Protokoll der Sitzung vom 07.05.2020

Danke, Herr Her mann, dass Sie meine Zwischenfrage zulassen. – Zu Beginn der Krise hatte ich einen Brief an das Ministerium gerichtet

mit der Bitte, die Euro-4- und die Euro-5-Fahrzeuge für die Dauer der Erschwernisse uneingeschränkt zuzulassen, um ge sundheitsgefährdeten Menschen die Möglichkeit zu geben, auf ihr Fahrzeug zurückzugreifen, um zur Arbeit zu kommen. Das wurde abgelehnt.

Nun ist dies mittlerweile aber erlaubt worden für Leute, die älter sind, also für Gefährdete und für Leute wie mich, die über 60 sind.

(Zuruf: Was?)

(Abg. Daniel Renkonen GRÜNE: Ausnahmen! – Ge genruf des Abg. Anton Baron AfD: Ach, Ausnahmen sind das jetzt plötzlich? – Gegenruf des Abg. Daniel Renkonen GRÜNE: Waren sie schon immer!)

Wie passt das jetzt zu dem, was Sie gerade ausgeführt haben? Im Grunde sagen Sie ja: „Eigentlich brauchen wir vergleich bare Werte.“ Jetzt haben wir aber plötzlich die Dreckschleu dern – um das einmal so zu übersetzen – wieder zugelassen. Verwässern die nicht die Ergebnisse? Gibt es Abschätzungen, was wir an Fahrzeugen aus dieser Klasse, die jetzt den Ver kehr mit belasten, erwarten?

Vielen Dank für die Zwischenfrage. Sie gibt mir auch die Gelegenheit, noch einmal auf die Frage, die Sie mir schriftlich gestellt haben, deutlich zu antworten.

Ihr Versuch war es ja, sozusagen die alten Verbote einfach au ßer Kraft zu setzen. Das haben Sie von mir verlangt. Aber Ent schuldigung: In einem Rechtsstaat kann ein Minister nicht ein fach sagen: Das, was im Luftreinhalteplan steht, und das, was gesetzlich vorgeschrieben ist, mache ich jetzt mal kurz anders, weil mir eine FDP-Abgeordnete geschrieben hat. Es ist doch völlig klar, dass das nicht geht.

Was wir gemacht haben: Wir haben darauf verwiesen, dass in Einzelfällen – die es vorher schon gab – Betroffenen Ausnahme genehmigungen gegeben werden können und dass man sich darauf beziehen kann. Das war der Hinweis. Das sind aber nicht Abertausende, sondern es waren wahrscheinlich ein paar. Wir wissen nicht einmal genau, wie viele es sind, aber jeden falls kein relevantes Zahlenverhältnis, das viel verschoben hätte.

Ich will jetzt nur noch etwas zur Prognose sagen. Wir waren natürlich auch gespannt: Wie wird sich das Jahr weiterentwi ckeln? Natürlich braucht man Prognosen. Wenn wir Mitte des Jahres entscheiden wollen, was wirklich geschieht, dann müs sen wir wissen, welche Werte sich im Laufe des Jahres entwi ckeln. Die neueste Prognoserechnung, auf die auch Thomas Dörflinger hingewiesen hat, geht von der Annahme aus, dass ab der Coronakrise im März über das ganze Jahr ein Drittel weniger Fahrzeuge unterwegs sind.

Daraus abgeleitet kann man sagen, im Bereich Neckartor und im Bereich Hohenheimer Straße werden wir an den Grenz wert herankommen oder darunter bleiben. Wir haben aber nach wie vor ein Problem in der Talstraße und in der Pragstra ße, selbst dann, wenn den Rest des Jahres über ein Drittel we niger Verkehr fährt.

Jetzt haben wir aber leider die Botschaft – – Das können Sie heute buchstäblich auf der Straße sehen. Wenn Sie vor zwei oder drei Wochen an der Kreuzung am Charlottenplatz oder sonst wo geschaut haben, konnten Sie spürbar weniger Ver kehr feststellen. Wenn Sie jetzt hinausgehen, haben Sie das Gefühl: Es ist schon fast wie immer.

Wenn der Verkehr im Laufe des Jahres wieder ansteigt oder gar noch höher wird, dann verspielen wir die Chance, die wir jetzt mit Corona bei weniger Verkehr und weniger Schadstof fen hatten, die Chance, die Grenzwerte zum Jahresende ein zuhalten. Deswegen sage ich ganz klar: Es muss weiterhin das Ziel sein, dass die Autos sauber werden.

Ich muss sagen: Ich habe mich wirklich geärgert, als ich die ser Tage lesen musste, dass viele Leute nicht einmal das kos tenfreie Angebot zur Nachrüstung angenommen haben. Daim ler und VW bieten eine Nachrüstung im Wert von 3 000 € an. Man muss nichts bezahlen, aber nur ganz wenige haben das angenommen. Da muss ich sagen: Ja, dann müsst ihr damit rechnen, dass die Autos irgendwann nicht mehr fahren dür fen. Also: Rüsten Sie nach! Das ist das Gebot der Stunde. Stei gen Sie bitte umweltfreundlich um.

Auch das war übrigens eine schöne Geschichte in der Coro nazeit: Nachweislich sehr viel mehr Menschen sind mit dem Fahrrad gefahren. Auch das ist eine Alternative.

In der Summe muss ich sagen: Es gibt noch viel zu tun. Ich habe nach wie vor die Hoffnung, dass wir mit unseren Maß nahmenbündeln erfolgreich sind und dass das Gericht einsieht, dass wir auf dem Weg sind.

Es war nie das Ziel, Fahrverbote auszusprechen, sondern das Ziel war immer eindeutig: saubere Luft und trotzdem guten Verkehr. Wenn wir saubere Autos haben und wenn genügend Leute umstellen, dann können wir es schaffen. Daran arbeite ich, daran arbeiten wir. Ich danke für die Unterstützung.

(Beifall)

Meine Damen und Her ren, es ist noch Redezeit übrig. Herr Abg. Haußmann hat sich gemeldet. – Dann haben Sie als Erster das Wort.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Eineinhalb Meter!)

Sehr geehrter Herr Mi nister, Sie haben wieder viele Ausführungen gemacht, hier aber wenige Perspektiven und Prognosen präsentiert. Wenn man solche weiteren Fahrverbote vorsieht, dann sollte man schon noch einmal eine genaue Wirkungsanalyse erstellen und vorlegen. Eine solche liegt uns bisher nicht vor.

Bemerkenswert war ja schon, dass inzwischen die Pragstraße und die Talstraße sozusagen neu aus der Kiste gekommen sind. In den vergangenen Jahren waren die Pragstraße und die Talstraße nicht im Fokus. Ich darf einmal aus Ihrer Pressemit teilung vom 23. April 2020 zitieren:

Eine vorliegende aktuelle Prognose des Regierungsprä sidiums Stuttgart zeigt, dass die Grenzwerteinhaltung in der Prag- und in der Talstraße ohne Verschärfung der Verkehrsverbote sehr schwierig wird.

Die Auswirkungen der Coronakrise sind aber noch gar nicht bewertet. Sie hätten ja auch schreiben können: Wir haben die Lösung an der Pragstraße, wenn der Rosensteintunnel eröff net wird. So formuliert man eben, wenn man das Ziel hat, das Sie haben: Fahrverbote herbeizurufen, aber nicht Lösungen in Baden-Württemberg zu suchen.

(Beifall)

Herr Renkonen, Sie haben keinen Hinweis auf die weiteren Entscheidungen gegeben. Auch Herr Dörflinger hat zwar das Richtige angesprochen, aber wir wissen jetzt auch nicht, wie es weitergeht. Sie haben die EU-Richtlinien angesprochen. Das wäre eigentlich jetzt der Hinweis, zu sagen: Wir müssten in Baden-Württemberg mit synthetischen Kraftstoffen durch starten, weil auch das hilft, die Stickoxidwerte zu reduzieren.

Noch ein Hinweis zum Thema Mobilitätspass oder 365-€-Ti cket: Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wir werden in eine Phase kommen, in der wir uns sehr gut überlegen müs sen, wie wir die zurückgehenden Steuermittel einsetzen. Wenn man schon jetzt Mittel aus dem Landesgemeindeverkehrsfi nanzierungsgesetz sozusagen in die Unterstützung des ÖPNV hineingibt, dann wird man sich noch einmal sehr genau über legen müssen, ob wir auch in Zukunft die finanziellen Res sourcen dafür zur Verfügung haben. Deswegen ist das, glau be ich, nicht die Lösung.

Herr Selcuk, vielleicht noch zu Ihnen.

Herr Kollege, kommen Sie jetzt bitte zum Schluss.

Ich hatte seither immer ganz andere Äußerungen von Herrn Rivoir hier an dieser Stel le zum Thema Fahrverbote in Erinnerung.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Wir auch!)

Die Positionierung der SPD bei dieser Thematik habe ich noch nicht ganz verstanden.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Eine Mutation!)

Was wir brauchen, liebe Kolleginnen und Kollegen,...

Herr Abg. Haußmann, bit te kommen Sie jetzt zum Schluss!

... sind Innovationen im Bereich neuer Technologien. Dann lösen wir die Fahrverbote in Luft auf,

(Zuruf: In gute Luft!)

weil wir hervorragende Produkte in Baden-Württemberg ha ben.

(Beifall)

Zu diesem Tagesordnungs punkt liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit kön nen wir die Aktuelle Debatte unter Punkt 2 beenden.

Punkt 2 der Tagesordnung ist somit erledigt.

Herr Abg. Räpple hatte angekündigt, jetzt einen Antrag zur Geschäftsordnung stellen zu wollen.

Meine Damen und Herren, hiermit stelle ich einen Antrag zur Geschäftsordnung, einen Antrag auf Unterbrechung oder sogar Beendigung der Sitzung,

(Unruhe)

also auf Ende der Sitzung. Der Antrag ist gestellt.

Ich begründe ihn wie folgt:

(Abg. Nicole Razavi CDU: Sind Sie müde?)

Ich denke, wir alle sollten einmal zur Besinnung kommen. Ich möchte Ihnen auch die Gelegenheit geben, einmal in sich zu kehren und sich zu fragen, was hier eigentlich stattfindet. Sie fahren hier die aktuelle Wirtschaft in Baden-Württemberg an die Wand. Ja? Sie verbreiten hier eine Hysterie. Sie machen bei dieser ganzen Hysterie mit.

(Unruhe)

Das ist die Begründung. – Bitte.