Protokoll der Sitzung vom 11.10.2018

(Beifall bei der AfD)

Halten Sie sich doch einfach mal an diese Regeln in der Lan desverfassung! Dort steht nichts von fremden Staaten, die die Erziehung von schulpflichtigen Kindern übernehmen sollen. Somit widerspricht der Konsulatsunterricht der Landesverfas sung und dem Grundgesetz. Sie verstoßen gegen unsere Ge setze und liefern diese Kinder an den Scheindemokraten – das ist noch ein sehr wohlwollendes Wort – Erdogan aus.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Der Konsulatsunterricht verstößt übrigens auch gegen Arti kel 17 der Landesverfassung:

Die Schulaufsicht wird durch fachmännisch vorgebilde te, hauptamtlich tätige Beamte ausgeübt.

Dadurch, dass der Konsulatsunterricht natürlich in unseren Schulen stattfindet, ist das eine Beschulung unserer Kinder und unterliegt dieser Landesverfassung. Jede Privatschule wird staatlich überwacht. Aber fremdstaatlicher Erdogan

Unterricht hat keinerlei Aufsicht. Das ist für uns der Inbegriff der Fahrlässigkeit, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Wozu führt dieser Extraunterricht? Ich betone: in den Schul gebäuden des Landes von Baden-Württemberg. Er führt zu Gruppenbildung, Ausgrenzung, Abgrenzung und in keinem Fall zur Integration.

(Vereinzelt Beifall bei der AfD)

Man stärkt eine türkisch-islamisch-nationalistische Identität. Das stärkt die Parallelwelten, die wir in unseren Städten be reits erleben.

Was macht die Koalition? Sie schaut zu. Die CDU-Ministe rin Eisenmann – die leider heute Morgen verhindert ist – will nichts tun und will weiter zuschauen. Die Grünen möchten dieses System in staatliche Obhut überführen – so, wie sie uns alle in staatliche Obhut überführen wollen.

(Beifall bei der AfD)

Am besten sollen wohl alle Kinder gleich nach der Geburt in staatliche Obhut überführt werden.

Und Sie wollen weiterhin zuschauen,

(Zuruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD)

wie Generation für Generation türkischstämmiger Schüler wo chentags Erdogan-Unterricht bekommt, und am Wochenende – ach ja, das habe ich ganz vergessen – gibt es dann den DITIB-Unterricht. Glauben Sie wirklich, dass eine Anpassung an unsere Gesellschaft so funktioniert? So definiert die Lan desregierung Integration. Meine Damen und Herren, da wird mir angst und bange, wenn das tatsächlich Integration für die Zukunft sein soll. Dem widersprechen wir aufs Entschiedens te.

Sie überlassen die Kinder unkontrolliert Erdogans Gesandten. Sie agieren gegen die Landesverfassung und gegen das Grund gesetz. Wir fordern von Ihnen, liebe Frau Ministerin: Kehren Sie zu Ihrer Überzeugung vom März 2017 zurück, verbieten Sie die weitere Indoktrinierung der Kinder an deutschen Schu len, und verbieten Sie den DITIB-Unterricht und die gesam te Organisation von DITIB gleich mit, und überwachen Sie sie nicht nur.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Bravo-Rufe von der AfD)

Für die Fraktion GRÜNE er teile ich das Wort Herrn Abg. Lede Abal.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kollegin nen und Kollegen! Wir lassen uns von Ihnen, Herr Gögel, zu Erdogan ganz sicher nicht belehren – von Ihnen, einer Partei und einer Fraktion, die hier Denunziantenmodelle gegenüber Lehrerinnen und Lehrern im Land fordert.

(Zuruf des Abg. Dr. Heiner Merz AfD)

Wir lassen uns von Ihnen auch nicht belehren, wenn Sie hier Gedenken an Bismarck fordern, dessen Einstellung zur De mokratie und zu demokratischen Rechten eigentlich ganz gut beschrieben ist durch einen Satz, den einer der Monarchen seiner Zeit geprägt hat: „Gegen Demokraten helfen nur Sol daten.“ Das ist bezeichnend für Ihr Demokratieverständnis.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Vereinzelt Beifall bei der CDU – Zuruf von der AfD)

Herr Abg. Lede Abal, eine Fra ge.

Ich lasse keine Zwischenfrage zu und würde gern erst einmal auf das antwor ten, was Herr Gögel hier erzählt hat.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Sehr gut! – Zurufe von der AfD)

Ich möchte auch noch einmal auf den Titel dieser Aktuellen Debatte verweisen. Sie haben sie genannt: „Infiltration statt Integration“. Jetzt haben Sie recht allgemeine Vorwürfe ge gen die Regierung Erdogan erhoben – bei der Sie sich besser zurücknehmen sollten, weil Sie ja eigentlich Brüder im Geis te sind.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf von der SPD: Da hat er recht! – Lachen und Widerspruch bei der AfD)

Sie haben hier die Behauptung aufgestellt, im herkunftssprach lichen Unterricht würden Kinder infiltriert werden. Sie sind aber außer Allgemeinplätzen Belege für diese Behauptung schuldig geblieben.

(Abg. Hans Peter Stauch AfD: Gehen Sie doch mal raus!)

Sie haben die Abschaffung des herkunftssprachlichen Unter richts gefordert und sind mit dieser Forderung einmal mehr auf dem Holzweg. Stattdessen brauchen und wollen wir den Umbau des herkunftssprachlichen Unterrichts unter dem Dach und in der Verantwortung der Kultusverwaltung hier in BadenWürttemberg, wenn sich eine ausreichende Zahl von Schüle rinnen und Schülern für eine Sprachklasse gefunden hat, ein gefügt in den Wochenstundenplan, gerade auch mit Blick auf das wachsende Angebot an Ganztagsschulen,

(Abg. Bernd Gögel AfD: Fremdsprache!)

verbunden auch mit der Einbindung der Lehrkräfte für den herkunftssprachlichen Unterricht in die Lehrerkollegien und insbesondere die Elternarbeit sowie die Anerkennung der von den Schülerinnen und Schülern erbrachten Leistungen durch Erwähnung im Zeugnisblatt oder durch Beigabe.

Wir möchten, dass Sprachen Berücksichtigung finden, die bis lang noch nicht im Sprachenkanon vorgesehen sind, weil es bislang keine Vereinbarung mit dem Herkunftsstaat gab bzw. sich für bestimmte Sprachgruppen bisher niemand zuständig gefühlt hat oder weil hier lebende Exilgruppen auf die Ange bote der konsularischen Vertretung oder der Botschaft nicht eingehen wollten – aus gut nachvollziehbaren Gründen, bei spielsweise, wenn es sich um Chinesinnen und Chinesen han

delte oder um die große Sprachgruppe der Kurden. Es sind – auch das ist mit Blick auf die letzten drei bis vier Jahre hin zuzufügen – neue Sprachgruppen hinzugekommen, sodass wir Kinder in neuen Sprachgruppen haben, z. B. im Arabischen, die bisher in relevanter Zahl in Baden-Württemberg, zumin dest in der Fläche, gar nicht da waren.

Als grüne Fraktion wollen wir ganz entschieden nicht, dass ausländische Staaten über Curricula, über Pädagogik und Wer tevermittlung hier in Baden-Württemberg entscheiden.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP)

Es gibt auch Berichte, wonach herkunftssprachlicher Unter richt in relativ merkwürdigen privatisierten Formen angebo ten wird. Auch solche Entwicklungen lehnen wir ab. Wir wol len deshalb den muttersprachlichen Unterricht perspektivisch in die Landesverantwortung überführen, und dazu bedarf es der Gespräche über bestehende Verträge mit den konsulari schen Vertretungen der bisherigen Partnerstaaten.

(Abg. Anton Baron AfD: Wie lange noch?)

Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich anerkennen – das im Widerspruch zu dem, was Sie hier in den Raum gestellt ha ben, ohne Belege, wie gesagt –, dass in der langjährigen Be trachtung die verschiedenen herkunftssprachlichen Unterrich te sehr wohl an Qualität gewonnen haben und dass die Part nerstaaten dem Unterricht größere Bedeutung beimessen als früher. Das bestätigt sich auch, wenn man beispielsweise mit Personen spricht, die vor 20, 30 oder 40 Jahren selbst als Kin der an diesem Unterricht teilgenommen haben und heute ih re eigenen Kinder in den herkunftssprachlichen Unterricht ent senden. Es gibt eine positive Entwicklung bei der Qualifika tion und Praxis der Lehrkräfte, bei den Lehrinhalten, bei der Pädagogik und letztlich auch bei den Unterrichtsmaterialien. Denn in zurückliegenden Jahren – die Beispiele liegen schon einige Jahre zurück; da waren Sie vom Landtag noch weit ent fernt – gab es tatsächlich Unterrichtsmaterialien, in denen na tionalistische und chauvinistische Inhalte verbreitet wurden – das stört Sie ja, wenn es deutsche Inhalte in diesem Sinn sind, überhaupt nicht.

(Zurufe von der AfD, u. a.: Unglaublich!)

Aber diese Inhalte sind trotzdem in Schulbüchern nicht ak zeptabel. Deshalb hat die Kultusverwaltung auch dafür ge sorgt, dass diese Lehrbücher zurückgezogen wurden.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Im Übrigen gibt es auch Signale aus den Schulen, dass gera de dort, wo es gelungen ist, die herkunftssprachlichen Lehr kräfte mit in die Schulgemeinschaft und in die Lehrerkollegi en einzubinden, ausgesprochen positive Effekte zu verzeich nen sind bei der Ansprache und beim Austausch gerade mit den Eltern der Schülerschaft, die bisher für die Schulen nur schwer erreichbar waren und die sich teilweise auch einer Mit wirkung eher entzogen haben, sodass gerade auch diese Mitt lerfunktion unter integrationspolitischen Gesichtspunkten wün schenswert ist. Es ist auch ganz lebenspraktisch gedacht ein erheblicher Vorteil, wenn wir bestehende Anlagen und Kennt nisse von Schülerinnen und Schülern fördern.

Studien bestätigen den positiven Einfluss auf den Spracher werb, wenn grundsätzlich Sprachkompetenz gestärkt wird, in der deutschen Sprache ebenso wie in der Herkunftssprache. Gerade auch mit Blick auf das Phänomen der doppelten Halb sprachigkeit – wenn also Sprachkompetenz in beiden Sprachen nur in einem geringen Maß vorhanden ist – müssen Sprach erwerb und Sprachkompetenz gestärkt werden, im Deutschen wie in der jeweils anderen Sprache, weil davon die Sprach kompetenz in beiden Sprachen profitiert und gestärkt wird.

Auch das Land Baden-Württemberg profitiert natürlich, wenn junge Menschen Sprachkompetenz vorweisen und verbessern können, da Baden-Württemberg als internationales, weltoffe nes, vernetztes und international kontaktreiches Land natür lich darauf angewiesen ist, dass junge Menschen diese Spra chen kennen, dass auch interkulturelle Kompetenzen vorhan den sind. Wir wollen gesellschaftspolitisch und integrations politisch mit einem neuen Verständnis an den muttersprachli chen Unterricht herangehen, anders als in den 1970er-Jahren, als dieser Unterricht entstanden ist, als er für die Kinder der Gastarbeitergeneration geschaffen wurde – ganz gleich, ob es sich um Kinder mit deutscher Staatsangehörigkeit, mit Mehr fachstaatsangehörigkeiten oder mit ausländischen Staatsan gehörigkeiten handelt.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Frau Abg. Felder.