Raimund Haser

Sitzungen

16/9 16/19 16/20 16/28 16/34 16/36 16/40 16/43 16/45 16/47 16/54 16/57 16/59 16/60 16/61 16/62 16/66 16/68 16/71 16/75 16/76 16/81 16/82 16/85 16/87 16/88 16/93 16/94 16/97 16/113 16/114 16/118 16/120 16/123 16/125 16/130 16/133 16/135 16/137

Letzte Beiträge

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD stellt in dem Titel ihrer Aktuellen Debatte die Frage „Was nun?“, nachdem es in
Sachsen-Anhalt keine Entscheidung mehr über eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags zum 1. Januar 2021 gibt.
Dieses „Was nun?“ ist einerseits mit einem einzigen Satz be antwortet, birgt andererseits aber auch die Frage, wie es in haltlich, also medienpolitisch, im Land weitergeht. Die kurze Antwort auf „Was nun?“ ist sehr einfach: Das werden die Ge richte entscheiden. Die Sender haben das Bundesverfassungs gericht angerufen, und in den vergangenen Jahrzehnten konn te man sich stets darauf verlassen, dass das Bundesverfas sungsgericht zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk steht. Am Ende – das ist unsere Einschätzung – wird an der Umsetzung dieses Medienänderungsstaatsvertrags, den auch wir in die sem Haus am 11. November verabschiedet haben, kein Weg vorbeiführen.
Die Frage ist aber dann, wann diese Erhöhung kommt. Denn sie kann nicht rückwirkend in Kraft treten. Insbesondere an geschlagene Sender innerhalb der ARD trifft das verhältnis mäßig hart.
Wir in Baden-Württemberg profitieren wie so oft von unse ren guten Strukturen. Den SWR trifft die Nichterhöhung mo natlich mit 3 Millionen € bis zu dem Tag, an dem das Bundes verfassungsgericht die Beitragserhöhung eventuell doch noch erzwingt. Aber das sind im Monat 3 Millionen €, die der Sen der nicht hat und die irgendwo herausgeschwitzt werden müs sen – am Programm, an Mitarbeitern, an Investitionen in die fortschreitende Digitalisierung. Das alles ganz zu schweigen davon, dass die Mindereinnahmen bei der Landesanstalt für Kommunikation bedeuten, dass wir auch an dieser Stelle im Kampf gegen Fake News, in dem die LFK eine große Rolle spielt, geschwächt werden.
Wir, die CDU-Fraktion des Landtags von Baden-Württem berg, haben uns stets an die Entscheidung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten – kurz: KEF – gehalten, und wir werden das auch in Zukunft tun. Das gilt auch entgegen anderslautenden Medienberich ten von gestern über eine Arbeitsgruppe einer Bundesfachaus schusssitzung, die der SPIEGEL veröffentlicht hat, weiter. Dieses Papier, in dem eine Neuordnung des öffentlich-recht lichen Rundfunks steht, hat diesen Bundesfachausschuss nie wirklich erreicht.
Es ist eine Idee, und für Ideen darf man in einer Demokratie auch offen sein, aber diese Idee ist gänzlich gescheitert.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland ist zwar das teuerste System der Welt, aber in Sachen Finanzen auch das am besten kontrollierte der Welt.
Im 22. Bericht – Achtung, jetzt wird es spannend! – der KEF, 412 Seiten dick, lässt sich auch nachlesen, wie es zu dieser Entscheidung kommt. 86 Cent Erhöhung gehen zurück auf ei nen angemeldeten Mehrbedarf von insgesamt 3 Milliarden € für die Beitragsperiode 2021 bis 2024. 1,5 Milliarden €, also
die Hälfte dieser Mehrbedarfsanmeldung, hat die KEF der ARD und dem ZDF bereits zusammengestrichen. Es blieben also nur noch 1,5 Milliarden € übrig, die eben dann am Ende zu dieser Erhöhung um 86 Cent auf 18,36 € im Monat führen.
Diese Erhöhung ist also genau berechnet. Sie sollte und sie darf deshalb nicht Gegenstand politischer Ränkespiele sein.
Das heißt aber nicht, dass man nicht immer wieder über den Auftrag und die Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks diskutieren und sogar streiten darf und muss. Nur zu sagen: „So ist es, und so nehmen wir es hin“, das wäre für die Poli tik, glaube ich, zu wenig; das ist auch nicht unser Auftrag.
Hierzu liefert die KEF in ihrem 22. Bericht ja auch Vorlagen. Drei davon möchte ich aufnehmen.
Erstens: Die Enttäuschung über die Reformvorschläge aus dem System heraus ist insgesamt groß. In Sachen Strukturen verändert sich so gut wie nichts mehr. Auch dann, wenn, wie derzeit im Saarland, ganze Intendanzen verwaist sind, hat die Politik nicht den Mut, auf eigene Sendehäuser eventuell zu verzichten oder Fusionen anzustreben. Die letzte große Re form war der Zusammenschluss von SDR und SWF zum SWR. Seither kämpft hier jeder in dieser Bundesrepublik für Standorte, für Arbeitsplätze, für Wertschöpfungen in seinem Land.
Während sich die Welt dreht, On-Demand-Angebote wachsen und das Radio ins Internet wandert, blähen manche Sender sogar ihre Strukturen auf, anstatt sie zu verschlanken.
Wie viele Rundfunkräte braucht man wirklich, um die Gesell schaft abzudecken? Wie viele Programmdirektionen machen Sinn? Muss man sich in der Primetime tatsächlich wirtschaft lich selbstständige Moderatorenunternehmen zu horrenden Preisen einkaufen, die am Ende mehr politischen Einfluss ha ben als eine Bundestagsdebatte?
Manche ARD-Anstalten haben das Problem der Pensionslas ten noch immer nicht gelöst. Und dass nicht überlebensfähi ge Sender trotzdem am Netz bleiben, ist allein der Bereitschaft der anderen Sender wie z. B. des SWR zu verdanken.
Ja.
Ich habe nicht die Standorte des SWR infrage gestellt, sondern ich habe die Frage gestellt, wie
viele Intendanzen die ARD insgesamt noch braucht. Das war nicht auf den SWR und nicht auf das Land bezogen, sondern das war auf die Intendanzen bezogen. Wir wissen, dass es zwei Häuser gibt, die seit Beginn zu wenig Beitragsaufkommen ha ben, um die Finanzierung der Häuser selbst aus eigener Kraft zu stemmen. Ich glaube, dass man irgendwann beginnen muss, darüber zu reden.
Zweitens – damit komme ich schon zum Punkt; vielen Dank für die Überleitung, Herr Stickelbereger –: Es ist eben Aufga be der Politik, dafür zu sorgen, dass der Rundfunk in die Zeit passt. Denn der Auftrag ist es letztlich, der zu den Kostenstei gerungen führt, gepaart mit den Strukturen, die sich, wie in Baden-Württemberg auch, aus den Gesetzen ergeben. Beim Auftrag höre ich z. B. immer wieder, dass Unterhaltung in ei nem öffentlich finanzierten Programm nichts zu suchen habe oder dass es zu viel Sport im Programm gebe oder dass sich die Sender auf Nachrichten und Aktuelles konzentrieren soll ten.
Lustig wird es immer dann, wenn man fragt, auf welchen Sport man dann verzichten soll, wo denn die Grenze zwischen Nachrichten und Unterhaltung liegt oder ob es wirklich gut ist, wenn man den Menschen statt einer Auswahl im Abend programm zwischen Castingshow und anspruchsvollem deut schen Film nur noch die Castingshow übrig lässt.
Zu dieser Frage des Auftrags gehört auch die politische Inter pretation von Artikel 5 des Grundgesetzes. Sind es tatsächlich nur die Öffentlich-Rechtlichen, die die Basis unserer pluralis tischen Gesellschaft sind, oder sind das eben nicht auch Ra dios, Zeitungen und andere Medien? Wenn dem so ist: Ist der Medienbeitrag in seinen Verwendungsmöglichkeiten nicht eventuell irgendwann auch einmal weiter zu fassen, als es heu te der Fall ist?
Ein dritter Entwicklungsstrang lässt sich ebenfalls aus dem KEF-Bericht ableiten. Der rasante Übergang vom linearen zum On-Demand-Fernsehen ist eine große Chance, Kosten auf Dauer zu senken und gleichzeitig die Nutzung und damit auch die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ins besondere bei der jungen Zielgruppe deutlich zu erhöhen.
Der SWR spielt hierbei mit der Verantwortung für die ARDMediathek und dem Auftrag zur Digitalisierung eine zentrale Rolle. Aber das erfordert große Investitionen. Diesen Über gang vom klassischen Fernsehen in digitalisierte Angebote sollten wir also schon aus purem baden-württembergischen Eigennutz heraus an allen drei Standorten – zwei in BadenWürttemberg, einer in Rheinland-Pfalz – nicht schwächen, sondern stärken.
Dazu gehört auch, dass die Finanzierung auskömmlich sein muss.
Aber abgesehen von unserer Debatte hier und der Debatte über das System insgesamt dürfen wir in der Medienpolitik den Blick über den Tellerrand nicht vergessen. Ich habe es schon bei der letzten Debatte gesagt und wiederhole es gern: Wir müssen uns mehr um die Medienbranche insgesamt sorgen,
wenn wir den Boden unserer pluralistischen Gesellschaft nicht verlieren wollen.
Was nützt das beste duale System aus privaten und öffentli chen Medien, wenn andere, unkontrollierbare, mächtige und nicht in Deutschland beheimatete Konzerne wie Google und Facebook heutzutage mehr Meinung machen als alle Tages zeitungen, Radios, Fernsehangebote und Mediatheken der Öf fentlich-Rechtlichen in Deutschland zusammen?
Medienpolitik muss heraus aus der Fokussierung auf die im mer gleiche Frage: 86 Cent mehr oder weniger? Wir müssen hin zu einer aktiveren gesetzgeberischen, kontrollierenden Rolle. Noch immer lassen wir es wegen fehlender europäi scher, deutscher und internationaler Regeln zu, dass Algorith men nicht offengelegt werden, dass journalistische Angebote zwar gern verteilt werden, aber immer nur einer Geld dafür bekommt.
Wir lassen zu, dass Google bestimmt, was in der Suchmaschi ne ganz oben steht. Wir lassen zu, dass Facebook jedem sei ne eigene Filterblase baut und dass es immer nur einen gibt, der am Ende daran verdient: ein Unternehmen, dem die USRegierung mit Zerschlagung droht, während es in Deutsch land so gut wie keine Steuern zahlt und noch nicht einmal als Medienunternehmen eingestuft wird.
So wird das nicht mehr lange gut gehen. Unsere Medienviel falt lebt von vielfältigen Angeboten. Aber wenn unsere Ver lage und Privatradios erst einmal zu reinen Satelliten von Fa cebook & Co. degradiert worden sind, dann ist es zu spät. Dann rettet uns eben auch ein gutes öffentlich-rechtliches Sys tem nicht mehr.
Deswegen wünsche ich mir eine Öffnung der Debatte: Wo sind die Lücken im System? Wo fehlt Berichterstattung wirklich? Wo fallen Strukturen weg, die wir erhalten sollten?
Es geht in der Medienpolitik nicht um den „Tatort“ oder den Anteil Ostdeutschlands an der Berichterstattung in den „Ta gesthemen“. Es geht um den Erhalt unserer vielfältigen Me dien- und Meinungslandschaft, die uns nach dem Zweiten Weltkrieg den Weg in die Demokratie geebnet hat. Es geht um den Erhalt unserer medialen Selbstbestimmung, um die Schaf fung eines politischen Konsenses und um das Erbe unserer kulturellen Heimat.
Vielen Dank.
Herr Kollege Binder, ich woll te Sie nur fragen, ob Sie den Unterschied kennen zwischen ei nem Arbeitskreis, der unterhalb eines Bundesfachausschusses ist, und dem Bundesfachausschuss selbst,
und ob Sie wissen, dass die Frau Ministerin nicht Vorsitzen de des Arbeitskreises ist, der diesen Vorschlag gemacht hat, sondern dass sie Vorsitzende des Bundesfachausschusses ist,
den dieser Vorschlag
wichtig! – gar nie erreicht hat. Das heißt, dass die Ministe rin von diesem Vorschlag gar nie Kenntnis hatte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Privatschulen in BadenWürttemberg sind für uns keine Eliteschulen für bessere Leu te. Wir reden nicht von Eton oder von Princeton, wir reden von Schulen in privater, oft auch kirchlicher, konfessioneller Trägerschaft, die an ihrem Ort und an ihrer Stelle systemrele vant und allen Schülerinnen und Schülern gleichermaßen zu gänglich sind.
Wir glauben daran, dass Konkurrenz das Geschäft belebt. Das gilt nicht nur in der Bildungspolitik unter den Ländern, son dern auch innerhalb Baden-Württembergs im Vergleich der Systeme. Deshalb ist es folgerichtig, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung des Privatschulgesetzes die Fi nanzierung der Privatschulen im Land erstmals langfristig zu sichern. Privatschulen sind uns – wie alle anderen Schularten in Baden-Württemberg auch – etwas wert.
Mit der Novellierung erhalten die Privatschulen verlässliche 80 % der Bruttokosten. Weitere 10 % für die Finanzierung gibt es dann on top, wenn die Privatschulen auf eine Schul gelderhebung verzichten. Mit der Konkretisierung des Son derungsverbots wird gleichzeitig sichergestellt, dass der Be such einer Privatschule Kindern aus allen Einkommensschich ten möglich ist.
Wir, die CDU-Fraktion, stehen für den Erhalt der Schularten vielfalt und unserer Angebotsvielfalt; denn so vielfältig wie unsere Gesellschaft und die Schülerschaft in Baden-Württem berg sind, so vielfältig soll auch unsere Schullandschaft sein. Deshalb stärken wir nicht nur Privatschulen, sondern wir, die Regierungsfraktionen, haben in dieser Legislatur auch jede Schulart für sich gestärkt – individuell und nach den Anfor derungen.
Mit dem Gesetz vervollständigen die beiden Regierungsfrak tionen von CDU und Grünen die Bildungspolitik zugunsten einer Stärkung der Vielfalt in unserem Bildungssystem. Wir sind davon überzeugt, dass dieses Gesetz auch bei den maß geblichen Verbänden auf große Zustimmung stößt.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin das fünfte von fünf Kindern, und am ersten Weihnachtsfeiertag versammeln sich normalerweise 28 Personen im Haus meiner Eltern. All diese 28 Personen sind entweder direkt miteinander verwandt oder verschwägert oder anderweitig miteinander liiert. Wer in ei ner Großfamilie aufgewachsen ist, weiß, wie es sich anfühlt, wenn man sich gerade nach einem solchen Jahr an Weihnach ten nicht in den Armen liegen kann.
Noch schlimmer ist aber, wenn man Menschen überhaupt nicht mehr umarmen kann, weil sie gar nicht mehr da sind.
Es mag vielleicht witzig sein, wenn man in Fernsehspots jun ge Menschen zeigt, die auf Sofas herumlungern und als „Hel den“ bezeichnet werden. Aber die wahren Helden sind eben nicht die auf den Sofas, sondern jene, die anderen im Überle benskampf helfen.
0,4 % Todesrate mag sich nach wenig anhören, aber es sind 400 bis 500 Opfer der Pandemie pro Tag allein in Deutschland. Das zeigt, wie viel Leid diese
Pandemie auch über unser Land gebracht hat. Allein in Ba den-Württemberg kämpfen nach aktuellen Zahlen 330 beat mete Patientinnen und Patienten auf Intensivstationen gegen Covid-19 um ihr Leben. Wir sind heute in Gedanken bei ih nen und ihren Angehörigen, bei ihren Pflegern und ihren Ärz ten.
Deshalb, auch wenn sich vieles in mir sträubt, auch wenn die se Sehnsucht nach Nähe in mir immer wieder ausbricht und wenn ich mich sehr nach einem Familienfest an Weihnachten und an Silvester sehne, stehe ich doch – und das gilt genauso für meine Fraktion und für die allermeisten Menschen – hin ter dem, was die Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin be sprochen haben und was nun in die neue Corona-Hauptver ordnung gegossen wurde.
Ob ich und jeder von uns nun zu 100, zu 90 oder zu 80 % per sönlich hinter all den Maßnahmen im Einzelnen stehen: Wen interessiert das angesichts der Dimension, um die es geht?
Ja, ich hadere – wie viele andere auch – mit der Regelung an Silvester, und vielleicht müssen wir darüber auch noch ein mal reden. Ich hadere als Wintersportler und als direkter Nach bar zu meinen österreichischen und Schweizer Freunden auch mit der rigiden Haltung gegenüber diesem wunderbaren Frei luftsport, der für unsere Nachbarländer eben mehr ist als nur Unterhaltung.
Ja, ein bestimmtes Maß an Unterhaltung und Kultur sowie an gemeinsamer Besinnlichkeit ist auch ohne große Begegnung und Ansteckungsgefahr meines Erachtens noch möglich.
Ja, die Regelungen müssen immer auch nachvollziehbar sein, wenn sie Akzeptanz erfahren wollen. Deswegen hätte ich mir anstatt des Kompromisses, den wir nun bezüglich der zwei Ferientage vor Weihnachten geschlossen haben, unsere Lö sung gewünscht, nämlich es der Schule vor Ort zu überlassen, sie in die Verantwortung zu nehmen und zu fragen, ob eine Lösung vielleicht auch über bewegliche Ferientage möglich ist. Das hätte ich besser gefunden als das, was wir jetzt getan haben.
Aber: Wenn wir eine Pandemie besiegen möchten, geht es nicht um das kleine Karo und nicht um die Einzelfrage, es geht nicht um unsere eigene Befindlichkeit. Wenn wir nach links und rechts schauen und sehen, wie Corona täglich in anderen Staaten wütet und nicht nur enttäuschte Tennisspieler und Ski fahrer zurücklässt, sondern Witwen und Witwer, dann, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, bleibt nur die Feststellung übrig, dass wir alle gemeinsam bis zum heutigen Tag durch die mutigen Entscheidungen, die die Politik getroffen hat, vie le Menschenleben gerettet haben und die Wirtschaft in unse rem Land trotzdem nicht in Grund und Boden versunken ist.
Was wir deswegen stattdessen tun sollten, ist, nach vorn zu schauen und den Menschen die Zuversicht zurückzugeben, auf die sie so sehnsüchtig warten. Ein Freund hat erst am Wo
chenende zu mir gesagt: Vor vier Wochen war Donald Trump noch Präsident, und wir hatten keinen Impfstoff. Stand heute wird Trump wieder Hotelier, Joe Biden der nächste Präsident, und der Impfstoff ist in wenigen Tagen verfügbar.
Mich treibt die Zuversicht, dass wir als Familie im Frühjahr den Geburtstag meiner Mutter feiern können, die dann 85 wird. Mich treibt die Zuversicht, dass wir uns mit Beginn der nächsten Legislaturperiode wieder über Zukunftsthemen un terhalten können. In der Zwischenzeit müssen wir uns gedul den, unterstützt und getragen von einer Solidargemeinschaft, die in dieser Welt beinahe einzigartig ist.
Was Weihnachten angeht: Wer weiß, vielleicht kommen wir alle am Ende sogar noch zu der Erkenntnis, dass dieses heili ge Fest ursprünglich mal so gemeint war. Denn schließlich wurde der Menschensohn in einem Stall geboren, und wenn man Ochs und Esel und Hirten abzieht, dann war die heilige Familie nur zu dritt.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Salomon hat das Thema „Medienstaatsvertrag und Rundfunkstaatsvertrag“ bereits erläutert. Es ist mir aber schon wichtig, auf diesen Mei
lenstein der Änderung zum Medienstaatsvertrag noch einmal hinzuweisen.
Dennoch ist es wichtig, die Debatten über die Erhöhung des Rundfunkbeitrags weiterhin zu nutzen, um uns auch inhalt lich mit den Fragen auseinanderzusetzen: Warum gibt es die Erhöhung? Ist sie gerechtfertigt? Und in diesem Zug debat tiert man selbstverständlich auch immer über den Rundfunk selbst. Ich glaube, das ist auch gut so; denn wenn nicht bei der Bitte um mehr Geld darüber diskutiert wird, ob ein öffentlichrechtliches System gut ist, so wie es ist, wann sonst sollen wir das machen?
Ich möchte mich der Bitte von Herrn Salomon in Richtung Sachsen-Anhalt ausdrücklich anschließen. Der öffentlichrechtliche Rundfunk in Deutschland ist definitiv das teuerste System der freien Welt, aber es ist auch das beste der freien Welt. Es ist vor allem auch das kontrollierteste in der freien Welt.
Der KEF-Bericht umfasst 412 Seiten. Wen es interessiert, wie die Summe genau zustande kommt: 3 Milliarden € waren für die Beitragsperiode 2021 bis 2024 angemeldet. Aus diesen 3 Milliarden € sind 1,5 Milliarden € geworden, und diese 1,5 Milliarden € ergeben auf der Basis von fünf Jahren eine mo natliche Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 86 Cent. Diese Erhöhung ist genau berechnet, und wir halten sie für ange messen und maßvoll.
Trotzdem: Wenn man diesen Bericht liest, entdeckt man auch Ansatzpunkte, über die man reden muss. Drei davon möchte ich benennen.
Erstens: Wenn aus jahrelangen internen Reinigungsprozessen und aus einer langen Diskussion darüber, wo Einsparungen möglich wären, nur eine Bereitschaft zur besseren technischen Zusammenarbeit folgt, aber keine Diskussion über Intendan zen, die für sich selbst, aus den eigenen Mitteln nicht wirk lich lebensfähig sind, dann ist das schlicht und einfach zu we nig.
Zweitens: Nicht nur die Sender müssen sich fragen, ob Auf trag und Struktur passen. Das ist eine Aufgabe für die Politik. Denn Auftrag und Struktur sind eine Aufgabe der Politik. Wenn die Politik sagt: „Das ist mir zu teuer“, dann muss die Politik auch sagen, was sie nicht mehr möchte. Das kann man eben nicht an die Intendanzen abgeben.
Drittens: Der rasante Übergang vom linearen ins On-DemandFernsehen ist eine große Chance, Kosten auf Dauer zu sen ken. Das haben wir auch in dieser Pandemie gesehen. Und der SWR spielt hier im Bereich der Mediatheken eine sehr, sehr wichtige Rolle. Diesen Übergang sollten wir aus purem ba den-württembergischen Eigennutz heraus deswegen nicht schwächen, sondern wir sollten ihn stärken.
Aber abgesehen von unserer Debatte hier und von den Debat ten über das System insgesamt treibt mich medienpolitisch, ehrlich gesagt, eine ganz andere Frage als die Erhöhung viel mehr um: Was nützt das beste duale System aus privaten und öffentlich-rechtlichen Medien, wenn andere, unkontrollierba re, unheimlich große und mächtige und vor allem nicht in Deutschland beheimatete Konzerne wie Google und Facebook heutzutage mehr Meinung machen als alle Tageszeitungen,
Radio- und Fernsehangebote sowie Mediatheken in Deutsch land zusammen?
Kollege Salomon hat es angesprochen: Es gibt mit „funk“ jetzt auch ein junges Angebot. Aber dieses junge Angebot wird ge nau eine Million Mal auf der eigenen Plattform geklickt – und 398 Millionen Mal auf Youtube. Das ist schlicht und einfach ein Problem. Medienpolitik muss deswegen raus aus der Fo kussierung auf die immer selben Fragen und hin zu einer ak tiveren, gesetzgeberischen und auch kontrollierenderen Rol le.
Wir lassen es wegen fehlender europäischer und deutscher Re geln zu, dass Facebook seine Algorithmen nicht offenlegt, dass journalistische Angebote zwar gern von den Intermediären be nutzt werden – sie leben sogar davon –, aber die Wertschöp fung hat immer nur einen Haufen, und der liegt eben nicht bei den Verlagen, er liegt nicht im öffentlich-rechtlichen Rund funk, sondern er liegt letztlich bei den Intermediärangeboten, die dadurch immer größer und größer werden und zu Mons tern heranwachsen, die wir irgendwann nicht mehr kontrol lieren können.
Das Beispiel Jens Spahn zeigt ja gerade, dass die Alternative fehlt. Wenn er erfolgreich kommunizieren will, hat er nur die se eine Möglichkeit. Und das ist nicht ihm anzulasten, son dern da müssen wir Medienpolitiker uns fragen, was wir an dieser Stelle falsch gemacht haben.
So wird es leider nicht mehr lange gut gehen. Unsere Medi envielfalt lebt von vielfältigen Angeboten. Aber wenn die Ver lage und die privaten Radiosender erst einmal zu reinen Sa telliten von Facebook und Co. degradiert worden sind, ist es zu spät; dann rettet uns auch das öffentlich-rechtliche System nicht mehr.
Deswegen habe ich eine Bitte: Lassen Sie uns am öffentlichrechtlichen Rundfunk reiben. Lassen Sie uns aber die viel drängendere Aufgabe, den Erhalt unserer vielfältigen Mei nungslandschaft, nicht im Schatten dieser Debatte vergessen.
Vielen Dank.
Herr Gögel, ich höre Ihnen jetzt seit ungefähr einer Viertelstunde zu, wie die meisten in die sem Saal. Ich habe noch immer keine Antwort auf folgende zwei Fragen gehört: Glauben Sie, dass man diese Pandemie eindämmen muss – ja oder nein? Und falls Sie diese Frage mit Ja beantworten: Mit welchen Maßnahmen würden Sie das tun?
Herr Stoch, vielen Dank. – Ich habe eine kleine Nachfrage zu dem Thema Lüften. Ich möch te fragen, ob Sie erstens den Unterschied zwischen Stoßlüf ten und Unterricht bei offenem Fenster erläutern können.
Zweitens: Vorhin haben Sie gesagt, dass Sie es für richtig er achteten, dass die Schulen offen bleiben und der Unterricht stattfindet. Ich möchte Sie fragen, für wie viele Tage Sie das für richtig halten und wann die SPD damit beginnen wird, wie die GEW auch, irgendwann zu sagen, dass das unverantwort bar sei, oder ob wir uns wirklich darauf verlassen können, dass Sie, wie Sie gerade gesagt haben, es für richtig erachten, die Schulen so, wie dies jetzt der Fall ist, offen zu lassen.
Verehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Wie Sie wissen, trauen wir, die Mitglieder der CDU-Fraktion, Frau Susanne Eisenmann viel zu.
Für uns ist sie die Richtige, um uns in die Zukunft zu führen. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, möchte ich mich ausdrücklich dafür bedanken, dass Sie da noch einen Schritt weiter gehen. Denn wer, wie im Titel der
heutigen Debatte, sagt, die Zukunft unserer Kinder könne qua si von jemandem verspielt werden, der unterstellt, dass derje nige gleichzeitig auch die Fähigkeit besitzen muss, alleinver antwortlich der Zukunftsmacher der Kinder zu sein. Für die se Kompetenzzuweisung bedanken wir uns ausdrücklich. Vie len Dank.
Was das Thema an sich angeht – sehr geehrter Herr Fulst-Blei, zum Thema Zynismus kommen wir noch –, folgen wir eher dem afrikanischen Sprichwort, das sagt: Es braucht ein gan zes Dorf, um ein Kind zu erziehen. Wer glaubt, dass allein die Bildungspolitik über das Wohl und Wehe eines Kindes ent scheidet, der verwechselt den Lernort Schule mit dem Kris tallisationsort Schule, mit dem Ort, an dem alles Leben zu sammenkommt. Dieser Kristallisationsort Schule ist der Ort, an dem sichtbar wird, was ein Kind in seinem Rucksack mit sich herumträgt.
Lassen Sie uns doch einmal in diesen Rucksack hineinschau en. In diesem Rucksack liegt z. B. bei den allermeisten Kin dern – deshalb funktioniert es auch viel besser, als es die heu tige Debatte am Schluss wahrscheinlich darstellen wird; es gelingt den allermeisten Kindern gut, durch diese Krise zu kommen – ein Zettel, auf dem steht: Hast du deine Hausauf gaben gemacht? Wer einen Rucksack mit diesem Zettel hat, um den müssen wir uns in der Regel – egal, auf welcher Ni veaustufe, egal, in welcher Schule, egal, ob mit oder ohne Computer, egal, in welcher Sprache – keine Sorgen machen. Denn „Hast du deine Hausaufgaben gemacht?“ ist zwar nur eine einfache Frage, hinter der aber eine Haltung steckt, eine Haltung, die Kindern Struktur, Sicherheit und Verlässlichkeit gibt. Hinter dieser Frage stecken das echte Interesse an dem Erfolg eines Kindes und elterliche Liebe.
Wenn man mit Lehrern spricht, die schon lange dabei sind, dann reden sie genau über diesen Zettel, der bei manchen im Rucksack eben fehlt. Das sind zufällig dann genau diejenigen Kinder, von denen man wochenlang nichts hört. Das sind die, deren Eltern man als Lehrer anruft mit der Bitte, dass ihr Sohn oder ihre Tochter doch am nächsten Tag um 10 Uhr an der Vi deokonferenz teilnimmt – und er oder sie macht es wieder nicht. Das sind die, zu denen die Lehrer nach Hause fahren, um Arbeitsmaterialien abzugeben, und nach zwei Tagen wie derkommen, um festzustellen, dass in diesen zwei Tagen nichts geschafft worden ist. Das sind die ohne Abschluss, ohne Per spektive, die mit den falschen Freunden, das sind die mit den nicht gelingenden Biografien. Das sind die, die mit dem Zei gefinger auf die anderen zeigen.
Dabei wäre es manchmal so einfach. Denn die Frage „Hast du deine Hausaufgaben gemacht?“ hat die Trümmerfrau schon dem kleinen Hans gestellt, hat der türkische Gastarbeiter sei ner Ayse gestellt, hat der Spätaussiedler aus Russland seinem Juri gestellt, und der syrische Flüchtling stellt sie seiner Fat ma. Und Hans, Ayse, Juri und Fatma haben eines gemeinsam: Sie haben ein gelingendes Leben in einem System, das sie auf nimmt, das barrierefrei ist, das ausdifferenziert ist, das kos tenlos ist und das für sie genau das richtige Schulsystem ist.
Wenn man also darüber spricht, wodurch die Zukunft der Kin der in unserem Land tatsächlich verspielt wird, dann darf man sich nicht verhaspeln in den Zungenbrechern pandemiebe dingter Unterrichtsunnormalität. Man muss es auf den Punkt bringen: Diese Krise wirkt wie ein Blick durch das Brennglas auf Probleme, die schon immer da waren und um die wir uns deshalb umso mehr kümmern müssen.
Ihre Versuche der Vergangenheit, liebe Kolleginnen und Kol legen der SPD, waren genau das Gegenteil dessen, was man braucht, um diesem Problem entgegenzuwirken: die Abschaf fung der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung, Schul versuch „Schule ohne Noten“, Abschaffung von Sanktions möglichkeiten, Stärkung des Elternrechts als das alles Ent scheidende, Absenkung der Eingangsbesoldung, Einführung eines ungerechten Vergütungssystems im Lehrerzimmer, Kür zung der Leitungszeit. Ihr Beitrag zur Bildungspolitik in die sem Land bestand darin, einem funktionierenden System in vollem Lauf eine Eisenstange in die Speichen zu jagen.
Ihre Vorschläge und Bitten von heute verstärken bei mir den Eindruck, dass Sie es noch immer nicht wahrhaben wollen, dass Schule nur gelingen kann, wenn man dem Elternwillen und dem „Wünsch dir was“ des Alltags Struktur, Leistungs anspruch und Möglichkeiten zur Durchsetzung dieses An spruchs entgegensetzt.
Deswegen kann natürlich nicht die Rede davon sein, dass wir die Schulpflicht ausgesetzt hätten. Wir haben lediglich dafür gesorgt, dass Kinder zu Hause bleiben können, wenn ihr Ge sundheitszustand oder der ihrer Umgebung dies verlangt.
Wenn wir das Gefühl haben, dass uns ein Kind verloren geht, dann haben wir seit Anfang Mai die Möglichkeit, es unter An wesenheitspflicht in der Schule zu unterrichten.
Natürlich sind wir Schülerinnen und Schülern in Fragen der Prüfungsordnung entgegengekommen. Das werden wir auch im kommenden Schuljahr machen. Wir lehnen es aber ab, uns durch „Durchschnittsabitur für alle“-Debatten von dem An spruch abbringen zu lassen, ein leistungsorientiertes Schul system auch in Pandemiezeiten aufrechtzuerhalten.
Schule ohne Abstand, das ist ein Ritt auf der Rasierklinge. Das muss uns allen klar sein. Das ist uns auch bewusst. Dieser Schritt erfolgt aber genau aus dem Motiv heraus, Herr FulstBlei, das Sie antreibt. Dass wir uns in der Abwägung zwischen „Alle müssen gesund bleiben“ und „Wir wollen die Zukunft unserer Kinder nicht aufs Spiel setzen“ für den mutigen Weg, für mehr Verbindlichkeit, mehr Kontrolle, mehr Schule, mehr Bildung, mehr Leistung und mehr Verantwortung entschieden haben, das ist doch die fleischgewordene Antithese zu Ihrer im Titel dieser Debatte gestellten Frage.
Am meisten ärgert mich dann, wenn man sich aus schierer Verzweiflung heraus auf die Seite derjenigen stellt, die mit
verschränkten Armen an der Wand lehnen und den Arbeiten den in Schule und Gesellschaft vorwerfen, alles falsch zu ma chen.
Ja, da läuft auch mal was schief. Ja, das wissen wir auch. Von uns aus kann Corona auch weg. Aber dann in die Debatte um den richtigen Weg durch die Pandemie für 1,5 Millionen Schü ler, deren Eltern, die Arbeitgeber, Omas, Opas, Lehrerinnen und Lehrer, Hausmeister und Schulsekretärinnen alles hinein zumischen, was einem sonst noch an Bildungsthemen gerade einfällt, das ist einfach nur dreist.
Ihr ewiger Singsang von der massenhaften Arbeitslosigkeit von Lehrern über die Sommerpause wird nicht richtiger, wenn man ihn immer wieder wiederholt. 97 % der Lehrkräfte sind entweder verbeamtet, oder sie sind dauerhaft fest angestellt. Von den verbleibenden 3 800 Lehrerinnen und Lehrern ist nur ein Drittel tatsächlich für den Lehrerberuf ausgebildet, und von diesen sind 70 % wiederum nur ein oder zwei Jahre in dieser befristeten Zeit. Wir reden also über einen verschwin dend geringen Prozentsatz und nicht über eine Massenarbeits losigkeit von Lehrern über die Sommerpause.
Bleibt noch Ihre Kritik zum Thema Nachhilfe. Da wundert mich das Herumeiern schon sehr. Man kann der Meinung sein, Lehrer seien ohnehin zu belastet, um die Lernbrücken noch durchzuführen.
Man kann auch der Meinung sein, die Schüler bräuchten im Sommer Ruhe. Man kann auch der Meinung sein, die Schü ler bräuchten das Gegenteil von Ruhe. Nur eines kann man nun einmal nicht: Man kann nicht alle Meinungen gleichzei tig vertreten. Das geht nun mal nicht.
Wir haben uns entschieden, dass wir Lernbrücken für bis zu 16 Schüler je Gruppe für jene anbieten, denen der Klassen lehrer ein wenig Nacharbeit empfiehlt. Natürlich kann man das auch anders machen. Aber bis wir das ausdiskutiert ha ben, ist der Sommer halt vorbei.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, uns treibt in der Bil dungspolitik der Anspruch auf Qualität, Verlässlichkeit, Leis tungsorientierung und Struktur. Diesen Anspruch verwirkli chen wir in einem differenzierten Bildungsangebot, das der Heterogenität in den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schü ler entspricht. Wir wollen diesem Anspruch auch in der Pan demie so gut es geht gerecht werden.
Frau Eisenmann ist in unseren Augen nicht diejenige, die die Zukunft der Kinder in unserem Land verspielt, sondern sie ist diejenige, der das gelingt, wozu Sie nachgewiesenermaßen nicht in der Lage sind.
Vielen Dank.
Herr Dr. Fulst-Blei, ich wollte Ihnen nur ganz kurz auf die Frage antworten, warum die Mi nisterin nichts gesagt hat. Wenn man zu einem Thema nichts sagt, heißt das nicht, dass man Nein sagt.
Wenn einer sagt, man könne sich eine Nachhilfe vorstellen, und der andere sagt einfach nichts, dann heißt das nicht, dass man sich die Nachhilfe nicht vorstellen kann.
Es muss ja auch für die Zeit nach den Sommerferien noch et was übrig bleiben. Insofern glaube ich, dass die Debatte an dieser Stelle weitergeht.
Herr Dr. Kern, ich weiß, dass Ihnen das Thema Referendare sehr am Herzen liegt. Aber ich bitte die Wirtschaftspartei FDP einfach mal, eine Umfrage bei den eigenen Mitgliedern zu machen und sie zu fragen, ob es irgendein Unternehmen gibt, das jemanden am 1. August eines Jahres einstellt, obwohl man weiß, dass man ihn erst ab dem 15. September brauchen wird.
Ich kenne keinen einzigen Arbeitsvertrag, der so funktioniert, dass man sagt: „Ich gebe dir einfach mal sechs Wochen lang Geld, und wenn du dann da bist, ist es gut.“ Deswegen kann ich die Debatte, die ausgerechnet von Ihnen ausgeht, nicht wirklich verstehen.
Was das Stichwort „1 Gbit/s“ angeht, wissen Sie selbst, wie viel ein 1-Gbit/s-Anschluss ist. 6 000 von 9 000 km Breitband kabel wurden allein in dieser Legislaturperiode verlegt. Wir haben dafür über 1 Milliarde € ausgegeben, und wir arbeiten weiter daran.
Was die Endgeräte betrifft – Sie haben gesagt, man solle doch endlich die Endgeräte zur Verfügung stellen –: Sie wissen selbst besser als viele andere in diesem Saal, dass wir 130 Mil lionen € zur Verfügung stellen, um Endgeräte zu bestellen, und zwar nicht im nächsten Jahr, sondern für das nächste Schuljahr. Dadurch, dass der Weg hierfür nun frei ist und die Geräte sofort bestellt werden können, ist auch an dieser Stelle tatsächlich ein Meilenstein gesetzt. Insofern ist es manchmal besser, nicht alles schlechtzureden.
Sehr geehrter Herr Dr. Fulst-Blei und auch Herr Dr. Kern, weil Sie mir eine andere Realität unterstellt haben: Meine Realität stammt aus Telefonaten, aus Videokonferenzen, aus persönli chen Besuchen bei Schulen. So, wie Sie vorhin von dem al leinerziehenden Vater berichtet haben, so ist auch das, was ich sage, das Ergebnis eigener Recherchen. Vielleicht sollten wir die unterschiedlichen Rechercheergebnisse einmal zusammen werfen.
Vielen Dank für die Debatte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In Baden-Württemberg gibt es 1 043 Naturschutzgebiete, die 2,4 % der Landesfläche über decken. Die allermeisten von ihnen wurden noch im vorigen Jahrhundert eingerichtet. Seit den 1990er-Jahren sind nicht nur die FFH-Flächen im Rahmen von Natura 2000 und eine Fokussierung der Auszahlungen aus der zweiten Säule für na turnahe Bewirtschaftungsmethoden nach MEKA und FAKT hinzugekommen, sondern auch die Biosphärengebiete Schwä bische Alb und Südschwarzwald sowie der Nationalpark. Das zeigt, wie ernst wir es mit dem Naturschutz meinen.
Wir verzeichnen in manchen landwirtschaftlichen Bereichen bundesweit den höchsten Bioanteil. Die Hofgrößen und Land wirtschaftsstrukturen im Land sind weit von dem Wahnsinn entfernt, der teilweise in anderen Bundesländern, in Europa und in der Welt herrscht. Die Nitratbelastung in unserem Land bestimmt zwar viele Debatten, aber die tatsächlichen Werte zeigen, wie erfolgreich die SchALVO und andere Maßnah men zum Schutz unserer Gewässer waren und sind.
Wochenmärkte und Hofläden sind nicht nur in Coronazeiten Ausdruck eines tiefen Verständnisses der Menschen für land wirtschaftliche Wertschöpfung aus der Region und den Wert von Lebensmitteln an sich. Auf den Märkten kommen auch Naturschutz und Landwirtschaft zusammen. „Schützen durch Nützen“ – dieses Prinzip steht in Baden-Württemberg nicht nur auf dem Papier, es wird sowohl von den Umwelt- und Na turschützern als auch von den Bäuerinnen und Bauern gelebt.
Die Landschaftserhaltungsverbände schützen die Kulturland schaft, und zwar nicht mit den eigenen Maschinen, sondern mit der Arbeit, dem Schweiß, den Maschinen und dem Enga gement von Bäuerinnen und Bauern. Wir haben im Umwelt schutz in den vergangenen Jahrzehnten den Kampf an vielen Stellen gleichzeitig geführt. Heute ist das Wasser sauberer, der Wald gesünder und die Luft frischer, als sie es in diesem Land in den letzten 50 Jahren jemals waren.
Diese Aufzählung ließe sich fortsetzen. Sie soll aber genügen, um das Biodiversitätsstärkungsgesetz, das wir heute durch Änderungen im Naturschutzgesetz und im Landwirtschafts- und Landeskulturgesetz beschließen, richtig einzuordnen.
Es ist nicht so, dass wir durch das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ plötzlich anfangen, die Natur zu schützen. Vielmehr erweitern wir das, was bereits vorgegeben ist und was gelebt wird, um die Komponenten Pflanzenschutzmittelreduktion, verpflichtender Biotopverbund, Regeln für das Anlegen von Gärten und für Beleuchtungsanlagen sowie weitere Regelun gen, auf die sich die Verbände aus Naturschutz und Landwirt schaft geeinigt haben. Damit setzen wir uns im Naturschutz erneut deutschlandweit an die Spitze und werden damit unse ren eigenen Ansprüchen gerecht.
Dass auf diesen Schritt noch viele folgen müssen, wissen wir alle. Aber wir sind auf einem Weg, und darum geht es. Das müssen, das sollten auch diejenigen anerkennen, denen der Kompromiss zu weit geht oder eben nicht weit genug geht. Denn der Kompromiss ist eben nicht faul. Er ist in vielen Tei len bemerkenswert: Ein Fünftel aller landeseigenen Grünflä chen werden zu Blühflächen. Wir passen die Beleuchtung von Gebäuden dem Lebensrhythmus der Insekten an, wir fördern die Forschung, um die Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbs fähigkeit der Landwirte in unserem Land bei den schwierigen Umstellungen sicherzustellen. Pflanzenschutzmittel werden nicht nur in Privatgärten verboten, sondern auch auf Flächen, die sich in öffentlicher Hand befinden, und die Ökolandbau quote ist erstens marktkonform, und zweitens wird sie von der Marketingkampagne „Natürlich. VON DAHEIM“ begleitet.
Wir geben die Arbeit nicht nur ab, wir verbieten nicht nur, wir leisten auch vonseiten der Politik selbst unseren Beitrag. Wir verzahnen Verwaltung, Wissenschaft und Praxis so eng wie nötig, lassen den einzelnen Akteuren dabei aber so viel Frei heit wie möglich.
Natürlich hätte es noch Wünsche zur Veränderung gegeben. Namentlich möchte ich die Initiative zu einem raumübergrei fenden regionalen Biotopverbund nach dem Vorbild des Re gionalverbands Bodensee-Oberschwaben nennen. Aber das,
sehr geehrter Herr Stoch und sehr geehrter Herr Ministerprä sident, ist halt das Problem bei einem Prozess, aus dem der Landtag mehr oder weniger herausgehalten wird. Ob NABU oder andere Verbände – lauter hätte man uns nicht sagen kön nen, wir sollten die Finger vom Gesetz lassen, um den Kom promiss am Ende nicht zu verwässern. Nun denn, dann wer den wir das eben zu einem anderen Zeitpunkt in Eigenregie anpassen müssen.
„Zukunft wird aus Mut gemacht“, so singt es nicht nur Nena, so ist es auch hier. Baden-Württemberg geht mit diesem Ge setz mutig voran. Ich lade Sie ein, der Landesregierung zu fol gen und diesen Gesetzentwurf in großer Entschlossenheit in diesem Haus zu verabschieden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute biegen wir in die Schlusskurve eines sehr nerven- und kräftezehrenden Mara thons ein. Wir bringen heute ein ausgewogenes und mit allen wesentlichen Verbänden ausdiskutiertes, in der Bevölkerung erwünschtes und bundesweit aufsehenerregendes Gesetz ein, das – das möchte ich ausdrücklich betonen – für uns keinen Wendepunkt oder einen Paradigmenwechsel in der Wirtschafts- und Naturschutzpolitik in Baden-Württemberg darstellt, son dern eine konsequente und ausgewogene Weiterentwicklung dessen ist, was dieses Land von der ersten Stunde an auszeich net.
Baden-Württemberg ist anders. Ich will selbstbewusst hinzu fügen: Es ist schöner. Das liegt an der abwechslungsreichen Kulturlandschaft, die uns unsere Vorfahren hinterlassen ha ben. Das Zusammenspiel zwischen natürlicher Schönheit und dem, was der Mensch daraus gemacht hat, beschreibt schon ein altes Kirchenlied, in dem es heißt:
Was uns die Erde Gutes spendet, was unsrer Hände Fleiß vollbracht,...
Natur und Mensch gehen in dieser Landschaft miteinander um. Das hat zu großartigen Landschaften – von den Streuobst wiesen über die ertragreichen Äcker bis zu den Wiesenland
schaften in unserem Land – geführt. Beides gilt es gleicher maßen zu erhalten.
Umso mehr ist es nur konsequent, dem Artenschwund und der Biodiversität auf der einen Seite und den schwierigen Markt bedingungen der Bäuerinnen und Bauern auf der anderen Sei te durch dieses Gesetz gleichermaßen Rechnung zu tragen. Nicht zu jedem Zeitpunkt dieses ungewöhnlichen Verfahrens war diese Verantwortungsgemeinschaft zwischen Bewirtschaf tern und Naturschützern allen Akteuren bewusst. Namentlich möchte ich auch jene Verbände, Abgeordneten und Parteien nennen, die zu Beginn des Volksbegehrens „Rettet die Bie nen“ mit wehenden Fahnen für jenes Ursprungsmodell des Volksbegehrens eintraten, das in letzter Konsequenz – das hat auch der Umweltminister vorhin gesagt – tatsächlich einen Paradigmenwechsel bedeutet hätte, und zwar nicht zum Woh le der Landschaft,
sondern zu einem ideologischen, bewirtschaftungsfeindlichen Konstrukt, das fernab jeglicher Realität schwerwiegende Fol gen für Bäuerinnen und Bauern und damit auch für den Er halt unserer Kulturlandschaft gehabt hätte.
Selbst nach dem Rückzug z. B. der Hopfenbauern aus Tett nang oder der von Beginn an konsequenten Weigerung des Landesnaturschutzverbands haben es andere vorgezogen, auf diesen Zug – warum auch immer – aufzuspringen, wohlge merkt einen Zug, den wir nicht mehr hätten aufhalten können. Nur durch die Weitsicht dieser Landesregierung – auch unser Dank gilt beiden Ministern gleichermaßen, Herrn Hauk und Herrn Untersteller, die das Heft in die Hand genommen ha ben – ist es gelungen, gemeinsam mit den Verbänden einen neuen Entwurf zu machen, den wir heute in Gesetzesform gie ßen.
Wie jede Fortentwicklung besteht auch die Weiterentwicklung der bestehenden Gesetze aus kleinen Mosaiksteinen, die wir nun im weiteren Prozess mit Leben füllen müssen. Ein Mo saikstein ist z. B. das Bekenntnis zu einer den Bedürfnissen der Landwirtschaft angepassten Pflanzenschutzmittelredukti on. Ein weiterer Mosaikstein sind auf der anderen Seite aber auch Maßnahmen, die die Verantwortung urbaner Zentren, des Verkehrs, des Flächenverbrauchs, der Bewirtschaftung von Privatgärten und öffentlichen Flächen beim Verschwinden von Biodiversität betonen.
Insektenfreundliche Beleuchtung, Rücksichtnahme auf die Belange von Insekten und Fledermäusen, das Verbot des Ein satzes von Pestiziden in Privatgärten und das Pochen auf na turnahe Privatgärten, all das zeigt, dass es eben nicht immer nur die Landwirtschaft ist, die Biodiversität gefährdet. Es ist der Mensch, der nach Aufgeräumtheit strebt, der Vielfalt un terbindet.
Letztlich ist es ganz einfach: Die Natur ist dort zu Hause, wo man sie Natur sein lässt. Biodiversität ist – verkürzt – das Er gebnis der einfachen Rechnung: Fläche mal Zeit. Und nur auf Rückzugsflächen kann Vielfalt wachsen.
Deshalb sind die Regelungen zur Biotopvernetzung und zu äußerst wertvollen Refugialflächen innerhalb bereits bewirt schafteter Gebiete besonders wichtig. Was heute auf vielen Höfen, Obstplantagen und Weingärten, z. B. im integrierten Anbau, schon längst Usus ist, wird nun auch ausgeweitet.
Machen wir uns also auf den Weg zu mehr Vielfalt – gemein sam, verständnisvoll und, ganz wichtig, in einem guten Dia log zwischen den Bewirtschaftern und der Bevölkerung, zwi schen der Politik und der Gesellschaft, zwischen Wünschens wertem und Machbarem und zwischen Ideologie und Reali tät.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit ein paar Bei spielen zeigen, über was wir heute mit diesem Gesetz zum Medienstaatsvertrag abstimmen.
Ihr Sohn ist 13, und er schaut sich im Internet ein gewaltver herrlichendes Video an. Das ist millionenfach geklickt wor den; das gibt es. Sie kommen in sein Zimmer und erwischen ihn dabei. Natürlich gibt es Regeln im Netz, und Sie haben ihm natürlich auch verboten, das zu tun. Aber Sie fragen sich: Wie kommt er überhaupt darauf? Wie kann ich das so regu lieren, dass er das nicht mehr tut? Warum passt man sozusa gen nicht auf diesen Computer meines Sohnes auf?
Der zweite Fall: Ihre Tochter, 16 Jahre alt, kommt nach Hau se. Sie essen zu Abend, und plötzlich fängt sie an, verstören de Dinge über den Holocaust zu sagen. Sie sagt, das sei doch alles gar nicht passiert; das habe sie im Internet gelesen. Das
stimme doch alles gar nicht. Sie fragen sich: Woher hat sie denn das? Sie hat es natürlich aus dem Internet; sie hat es von irgendeiner Website, die sehr gut aussieht und sehr gut aufge macht ist, die sogar anhand von Videos zu beweisen scheint, dass das alles nur gelogen sei.
Der dritte Fall: In Ihrer Küche steht ein lustiges kleines Gerät – ich nenne dieses Gerät jetzt Max, damit niemand beleidigt ist –, und Sie sagen: „Max, bitte spiel Radio Regenbogen für mich.“
Max sagt daraufhin: „Oh, das kenne ich gar nicht. Aber schau mal, was ich für dich gefunden habe.“ – Genau so kann man Marktmacht ausnutzen.
Damit all das nicht passiert, damit diese drei Fälle, die ich auf geführt habe, nicht eintreten, gibt es den neuen Medienstaats vertrag. Darin sind auch Teile enthalten, die schon in den Rundfunkstaatsverträgen enthalten waren. Das ist aber der Grund, warum wir uns dieser neuen Welt widmen müssen und warum das Wort „Rundfunkstaatsvertrag“ eben nicht mehr zeitgemäß ist.
Medienplattformen und Medienintermediäre, also Websites, Apps, Videoplattformen usw., Video-on-Demand, ausländi sche Nachrichtenseiten haben wirtschaftlich, gesellschaftlich und auch politisch so sehr Einfluss gewonnen, dass wir nicht weiterhin den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die von der Landesanstalt für Kommunikation überwachten privaten Anbieter in unserem Land an die Kandare nehmen können, während wir das Internet einfach außen vor lassen.
Wie wichtig das ist, zeigt die aktuelle JIM-Studie – „JIM“ steht für „Jugend, Information, Medien“ –: Neun von zehn Ju gendlichen zwischen zwölf und 19 Jahren nutzen täglich das Internet, und zwar bis zu 200 Minuten lang pro Tag. Natür lich müssen wir uns daher dem Thema Medienkompetenz wid men. Wir müssen diese Jugendlichen aber auch aktiv schützen, z. B. vor Schleichwerbung, vor unlauteren Geschäftsmetho den, und wir müssen ihnen zeigen, was Freiheit heißt.
Wir ziehen Plattformen und Intermediäre in diese Verantwor tung, in diese Regulierungen ab sofort mit ein. Das gilt nicht nur für Angebote aus Deutschland, sondern auch für Angebo te, die aus dem Ausland kommen, die aber aufgrund der Spra che und des Themenbezugs eindeutig für deutsche User be stimmt sind. Diese Anbieter werden künftig kontrolliert. Sie müssen z. B. technisch sicherstellen, dass man als Erziehungs berechtigter bestimmte Inhalte sperren kann, wenn die eige nen Kinder die eine oder andere Plattform nutzen. Im ersten Fall, den ich geschildert habe, kann ich als Papa oder als Ma ma künftig Kategorien freigeben, die man anschauen darf; an dere darf man dann also nicht anschauen.
Die Anbieter müssen zudem sicherstellen, dass der Jugend medienschutz eingehalten wird. Sie müssen bei journalisti schen Inhalten, wie im beschriebenen zweiten Fall, gewisse Standards einhalten. Fake News können also angezeigt wer den, und es ist nicht mehr von Bedeutung, ob der betreffende Server im In- oder im Ausland steht.
Im dritten von mir eingangs geschilderten Fall wird sicherge stellt, dass „Max“ keine Anbieter diskriminiert. Hinzu kommt, dass Geschäftsmodelle überprüft werden müssen, wenn sie auf Schleichwerbung basieren. Das ist schon jetzt so, aber es wird auf Plattformen ausgeweitet, die wir bislang nicht kont rollieren konnten und durften.
Natürlich gibt es, wie immer, auch Kritik. Der eine hatte sich mehr erhofft, der andere hätte vielleicht gern weniger. Natür lich ist so ein erster Wurf nie perfekt. Wir haben inzwischen über 40 Rundfunkstaatsverträge. Aber der Medienstaatsver trag ist auf jeden Fall eine Kampfansage. Und dieses Signal war wichtig.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Was lange währt, wird end lich gut. Das passt gut zu diesem Gesetz, das wir heute auf dem Tisch haben, das, auch wenn es um ein Rettungspaket geht, nichts mit Corona zu tun hat. Dafür ist die Geschichte
zu alt, und sie hat zu früh begonnen. Wie Kollege Salomon bereits gesagt hat, haben wir das schon bei den Medientischen thematisiert: Was passiert mit dem regionalen Fernsehange bot?
Wenn ich auf diese Medientische zurückschaue, muss ich sa gen: Wir hätten uns mehr vorstellen können. Es waren auch mehr Vorschläge auf dem Tisch. Aber wie immer, wenn man im Medienbereich unterwegs ist, verfolgen nicht alle Teilneh mer dieselben Ziele, und deswegen bin ich froh, dass wir we nigstens ein paar Punkte davon umsetzen können. Ich möch te aber eindeutig sagen, dass es nicht an der Regierung liegt, sondern auch an der schwierigen Konstellation, die wir teil weise in dieser Branche haben.
Mit dem heutigen Tag schaffen wir weitaus mehr als nur die gesetzliche Voraussetzung, zukünftig die 4,2 Millionen €, die wir im Doppelhaushalt pro Jahr veranschlagt haben, auszu schütten. Wir führen in Baden-Württemberg das erste Mal eine sogenannte Betrauungsnorm ein. Das ist ein Instrument, auf das ich gern näher eingehen möchte, weil es diesen Tag näm lich zu einem historischen Tag in der Medienpolitik macht, auch wenn man das an der Aufmerksamkeit im Plenum nicht wirklich merkt.
Nicht falsch verstehen: Wir haben diese Betrauungsnorm nicht wirklich erfunden. Sie kommt in der Schweiz vor, sie begeg net uns in Bayern, und sie ist nichts anderes als die Möglich keit, aus dem Landeshaushalt heraus Geld zur Verfügung zu stellen, das über eine Rundfunkanstalt, in unserem Fall die LFK, an die regionalen Rundfunksender ausgezahlt wird.
Historisch ist diese Änderung dennoch deshalb, weil sie an ei nem wichtigen Punkt eine Entscheidung, eine unserer Mei nung nach längst überfällige Entscheidung trifft. Diese Ände rung des Landesmediengesetzes stellt nämlich die allzu gro ßen Bedenken der Staatsferne unter bestimmten Vorausset zungen zurück, nämlich dann, wenn das Interesse nach Arti kel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes, wenn also die Pflicht zur Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit stärker wiegt und wenn, wie hier geschehen, die Staatsferne durch die Betrau ung einer unabhängigen Institution wie der Rundfunkanstalt gewährleistet ist.
Warum ist es so wichtig, dass wir uns hier sozusagen einmi schen? Weil sich die Dinge dramatisch verändert haben, weil es unsere Pflicht seitens der Landespolitik ist, uns der Verro hung der Medien und damit auch der Gesellschaft zu stellen, weil dieses Sich-Stellen heute mehr gefordert ist als nur ein Schulterklopfen auf diejenigen, die unter existenzbedrohen den Situationen arbeiten müssen, und weil es längst um Exis tenzen in der Medienlandschaft geht und damit auch um die Existenz des Fundaments unserer Demokratie.
Wir müssen aktiv werden, weil das, was heute auf unseren Straßen los ist, auch das Ergebnis einer medialen Überfrach tung aus dem In- und Ausland ist, der man nicht mit Zensur und nicht mit einem Ins-Lächerliche-Ziehen, nicht mit Über heblichkeit und auch nicht mit dem Abschalten des Internets oder mit Eingriffen in das Recht auf freie Meinungsäußerung begegnen kann, sondern weil wir Desinformation mit Infor mation, weil wir Desinteresse mit Interesse, weil wir Fakes mit Fakten und Unaufmerksamkeit mit Aufmerksamkeit be kämpfen müssen.
Wenn Sie an dieser Stelle mit mir übereinstimmen, dann reicht es eben nicht, immer nur zu sagen: „Es ist toll, dass wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben, der uns mit allem ver sorgt, was wir brauchen, und was da nicht läuft, ist nicht pas siert“, und dann reicht es auch nicht, es toll zu finden, dass wir neben diesem informationellen Schlachtschiff auch noch ei nen privaten Fernseh-, Radio- und Zeitungsmarkt haben, der als zweite Säule nicht nur der Garant ausgewogener Bericht erstattung ist, sondern auch wirtschaftlich von großer Bedeu tung für das Medienland Baden-Württemberg, sondern dann müssen wir neben diesem Toll-Finden auch dafür sorgen, dass wir Taten folgen lassen, und diese Tat folgt heute.
Die Kritik von VAUNET und anderen an diesem Gesetz, die natürlich zu Recht gefragt haben: „Warum bekommen die Geld und wir nicht?“, möchte ich auf zweifache Weise beant worten.
Erstens: weil professionelle Bewegtbildberichterstattung, wenn sie gut sein soll, ein Erlösmodell voraussetzt, das bei den nun begünstigten regionalen Must-carry-Sendern nicht in Sicht ist. Es ist unmöglich, gleichzeitig ein wirtschaftlich betreibbares Modell und eine professionelle Redaktionsausstattung, wie wir sie uns vorstellen, zu haben. Dieses Problem haben ande re Genres auch in Nicht-Coronazeiten eben nicht in diesem Ausmaß.
Die zweite Antwort: weil die Unterstützung privater Radio sender zwar unbedingt notwendig ist, diese aber auch ander weitig, z. B. durch Kooperationen im Bereich der Funkturm lizenzen oder in einer fairen Aufteilung des Werbemarkts, re alisiert werden kann, oder weil, wie heute geschehen, die LFK durch einen Nachtragshaushalt noch einmal Geld in die Un ternehmen stecken kann.
Was die Zeitungen anbelangt – das prophezeie ich jetzt ein fach mal –, werden wir uns auch da irgendwann überlegen müssen, wie wir die Transformation seitens des Staates posi tiv begleiten können.
Aber das tun wir nicht heute. Heute stimmen wir für die vor geschlagene Anpassung des Landesmediengesetzes und ge hen damit einen kleinen Schritt für die Medienbranche, aber einen großen Schritt für die Medienpolitik in diesem Land.
Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine E-Mail eines Freundes von mir, vor ein paar Tagen geschickt, hat mit den Worten ge endet: „Jetzt wird es persönlich. Das bin ich. Ich pack das fast nicht.“
Ich glaube, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, das ist das, was in uns sehr stark rumort. Mit „uns“ meine ich jetzt nicht nur uns Parlamentarier, sondern – das, glaube ich, darf ich sagen – uns junge Väter, die schulpflichtige Kinder zu Hause haben. Das teilen wir natürlich auch mit Hunderttau senden, mit Millionen Haushalten draußen vor unserer Tür. Ich glaube, dass dieses Gefühl „Ich pack das nicht mehr“ auch ein Stück weit der Boden für die Diskussionen ist, die uns in den letzten Tagen erreichen, die auch an Aggressivität zuge nommen haben, die plötzlich in E-Mails auftauchen, die wir inhaltlich vielleicht nicht verstehen, die drei Minuten später womöglich schon ganz anders ausfallen.
Ich glaube, dieses „Ich pack’s nicht“, diese Situation müssen wir auch greifen. Ich habe das Gefühl, das liegt ein Stück weit auch daran, dass wir immer davon ausgegangen sind: Wir ma chen die Schulen zu. Dann kommen die drei Wochen. Dann kommen die Osterferien, und irgendwann, etwa am 19. April, nach den Osterferien ist es dann sicher auch mal wieder vor bei.
Irgendwann in dieser Zeit hat man dann gemerkt – außer der SPD; alle anderen haben es vorher nicht gewusst –, dass es nicht wieder normal wurde und dass es ein sehr langer und mühsamer Weg wird.
Ich glaube, dass die Szenarien schon da waren. Aber zumin dest bei den Menschen auf der Straße gab es das Szenario, dass es schneller geht, als es jetzt gegangen ist. Wir alle ha ben noch die V- und U-Kurven usw. im Kopf. Ich glaube, das führt ein Stück weit auch zu der Unzufriedenheit, die draußen herrscht und die nachvollziehbar ist. Auch die Fragen: „Wann öffnen die Schulen wieder? Wann öffnen die Kindergärten?“ lassen sich nicht immer beantworten. Die Unzufriedenheit kann ich nachvollziehen. Es wird gesagt: Wir möchten auf Sicht fahren. Wir möchten ein Stück weit ein fixes Datum ha
ben. Wir möchten auch wissen, ob die alle wiederkommen. Wir möchten sozusagen ein Stück weit Verlässlichkeit haben.
Aber auf Sicht fahren und eine Verlässlichkeit, die auf der Nennung eines Datums basiert, widersprechen sich nun ein mal. Das Ministerium, die Frau Ministerin, wird uns daher ein schlüssiges Konzept des Kultusministeriums vorstellen – das zur Frage von Ihnen, Herr Stoch. Die Schlüssigkeit besteht dann aber eben nicht darin, immer Daten zu nennen.
Vielmehr besteht die Schlüssigkeit darin, dass das Konzept in sich schlüssig ist,
dass Infektionsschutz und Bildung gleichermaßen gewährleis tet werden.
Ich möchte unterstreichen, was Frau Boser gesagt hat, näm lich dass wir, was das Leben, auch der Kinder, betrifft, keinen Shutdown hatten. Das muss man wirklich unterstreichen, wenn man sich die Bilder aus Frankreich, Spanien, New York usw. anschaut. Wir haben da wirklich einen guten Weg gefun den, der trotzdem nicht zu höheren Infektionsraten geführt hat. Da darf man auch ein bisschen stolz sein, nicht nur auf das, was die Politik getan hat, sondern insbesondere auch auf die Art und Weise, wie die Menschen reagiert haben. Dafür ein großes Dankeschön für die Solidarität, die diese Gesell schaft in den letzten Wochen und Monaten gezeigt hat.
Mit Normalität hat das alles aber nichts zu tun. Normal war eben gestern. Vielleicht wird es irgendwann wieder normal sein. Wir wissen aber noch nicht, wann das sein wird.
Ich möchte mich bei den Lehrerinnen und Lehrern, den Rek torinnen und Rektoren, den Sekretärinnen und Hausmeistern und den Eltern bedanken, die alle zusammen einen great Job machen. Liebe Frau Ministerin, geben Sie unseren Dank da für, dass sehr viele in der Kultusverwaltung Tag und Nacht für uns und die Menschen arbeiten, bitte auch in Ihr Haus wei ter. Auch Ihnen persönlich, Frau Ministerin, gebührt Dank. Denn die vielen E-Mails und die vielen SMS, die nicht alle lustig sind, müssen auch Sie verkraften. Vielen Dank für die Arbeit in den letzten Wochen.
An einem Punkt möchte ich aber noch etwas konkreter wer den, als das bislang der Fall war. Das ist der digitale Bereich. Eine Gruppe möchte ich besonders herausstellen. Es gibt Menschen, die z. B. in Tag- und Nachtarbeit dafür gesorgt ha ben, dass Moodle auf BelWü nach einem anfänglichen Zu sammenbruch dann nach zwei oder drei Tagen funktioniert hat. Ein Serverumzug ist sehr anstrengend. Das hat funktio niert. Wir haben mittlerweile auch Threema mit dabei – Frau Boser hat es gesagt –, und haben auch die Möglichkeit, Vi deochats zu machen – nicht über unsichere, sondern über si chere Kanäle.
Herr Stoch, Sie haben vorhin gesagt, wir hätten halbfertige Konzepte in der Schublade.
Das würde ich jetzt eher einmal auf den Bereich „ella“ bezie hen als auf das, worauf Sie es bezogen haben. Während wir hier noch debattieren – –
Natürlich.
Wie Sie schon erwartet haben, kann ich Ihnen natürlich nicht zustimmen. Dem Gelächter im Hintergrund kann ich entnehmen, dass die Frau Ministerin da rauf nachher noch näher eingehen wird.
Während wir hier debattieren, sind 600 000 Lehrer und Schü ler auf Moodle aktiv. Es können mehr als 5 000 User gleich zeitig über das Videotool BigBlueButton online kommunizie ren. 925 Lehrer können bislang gleichzeitig Liveunterricht machen. Diese Zahlen steigen sukzessive mit jeder Stunde. Für den Messengerdienst Threema gibt es bisher 3 000 Lizen zen – da geht noch mehr, aber das ist angesichts der Kürze der Zeit eine sehr ordentliche Zahl.
Das zeigt, dass die Coronazeit auch der Wertstellung der Di gitalisierung insgesamt einen Schub gegeben hat.
Die Übertragungsrate ist natürlich nicht überall auf dem Ni veau, auf dem sie sein sollte. Auch wenn wir dort Milliarden investiert haben, gibt es schwarze Löcher; das wollen wir nicht in Abrede stellen.
Ich komme vom Land, aus einem Dorf mit 300 Einwohnern, und muss ehrlich sagen: Selbst an unserer Schule ist es mög lich, mit Threema und mit Moodle zu arbeiten.
Auch wenn es viele Dörfer gibt, die vielleicht nicht in der Ge schwindigkeit, die man haben muss, angeschlossen sind, darf man bei dieser Gelegenheit auch einmal darauf verweisen, dass es sehr, sehr viele Häuser gibt, die über die Breitband ausstattung verfügen, die für Homeschooling reicht.
Die Coronazeit hat auch bewiesen, dass die Digitalisierung funktioniert, wenn man sie braucht und wenn man den Fokus darauf richtet. Damit meine ich jetzt nicht nur die Politik, son dern auch Lehrerinnen und Lehrer sowie Rektorinnen und Rektoren. Auch im Elternhaus ist jetzt klar, dass ein Handy allein wahrscheinlich gar nicht ausreicht. Ergo ist nun endgül tig bewiesen: Digitalisierung beginnt vielleicht doch nicht am Kabel, sondern wahrscheinlich im Kopf.
Mehr denn je wird deutlich, dass es zwingend notwendig ist, strategische Investitionen in die Digitalisierung der Bildung zu tätigen. Aber welche Digitalisierung wollen wir denn? Stel len wir uns jetzt dauerhaft auf Homeschooling ein, stellen wir uns dauerhaft darauf ein, dass die Kinder zu Hause sind und nicht mehr in die Schule gehen? Oder müssen wir an unserem Weg festhalten, der heißt: Digitalisierung nicht als Ersatz, son dern als Add-on auf die Bildung in der Schule?
Ich möchte ausdrücklich dafür werben, dass wir Digitalisie rung in diesen Coronazeiten nicht umdeuten, als ob der Com puter alles leisten könnte. Denn auch der VBE, der Verband Bildung und Erziehung, hat geschrieben:
Qualität und Umfang des Präsenzunterrichts an der Schu le erreichen wir im Fernunterricht mitnichten.
Weil Bildung und Erziehung eben auch das Ergebnis einer Bildungs- und Erziehungsgemeinschaft sind, möchte ich den Menschen aus dieser Geschichte nicht ganz draußen haben. Früher hat man gesagt: „Wer es nicht im rechten Oberarm hat, der hat es vielleicht im linken.“ Heute gilt: „Wer es nicht im Kopf hat, hat es wahrscheinlich nirgends.“
Natürlich sind es die haptischen Voraussetzungen im Bil dungserfolg, die an den Geldbeutel gekoppelt sind. Das sehen wir leider. Aber sie sind nicht unbedingt systemimmanent. Denn hinter der Frage, ob ein Kind in der Bildung auch z. B. in dieser Zeit erfolgreich ist, steht die Frage: Welche Stellung hat Bildung in der Familie, welche Stellung hat Bildung in un serer Gesellschaft, also auch im Umfeld, und wie ist das rich tige Verhältnis zwischen dem, was der Staat leisten kann, und dem, was der Einzelne in dieser Zeit leisten muss?
Nein.
Denn auch das ist eine Lehre aus Coronazeiten: Der Unter richt wurde aus den Klassen in die heimischen Wohn- oder Kinderzimmer verlagert. Damit das klappt, braucht man aber nicht nur digitale Infrastruktur. Man braucht die Eigendiszip lin der Schüler, die wiederum das Ergebnis einer klaren Struk
tur ist, die wiederum hohe Aufmerksamkeit erfordert und die das Ergebnis einer positiven Lernbeziehung ist. Merken Sie etwas? So funktioniert auch eine gute Schule.
Deswegen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, bei al lem Verständnis für Prüfungsstress in Coronazeiten, unkon ventionelle Lösungen, Unterschiede in der Lehrerschaft, was die Versorgung mit Materialien angeht: Wir müssen aufpas sen, dass wir nicht jedem und jeder in diesem System eine Ausrede liefern, warum dies oder das jetzt gerade nicht klap pen kann, warum der eine sich weiterhin der Digitalisierung seiner Schule verweigern kann,