Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 71. Sitzung des 16. Landtags von Baden-Württemberg.
Von der Teilnahmepflicht befreit sind Herr Abg. Dr. Aden, Herr Abg. Berg, Herr Abg. Binder, Frau Abg. Martin, Herr Abg. Dr. Murschel, Herr Abg. Nemeth und Herr Abg. Dr. Wei rauch.
Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich ganztägig Frau Ministerin Dr. Eisenmann, ab 13 Uhr Frau Staatssekre tärin Olschowski und ab 13:30 Uhr Herr Staatssekretär Dr. Baumann.
Aktuelle Debatte – Konsulatsunterricht an Schulen in Ba den-Württemberg – Infiltration anstatt Integration? – be antragt von der Fraktion der AfD
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 50 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die Aussprache steht eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion zur Verfügung. Ich darf die Landesregierung bitten, sich ebenfalls an den vorgegebenen Redezeitrahmen zu hal ten.
Schließlich darf ich auf § 60 Absatz 4 der Geschäftsordnung verweisen, wonach im Rahmen der Aktuellen Debatte die Aussprache in freier Rede zu führen ist.
(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Der hat ja noch mehr Ahnung! – Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Bitte den Zettel weglegen! Freie Rede!)
Ich werde Sie bei Gelegenheit dar an erinnern. – Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst einmal einen wunderschönen guten Morgen! Ges tern Nachmittag hatten wir ja schon eine lebhafte, ja hitzige Debatte über die deutsche Sprache auf den deutschen Schul höfen. Sie wurde sehr emotional geführt. Mir hat das sehr gut gefallen; wir hatten eine Opposition und eine Koalition, be stehend aus vier Parteien – wobei die Regierungskoalition ja nur von zweien gebildet wird. Aber es war gestern schon hochinteressant.
Der Konsulatsunterricht in Deutschland ist ein antiquiertes Modell; er ist 50 Jahre alt, er stammt aus den Sechzigerjah ren. Die Gastarbeiterkinder – die Betonung liegt auf Gastar beiterkinder; wem das nicht gefällt, der kann auch von Wan derarbeiterkindern sprechen – sollten in ihrer Heimatsprache beschult werden, und zwar für die Rückkehr in ihre jeweili gen Heimatländer. Das ist auch ein Baustein des Programms „Fit4Return“. Vielleicht haben Sie das Programm schon ein mal gelesen: Das war ein Baustein in einem Modell, das wir auch heute für Menschen, die aus Kriegsgebieten geflüchtet sind, vorgesehen haben.
Auch wir wollen mit diesem Programm, dass Menschen in ih rer Heimatsprache, in ihrer Heimatkultur unterrichtet werden, damit sie fit gemacht werden für die Heimkehr in die entspre chenden Länder.
Konsulatsunterricht ist hier im Parlament schon mehrfach Thema und Gegenstand der Debatte gewesen. Allerdings hö ren wir seit einem Dreivierteljahr nun nichts mehr in dieser Angelegenheit. Das Letzte, was wir von der Ministerin dazu gehört haben, war eine Meldung vom 8. März 2017. Da titel te die „Stuttgarter Zeitung“ zum türkischen Konsulatsunter richt:
Etwas erschreckt hat uns dann allerdings die Auskunft in der Antwort auf eine Anfrage. Im Februar 2018 sagt sie dann plötzlich, ein Modellwechsel sei nicht geplant. Wir, die AfD, möchten auch keinen Modellwechsel. Wir erwarten die ersatz lose Streichung dieses Konsulatsunterrichts, und ich möchte auch die Argumente dazu liefern.
Fangen wir zunächst einmal mit dem Wichtigsten an, dem Grundgesetz. In Artikel 7 Absatz 1 heißt es dort:
Der Konsulatsunterricht allerdings, meine Damen und Her ren, findet in Baden-Württemberg ohne Kontrolle des Landes statt. Das wissen Sie alle, und da werden Sie mir nicht wider sprechen.
38 509 Schüler werden in Baden-Württemberg in Schulen von Konsulaten und deren Abgesandten unkontrolliert und grund
gesetzwidrig unterrichtet. Der Großteil davon, etwa 22 500 Schüler, werden vom Türkischen Konsulat unterrichtet – ja, geführt von einer antidemokratischen türkischen Regierung unter Erdogan.
Ohne Kontrolle des Staates darf der türkische Staat in unse ren Schulen nach eigenen Lehrplänen unterrichten, und es ist sogar möglich, dass die vergebenen Noten unter „Bemerkun gen“ oder in einem Beiblatt des regulären Schulzeugnisses aufgeführt werden. Wir stellen Räume, Kreide, Tafeln und an dere Utensilien, die benötigt werden. Das hört sich lapidar an; wir beteiligen uns aber immerhin mit einem Betrag, der über 1 Million € pro Jahr liegt. Für dieses Geld könnten wir Herrn Hermann drei E-Busse kaufen. Da wäre er sicher glücklich, und das Geld wäre besser angelegt.
Was tun wir dort? Wir argumentieren, wir fördern den mut tersprachlichen – wem das nicht gefällt: den erstsprachlichen – Unterricht. Meine Damen und Herren, für die AfD in Deutsch land und hier in Baden-Württemberg ist die Erstsprache und die Muttersprache in diesem Land Deutsch.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Schwäbisch! – Zuruf der Abg. Gabi Rolland SPD)
Alle anderen Sprachen dieser Welt sind für uns Fremdspra chen. Das ist ein Fakt; das ist keine Wertung.
(Abg. Winfried Mack CDU: Für uns doch auch! Das ist doch eine Binsenweisheit! – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)
Jetzt kommen wir zum Kernpunkt. Es handelt sich hier nicht um junge Menschen, die gerade eben aus der Türkei nach Deutschland gefahren kamen oder eingeflogen sind. Es han delt sich um Kinder der dritten oder sogar der vierten Gene ration, die hier leben. Das sind deutsche Kinder; sie haben ei nen deutschen Pass, sie haben zum größten Teil deutsche El tern. Wo ihre Wurzeln liegen – die können in der Türkei lie gen –, spielt überhaupt keine Rolle.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Neuerdings! – Vereinzelt Heiterkeit – Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)
Sie lassen diese Menschen in türkischer Sprache, in türkischer Kultur, in türkischer Religion unterrichten. Diese Schüler wer den mit folgenden Lehrplanthemen versorgt – ich weiß nicht, ob Sie die kennen; vielleicht finden Sie das auch lustig –: Ge denken an Atatürk, Respekt gegenüber der Flagge – das for dern wir übrigens auch,
und, wohlgemerkt und ganz wichtig, die Reinheit im Islam. Dann wundern Sie sich – Sie amüsieren sich hier zum Teil auch köstlich –, dass so etwas wie die inzwischen verbotenen Osmanen Germania oder die No-go-Areas in Deutschland mit eigener Scharia, mit eigener Gesetzgebung möglich sind.
Da brauchen Sie sich nicht mehr zu wundern; denn Sie füt tern diese Organisationen mit Nachwuchs und lassen sie auch von fremden diktatorischen Staaten bezahlen.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Sie haben ja keine Ahnung vom Lehrplan!)
oder „Respekt gegenüber der deutschen Flagge und dem Lied der Deutschen“? Wie wäre es denn damit? Schreiben Sie das doch einmal in die deutschen Lehrpläne.
(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Sozialistengesetze, davon träumt ihr, oder was? – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Sie kennen die Lehrpläne ja gar nicht! – Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)
Der Konsulatsunterricht ist nicht nur unkontrolliert und grund gesetzwidrig, er verstößt auch gegen Artikel 12 der Landes verfassung. Für diejenigen, denen das noch etwas bedeutet: Dort steht, dass „die Jugend im Geiste der christlichen Nächs tenliebe“ erzogen werden soll.