Protokoll der Sitzung vom 20.05.2020

(Beifall)

Wir werden auch hier nochmals darüber reden müssen, wie wir, der Landtag, nun stärker einbezogen werden. Herr Minis terpräsident, Sie haben ja in der letzten Woche die Offerte an das Parlament ausgesprochen. Ich sage es ganz offen: Wir kommen als Landtag unserer Aufgabe nach. Wir haben ge meinsam einen fraktionsübergreifenden Antrag zu Krediter mächtigungen beschlossen. Wir haben vor Kurzem eine Än derung der Gemeindeordnung beschlossen, um den Kommu nen weitere Spielräume für die kommunalen Gremien zu ge ben. Wir werden heute Nachmittag in erster Lesung das Ge setz über den öffentlichen Personennahverkehr beraten und auch auf diese Weise auf die Coronakrise reagieren. Das ist der richtige Weg, um vom Krisenmodus wieder in normale, geordnete und übliche Verfahren zu kommen.

Auch die Aktuellen Debatten in der vorletzten Woche sowie heute zeigen, dass wir uns im Parlament intensiv und auch fraktionsübergreifend mit der Coronakrise befassen. Das ist gelebte Demokratie, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall)

Die Coronakrise ist noch nicht zu Ende. Am Anfang stand zü giges Handeln – Gefahr im Verzug! Maßnahmen zur Gefah renabwehr mussten schnell getroffen werden. Jetzt bewegen wir uns hin zu vorsichtigen Öffnungen. Wir sind in der zwei ten Phase der Krise, und da sind wir als Landtag, als Fraktio nen nun auch stärker gefragt.

Nach wie vor ist der Maßstab der grünen Landtagsfraktion, entschlossen und besonnen zu handeln, um die Krise zu meis tern. Das bleibt der richtige Weg. Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam gehen, und bleiben Sie gesund.

(Beifall – Zurufe, u. a. Abg. Reinhold Gall SPD: Aber zu dem Problem haben Sie überhaupt nichts gesagt!)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Dr. Reinhart das Wort.

Frau Präsidentin, ver ehrte Kolleginnen und Kollegen! Baden-Württemberg hat sich dieser beispiellosen Pandemiekrise bisher gut und auch er folgreich entgegengestellt. Regierung und Parlament haben zur richtigen Zeit die richtigen Entscheidungen getroffen. Wir haben schnell gelernt. Es ist uns gelungen, die Ausbreitung des Virus einzudämmen, und wir haben es geschafft, die Über forderung vor allem des Gesundheitswesens zu verhindern.

(Zuruf: So ist es!)

Die Coronapolitik von Land und – das füge ich hinzu – Bund hat im ganz tatsächlichen Sinn Leben gerettet. In Baden-Würt temberg gab es keine Szenen wie beispielsweise in Bergamo oder in New York. Für mich und für meine Fraktion hat das einen hohen Wert, und wir sind hierfür sehr, sehr dankbar.

(Beifall)

Kollege Schwarz hat zu Recht darauf hingewiesen: Wir ha ben jeweils mit „Flexible Response“ geantwortet, wir haben in der Tat besonnen und mit Maß und Mitte gehandelt.

Ich habe von Anfang an immer gesagt: Erst die Menschen schützen, dann auch der Wirtschaft helfen. Dabei waren wir erfolgreich, denn wir haben in diesem Landtag deutlich schnel ler als die meisten anderen Länder ein historisches Sofortpro gramm für notleidende Unternehmen auf den Weg gebracht. Innerhalb weniger Tage sind Milliarden geflossen. Diese sind direkt bei den Betrieben angekommen.

Zuletzt sind mittlerweile 2,15 Milliarden € vom Land aus der Rücklage für Haushaltsrisiken und dazu noch 1,7 Milliarden € vom Bund ausbezahlt worden. Förderprogramme und Liqui ditätshilfen wurden aufgestockt. Wir haben mittlerweile einen Beteiligungsfonds aufgebaut, wir haben Steuererleichterun gen umgesetzt. Insoweit kann ich hier überhaupt kein Chaos erkennen. Herr Kollege Rülke, das war professionelles Kri senmanagement. So nennt man das.

(Beifall – Zurufe, u. a. Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Bei der Regierung oder bei der CDU- Fraktion?)

Der Punkt ist natürlich: Wir blicken auch immer über die Grenzen hinweg, Herr Kollege. Was liegt da näher als ein Blick nach Rheinland-Pfalz?

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Dort sind sie deutlich schneller unterwegs!)

Dort heißt der Wirtschaftsminister Volker Wissing. Wir haben einmal geschaut, wie das Handeln dort kommentiert wurde. Zitat:

Zu umständlich, zu langsam, zu lückenhaft.

(Zurufe: Hört, hört!)

So haben die Klagen der Unternehmen dort geklungen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wo steht das?)

Wenn wir uns einmal vor Augen halten: Bei uns war nach drei Tagen das Geld auf dem Konto.

(Vereinzelt Beifall)

Sie können in den Zeitungen lesen: In Rheinland-Pfalz hat es über 14 Tage gedauert.

(Beifall – Zurufe)

Insoweit ist es natürlich ein Unterschied.

(Abg. Carola Wolle AfD: Bei uns gibt es auch wel che, die es nicht gleich gehabt haben!)

Wir haben, denke ich, den Kurswechsel geschafft, einen zü gigen Weg aus dem Lockdown heraus beschritten. Wir folgen dem Prinzip: Wo Infektionsschutz sicher ist, muss auch Öff nung möglich sein. Wir haben immer gesagt – auch ich für meine Fraktion –: Freiheiten so viel wie möglich, Einschrän kungen nur dort, wo unbedingt nötig. Das vertreten wir auch weiterhin.

Für die meisten Branchen haben wir Perspektiven geschaffen, wie Gesundheitsschutz und wirtschaftliches Leben miteinan der vereinbar sind. Das war uns sehr wichtig. Ein sehr kraft voller zweiter Aufschlag wurde nun gestern Abend mit dem Soforthilfepaket II beschlossen. Es wurde angesprochen: ein weiteres Paket in Höhe von 1,5 Milliarden € für die Wirt schaft, für kleine und mittlere Unternehmen, 330 Millionen € für Gastronomie und Hotellerie, 240 Millionen € für den öffent lichen Personennahverkehr plus die dazugehörigen Busse, 50 Millionen € für Kultur, für Vereine.

Die Kultusministerin, die einen hervorragenden Job in dieser schwierigen Phase macht – wir haben vorhin unter TOP 1 da rüber diskutiert –, hat sich dafür ausgesprochen, neben den 65 Millionen € vom Bund weitere 65 Millionen € seitens des Landes für die Ausstattung der Schülerinnen und Schüler mit Laptops bereitzustellen. Das hat gestern Abend die Haushalts strukturkommission bewilligt. Das heißt, es werden 130 Mil lionen € bereitgestellt, damit alle Schülerinnen und Schüler einen Laptop haben.

(Beifall)

Ich will hier das Kurzarbeitergeld ergänzend erwähnen. An die Kolleginnen und Kollegen von der SPD gerichtet sage ich: Heute ist der Tag der Leistungsverbesserungen für die Fami lien. Es wurde vorhin nicht angesprochen – ich dachte erst, das Thema sei aus diesem Grund gewählt worden –: CDU/CSU und SPD werden heute im Kabinett in Berlin beschließen, die Lohnfortzahlung sogar auf bis zu 20 Wochen verlängern, wenn Eltern unabdingbar ihre Kinder zu Hause erziehen müs sen. So hilft man in der Krise auch den Familien in unserem Land, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall – Abg. Andreas Stoch SPD: In Berlin läuft es auch gut!)

Von den weiteren Soforthilfen profitieren werden alle, die un ter der Krise stark und anhaltend leiden müssen: Die gesamte Event- und Messebranche, Caterer, Schausteller, Bäderbetrie be und viele mehr sind neben der Gastronomie und dem Tou rismus in diesen Programmen enthalten. Diese Bereiche sind oft auch in großen Teilen systemrelevant. Sie garantieren Wertschöpfung, aber auch Jobs vor Ort.

Uns geht es darum – das will ich ausdrücklich sagen –, Exis tenzen zu sichern, Insolvenzen zu vermeiden. Deshalb war es

übrigens auch richtig, dass auf Bundesebene die Insolvenzan tragsfrist bis zum 30. September ausgesetzt wurde. Es ist auch dringend und berechtigt, dass wir uns diese wichtigen Pfeiler mit diesen Programmen vornehmen. Wir wollen, dass BadenWürttemberg das Land der Gastfreundschaft bleibt; auch des halb haben wir dieses Soforthilfepaket auf den Weg gebracht.

Ein Konjunkturpaket muss folgen. Damit werden wir den Standort Baden-Württemberg wieder zurück auf den Wachs tumspfad bringen. Das hat die Regierung betont, das hat der Ministerpräsident betont. Das ist eine Sache, die auf der Stre cke sicherlich angesprochen werden muss und angesprochen werden wird.

(Abg. Anton Baron AfD: Die CDU setzt sich nicht durch!)

Wir hatten heute Morgen Gespräche mit den kommunalen Landesverbänden. Auch die Kommunen will ich hier nicht vergessen. Auch diese werden bereits am Montag mit der Fi nanzministerin ein Gespräch führen, der Innenminister und das Staatsministerium sind dabei. Natürlich sind wir auch Partner der Kommunen, aber ich will auch sagen: Alle Ebe nen – Europa, Bund, Land, Kommunen – haben ihre Verant wortung in dieser Zeit, die es so noch nie gegeben hat.

(Beifall – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Wir treffen Vorbereitungen – geordnet, stringent und hoch konzentriert.

Der nächste Punkt, der Fahrplan zum Einstieg in die einge schränkte Regelbetreuung – es wurde erwähnt –, war frühzei tig bekannt. Die Ministerin hat ihn bereits am 6. Mai hier im Plenum ausführlich vorgestellt,

(Abg. Ulli Hockenberger CDU: Sehr richtig!)

auch was das Thema Fristen angeht; das wollen wir schon be tonen. Insoweit ist hier von Chaos keine Spur.

Richtig ist: In einer solchen Krise sind schnelle Entscheidun gen gefragt, nicht immer während der normalen Bürozeiten. Not kennt kein Gebot und schon gar keine Wochentage. Sie alle wissen, dass sich die Verordnungen mehrmals auch un mittelbar an die Beratungen in der MPK angeschlossen ha ben. Insoweit war oft auch der Ablauf vorgegeben. Sie wer fen ja auch nicht der Feuerwehr vor, dass sie auch am Sams tag abends zum Löschen ausrückt. Es ist wichtig, dass sie aus rückt.

(Beifall – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Aber wenn es donnerstags schon brennt! – Abg. An dreas Stoch SPD: Sie bestellen samstags das Lösch fahrzeug! – Weitere Zurufe)

Andere Länder sind ähnlich verfahren: Schleswig-Holstein hat seine aktuelle Verordnung ebenfalls am Samstag veröf fentlicht, auch Niedersachsen hat seine Verordnung über das Wochenende in Kraft treten lassen, ähnlich Rheinland-Pfalz. Insoweit ist das überhaupt kein Problem.

Das Entscheidende ist: Die Dynamik des Krisengeschehens hat jetzt nachgelassen. Jetzt werden wir aus dem Notmodus herauskommen; die Zeit der Eilentscheidungen geht zu Ende.

Deshalb wird jetzt die Coronapolitik auf eine neue Grundla ge gestellt, die Regel-Ausnahme-Logik für die nächste Phase neu ausgerichtet – sie endet ja am 15. Juni.