Protokoll der Sitzung vom 20.05.2020

Es ist ja nicht die Opposition, die Sie dafür kritisiert – zumin dest nicht nur, Frau Eisenmann. Ich darf Ihnen vielleicht vor tragen, was der Regierungssprecher im Auftrag des Minister präsidenten zu Ihrem Regierungshandeln gesagt hat. Ich zi tiere Herrn Hoogvliet:

Es liegt schlicht daran, dass das Kultusministerium den Vorschlag erst am Dienstagabend beziehungsweise or dentlich ausgearbeitet am Mittwoch vorgelegt hat.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Hört, hört!)

Der Ministerpräsident sagt also, Sie arbeiten nicht ordentlich, Frau Eisenmann.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Da läuft es richtig gut!)

Wenn das im Zeugnis steht, ist die Versetzung gefährdet. Viel leicht sind Sie deshalb dafür, dass in diesem Jahr keiner sit zenbleibt, Frau Eisenmann,

(Vereinzelt Heiterkeit)

weil der Ministerpräsident Ihre Versetzung als gefährdet an sieht.

(Beifall)

Das könnte ja durchaus sein. – Jedenfalls ist das Bild, das die se Landesregierung nach außen abgibt, für viele Menschen of fensichtlich Grund genug, auf die Straße zu gehen. Diese Re gierungspolitik muss besser werden, meine Damen und Her ren.

(Beifall)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Schwarz das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Das besonnene und entschlossene Handeln der Landesregierung hat in der Coronakrise in Ba den-Württemberg Schlimmeres verhindert.

(Beifall – Zuruf)

Das wird deutlich, wenn man sich Baden-Württemberg im in ternationalen Vergleich anschaut. Deswegen finde ich es in dieser Krise wichtig, Maß und Mitte zu halten. Ich bin Ihnen, Herr Ministerpräsident, für diesen Kurs von Maß und Mitte dankbar. Ich bin der gesamten Landesregierung dankbar für dieses gute Management – auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Ressorts.

(Beifall)

Denn klar ist doch: Bei der Pandemiebekämpfung müssen schnell wirksame und zielgerichtete Maßnahmen getroffen werden. Das ist Politik in Echtzeit. Es musste zügig gehandelt werden, und es wurde zügig gehandelt. Dabei ist stets der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren; das ist für uns selbstverständlich.

Wenn ich auf die letzten Wochen zurückblicke, kann ich fest halten: Die Landesregierung von Baden-Württemberg führt Baden-Württemberg gut durch diese Coronakrise.

(Beifall)

Eine Krise von solch einem globalen Ausmaß, liebe Kollegin nen und Kollegen, ist schon eine Riesenherausforderung. Für diese Krise gab es keine Konzepte in der Schublade. Es gab eben gerade keine Blaupause, die man einfach hätte ziehen können.

(Unruhe – Zurufe, u. a. Abg. Bernd Gögel AfD: Ei nen Pandemieplan hat sie nicht gefunden!)

Deswegen ist klar: Zeit und Schnelligkeit sind bei der Bewäl tigung der Krise entscheidende Faktoren; denn es drohte die reale Gefahr, dass diese Pandemie außer Kontrolle gerät. Das heißt, es gab keine Zeit für langfristige Planungs- und Betei ligungsprozesse.

(Zuruf: Seit 2012!)

Aber das Geschehen einfach laufen zu lassen, diese Zeit hat ten und haben wir nicht. Was ansonsten im ausführlichen Ge setzgebungsverfahren mit umfassender Beteiligung verschie dener Akteure erfolgt, das musste im wahrsten Sinn des Wor tes über Nacht entschieden werden. Gefahrenabwehr ist hier das richtige Stichwort.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl!)

Gefahrenabwehr! Baden-Württemberg hat hier von Anfang an entschlossen, besonnen und verhältnismäßig gehandelt, um die Bevölkerung zu schützen. Unsere Rechtsordnung hat sich als leistungsfähig erwiesen.

Wir haben gezeigt: Die Demokratie kann in dieser Krise schnell und angemessen reagieren – unter Wahrung der bürger- und rechtsstaatlichen Grundsätze –, und das zeigt: Die Demokra tie ist in dieser Krise vollständig handlungsfähig, meine Da men und Herren.

(Beifall)

Herr Abg. Schwarz, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Klos zu?

Nein. – Eingriffe zur Ge fahrenabwehr unterliegen gleichwohl dem Grundsatz der Ver hältnismäßigkeit. Hiervon entbindet auch keine Eile.

Es ist verständlich, dass es bei solchen Eilverfahren mal zu der einen oder anderen Unschärfe kommen kann. Dafür habe ich Verständnis – und ich verstehe die Kritik der Bürgerinnen und Bürger, wenn es da die eine oder andere Unschärfe gibt. Wir müssen aber doch wissen: Mit dem, was wir über Coro na, über dieses Virus wissen, stehen wir erst am Anfang un serer Erkenntnisse; mit jedem neuen Forschungsergebnis ge winnen wir neue Erkenntnisse, wie wir mit diesem Virus um zugehen haben.

An dieser Stelle ist schon mehrmals die Kinderstudie aus Hei delberg zitiert worden. Ich will auch nochmals auf die Unter suchungen des Robert Koch-Instituts mit 2 000 Menschen in Kupferzell hinweisen. All solche Untersuchungen geben uns wichtige Informationen. Deswegen ist für mich klar: Solche Informationen müssen immer wieder in das Regierungshan deln einfließen. Das heißt, dass dann auch Anpassungen der Verordnungen vorgenommen werden können. Konkret bedeu tet das eben, dass die Landesregierung von ihr getroffene Ent scheidungen stets im Lichte neuer Erkenntnisse überprüfen kann. Für mich ist das kluges und richtiges Regierungshan deln.

(Beifall – Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Diesen Weg der zielgerichteten Pandemiebekämpfung wer den wir weitergehen. Die Landesregierung ergreift die Maß nahmen, die tatsächlich geeignet sind, und auch nur diese. Wir teilen diesen Weg, wir gehen diesen Weg mit.

Auch die Ampelsystematik, Herr Ministerpräsident, die von der Landesregierung beschlossen worden ist, ist hierbei ein sehr kluges Vorgehen. Sie ermöglicht nämlich ein zielgerich tetes Vorgehen in den jeweiligen Stadt- und Landkreisen in Baden-Württemberg. Liegt der Siebentagewert bei 35 Neuin fektionen, springt die Ampel auf Gelb; weitere Maßnahmen werden ergriffen, wenn – bei Infektionszahlen von über 50 –

die Ampel rot ist. Das ist in meinen Augen ein zielgerichtetes Vorgehen. Das ist inhaltlich richtig, und wir können damit die se Krise in Baden-Württemberg gut meistern, liebe Kollegin nen und Kollegen.

(Beifall)

Zum guten Regierungshandeln gehört, dass wir niemanden im Stich lassen. Das ist für meine Fraktion enorm wichtig. Wir lassen in dieser Krise die Menschen in Baden-Württemberg nicht im Stich. Deswegen haben wir gestern Abend in der Koalition den Weg frei gemacht für ein Corona-Soforthilfe paket in Höhe von 1,5 Milliarden €. Wir unterstützen damit gezielt die Gesellschaft, die Menschen in Baden-Württemberg und auch die Wirtschaft in unserem Bundesland.

Mit einem branchenoffenen Soforthilfefonds in Höhe von 775 Millionen € und einer Liquiditätsbrücke helfen wir gezielt kleinen und mittleren Unternehmen.

Darüber hinaus greifen wir Branchen unter die Arme, die von den Folgen der Pandemie besonders stark betroffen sind. 330 Millionen € stellen wir an Soforthilfen für die Gastronomie und die Hotellerie zur Verfügung. Mit 240 Millionen € unter stützen wir den öffentlichen Personennahverkehr, mittelstän dische Busunternehmen, denen einfach die Aufträge wegge brochen sind. Denn für uns ist klar: Ein funktionierender Nah verkehr ist Teil der Daseinsvorsorge, und wenn jetzt Schüle rinnen und Schüler wieder vermehrt in die Schule gehen, dann muss auch der öffentliche Nahverkehr funktionieren.

(Beifall)

Über die wichtige Rolle von Kunst und Kultur werden wir später bei Tagesordnungspunkt 3 reden. Aber wir sehen, wie wichtig in Baden-Württemberg das bürgerschaftliche Engage ment der Menschen ist. Deswegen unterstützen wir die Vereine in unserem Land mit 50 Millionen € Soforthilfe, sowohl im Sport als auch in der Amateurmusik, im Naturschutz, im sozialen Bereich.

Frau Ministerin Eisenmann hat es heute Morgen angespro chen, ebenso wie der Kollege Poreski: Damit der digitale Fernunterricht gelingen und ausgebaut werden kann, stellen wir zusätzlich 65 Millionen € bereit, damit mehr Schülerin nen und Schüler über digitale Endgeräte verfügen können.

Das macht unterm Strich deutlich, liebe Kolleginnen und Kol legen: Wir lassen niemanden im Stich. Mit der Corona-Sofort hilfe sichern wir unsere Daseinsvorsorge. Wir sichern Exis tenzen. Wir vermeiden Insolvenzen, und wir erhalten die Struk tur unserer erfolgreichen mittelständischen Wirtschaft. Damit meistern wir die Krise gut in Baden-Württemberg.

(Beifall)

Weil ja immer wieder der Dialog angesprochen wird und es Menschen gibt, die andere Meinungen vertreten: Es gehört zum Wesensgehalt einer Demokratie, dass es unterschiedliche Meinungen gibt. Dazu darf man sich selbstverständlich äu ßern und darf diese Meinungen auf der Straße vortragen; das ist ein Zeichen lebendiger Demokratie.

Auch dass die Schutzmaßnahmen diskutiert werden, ist ein Zeichen lebendiger Demokratie. Wenn ich mir die Umfrage

werte anschaue, stelle ich fest: Der überwiegende Teil der Be völkerung trägt die Schutzmaßnahmen mit. Der überwiegen de Teil der Bevölkerung sagt: „Es ist richtig, dass der Infek tionsschutz nach vorn gestellt wird.“ Für dieses Verständnis der Bürgerinnen und Bürger darf ich mich auch ganz herzlich bedanken.

(Beifall)

Was ich allerdings schade finde und sehr bedaure: Es gibt Menschen, die gerade nicht den konstruktiven Dialog suchen. Sie, Herr Rülke, haben hier auch einige zitiert, die eben nicht den konstruktiven Dialog suchen; solche Menschen sitzen zum Teil auch hier im Parlament. Ich finde, wir müssen da klare Kante zeigen. Es ist schon eine seltsame Melange, die dort teilweise zusammenkommt. Wenn man sich die Sache näher anschaut und auch Polizeiberichte liest, stellt man fest: Es handelt sich teilweise auch um Rechtsextreme, Reichsbür ger, Verschwörungstheoretiker. Dann werden Fake News ver breitet, und teilweise wird dort völlig faktenfrei argumentiert. Es werden Gerüchte in die Welt gesetzt, die keine Grundlage haben. Das schadet unserer Demokratie, und da müssen wir klare Kante zeigen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall)