Protokoll der Sitzung vom 12.03.2020

Dennoch bleibt es natürlich bei der Diskussion, wie viele Sen der man heute im linearen Bereich wirklich noch braucht, wie viele Radiosender, welche Radiosender gebraucht werden, ob nicht auch hier Dopplungen vorhanden sind. Weil zumindest eine Fraktion dies ein wenig anders sieht als wir, will ich Fol gendes sagen:

Erstens halten wir an unserem öffentlich-rechtlichen Rund funk fest, zweitens halten wir auch an der KEF-Systematik fest, drittens verlangen wir aber, dass wir inhaltlich in dem Sinn weiterkommen, dass sich die Sender fragen, was sie dem Beitragszahler schuldig sind.

Insoweit müssen wir Baden-Württemberger sagen: Der SWR hat unter großer Anstrengung der Politik seine Hausaufgaben in Sachen Strukturveränderung und zur Zusammenlegung zweier Sender zum zweitgrößten Sender innerhalb der ARD gemacht. Es gibt andere Sender, die ihre Hausaufgaben ma chen müssten, die nach wie vor große Intendanzen unterhal ten und deren Apparat völlig konträr zu dem aufgestellt ist, was hinterher beim Fernsehen herauskommt. Dass es diesbe züglich Kritik gibt, ist meiner Meinung nach angemessen.

Insofern heißt es wie bei vielem auch hier, von Baden-Würt temberg zu lernen. Ich hoffe, dass wir diesen Weg alle mitei nander gehen und dass wir in den Debatten, die jetzt folgen, immer auch im Blick haben, dass es ohne einen öffentlichrechtlichen Rundfunk in Deutschland nicht geht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Nun darf ich Herrn Abg. Binder für die SPD ans Redepult bitten.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst ein paar Sätze aus aktuellem Anlass sagen. Wir haben großes Verständnis da für, dass sich die Fraktion GRÜNE entsprechend den Hand lungsempfehlungen verhält. Wir finden es genauso richtig, dass das Parlament tagt und so seine Funktionsfähigkeit si cherstellt.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP/DVP)

Das entspricht genau dem, was uns alle in diesen Tagen lei tet: vernünftig zu handeln, ohne in Panik zu geraten. Deshalb waren alle Fraktionen kollegial bereit, strittige Themen und Abstimmungen von der Tagesordnung zu nehmen. Ich meine, das wird der aktuellen Lage mehr als gerecht.

Herr Abgeordneter, Herr Abg. Dr. Gedeon möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.

Nein, dazu gibt es eigentlich kei ne Fragen.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Nun zur Tagesordnung selbst. Wir beraten heute den Dreiund zwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Herr Kollege Haser hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Streitwert sehr gering ist. Es geht einzig um die Umsetzung eines Bun desverfassungsgerichtsurteils. Herr Staatssekretär Schebesta hat im Einzelnen dargelegt, was Inhalt dieses Staatsvertrags ist und wie die Umsetzung des Bundesverfassungsgerichtsur teils geschieht. Wir unterstützen diese Umsetzung.

Diese Debatte dient aber auch dazu, den Schwerpunkt noch einmal auf dieses Urteil zu legen, in dem sich das Bundesver fassungsgericht sehr ausführlich damit befasst hat, welche Rolle der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat. Das Bundesver fassungsgericht sagt auch einiges zur Frage der Verfassungs gemäßheit von Beiträgen. Es macht deutlich, ein Missverhält nis zwischen gebotener Leistung und Beitragshöhe bestehe nicht, der öffentlich-rechtliche Rundfunk biete ein Programm an, das so auf dem freien Markt nicht erhältlich sei, und es macht klare Aussagen dazu, warum eine Beitragserhebung notwendig ist.

Gleichzeitig befinden wir uns in der Diskussion um eine Bei tragserhöhung und sind an einem Punkt, Herr Haser, an dem wir – worüber ich froh bin – im Parlament zunächst weiter da rüber diskutieren. Denn einzelne Landesregierungen und auch Teile dieser Landesregierung wollen es uns immer wieder schmackhaft machen, die Beitragshöhe über eine automati sche Indexierung festzulegen. Damit wäre das Entscheidungs recht des Parlaments ausgehebelt. Das Ganze geschieht nicht

aus Überzeugung, was den öffentlich-rechtlichen Rundfunk angeht, sondern in Teilen aus Angst, eventuell nicht in der La ge zu sein, notwendige Erhöhungen durchzusetzen. Wir ste hen einer solchen teilweisen Entmachtung des Parlaments in dieser Frage nicht zur Seite.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb hoffen wir, dass die Landesregierung jetzt voll ge stärkt bei der Ministerpräsidentenkonferenz über die Frage der Beitragshöhe diskutieren wird. Wir werden uns das an schauen. Wir verschließen uns einer solchen Diskussion nicht, weil wir sehen, dass der SWR deutliche Einsparungen vorge nommen hat – nicht nur blinde Einsparungen, sondern auch strategisch gelungene Einsparungen – und sehr verantwor tungsvoll mit den Mitteln umgeht, die die Bürgerinnen und Bürger dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zur Verfügung stellen.

Wir sehen, dass durch den neuen Intendanten noch mehr Dy namik in diese Frage hineingekommen ist und dies alles sehr zukunftsgerichtet passiert. Natürlich passiert dies nicht, ohne dass es an der einen oder anderen Stelle auch wehtun wird, aber die Blickrichtung stimmt. Intendant und Gremien des SWR sind auf die Zukunft gerichtet, und dazu dienen auch die rechtlichen Vorgaben aus dem nun kommenden Medienstaats vertrag, was die Mediatheken angeht.

Deshalb: Wir brauchen die Zukunft für den öffentlich-recht lichen Rundfunk. Das geht mit mehr Wirtschaftlichkeit, mehr Dynamik und mehr guten Ideen, aber auch mit einer ordent lichen Beitragsgrundlage.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU)

Jetzt hat für die AfD Herr Abg. Dr. Merz das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Damen und Her ren! Anlass des vorliegenden Rundfunkänderungsstaatsver trags ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2018. Diese Entscheidung besagt u. a., dass ei ne Rundfunkzwangsbeitragserhebung für Zweitwohnungen nicht zulässig ist. Das ist erfreulich – wenn man nur nicht be rücksichtigen müsste, dass das Bundesverfassungsgericht die weiteren berechtigten Klagen gegen den Zwangsbeitrag ab gewiesen hat, u. a., weil es sich ja um einen sogenannten Bei trag handle und nicht um eine Steuer. Das müssen wir so zur Kenntnis nehmen.

Wir wissen aber auch, dass nicht alles, was derzeit als legal reklamiert wird, nicht dennoch demokratisch veränderbar wä re – und sogar verändert werden muss, weil das, was durch ein Gericht als legal deklariert wurde, nicht dem demokrati schen Rechtsempfinden von uns Bürgern entspricht.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Denn wir Bürger sind und bleiben als Volk der oberste Sou verän im Staat. Für uns Bürger macht es nämlich keinen Un

terschied, ob der Zwangsbeitrag nun „Rundfunkbeitrag“ oder „Steuer“ oder „legalisierter Diebstahl an Wohnungsbesitzern und Gewerbetreibenden in Deutschland“ genannt wird. Es bleibt dabei, dass es sich um einen erzwungenen Tribut für ein Angebot handelt, das weder bestellt wurde noch das sehr vie le Zwangsbeitragszahler überhaupt zu großen Teilen nutzen.

Es ist eine grundsätzlich libertäre Haltung, die unsere Partei vertritt, die es den Bürgern freistellt, selbst zu entscheiden, was sie nutzen und was sie somit auch bezahlen sollen – und was nicht.

(Beifall bei der AfD)

Aber in unserem Land, in dem gar der derzeitige Ministerprä sident vor den Gefahren der direkten Demokratie warnt, in diesem Land ist es mit der wirklichen Demokratie und dem Vertrauen der Obrigkeit in uns Bürger wohl nicht so gut be stellt.

Doch auch wer sich auf das Argument der gerichtlich so ab gesegneten angeblich notwendigen Grundversorgung zurück ziehen möchte, der muss dies vor dem Hintergrund der zeit lichen Entwicklung sehen. Durch die Angebote der zahlrei chen privaten Sender und nicht zuletzt durch das Internet hat sich die thematische Breite einer angeblichen Grundversor gung – das allein wäre ja die Aufgabe der sogenannten öffent lich-rechtlichen Sender – erheblich geschmälert. Es braucht weder diese Unzahl von zwangsbeitragsfinanzierten Sendern noch deren derzeitige Angebotsbreite. Ein einziger bundes weiter Sender, der völlig objektiv und ohne eigene Wertungen Nachrichten verkündet und somit die Bürger neutral infor miert, dieser wäre als öffentlich-rechtlicher Rundfunk völlig ausreichend.

(Beifall bei der AfD)

Insbesondere im Bereich der Unterhaltung können wir fest stellen, dass die privaten Sender weit voraus sind und dass hier bereits ein mehr als ausreichendes, breites Angebot ge sendet wird. Die Versorgung mit Unterhaltung ist gegeben. Ein zusätzlicher Mehrwert für die Bürger entsteht weder durch zwangsbeitragsfinanzierte drittklassige Quizshows noch durch oft absurd zeitgeistkonforme Krimis wie z. B. „Tatort“ noch durch sonstige seichte Unterhaltung unter der Federführung der Öffentlich-Rechtlichen. All dieses hat bereits oder wird noch eine bessere neue Heimat bei privaten Sendern finden. Kurzum: Der Markt regelt das besser als durch Zwangsbei träge zig luxusversorgte Intendanten, absurd überbezahlte Künstler oder Moderatoren, aufgeblähte Apparate und dort üppigste Betriebsrenten.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos])

Solange ein Rundfunkänderungsstaatsvertrag nicht mindes tens Änderungen hin zu einer nachrichtlichen und neutralen Grundversorgung enthält, so lange werden wir auch jeden wei teren Rundfunkänderungsstaatsvertag ablehnen, und dies überhaupt, bis der Zwangsbeitrag endlich abgeschafft ist und durch eine völlig andere Finanzierungsform ersetzt wird.

Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Jetzt spricht Herr Abg. Professor Dr. Goll für die FDP/DVP-Fraktion.

Ich bitte, die Türen zu schließen und geschlossen zu halten. Danke.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Es ist sicherlich richtig, dass der nächste Staatsvertrag spannender ist als dieser. Da wird es ja auch wieder um den Beitrag gehen, den wir als solchen übri gens auch nicht infrage stellen. Diese Klarstellung ist viel leicht nur deswegen nötig, weil die Debatte durch den Vorred ner in eine andere Richtung geraten ist.

Allerdings haben auch zwei der Vorredner gesagt, der Streit wert sei gering. Da zögere ich aus persönlichen Gründen, mich dieser Bewertung anzuschließen. Denn für mich ist der Streit wert immerhin eine Rundfunkgebühr. So geht es vielen Leu ten in Baden-Württemberg, die bisher zwei Rechnungen be kommen haben.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Es ist also schon in Ordnung, das umzusetzen.

Was mich ein bisschen gewundert hat, ist, dass niemand den Meldedatenabgleich angesprochen hat. Darüber hätte man na türlich schon diskutieren können, vielleicht sogar müssen, wenn man überlegt, wie sich der Landesdatenschutzbeauftrag te dazu geäußert hat. Zumindest sollte man da klarmachen: Das ist eine Abwägungsentscheidung, in der es Pro und Kon tra gibt. Denn beim Meldedatenabgleich werden zwangsläu fig auch Leute mit einbezogen, die mit der Sache nichts zu tun haben, und es werden Daten abgefragt, die nicht gebraucht werden. Insofern müssen wir überlegen, wie wir damit umge hen.

(Beifall des Abg. Daniel Karrais FDP/DVP)

Allerdings: Wenn man Beitragsgerechtigkeit will, dann kommt man nicht darum herum, von Zeit zu Zeit einen Meldedaten abgleich zu machen.

Wir richten natürlich weiter unsere Hoffnung darauf, dass die KEF möglichst oft erklärt, dass man es nicht braucht. Aber mit dieser Maßgabe tragen wir es in einer Abwägungsent scheidung mit – auch diesen zweiten Punkt.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Raimund Ha ser CDU)