Protokoll der Sitzung vom 25.06.2020

Bleiben wir mal ein bisschen sachlich. Das wäre ganz gut, Herr Haußmann. – Wir denken schon lange darüber nach, wie wir das, was wir jetzt auf den Weg bringen, richtig machen und wie wir es vor allem auch unangreifbar machen.

Wichtig ist – das ist unser Ziel –, dass wir die Balance zwi schen legitimierender Parlamentsbeteiligung und trotzdem schneller Handlungsfähigkeit der Regierung und der Exeku tive schaffen. Diese Balance muss sein. Das heißt, die Maß nahmen der Regierung brauchen eine verlässliche demokra tische und parlamentarische Rückbindung.

Mit unserem Gesetzentwurf – davon sind wir überzeugt – schaffen wir diese klar geordnete, verfassungskonforme und wirksame Parlamentseinbindung. Wir bringen den Landtag wieder auf Augenhöhe mit der Regierung. Wir parlamentari sieren sozusagen den Infektionsschutz. Ich glaube, das ist in dieser Zeit wirklich ein Meilenstein. Ich möchte trotz der an fänglichen Wortgefechte auch wirklich die Gelegenheit nut zen, um die SPD und die FDP/DVP für unseren Gesetzent wurf zu gewinnen.

Vier Punkte sind uns wichtig.

Erstens: Wir stärken die Informationsrechte des Landtags. Denn die Landesregierung muss sämtliche Verordnungen dem Landtag unverzüglich vorlegen. Uns ist wichtig, dass wir Par lamentarier direkt und offiziell darüber informiert werden, was die Regierung regelt. Denn wir sind schließlich diejenigen, die vor Ort in den Wahlkreisen Fragen beantworten müssen, die auch mit den Regelungen konfrontiert werden und die auch mit Kritik konfrontiert werden. Das haben wir alle ja auch in den letzten Wochen erlebt.

Deswegen ist es notwendig, dass der Landtag dieses Informa tionsrecht auch förmlich bekommt und es sich wieder mit sei ner gesetzgeberischen Autorität verschafft. Wir gehen damit deutlich und bewusst über den Normalfall hinaus. Ich glaube, das ist uns allen auch bewusst. Denn wir wissen: Im Allge meinen gibt es diese Berichtspflicht der Regierung nicht. Hier schreiben wir sie in unserem Gesetzentwurf ausdrücklich fest.

Der zweite für uns wichtige Punkt ist, dass wir diesen Rege lungen der Regierung eine Grenze auf der Zeitachse setzen. Das Parlament ruft alle drei Monate sozusagen zum Rapport. Das gilt nicht nur für kommende Gesetzesvorschläge und Ver ordnungen, sondern das gilt für alle Verordnungen, die schon jetzt auf dem Weg sind. Wir entscheiden, ob eine Verordnung weiter gilt oder ob sie erlischt. Wir bewerten, wie lange grund rechtsrelevante Eingriffe vertretbar sind und ob sie Bestand haben. Das ist ein ganz entscheidender, wichtiger und subs tanzieller Unterschied zu bisher. Das sind echte Checks and Balances, die wir hier unter Pandemiebedingungen schaffen.

Was erreichen wir mit dieser – so nenne ich es jetzt einmal – Sunset-Klausel? Der Entscheidungsort ist am Ende das Par lament. Das ist auch der entscheidende Unterschied zu bisher. Ohne uns geht gar nichts. Das ist, glaube ich, das, was wir al le wollen.

Drittens – das ist uns ebenso wichtig –: Der Landtag fordert sein Königsrecht ein. Sollen Mittel, die im Einzelfall den Be trag von 7,5 Millionen € überschreiten, der Haushaltsrückla ge entnommen werden, muss zuerst die Zustimmung des Fi

nanzausschusses eingeholt werden. Der Finanzausschuss muss zustimmen, wenn die Regierung diese Mittel mobilisieren will. Das heißt, die Regierung muss ihre Maßnahmen vor dem Parlament rechtfertigen, darlegen und begründen und sich so zusagen vor dem Parlament verantworten. Wir stellen klar: Das Parlament hat die Kontrolle über die Kasse, und wir sind die Herrin über das Budget.

(Beifall)

Viertens ist uns seitens der CDU-Fraktion noch ein ganz grund sätzlicher Punkt wichtig. Wir setzen eben nicht nur auf einen starken Staat, sondern wir setzen vor allem auf die Eigenver antwortung der Bürgerinnen und Bürger. Das heißt: so viel Staat wie nötig, aber so viel Eigenverantwortung wie mög lich. Das ist einer unserer wichtigen Grundsätze. Deswegen steht das auch im Gesetzentwurf.

Ich glaube, dass unser zusammen mit den Grünen erarbeite ter Gesetzentwurf, Uli Sckerl, wirklich gut gelungen, ausge wogen und durchdacht, zielgerichtet, schlank und verständ lich ist. Er füllt diese kritische Fehlstelle, die es bislang im Regelwerk gab, und hier wird der Landtag einfach auch sei nem parlamentarischen Kontroll- und Legitimationsrecht wie der gerecht und übt es auch aktiv aus.

Wir stärken damit das Parlament, ohne die Exekutive zu schwä chen, und ich glaube, da unterscheidet sich unsere Haltung eben grundsätzlich von der, die SPD und FDP/DVP vertreten. Ich glaube aber, hier lässt sich auch noch ein Weg finden, wie wir zusammenkommen. Ganz im Sinne der Gewaltenteilung tun wir das. Wir unterstützen die Handlungsfähigkeit des Lan des im Kampf gegen die Pandemie, wir sorgen für mehr Trans parenz, für mehr Legitimation und vor allem für mehr Demo kratie. Deswegen möchte ich mich der Einladung des Kolle gen anschließen.

Lassen Sie uns noch einmal darüber reden. Lassen Sie uns zu sammen einen Weg finden. Ich glaube, so, wie wir am Anfang der Pandemie mit großer Mehrheit einen Beschluss gefasst haben, so können wir auch jetzt mit großer Mehrheit hier ei nen Beschluss herbeiführen. Versammeln wir uns gemeinsam und fraktionsübergreifend dahinter als souveränes und ganz konstruktives Parlament. Ich glaube, das steht dem Hohen Haus auch gut an.

Vielen Dank.

(Beifall – Zuruf: Sehr gut)

Herr Abg. Klos, Sie ha ben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehr ten Damen und Herren! Herr Sckerl, zu Ihnen wirklich nur ei nen Satz: Das war die Arroganz der Macht – nichts weiter.

(Vereinzelt Beifall – Zuruf: Jubel!)

Meine Damen und Herren, schauen wir uns einmal an: Was ist hier durch Corona passiert? Was ist durch Ihre Maßnah men passiert? Inwieweit ist der Gesetzentwurf hier passge nau?

Ihr Coronazwangsregime hat unser Land fest im Würgegriff. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt wird um 9 % zurückge hen; in Baden-Württemberg wird der Rückgang aufgrund der

Exportlastigkeit unseres Landes sicherlich noch höher ausfal len. Millionen Menschen kämpfen um ihre Existenz. Die größ te Gefahr von Corona liegt also nicht in der Erkrankung selbst, sondern in den gravierenden Nebenwirkungen einer politisch verordneten Medizin. Die Regierung und die sie stützenden Fraktionen erdrosseln mit dem trojanischen Pferd Corona-Ver ordnung unser Land.

Die massiven Eingriffe in die Grundrechte sind wegen ihres überzogenen Charakters rechtswidrig. Die Verstöße gegen das Übermaßgebot sind mittlerweile in einer Vielzahl von Urtei len festgehalten. Konsequenzen aus diesen gerichtlich ange prangerten Rechtsbrüchen: keine. Sie provozieren die Aufga be von allem, was unser Land ausmacht: Freiheit, Arbeit, Wohlstand. Das Chaos und die Gewalt nehmen Sie dann bil ligend in Kauf.

Wo waren Sie denn, als Ihre Versammlungsauflagen von ei nem hysterischen Multikulti-Mob unter der verlogenen ras sistischen Parole „Black Lives Matter“ öffentlich gebrochen wurden? Wo waren Sie, als die Lobbyisten des großen Aus tauschs sich zur Ausübung von Gewalt zusammenrotteten? Ich sage es Ihnen: Die Versammlung in der Stuttgarter Stadt mitte am 7. Juni, aus deren aggressiven Reihen heraus Steine auf Polizisten geworfen wurden, sah die Präsidentin dieses Landtags, sah die grüne Landtagspräsidentin, Frau Aras, an ihrer Seite. Das, meine Damen und Herren, ist grüne Doppel moral: Grundrechte abschaffen, ein Volk einsperren, aber Seit’ an Seit’ mit Autonomen

(Abg. Winfried Mack CDU: Wir schaffen doch kei ne Grundrechte ab! – Abg. Reinhold Gall SPD: Dum mes Zeug! Was reden Sie hier eigentlich? Meine Gü te! – Weitere Zurufe)

und schwarz-arabischen Fanatikern als Aushängeschild von People-of-Color-Propagandisten, die Gewaltexzesse gegen die Polizei bemänteln. Waren Sie, Frau Abg. Aras, eigentlich auch beim Sturm auf das Innenstadtrevier dabei, als an die Tür gehämmert wurde mit Rufen wie

(Lebhafte Unruhe – Glocke der Präsidentin)

„Ganz Stuttgart hasst die Polizei“? Distanziert haben Sie sich jedenfalls nicht.

Herr Abg. Klos, Frau Prä sidentin Aras ist derzeit überhaupt nicht im Saal.

Ja, leider.

Es ist ziemlich unver ständlich, was Sie jetzt sagen. Vielleicht können Sie das – –

(Zurufe, u. a. Abg. Winfried Mack CDU: Das ist nicht das erste Mal, Frau Präsidentin, dass es unverständ lich bei ihm ist! – Unruhe)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, ich setze selbstverständlich jede Anweisung von Ihnen um. Aber erstens bin ich kein Hellseher; ich weiß also nicht, ob Frau Aras zu dem Zeitpunkt, da ich meine Rede halte, anwesend ist. Zum Zweiten habe ich ausgeführt, dass der Regierungs entwurf der Realität standhalten muss.

(Abg. Winfried Mack CDU und Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das ist kein Regierungsentwurf!)

Ja, dann ist es halt der Entwurf von den die Regierung stüt zenden Fraktionen. Ist Ihnen das lieber?

(Vereinzelt Beifall)

Das ändert gar nichts; es ist im Endeffekt nämlich das Glei che.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Können Sie jetzt noch einmal erklären, was Sie Frau Aras vorgewor fen haben? – Abg. Winfried Mack CDU: Um was geht es Ihnen? Können Sie uns das einmal sagen? – Abg. Bernd Gögel AfD: Lass dir die Zeit nicht kaputt machen!)

Jetzt, meine Damen und Herren,

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Das können Sie of fensichtlich nicht!)

fahre ich in meiner Rede fort.

(Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

Diese grüne Doppelmoral im Umgang mit Recht und Verfas sung zeigt auch Ihr vorgelegter Gesetzentwurf. Schon die sug gestiven Formulierungen in der Einleitung sind ja entlarvend. Ich zitiere:

Die Antragsteller erkennen an, dass es diese flexible und schnelle Verfahrensweise war, die der Landesregierung eine erfolgreiche Pandemiebekämpfung ermöglichte.

Also hier definieren Sie den Begriff „Fake News“ neu. Dage gen ist jedes Märchen der Gebrüder Grimm ein Tatsachenbe richt. Denn genau das Gegenteil Ihres Märchens ist richtig: Sie haben am Parlament vorbei regiert. Sie haben führende Gesundheits- und Rechtsexperten ignoriert. Sie haben den Landtag in Coronapause geschickt. Das ist doch die traurige Wahrheit. Und weil Sie als Regierungsfraktionen im Umfra gehoch schwelgen, muss die Krise am Köcheln gehalten wer den, völlig egal, ob das Land dabei zugrunde geht.

(Vereinzelt Beifall)

Sie hoffen auf und beten für die zweite Welle und hoffen, dass die zweite Welle Sie bis zum Landtagswahltermin trägt – nichts weiter.

(Zurufe – Unruhe)

Auch in der Sache ist der Gesetzesvorschlag der Regierung unannehmbar. Das Infektionsschutzgesetz ist dafür gedacht, in konkreten Gefahrenlagen örtlich und zeitlich scharf be grenzte Maßnahmen gegen die Ausbreitung ansteckender Krank heiten zu erlassen. Dazu braucht es eine wirksame parlamen tarische Kontrolle – also uns, die Abgeordneten im Landtag von Baden-Württemberg.

Es ist, Herr Sckerl, eine Unverschämtheit und eine grundge setzwidrige Überhöhung der Regierung, wenn Sie bei der letz ten Rede hierzu dem Landtag die Fähigkeit abgesprochen ha ben, dieses Land durch die Krise zu führen.