Protokoll der Sitzung vom 07.05.2020

Sehr gern.

Herr Minister, ich ha be verstanden: Die Regelung soll für die Dauer sein, aber nur in Sondersituationen anwendbar. Das würde doch aber eigent lich genau dafür sprechen, wenn ich in einer solchen Sonder situation die Möglichkeit habe, jemanden, der halt nur per Te lefon zugeschaltet werden kann, zuzuschalten. Das ist ja dann eigentlich die Argumentation.

Deswegen die Frage an Sie, an den Digitalisierungsminister: Können Sie den Gemeinden – ich meine damit alle, die das anwenden wollen – in Baden-Württemberg garantieren, dass jedes Gemeinderatsmitglied, egal, ob es sich beim letzten Schwarzwaldhof angeschlossen hat, diese Möglichkeit hat? Denn Ihr Ziel war ja, den letzten Schwarzwaldhof anzuschlie ßen. Ich habe noch nie gehört, dass jetzt jeder Schwarzwald hof angeschlossen wäre. Aber das wäre ja die Voraussetzung, um diese Hochtechnologie – um Ihre Worte zu verwenden – dann auch einzusetzen. Können Sie also garantieren, dass je der dann auch die Möglichkeit hat, mit der entsprechenden Bandbreite diesen Weg zu nutzen? Denn wenn Sie es nicht garantieren können, Herr Minister, brauchen wir eine Rück fallebene, und die muss dann halt das Telefon sein.

Sie haben eines richtig gesagt: Wir wollen eine rechtssichere Lösung haben. Hinsichtlich der sogenannten Hy bridlösung bestehen erhebliche rechtliche Bedenken. Wir ha ben aber auch – das will ich gar nicht verhehlen – Bedenken in der Sache, weil wir einfach der Überzeugung sind – das weiß ich aus den Diskussionen mit den Koalitionsfraktionen –, dass eine solche Sitzung auch davon lebt, dass man sich ge genseitig sieht. Mimik, Gestik spielen eine Rolle. Deswegen wollen wir auch nicht eine Technologie präferieren, die hun dert Jahre alt ist – das Telefon –, sondern wollen die Zukunfts technologie der Videokonferenz nehmen.

Keine Koalition, Herr Abg. Dr. Schweickert, wie die aus Grü nen und CDU, und keine Landesregierung hat jemals so viel für die digitale Infrastruktur getan wie diese. Als wir 2016 an gefangen haben, war für 70 % der Haushalte ein Internetan schluss mit 50 Mbit/s verfügbar. Wir haben inzwischen über 90 % der Haushalte mit über 50 Mbit/s angeschlossen. Das heißt, in über 90 % der Haushalte können Sie schon heute ei ne Videokonferenz veranstalten. Das sind 20 Prozentpunkte mehr als im Jahr 2016. Jeden Tag arbeiten wir gemeinsam da ran, dass wir auf 100 % kommen. Das ist ein harter Weg, aber genau das ist unser Ziel für die Zukunft.

(Beifall – Glocke der Präsidentin)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt bitte ich, die Türen zu schließen und wieder zur Ruhe zu kommen, damit wir diesen Tagesordnungspunkt weiterverfolgen können.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Es wird nicht automa tisch ruhiger, wenn die Türen geschlossen sind!)

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Danke schön, Frau Präsidentin Kurtz.

Im Übrigen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist das digitale Neuland für die kommunalen Gremien ja auch kein außerir discher Planet. Die bekannten und jahrzehntelang bewährten

Regeln für den Geschäftsgang in den kommunalen Gremien gelten selbstverständlich auch für die Sitzungen, die in Form einer Videokonferenz durchgeführt werden. Die Gemeinden, die Landkreise und die Sparkassen bewegen sich insofern al so auf einem durchaus vertrauten Terrain.

Als zusätzliche Unterstützung – wir hatten ja bereits gestern im Innenausschuss darüber gesprochen – sage ich der kom munalen Familie zu: Zu den wichtigsten Aspekten werden wir ergänzende Ausführungen in eine überarbeitete Version der Hinweise des Innenministeriums für die Kommunen aufneh men, die wir gleich zu Beginn der Coronapandemie heraus gegeben hatten und seither ständig fortschreiben. Wir lassen unsere Kommunen nicht allein, sondern geben ihnen entspre chende Handreichungen für die Praxis. Diese überarbeiteten Hinweise werden wir selbstverständlich in bewährter, vertrau ensvoller Zusammenarbeit mit den kommunalen Landesver bänden erneut abstimmen.

Lassen Sie mich hierzu sagen: Dieser Gesetzentwurf, verehr te Kolleginnen und Kollegen, ist auch bundesweit ein abso luter Meilenstein für die Digitalisierung der kommunalen Gre mien. Wenn ich es jetzt recht vernommen habe, werden jeden falls, glaube ich, fast alle Fraktionen hier im Landtag von Ba den-Württemberg diesem Gesetzentwurf zustimmen. Für die sen Mut und diese Innovationskraft gerade in der jetzigen schwierigen Zeit bin ich Ihnen sehr dankbar. Damit sagen wir der kommunalen Familie auch einmal mehr: Wir lassen euch nicht allein, und wir liefern auch schnell die erforderliche Un terstützung. Dafür möchte ich insbesondere auch den Koali tionsfraktionen – GRÜNE und CDU – herzlich danken.

Lassen Sie mich Ihnen bitte in diesem Zusammenhang zu gu ter Letzt zwei weitere Bereiche – um den Hattrick vollzuma chen – nicht vorenthalten, wo Baden-Württemberg deutsch landweit spitze ist, was die Digitalisierung und die Zusam menarbeit mit der kommunalen Familie betrifft.

Zum einen sind wir bei der Umsetzung des Onlinezugangs gesetzes sogar in der Lage, viele Leistungen früher online zu stellen als die eigentlich dafür zuständigen Länder. Zu nen nen sind hierbei beispielsweise Leistungen wie „Meldebe scheinigung beantragen“ oder „Hund anmelden“ und – in der Coronakrise besonders hervorzuheben – der Universalprozess, mit dessen Hilfe im Grunde jede Verwaltungsleistung über das Portal service-bw von den Behörden angeboten und von den Bürgerinnen und Bürgern genutzt werden kann. Das bie ten wir, das Land Baden-Württemberg, jetzt an. Die Corona krise ist natürlich schlimm, aber sie hat der digitalen Welt schon noch einmal einen richtigen Schub gegeben.

(Zuruf: Genau!)

Schön, dass wir das im Land Baden-Württemberg tatkräftig anpacken und diesen Schub sozusagen auch auf die Straße bringen.

(Vereinzelt Beifall)

Zum anderen, Herr Abg. Dr. Schweickert, noch einmal: Wir haben beim Ausbau unserer digitalen Infrastruktur das Tem po gegenüber dem vergangenen Jahr, in dem das Niveau schon hoch war, noch einmal fast verdoppelt. Das ist natürlich et was, was den Kommunen total nützt. Deswegen machen in zwischen auch sehr, sehr viele Gemeinden und Landkreise

von unserem Förderangebot in hohem Maß Gebrauch und in vestieren in Zukunftstechnologie, in Glasfaserkabel, und zwar jetzt in der Regel in jedes Haus hinein.

(Unruhe)

Das ist die Zukunftsinfrastruktur, die wir in Baden-Württem berg brauchen, bei der wir in großen Schritten nach vorn kom men.

Diese flächendeckende Versorgung der Haushalte mit schnel lem Internet – das zeigt die Coronakrise noch einmal ganz be sonders – ist entscheidend wichtig und der Kurs dieser Koa lition, der Kurs dieser Landesregierung. Dass es für ein Flä chen- und Technologieland wie Baden-Württemberg entschei dend ist, in diesem Punkt voranzukommen, hat sich noch ein mal als richtig erwiesen.

Dass das Zusammenspiel von Bundesförderung und Landes kofinanzierung bei uns inzwischen so gut gelingt, zeigt auch die Tatsache, dass kein anderes Bundesland mehr Anträge auf Bundesförderung stellt als Baden-Württemberg. Unser Land investiert also nicht nur viele Hundert Millionen Euro in die digitale Infrastruktur, sondern kein anderes Land in Deutsch land greift in diesem Bereich inzwischen so viel Bundeskoh le ab wie Baden-Württemberg. Das freut nicht nur die Schwa ben, sondern auch die Badener.

(Beifall)

Deswegen freue ich mich, Ihnen von diesem Hattrick, von die sen drei Erfolgen heute berichten zu können. Das ist ein gu ter Tag für die kommunale Selbstverwaltung. Das ist ein gu ter Tag für die kommunale Familie, der wir einen Rahmen für die Zukunft geben. Das muss doch eigentlich – um mit Herrn Abg. Hockenberger zu sprechen – ein Festtag für einen kom munalaffinen und zukunftszugewandten Landtag wie den von Baden-Württemberg sein.

Herzlichen Dank.

(Beifall – Zurufe)

Meine Damen und Her ren, gibt es weitere Wortmeldungen zu diesem Punkt? – Das ist nicht der Fall.

Jetzt bitte ich um Ihre Konzentration. Wir kommen in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Ge setzentwurf Drucksache 16/8027. Abstimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Digi talisierung und Migration, Drucksache 16/8053. Der Aus schuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.

Zu dem Gesetzentwurf liegen ein Änderungsantrag der Frak tion GRÜNE und der Fraktion der CDU, ein Änderungsan trag der Fraktion der SPD und ein Änderungsantrag der Frak tion der FDP/DVP vor. Ich werde diese Änderungsanträge an den betreffenden Stellen aufrufen und über sie abstimmen las sen.

Außerdem liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion der FDP/DVP vor, den ich nach der Schlussabstimmung zur Ab stimmung stellen werde.

(Unruhe)

Ich bitte noch einmal um Aufmerksamkeit. Denn die Ab stimmung, die jetzt auf uns zukommt, ist wirklich komplex.

Ich rufe auf

Artikel 1

Änderung der Gemeindeordnung

Hierzu liegen Abschnitt I des Änderungsantrags der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der CDU, Drucksache 16/8071-4, Abschnitt I des Änderungsantrags der Fraktion der SPD, Druck sache 16/8071-3, und Abschnitt I des Änderungsantrags der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 16/8071-1, vor.

(Unruhe)

Herr Abg. Dr. Rülke, ich bitte Sie und Ihre Kollegen, jetzt die Plätze einzunehmen und aufmerksam an der Abstimmung teilzunehmen.

Ich lasse zunächst über Abschnitt I des Änderungsantrags der Fraktion der SPD, Drucksache 16/8071-3, abstimmen, der auch eine Änderung der §§ 20, 21 und 35 der Gemeindeord nung anstrebt. Sind Sie damit einverstanden, dass ich Ab schnitt I dieses SPD-Antrags insgesamt zur Abstimmung stel le? – Das ist der Fall. Wer Abschnitt I des SPD-Änderungsan trags zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegen stimmen? – Enthaltungen? – Damit ist dieser Abschnitt I mehrheitlich abgelehnt.

(Zurufe)

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Abschnitt I des Ände rungsantrags der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 16/8071-1, der eine Neufassung von § 37 a fordert. Wer stimmt Ab schnitt I dieses Antrags zu? – Danke. Gegenstimmen? – Ent haltungen? – Damit ist Abschnitt I mehrheitlich abgelehnt.

Wir haben noch über Abschnitt I des Änderungsantrags der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der CDU, Drucksache 16/8071-4, abzustimmen, der die Aufnahme eines neuen § 140 a fordert. Sind Sie damit einverstanden, dass ich jetzt diesen Abschnitt I insgesamt zur Abstimmung stelle? – Das ist der Fall. Wer stimmt Abschnitt I dieses Antrags zu? – Danke. Ge genstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist Abschnitt I des An trags der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der CDU mehr heitlich zugestimmt.

Wer Artikel 1 des Gesetzentwurfs mit den soeben beschlosse nen Änderungen zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist Artikel 1 ein stimmig zugestimmt.

(Abg. Daniel Rottmann AfD: Eine Gegenstimme!)

Doch eine Gegenstimme? Ich habe doch aber gefragt.

(Zurufe, u. a. Abg. Anton Baron AfD: Ja, eine Gegen stimme!)

Also gut, dann wurde nur mehrheitlich zugestimmt.

Ich rufe auf