Protokoll der Sitzung vom 25.04.2018

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, Ihre Plätze einzunehmen und die Gespräche einzu stellen. – Vielen Dank.

Ich eröffne die 61. Sitzung des 16. Landtags von Baden-Würt temberg.

Ich komme zunächst zu den üblichen Bekanntgaben:

Von der Teilnahmepflicht befreit sind Herr Abg. Drexler, Herr Abg. Kopp, Herr Abg. Marwein, Herr Abg. Nelius, Frau Abg. Neumann-Martin sowie Herr Abg. Dr. Rösler.

Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich ganztägig Frau Staatssekretärin Dr. Splett sowie Frau Staatsrätin Erler. Außerdem entschuldigt ist Herr Staatssekretär Dr. Baumann.

Eine Zusammenstellung der E i n g ä n g e liegt Ihnen ver vielfältigt vor. – Sie nehmen davon Kenntnis und stimmen den Überweisungsvorschlägen zu.

Im Eingang befinden sich:

1. Mitteilung des Ministeriums der Justiz und für Europa vom 18. Ap

ril 2018 – Bericht über aktuelle europapolitische Themen – Drucksa che 16/3921

Überweisung an den Ausschuss für Europa und Internationales

2. Mitteilung des Bürgerbeauftragten des Landes Baden-Württemberg

vom 9. April 2018 – 1. Tätigkeitsbericht des Bürgerbeauftragten des Landes Baden-Württemberg für das Jahr 2017 – Drucksache 16/3845

Überweisung vorberatend an den Innenausschuss und federführend an den Ständigen Ausschuss

3. Mitteilung der Landesregierung vom 13. April 2018 – Bericht der

Landesregierung zu einem Beschluss des Landtags; hier: Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Staatshaushaltsplan von BadenWürttemberg für die Haushaltsjahre 2013 und 2014 – Abgeschlosse ne Verfahren im Schienenpersonennahverkehr – Drucksache 16/3897

Überweisung an den Ausschuss für Finanzen

Auf Ihren Tischen finden Sie einen Vorschlag der Fraktion GRÜNE und einen Vorschlag der Fraktion der AfD für Um besetzungen in verschiedenen Ausschüssen (Anlagen 1 und 2). – Ich stelle fest, dass Sie den vorgeschlagenen Umbesetzun gen zustimmen. Vielen Dank.

Sehr geehrte Damen und Herren, vor Eintritt in Punkt 1 der Tagesordnung – Wahl der stellvertretenden Präsidentin/des stellvertretenden Präsidenten – möchte ich ein paar Sätze sa gen.

Am 23. April 2018 wurden Sie, lieber Vizepräsident Klenk, zum politischen Staatssekretär im Innenministerium ernannt. Sehr geehrter Herr Abg. Klenk, lieber Wilfried, ich danke dir sehr herzlich für dein Wirken als Präsident und als Vizepräsi dent des Landtags von Baden-Württemberg und für die wun derbare Zusammenarbeit mit dir.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei allen Fraktionen)

Anständig, ehrlich, verlässlich, loyal, glaubwürdig: Diese At tribute verbinden sich mit deiner Person – nicht von ungefähr. Die Begegnungen mit dir waren immer von menschlicher Wertschätzung geprägt. Die beachtliche Zahl von 49 Schul besuchen hast du im Dienste unseres Parlaments absolviert. Allein dafür ganz, ganz herzlichen Dank.

Du hast es gestern in der Präsidiumssitzung selbst erwähnt und gestattest bitte, dass ich hier die Vertraulichkeit ausnahms weise aufhebe: Die Plenarsitzungen immer überparteilich, souverän und deeskalierend zu leiten war dein zentrales An liegen. Im Namen aller Kolleginnen und Kollegen dieses Ho hen Hauses nochmals ein herzliches Dankeschön.

Für dein neues Amt wünsche ich dir von Herzen alles Gute und viel Erfolg.

Lieber Wilfried, du hast dem Hohen Haus alle Ehre gemacht. Vielen Dank.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei allen Fraktionen – Präsidentin Muhterem Aras und Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU überreichen Staatssekretär Wilfried Klenk jeweils einen Blumenstrauß. – Von einem der Blumensträuße fällt ein Blatt auf den Boden. – Abg. Andreas Stoch SPD: Zu viel grün! Grün fällt schon ab!)

Wir treten nun in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Wahl der stellvertretenden Präsidentin/des stellvertreten den Präsidenten

Meine Damen und Herren, nachdem Herr Abg. Klenk das Amt des stellvertretenden Landtagspräsidenten niedergelegt hat, kommen wir zur Wahl seiner Nachfolgerin/seines Nachfol gers.

Bitte, Herr Abg. Gall, zur Geschäftsordnung.

Frau Präsidentin! Wir stellen ei nen Antrag zur Geschäftsordnung, und ich bitte, ihn begrün den zu dürfen.

Bitte, Herr Abg. Gall.

Frau Präsidentin, werte Kollegin nen, werte Kollegen! Wir beantragen heute die Absetzung und Verschiebung dieses Tagesordnungspunkts – Wahl einer neu en Vizepräsidentin dieses Landtags –, und zwar nicht etwa, weil der grüne Landesvorsitzende dazu aufgefordert hat, sie nicht zu wählen. Das ist ja heute den Medien zu entnehmen.

Ich will ausdrücklich sagen: Wir akzeptieren das Vorschlags recht der CDU-Fraktion für diese Funktion. Wir hätten aber zumindest erwartet – das ist unser Recht –, dass sich die vor geschlagene Kandidatin in einem vorab miteinander bespro chenen Verfahren auch in unserer Fraktion vorstellt und für Fragen zur Verfügung steht – die es durchaus gibt, weil die vorgeschlagene Kandidatin eben nicht, Herr Professor Dr. Reinhart, wie Sie es gesagt haben, über Parteigrenzen hinweg uneingeschränktes Vertrauen gerade für diese Funktion ge nießt.

(Ein Kind schreit. – Heiterkeit und Beifall bei allen Fraktionen – Zurufe, u. a. Abg. Dr. Wolfgang Rein hart CDU: Der Kleine empfindet es als kindisch! – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Herr Abg. Gall hat das Wort.

Meine Damen und Herren, wir hal ten es auch für den richtigen Zeitpunkt, uns jetzt, zum Wech sel des Kollegen Klenk in eine andere Funktion und etwa zwei Jahre nach Beginn der neuen Legislaturperiode, die Debatte in Erinnerung zu rufen, die wir vor zwei Jahren führten, als es darum ging, die Anzahl der Vizepräsidenten zu reduzieren. Die Grünen haben damals ausschließlich finanzielle Gründe ins Feld geführt. Dieses Argument haben sie in den folgenden Wochen und Monaten aber relativ schnell selbst wieder ins Abseits gestellt, weil sie in ihrer Regierungsverantwortung beispielsweise dazu beigetragen haben, dass die Stabsstellen der Exekutive im Bereich des Staatsministeriums und des In nenministeriums mit Stellen geradezu überhäuft worden sind. Dann für das Parlament Sparmaßnahmen ins Feld zu führen, das passt nicht.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der AfD so wie des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Wir meinen, wir, das Parlament, dürfen uns auch selbstbe wusst die Frage stellen, ob es dem Stellenwert unseres Parla ments, der Wertigkeit dieses Parlaments angemessen ist, dass gerade im Bundesland Baden-Württemberg die Legislative an ihrer Spitze nur durch zwei Personen repräsentiert wird – Prä sidentin und ein Vizepräsident –, während dies beispielswei se in Bayern in der Summe fünf Personen sind, in NordrheinWestfalen vier Personen, im Saarland vier Personen und in der Hansestadt Hamburg gar sieben Personen.

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Das ist ein biss chen viel!)

Ich weiß, Wertigkeit hängt nicht unbedingt von Quantität, son dern von Qualität ab; aber auch dazu ein paar Anmerkungen von mir: Die SPD-Fraktion hat vor zwei Jahren deutlich ge

macht, dass unter der Reduzierung auf nur eine Stellvertre tung die Arbeit des Parlaments, die Funktionsfähigkeit des Parlaments nicht leiden darf,

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Ja!)

dass die Rechte des Parlaments nicht beeinträchtigt werden dürfen und dass die Stellung gegenüber der Exekutive ausrei chend vertreten werden muss.

Nach rund zwei Jahren sehen wir – das will ich in aller Offen heit sagen – hier Defizite. Wir stellen fest, dass immer weni ger gewährleistet ist, dass in diesem Parlament geordnete Ge setzgebungsverfahren durchgeführt werden. Wir stellen fest, dass wiederholt beispielsweise gegen das Erstverwertungs recht von Anträgen, insbesondere der Opposition, verstoßen wird. Wir stellen fest, dass die Nichtanwesenheit von Regie rungsmitgliedern Alltag in diesem Parlament ist.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Ja!)

Wir stellen auch fest, dass der Respekt der Landesregierung gegenüber dem Parlament und insbesondere der Opposition vielfach zu wünschen übrig lässt. Beispiele kann ich zuhauf anführen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der AfD)

Mit dieser Kritik verbinden wir die Feststellung, dass jeden falls für uns nicht erkennbar ist, dass die Präsidentin hierzu auch einmal nachhaltig Stellung bezogen und sich für die Le gislative ins Zeug gelegt hätte.

(Beifall bei der SPD und der AfD)

Anmerkungen ließen sich auch zum Thema Neutralität ma chen.