Protokoll der Sitzung vom 25.06.2020

Es ist, Herr Sckerl, eine Unverschämtheit und eine grundge setzwidrige Überhöhung der Regierung, wenn Sie bei der letz ten Rede hierzu dem Landtag die Fähigkeit abgesprochen ha ben, dieses Land durch die Krise zu führen.

(Zurufe)

Eines sage ich Ihnen: Eine Diktatur mit Verordnungen...

Herr Abg. Klos, Ihre Re dezeit ist um. – Bitte.

... kann durch dieses Ermächti gungsgesetz keinesfalls gebändigt werden.

(Vereinzelt Beifall – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜ NE: „Ermächtigungsgesetz“! Sehr interessant! – Abg. Winfried Mack CDU: Gleicher Beifall wie bei Fiecht- ner! – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Es gibt noch Schamgrenzen bei der AfD! Selbst Herrn Gögel ist das peinlich! – Weitere Zurufe – Unruhe)

Ich hätte gern vermeiden wollen, dass Sie zum Schluss noch – – Okay, gut. Das muss te jetzt unbedingt noch sein, Herr Abg. Klos. – Lassen wir es gut sein.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Schämen Sie sich, Herr Kollege! – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Dazu ist der doch gar nicht in der Lage! – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Das ist so was von schlecht! – Weitere Zurufe)

Ich würde sagen, wir fahren jetzt einfach fort.

(Zurufe, u. a.: Ich würde sagen, Sie reagieren darauf!)

Der nächste Redner kommt von der FDP/DVP-Fraktion. Es spricht Herr Kollege Weinmann.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ich denke, es ist bei diesem Thema nicht angemessen, die schrecklichen Vorkommnisse, wie wir sie in der Stuttgarter Innenstadt erlebt haben, in diesen Kon text zu bringen, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass – ich habe es nicht in der Gänze vernommen – ein Zusammen hang hergestellt wurde zwischen den Chaoten und unserer Landtagspräsidentin. Ich denke, das ist in dieser Form und an dieser Stelle nicht angemessen.

(Beifall – Zuruf: Unglaublich!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bereits vor einer Woche ha ben wir hier an genau dieser Stelle über den Gesetzentwurf der FDP/DVP-Fraktion, über eine stärkere Parlamentskont rolle der Regierungsverordnungen zur Bekämpfung der Aus wirkungen der Covid-19-Pandemie diskutiert. Genau an die ser Stelle konnte ich über die Rechtskonformität unseres Ge setzentwurfs, über die unbestrittenen Vorzüge, die auch in der Anhörung deutlich zum Ausdruck gekommen sind, berichten. Insofern möchte ich an dieser Stelle nicht mehr näher darauf eingehen. Das werden wir sicher in den weiter gehenden Be ratungen nachholen.

Nunmehr legen die Fraktion der SPD und auch die regierungs tragenden Fraktionen von Grünen und CDU entsprechende, in eine vergleichbare Stoßrichtung gehende Gesetzentwürfe vor. Ja, ich verhehle nicht, dass ich mich freue, dass es gelun gen ist, mit unserer Initiative hier einen entsprechenden Hand lungsdruck zu erzeugen und damit auch tatsächlich in eine breite Diskussion zu gehen.

(Beifall – Zuruf)

Die Mitspracherechte des Parlaments nach den Gesetzentwür fen der Regierungsfraktionen und der SPD bleiben aber – das muss ich nach der Lektüre sagen – deutlich hinter unseren Vorschlägen zurück.

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Denn der zentrale Unterschied, Herr Kollege Gall, ist, dass unser Gesetzentwurf eine generelle Zustimmung des Land tags zu allen bestehenden oder künftigen Corona-Verordnun gen vorsieht

(Abg. Nicole Razavi CDU: Zustimmung im Aus schuss!)

eben nicht im Ausschuss, sondern über die Möglichkeit des Sonderausschusses gemäß § 18 der Geschäftsordnung, Frau Kollegin Razavi –, während es die jetzt vorliegenden Vor schläge in erster Linie bei einer möglichst frühzeitigen Infor mation des Landtags über den Inhalt der Verordnungen belas sen möchten.

Der Entwurf der regierungstragenden Fraktionen sieht zumin dest bei den älteren Verordnungen eine Zustimmung nach drei Monaten vor, bzw. der Entwurf sieht eine solche generelle Zu stimmung nur bei Verordnungen vor, deren Gültigkeitsdauer drei Monate überschreitet.

Eine Änderung kann demnach der Landtag bei Einzelverord nungen nur dann vorsehen, wenn er ein eigenes Gesetz anstel le einer Verordnung beschließt. Dieses Verfahren, liebe Kol leginnen und Kollegen, ist nicht prozessökonomisch, es ist umständlich und ist bürokratischer als die in unserem Gesetz entwurf vorgesehene Handhabung.

(Vereinzelt Beifall)

Frau Kollegin Razavi, Herr Kollege Sckerl, Sie haben in der letzten Debatte, aber auch heute das Angebot gemacht, zu ver suchen, einen gemeinsamen Gesetzentwurf auf den Weg zu bringen. Die FDP/DVP-Fraktion nimmt dieses Angebot ernst. Wir haben ein durchaus gesteigertes Interesse, bei diesem für das Land, für das Ansehen der Politik insgesamt wichtigen Thema einen gemeinsamen Weg zu beschreiten. Das sieht man auch daran, dass wir die Beratung unseres Gesetzentwurfs im Ständigen Ausschuss zurückgestellt haben, um hier die Ver handlungen zu eröffnen. Das setzt aber auch voraus, Herr Kol lege Sckerl, dass man offen und auf Augenhöhe in diese De batte geht. Ihren Duktus fand ich jetzt in dieser Schärfe nicht notwendig. Ich hoffe, dass wir insgesamt vernünftig und auf Augenhöhe agieren können.

Denn auch Ihr Gesetzentwurf weist durchaus einige Defizite auf. Ich möchte angesichts der Zeit kurz drei auf die Schnel le benennen.

Ein Defizit ist beispielsweise die Dreimonatsfrist, die ich an gesprochen habe. Das hieße, bei Inkrafttreten des Gesetzes Ende Juli könnten wir frühestens im Oktober über die bishe rigen Verordnungen debattieren. Ich denke, das ist für uns, die FDP/DVP-Fraktion, zu spät. Hier müssen wir früher in die Diskussion einsteigen, um die Defizite zu beseitigen.

Ein weiteres Problem ist die offene Frage, wann hier eine In formation des Landtags erfolgen kann. Sie beide bemühen hier unbestimmte Rechtsbegriffe: „frühestmöglicher Zeitpunkt“,

„unverzüglich“. Auch da denke ich, dass wir uns etwas kon kreter festlegen müssten.

Frau Präsidentin, gestatten Sie mir noch einen Satz: Auch die haushaltsrechtliche Kontrolle, die damit einhergehenden Ein schränkungen sollten wir noch etwas genauer anschauen.

Was sicherlich höchst problematisch ist, auch wenn es nicht zum Gesetz als solches gehört, ist der doch etwas prosaisch anmutende Einleitungstext in der Begründung. Das ist in An betracht der vielen Urteile, mit denen Verordnungen durch Ge richte kassiert wurden, sicherlich nicht angemessen. Ich den ke, hier wäre eine Änderung, zumal ein solcher Text für den Gesetzentwurf gar nicht notwendig wäre, sicherlich angemes sen.

Aber wir sind offen. Wir freuen uns auf die Gespräche. Wir werden in den nächsten Tagen auch einen Katalog der Punk te vorlegen, bei denen wir in Ihrem Gesetzentwurf erhebliche Defizite erkennen.

Vielen Dank.

(Beifall)

Mir liegt noch eine Wort meldung von Herrn Abg. Dr. Weirauch vor.

Vielen Dank, Frau Präsiden tin. – Noch ein paar Worte zu der Diskussion. Natürlich war das eine Diskussion, die scharf geführt wurde. Das muss aber auch sein bei solch einem zentralen Aspekt, bei dem es um das Verhältnis zwischen Legislative und Exekutive in dieser für das Land schwierigen Situation geht. Da muss es doch möglich sein, dass man als Oppositionsfraktion einen Entwurf der Regierungsfraktionen sachlich kritisiert. Ich finde es dann problematisch, wenn man an dieser Stelle – ich sage es mal so – so beleidigt reagiert, dass man sagt: „Wir brauchen euch gar nicht.“ Das ist hier nicht die richtige Antwort.

(Beifall – Zurufe – Unruhe)

Ich bin der Kollegin Frau Razavi dankbar – Chapeau! – für ihre Rede, weil es wichtig war, auch einen vermittelnden An satz in die Diskussion einzubringen. Wenn Sie alle richtig zu gehört haben, dann wissen Sie: Wir haben auch Kollegen aus Ihrer Fraktion erwähnt und haben uns auf die Ansätze bezo gen, die wir für richtig halten. Also scheint sich unsere Hal tung doch nicht so sehr von der Ihren zu unterscheiden.

Wir nehmen hier auch den Vorschlag an, dass man sich zu sammensetzt, um gemeinsam aus der Mitte des Landtags, ge tragen von den demokratischen Fraktionen, einen Gesetzent wurf hinzubekommen. Dem verschließen wir uns sicher nicht.

Vielen Dank.

(Beifall – Abg. Nicole Razavi CDU: Gut!)

Mir liegen jetzt keine wei teren Wortmeldungen vor. Wir haben die Aussprache beendet.

Ich schlage vor, dass wir die beiden Gesetzentwürfe Druck sachen 16/8250 und 16/8297 zur weiteren Beratung an den Ständigen Ausschuss überweisen. – Damit sind Sie einver standen. Es ist so beschlossen.

Wir haben damit Punkt 7 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der AfD und Stellungnahme des Mi nisteriums der Justiz und für Europa – Das Netzwerk durchsetzungsgesetz stoppen – Drucksache 16/2176

dazu gestellter Antrag:

Änderungsantrag der Fraktion der AfD – Drucksache 16/7685

Hier gibt es eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion plus fünf Minuten für die Begründung.

Zuerst hat das Wort Herr Abg. Klos.

Frau Präsidentin, meine sehr geehr ten Damen und Herren! Im Antrag meiner Fraktion geht es um das Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Wiederum zeigt sich: Die AfD-Fraktion plant vorausschauend. Obwohl unser An trag aus dem Jahr 2017 datiert und damals logischerweise den Titel erhielt: „Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz stoppen“, ist er aktueller denn je. Alle damaligen Bedenken, die gegen die ses Machwerk aus dem „Bundeswahrheitsministerium“ vor getragen wurden, haben sich durch die Entwicklungen der letzten Jahre bestätigt. Man hätte einmal mehr auf die AfD hö ren sollen. Dann wäre den Altparteien – –