Protokoll der Sitzung vom 15.12.2017

Meine Damen und Herren! Nehmen Sie bitte Ihre Plätze ein. Stellen Sie die Gespräche möglichst ein. Sollten sie ganz dringend sein, können Sie sie gern nach außerhalb des Plenarsaals verlegen. – Vielen Dank.

Guten Morgen! Ich eröffne die 50. Sitzung des 16. Landtags von Baden-Württemberg.

Von der Teilnahmepflicht befreit sind Herr Abg. Berg, Herr Abg. Deuschle, Herr Abg. Halder, Herr Abg. Kopp, Herr Abg. Dr. Meuthen, Frau Abg. Reich-Gutjahr und Herr Abg. Dr. Schweickert.

Aus dienstlichen Gründen entschuldigt haben sich ganztägig Herr Minister Lucha, Herr Minister Wolf, Herr Minister Her mann, Frau Staatsrätin Erler, Frau Staatssekretärin Schütz, ab 12:30 Uhr Frau Staatssekretärin Olschowski und ab 14:30 Uhr Herr Minister Hauk.

Im E i n g a n g befindet sich die Mitteilung des Rech nungshofs vom 13. Dezember 2017 – Beratende Äußerung „Flüchtlingsaufnahme in Baden-Württemberg“ –, Drucksa che 16/3311. Ich schlage vor, diese Mitteilung vorberatend an den Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration so wie federführend an den Ausschuss für Finanzen zu überwei sen. – Sie stimmen zu.

Meine Damen und Herren, wir haben heute ein Geburtstags kind in unseren Reihen. Lieber Herr Kollege Weinmann, im Namen des ganzen Hauses gratuliere ich Ihnen sehr herzlich und wünsche Ihnen alles Gute.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Was gibt es Schöneres, als den Ehrentag hier mit uns bei den Haushaltsberatungen zu feiern?

(Heiterkeit – Abg. Nico Weinmann FDP/DVP: Ja wohl!)

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Fortsetzung der Zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz über die Feststellung des Staats haushaltsplans von Baden-Württemberg für die Haus haltsjahre 2018/19 (Staatshaushaltsgesetz 2018/19 – StHG 2018/19) – Drucksache 16/3000

Zunächst Buchstabe a:

Einzelplan 04: Ministerium für Kultus, Jugend und Sport

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Fi nanzen – Drucksache 16/3204

Berichterstatterin: Abg. Thekla Walker

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Beratung des Einzelplans 04 – Ministerium für Kultus, Jugend und Sport – eine Redezeit von 15 Minuten je Fraktion festgelegt.

Wünscht die Berichterstatterin das Wort? – Das ist nicht der Fall. Vielen Dank.

Es wurde wohl vereinbart, dass in der Allgemeinen Ausspra che zuerst die bildungspolitischen Sprecherinnen und Spre cher, dann die sportpolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen und anschließend die Landesregierung spre chen.

Nun erteile ich Frau Abg. Boser für die Fraktion GRÜNE das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bildungschancen der Kinder in unserem Land zu verbessern, ein leistungsstarkes und leistungsgerech tes Bildungssystem zu entwickeln, diese Ziele stehen für uns Grüne an oberster Stelle.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Die letzten Leistungsvergleiche haben uns verdeutlicht: Wir haben dabei noch einen Weg vor uns. Es kann nicht sein, dass es nach wie vor einen Unterschied macht, ob ein Kind Murat oder Franziska heißt, ob die Mutter Ärztin oder der Vater La gerarbeiter ist. Es kann auch nicht sein, dass Kinder unsere Schulen verlassen, ohne über die wichtigen Basiskenntnisse wie Lesen, Schreiben und Rechnen zu verfügen. Daher brau chen wir nach wie vor Maßnahmen, um hier eine Verbesse rung zu erreichen. Wir haben bereits in der Vergangenheit wichtige Weichen gestellt, und ich bin davon überzeugt, dass wir mit diesem Haushalt diese Schritte fortsetzen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Die Stärkung unserer Grundschulen ist dabei für uns ein wich tiger Beitrag, um den Schülerinnen und Schülern beste Vor aussetzungen für ihren Bildungsweg zu geben. Die Kinder wissen heutzutage, wie sie ein Smartphone benutzen, wie man

Spiele programmiert, aber sie lesen viel weniger. Astrid Lind gren sagte einmal:

Wie die Welt von morgen aussieht, hängt im großen Maß von der Einbildungskraft jener ab, die gerade jetzt lesen lernen.

Das soll verdeutlichen, wie wichtig es ist, dass die Kinder die Macht der Bücher kennenlernen. In Zeiten von Smartphone und Tablet verliert dies zunehmend an Bedeutung. Aber es ist eine wichtige Grundlage, damit Kinder Lesen und Schreiben erlernen.

(Beifall bei den Grünen)

Mit der Einführung des neuen Bildungsplans haben wir be reits beschlossen, dass die Grundschulen mehr Stunden in Deutsch und Mathematik erhalten, und mit diesem Haushalt schließen wir die Erhöhung ab. Damit haben sie künftig mehr Zeit, um den Schülerinnen und Schülern in unserem Land Le sen, Schreiben und Rechnen beizubringen. Aber dies kann na türlich nur dann erfolgreich umgesetzt werden, wenn wir auch die entsprechenden Lehrerinnen und Lehrer haben. Daher ist es wichtig, dass wir jetzt mit diesem Haushalt 200 zusätzli che Ausbildungsplätze für Grundschullehrerinnen und Grund schullehrer schaffen; denn das ist ein großes Problem an vie len Schulen, und dieses Problem gehen wir an.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Die Ganztagsschule kann ein Beitrag für mehr Leistungsstär ke und Chancengerechtigkeit sein, wenn sie qualitativ gut um gesetzt wird. Baden-Württemberg nimmt bei den Ganztags schulen nach wie vor eine Schlusslichtposition ein. Wir wol len daher die Ganztagsschulen ausbauen. Wir tun dies nicht nur, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbes sern. Wir sind davon überzeugt, dass die Ganztagsschule – gut umgesetzt – einen wichtigen Beitrag für Chancengerechtig keit darstellt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Die Ganztagsschule muss nicht nur für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf einen Mehrwert darstellen, sie muss auch für die Schülerinnen und Schüler einen Mehrwert darstellen. Gerade in der Grundschule können Kinder so ganzheitlich ge fördert werden. Sie bietet für viele Kinder eine Chance, die sie zu Hause nicht erhalten, sich persönlich weiterzuentwickeln – sei es, dass sie Schach, Gitarre oder Handball spielen erler nen. Eine grundlegende Voraussetzung ist, eine gute Ganz tagsschule mit außerschulischen Partnern zu haben, und die sen Weg wollen wir weiter gehen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Die Inklusion ist ebenfalls ein wichtiger Beitrag für Chancen gerechtigkeit. Sie gelingt aber nur dann, wenn Kinder mit und ohne Beeinträchtigung gleichermaßen im Klassenzimmer ge fördert werden. Hierzu braucht man gute Rahmenbedingun gen und gut ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer, vor allem Sonderpädagogen, die den Unterricht mitgestalten und unter stützen. Dass die Inklusion gelingen kann, zeigen viele posi tive Beispiele von Schülern und die positiven Rückmeldun gen von Eltern. Daher werden wir mit zusätzlichen Stellen die Inklusion weiter stärken.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Die Realschule, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist von jeher die Schulart, die Schülerinnen und Schüler mit der größten Leistungsspanne unterrichtet. Um dieser Heterogeni tät gerecht zu werden und auch als Reaktion auf den Rück gang der Zahl der Haupt- und Werkrealschulen war es wich tig, dass wir den Realschulen zukünftig die Möglichkeit ge ben, auch den Hauptschulabschluss anzubieten.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Genau!)

So werden Schülerinnen und Schüler künftig nicht nur auf den Realschulabschluss, sondern eben auch auf den Hauptschul abschluss vorbereitet. Um dies gut umzusetzen, haben wir be reits seit zwei Jahren die Poolstunden an den Realschulen aus gebaut und setzen diesen Weg fort, um mehr individuelle För derung und Differenzierung zu ermöglichen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Die Heterogenität der Schülerschaft in unserem Land zeigt sich auch in der vielfältigen religiösen Zugehörigkeit. Mit dem Ausbau des islamischen Religionsunterrichts und des Ethik unterrichts greifen wir dies auf.

(Zuruf von der AfD)

Der weitere Ausbau des Ethikunterrichts ist mir ein besonde res Anliegen. Hier bietet sich der Ort – ich glaube, dass das in der heutigen Zeit noch wichtiger ist als in den vergangenen Jahren –, in dem Werte und Moral vermittelt werden, der den Austausch der Religionen fördert und wo Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher religiöser Überzeugung und auch ohne religiöse Überzeugung sich austauschen und diskutieren können. Mich wundert allerdings, dass die SPD Anfang die ser Woche zwar medienwirksam verkündet hat, sie wolle ei nen schnelleren Ausbau des Ethikunterrichts, in diesen Haus haltsberatungen aber keinen einzigen Antrag dazu vorlegt.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja! – Abg. Rein hold Gall SPD: Sie lehnen doch eh ab! Würden Sie denn zustimmen? – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Typisch SPD! – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Wer finanziert das?)

Herr Gall, die Frage dieser Diskussion stellt sich hier im Haus überhaupt nicht. Sie haben keinen Antrag vorgelegt. Wir setzen die ersten Schritte weiter um; mit uns wird Ethik in den Schulen weiter ausgebaut, mit Ihnen nicht.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Ein weiterer wichtiger Schritt für uns ist die Reform der Ober stufe an den Gymnasien und der ersten Oberstufen an den Ge meinschaftsschulen. Wir sind überzeugt, dass diese Reform ebenfalls dazu beiträgt, dass zum einen unser Abitur leistungs stärker wird und zum anderen mehr Schülerinnen und Schü lern die Möglichkeit geboten wird, auf einem neuen Weg über neun Jahre das Abitur anzustreben. Die Planung dieser Re form bedingt aber, dass wir auch das berufliche Gymnasium dahin gehend anschauen, wie wir auch in Zukunft ein starkes Abitur anbieten können. Wir sind daher überzeugt, dass bei de Reformen am Ende verknüpft werden müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Die Digitalisierung ist eine Chance und eine Herausforderung für unsere Schulen; mit diesem Haushalt greifen wir dies auf. Die Unternehmen im Land erwarten zu Recht, dass die Schü lerinnen und Schüler in unserem Land nach der Schulzeit nicht nur wissen, wie ein Smartphone, Tablet oder PC zu bedienen ist, sondern dass sie – das wird immer wichtiger – auch ver stehen, wie diese Geräte funktionieren, wie sie genutzt wer den können und auch wie sie programmiert werden können. Daher wird ab dem kommenden Schuljahr das Fach Informa tik an allen Schularten eingerichtet. Dies ist für uns ebenfalls ein wichtiger Beitrag für mehr Chancengerechtigkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)