt.
In insgesamt 24 Beiträgen hat der Rechnungshof dem Land tag gut durchdachte und konstruktive Vorschläge zur Verbes serung der Haushalts- und Wirtschaftsführung gemacht. Der Finanzausschuss hat diese Beiträge und Empfehlungen disku tiert und dazu zahlreiche Beschlüsse gefasst, deren hoffent lich positive Auswirkungen wir in den kommenden Jahren be obachten und überprüfen werden.
Ein Thema, bei dem uns der Rechnungshof seit Jahren aktiv begleitet, ist der Umgang mit der Schuldenbremse. Bis Ende letzten Jahres war das die Schuldenbremse der Landeshaus haltsordnung nach dem Steuertrendverfahren. Seit dem 1. Ja nuar 2020 gilt die Schuldenbremse des Grundgesetzes.
Der vergangene Doppelhaushalt 2018/2019 war ein Haushalt, in dem wir in nie da gewesenem Ausmaß Schulden getilgt ha ben:
1,25 Milliarden € Kreditmarktschulden, – 1,5 Milliarden € Kreditermächtigungen, – implizite Schulden in Höhe von über 3 Milliarden €.
Eine Erfüllung von Tilgungsverpflichtungen durch implizi te Schuldentilgung wird mit der Schuldenbremse des Grund gesetzes in Zukunft nicht mehr möglich sein. Deshalb war es richtig, dass wir mit dem zurückliegenden Doppelhaus halt implizite Schulden in Milliardenhöhe getilgt haben. Fast 6 Milliarden € Tilgungsverpflichtungen haben wir insgesamt erfüllt.
Ein weiterer Ausweis des guten Zusammenwirkens von Land tag und Rechnungshof war die Arbeit an der Übertragung der grundgesetzlichen Schuldenbremse in Landesrecht. Mit dem Haushaltsbegleitgesetz haben wir Ende des letzten Jahres die Schuldenbremse des Grundgesetzes in der Landeshaushalts ordnung verankert. Jetzt steht die Verankerung in der Landes verfassung bevor – ganz im Sinne des Rechnungshofs. Die Anhörungsergebnisse zum interfraktionellen Gesetzentwurf liegen vor. In den kommenden Wochen werden wir die Ver fassungsänderung in zweiter und dritter Lesung beraten und beschließen.
Lassen Sie mich noch auf einige der Beiträge der Denkschrift 2019 eingehen.
Im Beitrag Nummer 10 widmet sich der Rechnungshof der hohen Zahl von Zurruhesetzungen wegen Dienstunfähigkeit im Justizvollzugsdienst. Während die Quote der Zurruheset zungen wegen Dienstunfähigkeit in der gesamten Landesver waltung in den letzten zwei Jahrzehnten von rund 34 % auf nunmehr unter 10 % gesunken ist, verharrt diese Quote im Justizvollzugsdienst bei rund 33 %.
Wir alle wissen, dass der Justizvollzug eine schwierige, be lastende Arbeit ist, die durch den hohen Belegungsdruck und die angespannte Situation in den Justizvollzugsanstalten zu sätzlich erschwert wird. Zu Recht hat der Rechnungshof aber darauf hingewiesen, dass dieser hohe Anteil an Zurruheset zungen wegen Dienstunfähigkeit nicht einfach hingenommen werden darf. Deshalb ist es gut, dass der Landtag den Emp fehlungen des Rechnungshofs vollumfänglich gefolgt ist und die Landesregierung beauftragt hat, den Ursachen des Prob lems auf den Grund zu gehen.
Wir haben das Justizministerium aufgefordert, seine Steue rungs-, Beratungs- und Aufsichtsaufgaben zu intensivieren. Die amtsärztlichen Untersuchungen sollen zügiger erledigt werden, und es soll genauer geprüft werden, ob die betroffe nen Beamtinnen und Beamten an anderer Stelle eingesetzt werden können.
Ein weiteres wichtiges Thema, das der Rechnungshof in der Denkschrift 2019 aufgreift, ist der Anstieg der „Haushaltsres te“ in den vergangenen Jahren. Die in früheren Haushaltsjah ren bewilligten, aber nicht in Anspruch genommenen Ausga benermächtigungen sind zu einem stattlichen „Berg“ an Aus gaberesten angewachsen. 4,2 Milliarden € waren es 2017, 2018 bereits über 5 Milliarden €. Das entspricht rund 10 %
des Haushalts-Solls. Die Folge ist eine immer komplexer wer dende Liquiditätssteuerung. Und es ist natürlich auch nicht Aufgabe des Landes, Steuergelder einzusammeln und dann nicht zu nutzen.
Die Gründe für das Anwachsen der Ausgabereste sind vielfäl tig und nicht immer vermeidbar. Aber wir haben die Kritik des Rechnungshofs sehr ernst genommen und bereits mit dem Doppelhaushalt 2020/2021 reagiert:
durch pauschale Kürzungen von Ausgaberesten der Res
sorts,
durch verstärkte Ausbringung von Verpflichtungsermäch
tigungen,
durch Regelungen im Staatshaushaltsgesetz zur automati
schen Inabgangstellung von Ausgaberesten.
Ich halte es für dringend geboten, die Höhe der Ausgaberes te zu reduzieren. Gemeinsam mit dem Rechnungshof kann uns das gelingen; davon bin ich überzeugt.
Ich will aber auch auf einen Beitrag eingehen, bei dem wir den Empfehlungen des Rechnungshofs nicht gefolgt sind – zu Recht, wie ich meine. So hat der Rechnungshof empfohlen, den Fährbetrieb zur Kollerinsel bei Brühl einzustellen. Im ent sprechenden Denkschriftbeitrag heißt es:
Der Betrieb einer Ausflugsfähre wie der Kollerfähre ist nicht Aufgabe des Landes.
Die Kollerinsel, meine Damen und Herren, ist eine Binnen halbinsel im Rhein an der Grenze zwischen Baden-Württem berg und Rheinland-Pfalz. Sie ist, ganz nebenbei bemerkt, ne ben der Altstadt von Konstanz eines von lediglich zwei links rheinischen Gebieten Baden-Württembergs. Von der badenwürttembergischen Seite aus ist sie nur mit der Fähre zu er reichen.
Die Kollerinsel ist für die Menschen in der Region ein Nah erholungsgebiet. Sie ist bei Reiterinnen und Reitern, Schwim merinnen und Schwimmern sowie Seglerinnen und Seglern sehr beliebt. Aber sie ist auch für viele Tiere und seltene Pflan zen ein wichtiger Rückzugsraum. Die ausgedehnten Wiesen flächen werden nur extensiv bewirtschaftet. Die Insel bietet Menschen und Natur gleichermaßen eine Möglichkeit, sich zu entfalten.
Ich kann nachvollziehen, dass der Rechnungshof in seiner kri tischen Betrachtung der Haushaltsführung auch den Fährbe trieb zur Kollerinsel auf den Prüfstand stellt. Ich freue mich aber, dass der Finanzausschuss an dieser Stelle der Empfeh lung des Rechnungshofs nicht ganz gefolgt ist und den Fähr betrieb im laufenden Doppelhaushalt abgesichert hat. Es ist richtig, diese touristische Attraktion weiterhin zu erhalten und den beiden Landwirten, die auf der Kollerinsel naturnah wirt schaften, den Zugang zur Insel auch in Zukunft zu ermögli chen.
Sehr wohl aber stimmen wir dem Rechnungshof zu, dass Maß nahmen für einen wirtschaftlicheren Betrieb der Fähre und ei ne Mitfinanzierung aus der Region selbstverständlich geprüft werden müssen. Auch hier hoffen wir auf Erfolge ganz im Sin ne des Rechnungshofs.
Meine Damen und Herren, diese Beispiele aus der Denkschrift 2019 zeigen: Der Rechnungshof leistet einen unverzichtbaren
Beitrag für eine effektive und effiziente Haushalts- und Wirt schaftsführung des Landes. Seine differenzierte Betrachtung der Haushaltsplanung und Mittelverwendung liefert uns kon krete und konstruktive Verbesserungsvorschläge. Der Land tag tut gut daran, die Vorschläge des Rechnungshofs sehr ernsthaft zu diskutieren und zu prüfen – und in den meisten Fällen auch, ihnen zu folgen.
Die Fraktion GRÜNE stimmt deshalb den Beschlussempfeh lungen des Finanzausschusses zur Denkschrift 2019 zu.
Auch den weiteren Beschlussempfehlungen des Finanzaus schusses unter diesem Tagesordnungspunkt stimmen wir gern zu:
der Entlastung des Präsidenten des Rechnungshofs hin
sichtlich der Rechnung des Rechnungshofs für das Haus haltsjahr 2017;
der Entlastung der Landesregierung für die Haushaltsrech
nung für das Haushaltsjahr 2017;
den in der Haushaltsrechnung 2017 nachgewiesenen über-
und außerplanmäßigen Ausgaben sowie den Abweichun gen von den Stellenübersichten.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Es ist in den Beratungen zu diesem Doppelhaushalt immer wieder deutlich geworden: Wir leben in Zeiten der Transformation. Globale Entwicklungen – ökologische, aber auch ökonomische – zwingen uns zu Veränderungen. Gleich zeitig – auch das ist in diesen Debatten in den letzten Wochen immer wieder deutlich geworden – ist unsere liberale und rechtsstaatliche Demokratie die entscheidende Basis und un ser unersetzlicher Anker, die wir verteidigen und stärken wer den, meine Damen und Herren.
Streit um die Sache und den geeigneten Weg ist richtig und wichtig. Aber die Ignoranz gegenüber Fakten oder das pure Diffamieren des politischen Gegners bringen uns nicht wei ter; ganz im Gegenteil.
In diesen Zeiten sind Verantwortung und weitsichtiges Han deln angesagt, meine Damen und Herren.
Der Klimawandel lässt uns nicht mehr viel Handlungsspiel raum.
Es ist für alle klar: In dieser Dekade werden wir entscheiden de Fortschritte erzielen müssen, sonst können wir die Erder wärmung nicht mehr eindämmen, so wie es die Weltgemein schaft eigentlich vereinbart hat.
Entscheidend ist, dass wir schnell möglichst viel Wirkung er zielen. Es ist natürlich klar, dass die Klimakonferenz, die jetzt in Madrid stattfand, für diese Frage eine herbe Enttäuschung war. Das muss man leider einfach feststellen. Gleichzeitig ha ben wir aber auch Hoffnung,
wenn wir sehen: In Europa tut sich etwas. Ein Green Deal wird vorbereitet, und – das kann man in diesen Tagen auch sagen; darüber bin ich auch sehr froh – unser grüner Minis
terpräsident hat im Bundesrat zusammen mit anderen erreicht, dass wir mit einem höheren CO2-Preis einsteigen, eine höhe re Lenkungswirkung erreichen werden. Damit gehen wir in Deutschland wirklich einen Schritt nach vorn, meine Damen und Herren.
Ich finde es sehr bedauerlich und auch erstaunlich, dass aus gerechnet Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen, die der SPD angehören, dies blockiert haben. Ich hoffe, das ändert sich in Zukunft, wenn wir bei diesem Thema weiter kommen wollen.
Es ist sicher auch für das Land gut – darüber reden wir heute bei diesem Doppelhaushalt –, dass wir unseren Beitrag leis ten.
Wir haben die Mittel für den Klimaschutz im Land verdop pelt, nachdem klar war, dass wir über Mehreinnahmen für die sen Haushalt verfügen. Wir tun auf Landesebene alles, um dem menschengemachten Klimawandel hier auf unserer Ebe ne Einhalt zu gebieten.
Im Autoland Baden-Württemberg ist die Transformation hin zu einer weitestgehend emissionsfreien Mobilität dabei sicher der wichtigste Schritt für mehr Klimaschutz,
aber auch für den wirtschaftlichen Wohlstand in unserem Land.
Nein. – Das ist wichtig für al le Menschen in diesem Land, die in diesem Sektor eben auch arbeiten.
Wir fördern und wir forschen dabei technologieoffen. Welche Antriebsarten sich auf Dauer durchsetzen, werden Forschung, Entwicklung, aber auch der Markt zeigen.
Die Politik muss die Rahmenbedingungen und die richtigen Leitplanken setzen. Es ist vollkommen klar, dass wir – –
Genau, erst zuhören. Wir mussten Ihnen auch gerade zuhören.
Es ist vollkommen klar, dass wir nicht einfach Millionen Ver brennungsmotoren durch alternative oder elektrische Antrie be ersetzen können; das können wir gar nicht. Was wir brau chen, ist eine ganzheitliche Transformation. Wir brauchen Mo bilität für Bus-, Rad-, Bahn- und Fußverkehr – eine ganzheit liche Transformation, wie ich vorhin schon sagte. Das ist ein Mobilitätsmix, mit dem wir die Klimaschutzziele erreichen können.
Dafür nehmen wir mit diesem Doppelhaushalt auch sehr viel Geld in die Hand.
Es ist schon erstaunlich, dass eine marktliberale Partei wie die FDP hier wieder einmal eine einseitige Fixierung auf Wasser stoff oder synthetische Kraftstoffe und eine seltsame Pauschal kritik an der Elektromobilität formuliert hat.
Die Mittel für den Strategiedialog sollten gar ganz gestrichen werden. Ehrlich gesagt: Ich kann das nicht ganz nachvollzie hen. Legen Sie doch einmal Ihre ideologischen Scheuklappen ab, und diskutieren Sie mit uns technologieoffen über den richtigen Weg, Herr Rülke.
Sie haben ja nachher Zeit, sich zu äußern.
Ein Haushalt der Verantwortung bedeutet für uns natürlich auch, in Menschen und Ideen zu investieren. Jeder vierte Eu ro in diesem Haushalt geht in den Bildungsetat. Die Hoch schulen bekommen 1,8 Milliarden € bis zum Jahr 2025 für die Hochschulentwicklung – auch für den Hochschulvertrag. Wir haben neue IT-Studienplätze, wir kofinanzieren den Quanten computer in Baden-Württemberg, und wir stellen einen zwei stelligen Millionenbetrag für die Wasserstofftechnologie zur Verfügung.
Ich denke, Baden-Württemberg kann mit diesen Investitionen seinen Spitzenplatz in Forschung, Entwicklung und auch im Exzellenzvergleich der Länder für die Zukunft gut sichern.
Es ist auch klar: Weitreichende Umbrüche und auch Rich tungsstreits können für eine Gesellschaft sehr belastend sein.
Leider wird in den Debatten viel zu oft polarisiert, mit Fake News gearbeitet, wird gespalten statt zusammenzuführen – Alt gegen Jung, Stadt gegen Land, Arm gegen Reich. Wohin diese Entwicklung führt, sehen wir in diesen Tagen in Groß britannien und auch in den Vereinigten Staaten.
Wir haben deshalb die Verantwortung, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Stabilität hängt entscheidend von einem fairen Miteinander und sozialem Ausgleich ab. Grüne Sozialpolitik setzt auf Teilhabe und Beteiligung. Deshalb möchte ich hier beispielhaft nennen: In unserem Haushalt ha ben wir uns für den „Zukunftsplan Jugend“, für Frauenhäuser und Kinderschutz, für viele Bereiche der Inklusion und auch für den Pakt für Integration eingesetzt.
Auch die Politik des Gehörtwerdens stärkt den Zusammen halt. Sie setzt auf Beteiligung, mitreden, Ideen entwickeln und einbringen.
Beteiligung findet in Baden-Württemberg mehr statt als je zu vor. Wir wollen damit auch Menschen erreichen, die sich nicht dauerhaft und zu allen Themen politisch engagieren wollen oder können. Das Modell, das Konzept der Beteiligung über den Zufallsbürger hat bundesweit Anerkennung gefunden und auch Schule gemacht. Es zeigt sich in Umfragen: Eine gute Beteiligung im Land sorgt dafür, dass Demokratie, dass un sere demokratischen Werte stärker geschätzt werden. Wie der Vergleich unter den Bundesländern zeigt, ist diese Wertschät zung in Baden-Württemberg gestiegen, in anderen Bundes ländern hat sie sich nicht so gut entwickelt. Deswegen stär ken wir in diesem Haushalt auch die Allianz für Beteiligung. Wir wollen weitere Beteiligungsprozesse zum Bereich der Au tomobilwirtschaft und auch einen Klimadialog auf den Weg bringen. Ich möchte an dieser Stelle einmal ganz ausdrück lich unserer Staatsrätin Gisela Erler für ihre unermüdliche Ar beit und ihr Engagement an der Graswurzel der Demokratie danken.
Meine Damen und Herren, es ist klar: Strukturwandel und Transformation erfordern hohe Investitionen. Inzwischen gibt es bundesweit eine Debatte darüber, ob die Schuldenbremse überhaupt noch sinnvoll ist. Ich finde es richtig, dass wir an der Schuldenbremse festhalten, denn die grundgesetzliche Schuldenbremse ist ja etwas anderes als die schwarze Null. Das Grundgesetz erlaubt es uns, unter bestimmten Bedingun gen – bei Naturkatastrophen oder auch bei einer bestimmten konjunkturellen Entwicklung – Schulden aufzunehmen. Ich finde, es ist ein guter Schritt, dass wir jetzt mit der Landes haushaltsordnung die Voraussetzung dafür schaffen, dass wir in Kürze die Schuldenbremse in die Landesverfassung auf nehmen können. Ich finde aber auch die begonnene Debatte über eine Investitionsregel, die die Schuldenbremse ergänzt, richtig und wichtig, meine Damen und Herren.
Wir sind bei der Schuldentilgung in den letzten beiden Jahren ein großes Stück vorangekommen. Wir haben im letzten Jahr insgesamt 1,25 Milliarden € Kreditmarktschulden getilgt. Wir haben Kreditermächtigungen im Umfang von anderthalb Mil liarden Euro abgelöst, und es ist auch gut, dass wir in diesem Doppelhaushalt noch einmal 132 Millionen € Kreditmarkt schulden tilgen.
Klar ist: Wir hätten natürlich auch noch mehr Schulden tilgen können; keine Frage. Im Gegensatz zu SPD und FDP/DVP halten wir es aber auch für richtig, Rücklagen für mögliche Haushaltsrisiken
und für mögliche konjunkturelle Risiken – Herr Rülke – zu bilden. Dagegen will die FDP/DVP 0 € zurücklegen, gleich zeitig aber auch noch den Grunderwerbsteuersatz senken, so dass wir einen Einnahmeausfall von 650 Millionen € haben würden. Sie wollen zudem 2,5 Milliarden € an Mehrausga ben; Ihre Gegenfinanzierungsvorschläge umfassen 600 Mil lionen €. So kann man auch Haushaltspolitik machen – oder so, wie es die SPD vorgeschlagen hat: ebenfalls 0 € in die Rücklagen und gleichzeitig fast 1 Milliarde € strukturelle Mehrausgaben –
überwiegend kommunale Ausgaben. Sie ignorieren dabei – es tut mir leid – systematisch die Aufgabenteilung zwischen Lan desebene und kommunaler Ebene.
Auch wir wissen, dass das Leben der Menschen in den Kom munen gestaltet wird; deswegen haben wir die Kommunen in den letzten Jahren hervorragend ausgestattet.
Die baden-württembergischen Kommunen stehen im Länder vergleich ganz hervorragend da;
das wissen Sie auch. Ein Beleg dafür ist beispielsweise der kommunale Sanierungsfonds, der in den letzten Jahren mit 600 Millionen € ausgestattet wurde – eine Freiwilligkeitsleis tung des Landes.
Die Kommunen brauchen keine Geschenke, sondern einen fairen Finanzausgleich. Genau darum ging es bei den Verhand lungen mit den kommunalen Landesverbänden.
Ich finde, das Ergebnis zum Bundesteilhabegesetz und zum Bereich der geduldeten Flüchtlinge kann sich sehen lassen, meine Damen und Herren.
Mit dem neuen Flächenfaktor in der Finanzausgleichsmasse haben wir einen Ausgleich für diejenigen bevölkerungsärme ren Kommunen gesucht,
die aufgrund ihrer großen Fläche einen hohen Mittelbedarf für ihre Infrastruktur haben. Für uns Grüne ist wichtig, dass es keine Spaltung in der kommunalen Familie geben darf. Star ke Städte und ein starker ländlicher Raum, das ist das Erfolgs rezept Baden-Württembergs, und dafür stehen wir Grünen.
Das muss erhalten und gestärkt werden. Es darf keinen Aus gleich geben, der zulasten weniger geht. Dafür haben wir mit dem Vorschlag, der jetzt auf dem Tisch liegt, gesorgt. Den noch sehen wir es als unsere Aufgabe an, die tatsächliche Wir kung des Flächenfaktors in den nächsten Jahren genau zu ana lysieren und zu evaluieren. Von einem Flächenfaktor müssen dünn besiedelte Gemeinden mit hohen Infrastrukturkosten profitieren. Erfüllt er diese Forderung nicht, werden wir nach steuern, meine Damen und Herren.
Ich möchte zum Abschluss sehr gern noch Danke sagen. Ein guter Haushalt hat viele Mütter und Väter. Viele haben daran mitgewirkt und zu dem guten Ergebnis beigetragen. Dennoch ist es sicherlich richtig, an dieser Stelle einigen wenigen zu danken. Das sind an erster Stelle natürlich unsere Finanzmi nisterin Edith Sitzmann und unsere Staatssekretärin Gisela Splett. Herzlichen Dank!
Ich danke natürlich auch den Kollegen unseres Koalitions partners, stellvertretend meinem Sprecherkollegen Tobias Wald, für die gute Zusammenarbeit.