Protokoll der Sitzung vom 12.03.2020

Meine sehr geehrten Da men und Herren! Ich begrüße Sie alle zur 114. Sitzung des 16. Landtags von Baden-Württemberg.

Ich wäre dankbar, wenn Sie nun die Türen schließen würden.

Wir tagen heute mit reduzierter Teilnahmezahl. Sie haben ja gehört, dass bei der Fraktion GRÜNE und bei den Regierungs mitgliedern der Grünen ein Problem aufgetreten ist, sodass sie heute aufgrund der Empfehlung der obersten Gesundheitsbe hörden nicht an der Sitzung teilnehmen können. Die Zusam menhänge haben Sie schon gehört.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos] meldet sich.)

Ich darf mit meinen Einführungen fortfahren, bis ich einen Geschäftsordnungsantrag von Herrn Abg. Dr. Fiechtner an nehme.

Wir werden die Tagesordnung aufgrund dieser besonderen Si tuation verändern. Ich darf Ihnen – weil ich glaube, dass das bei Ihnen noch nicht ausliegt – zur Kenntnis geben, dass die ursprünglich als Tagesordnungspunkt 1 vorgesehene Aktuel le Debatte und die ursprünglich als Tagesordnungspunkt 2 vor gesehene Beratung des Antrags der Fraktion der SPD, Druck sache 16/7653, von der heutigen Tagesordnung gestrichen wurden.

Neuer Tagesordnungspunkt 1 ist die Erste Beratung des Ge setzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zum Dreiund zwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag –, Drucksache 16/7779. Als neuen Punkt 2 haben wir die Erste Beratung des Gesetzentwurfs der AfD-Fraktion – Gesetz zur Änderung des Waldgesetzes für Baden-Württemberg –, Drucksache 16/7696, auf der Tagesordnung. Nach der Beratung dieser beiden Punk te werden wir eine Mittagspause einlegen und, wie üblich, die Fragestunde – das ist der neue Tagesordnungspunkt 3 – nach der Mittagspause abhalten. Der neue Tagesordnungspunkt 4 ist die Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregie rung – Gesetz zur Ausführung des Zensusgesetzes 2021 (AGZensG 2021) –, Drucksache 16/7823. Unter dem neuen Tagesordnungspunkt 5 stehen, untergliedert in die Buchstaben a bis c, Beschlussempfehlungen und Berichte des Ausschusses für Finanzen zu Mitteilungen des Rechnungshofs zur Bera tung.

Die unter den Punkten 6 bis 27 aufgeführten Tagesordnungs punkte sind ohne Aussprache zu behandeln. Sie entsprechen den Punkten 8 bis 29 der ursprünglich vorgesehenen Tages ordnung.

Ich habe jetzt noch weitere Bekanntgaben zu verlesen.

Von der Teilnahmepflicht befreit sind Herr Abg. Palka, Herr Abg. Räpple, Herr Abg. Stächele und Herr Abg. Weber.

Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich ganztägig Frau Ministerin Dr. Susanne Eisenmann und Herr Minister Peter Hauk sowie ab 15:30 Uhr Herr Minister Thomas Strobl.

Außerdem ist Frau Staatsrätin Gisela Erler ganztägig entschul digt.

Das ist das Formale, das ich im Voraus sagen will.

Herr Abg. Dr. Fiechtner hat heute Morgen Einspruch zu den gestrigen Ordnungsrufen eingelegt. Das Schreiben von Herrn Abg. Dr. Fiechtner wird nachher auf Ihren Plätzen ausgelegt. Am Ende der Sitzung werden wir darüber entscheiden.

Wir treten jetzt in die Tagesordnung ein. Das Präsidium hat die von mir soeben vorgetragene Neufassung der Tagesord nung heute Morgen beschlossen. Ich habe Ihnen die Inhalte schon kursorisch vorgetragen.

Herr Abg. Dr. Fiechtner, ein Antrag zur Geschäftsordnung, bitte schön.

(Abg. Gerhard Kleinböck SPD: Muss das jetzt schon wieder sein?)

Guten Morgen, Frau Präsident, sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren! Ich bitte zu überprüfen, ob der Landtag überhaupt beschlussfähig ist.

Herr Abg. Dr. Fiechtner, Sie können diesen Antrag wiederholen, bevor wir in eine Ab stimmung eintreten. So kursorisch und allgemein können wir diesen Antrag hier jetzt nicht zur Abstimmung stellen.

Deswegen rufe ich jetzt den ursprünglichen Punkt 3 der Ta gesordnung auf. Das ist jetzt der neue Punkt 1:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zum Dreiundzwanzigsten Rundfunkänderungs staatsvertrag – Drucksache 16/7779

Das Wort zur Begründung erteile ich Herrn Staatssekretär Vol ker Schebesta.

Frau Präsidentin, sehr ge ehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Kultusministerium ist fachlich nicht zuständig für den Rundfunkänderungsstaatsver trag. Frau Staatsministerin Schopper ist entsprechend den

Empfehlungen und der Entscheidung des Präsidiums, den Plenartag trotzdem aufrechtzuerhalten, heute nicht hier und hat mich als stellvertretendes Mitglied im Verwaltungsrat des SWR gebeten, den Gesetzentwurf für sie einzubringen, was ich, um dem Rechnung zu tragen, dass der Plenartag seinen Ablauf finden soll, auch gern tue.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird der Dreiundzwan zigste Rundfunkänderungsstaatsvertrag in Landesrecht um gesetzt. Der Landtag war mit diesem Staatsvertrag bereits im Rahmen des Vorunterrichtungsverfahrens befasst, und er hat ihn auch im Ständigen Ausschuss beraten.

Inhaltlich geht es vor allem um zwei Punkte: erstens um die Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum Thema Zweit- bzw. Nebenwohnungen und zweitens um die Verstetigung des sogenannten Meldedatenabgleichs.

Zum ersten Punkt: Das Bundesverfassungsgericht hat im Ju li 2018 den Rundfunkbeitrag für die Erstwohnung und für den nicht privaten Bereich als verfassungsgemäß bestätigt. Ledig lich bei den Zweitwohnungen hat das Gericht Änderungen ge fordert. Diese müssen spätestens bis zum 30. Juni dieses Jah res umgesetzt sein. Bislang wurde im Grundsatz für jede Woh nung ein Rundfunkbeitrag erhoben. Das Gericht hat in seinem Urteil festgestellt, dass dies bei den Inhaberinnen und Inha bern von Zweit- oder weiteren Nebenwohnungen nicht zuläs sig ist. Eine Person darf nach den Feststellungen des Bundes verfassungsgerichts nämlich nicht mit mehr als einem vollen Rundfunkbeitrag belastet werden.

Bei der konkreten Art der Umsetzung der gerichtlichen Vor gaben bestand ein gewisser Spielraum für den Gesetzgeber. Dieser wurde dahin gehend genutzt, dass der Staatsvertrag ei ne Erstreckung der Befreiung auf Ehegatten und eingetrage ne Lebenspartner vorsieht. Damit wird der durch die Verfas sung untermauerten Bedeutung von Ehe, Lebenspartnerschaft und Familie Rechnung getragen.

Der zweite Kernpunkt des Gesetzentwurfs ist die Verstetigung des sogenannten Meldedatenabgleichs. Ein Meldedatenab gleich hat bisher zweimal stattgefunden, zuletzt im Jahr 2018. Ziel dieses Abgleichs ist die Sicherung der Aktualität des Da tenbestands. Nach der Neuregelung soll ein solcher Meldeda tenabgleich künftig alle vier Jahre erfolgen. Die Aktualität des Datenbestands ist letztendlich für die Beitragsgerechtigkeit erforderlich und auch dafür, dass kein strukturelles Erhe bungs- und Vollzugsdefizit entsteht.

Die letzte Evaluierung im Jahr 2018 hat ergeben, dass die re gelmäßige Übermittlung von Meldedaten allein nicht aus reicht, um den Datenbestand der Rundfunkanstalten dauerhaft aktuell zu halten.

Wenn beispielsweise eine Person umzieht oder verstirbt, weiß der Beitragsservice nicht, wer in der Wohnung verbleibt. Die Aktualität des Datenbestands wirkt sich aber letztlich auf die Höhe des Rundfunkbeitrags, also auf die Belastung des ein zelnen Beitragsschuldners aus.

Die Neuregelung berücksichtigt den Schutz persönlicher Da ten. Um einen Ausgleich zwischen diesem und der Beitrags gerechtigkeit zu schaffen, ist eine Regelung enthalten, nach der der Meldedatenabgleich unterbleibt, wenn die KEF, also

die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rund funkanstalten, valide Anhaltspunkte dafür hat, dass der Da tenbestand hinreichend aktuell ist.

Die Landesregierung ist überzeugt, dass wir mit diesem Staatsvertrag die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umsetzen können und mit der Regelung zum Meldedatenab gleich eine Datengrundlage schaffen, die der Beitragsgerech tigkeit dient, aber auch den Datenschutz im Blick behält.

Deshalb bitte ich Sie namens der Landesregierung um Zustim mung zu diesem Gesetzesvorhaben.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Staats sekretär Schebesta. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, für die Aussprache ist eine Redezeit von fünf Minuten pro Fraktion festgelegt. Ich will hier noch einmal darauf hinweisen, dass Reden auch zu Protokoll gegeben werden können; sie werden dann schriftlich aufgenommen. Das sollte bis heute Abend ge schehen. Die Landtagsverwaltung wird speziell die Fraktion GRÜNE noch einmal darauf hinweisen. (Siehe Erklärungen zu Protokoll am Schluss der jeweiligen Tagesordnungspunkte.)

Jetzt rufe ich den Redner für die CDU-Fraktion, Herrn Abg. Haser, ans Redepult.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Dreiundzwanzigste Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist ein kleiner Wurf, um nicht zu sagen: ein sehr kleiner Wurf. Das Einzige, was von den großen Beratungen über die Themen Beitragserhöhung, Indexierung usw. letztlich übrig geblieben ist, ist die Umset zung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zu den Zweit- und Nebenwohnungen und zum Meldedatenabgleich. Ich bin aber hoffnungsfroh, dass wir das nächste Mal, wenn wir hier über einen Vertrag sprechen, über ein etwas größeres Paket reden. Ein solches ist ja auch schon unterwegs.

Der Medienstaatsvertrag hat nicht nur einen anderen Namen, er hat auch einen ganz anderen Umfang und eine ganz ande re Ausrichtung. Insofern ist das heute vielleicht nur eine tech nische Korrektur.

Ich möchte an dieser Stelle aber natürlich schon auch einen Satz zum Thema Föderalismus loswerden. Föderalismus funk tioniert nur, wenn man sich in den Staatsverträgen auch im mer wieder auf große Schritte einigt. Andernfalls gibt es ir gendwann einmal die Diskussion, ob sich die ganze Diskus sion über die Länderzuständigkeit überhaupt noch lohnt und ob das wirklich noch funktioniert. Insofern hoffe ich sehr, dass wir in puncto Medienstaatsvertrag und auch jetzt in den Er höhungsdiskussionen eine Funktionsfähigkeit der Staatsver träge und der Länderhoheit wirklich hinbekommen, da wir mit diesen Trippelschritten in der Medienpolitik nicht wirklich weiterkommen.

Wichtig ist eine Einigkeit in Sachen Medienpolitik auch des wegen, weil wir – wie gesagt, ausgelöst durch die KEF-An meldungen – in eine Erhöhungsdiskussion kommen werden. Und Sie alle merken an den Briefen, die zurzeit bei uns an kommen: Das wird eine schwierige Diskussion, auch nach au ßen.

Die Lasten in der Medienpolitik sind etwas ungleich verteilt. Die Politiker sind diejenigen, die den Prellbock für die Bevöl kerung darstellen. Bürger sagen: „Das Programm gefällt mir nicht, und die Erhöhung ist zu hoch ausgefallen.“

(Abg. Dr. Heiner Merz AfD: Der Beitrag ist zu hoch!)

Und diejenigen, die das Ganze in den Sendern sozusagen ei gentlich zu verantworten hätten, können sich zurücklehnen und sagen: „Ich habe ein Verfahren, das mir letztlich mein Geld sichert.“ Das ist das Problem.

(Zuruf des Abg. Dr. Heiner Merz AfD)

Ich glaube, wir dürfen an dieser Stelle auch offen ansprechen, dass wir im Gegenzug, wenn wir den Öffentlich-Rechtlichen weiterhin den Rücken stärken – und das tun wir –, natürlich auch eine Veränderungsbereitschaft erwarten. Diese Verände rungsbereitschaft sehen wir zurzeit sehr stark beim SWR. Das hat etwas mit Personen zu tun.

Nicht nur gestern Abend, sondern auch in den letzten Mona ten haben wir gespürt, dass das Verhältnis zwischen den Bei tragszahlern und dem SWR etwas offener, vielleicht auch et was selbstkritischer ist, als es vorher der Fall war. Es genügt nicht immer, zu sagen: „Wir machen doch alles gut, und jetzt brauchen wir halt drei Cent mehr.“ Vielmehr muss man heu te auch argumentieren und erklären, was man möchte.

Gerade dieser Medienstaatsvertrag beinhaltet für den SWR eine ganz, ganz große Änderung, die auch für Baden-Würt temberg tatsächlich substanziell sein kann. Das ist die Öff nung der Mediatheken und die Entkopplung aus dem linearen Fernsehen und der Mediathek. Das heißt, man kann plötzlich wahrscheinlich Produkte mit aufnehmen, die man bisher nicht in die Mediatheken aufnehmen konnte, weil sie nicht linear Platz hatten. Und das eröffnet natürlich den Mediatheken im öffentlich-rechtlichen Bereich die Möglichkeit, tatsächlich ein viel breiteres Angebot zu haben, auch Sparten und Nischen zu besetzen, die im linearen Fernsehen vielleicht keinen Platz ha ben.

Dennoch bleibt es natürlich bei der Diskussion, wie viele Sen der man heute im linearen Bereich wirklich noch braucht, wie viele Radiosender, welche Radiosender gebraucht werden, ob nicht auch hier Dopplungen vorhanden sind. Weil zumindest eine Fraktion dies ein wenig anders sieht als wir, will ich Fol gendes sagen: