Protokoll der Sitzung vom 25.06.2020

(Beifall)

Auch die Menschen, die zu uns kommen, müssen sich integ rieren wollen.

Frau Abg. Huber, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Räpple zu?

Nein. – Und das, liebe Kollegin nen und Kollegen, sage ich auch für die große Mehrheit all derjenigen, die sich in unser System eingliedern, die friedlich hier leben, ihrer Arbeit nachgehen, sich einbringen, unser Le ben auch bereichern und einfach nur ihre neue Heimat genie ßen wollen.

Aktionismus und Generalverdacht helfen an dieser Stelle nicht. Denn Fakt ist: Niemand wird als Rassist auf die Welt kommen. Nein, vielmehr wächst ein solches Gedankengut durch Teile in unserer Gesellschaft – mit verursacht durch die AfD, die Toleranz und Weltoffenheit verschmäht,

(Abg. Stefan Räpple AfD: Wer hat denn das geschrie ben?)

Grenzen und Rechtsstaatlichkeit ignoriert sowie Hass und Hetze sät. Genau das mündet in Gewalt.

(Vereinzelt Beifall – Oh-Rufe)

Wir alle sind gefordert, keinen Platz für rassistisches Gedan kengut zu lassen;

(Abg. Stefan Räpple AfD: Haben Sie das SPD-Ma nuskript erwischt?)

wir als Eltern bei der Erziehung unserer Kinder – bitte hören Sie doch einfach einmal zu –,

(Zurufe, u. a. Abg. Stefan Räpple AfD: Das ist ein bisschen langweilig! Tut mir leid!)

wir als Menschen, als Kollegen.

Frau Abg. Huber, warten Sie bitte. – Herr Abg. Räpple, hören Sie bitte auf, permanent Zwi schenrufe zu machen. Frau Abg. Huber hat sonst keine Chan ce, ihre Rede an Sie zu richten. Zwischenrufe sind erlaubt, aber in Maßen. – Danke.

(Abg. Stefan Räpple AfD: Das war ja nicht perma nent! Drei Stück!)

Wir sind als Menschen gefordert, als Kollegen, als Freunde. Wir alle müssen gemeinsam gegen rassistische Sprüche, gegen radikale Hetze im Netz wie auch auf der Straße, gegen extremistische Gewalt jeglicher Art vor gehen.

Wir, die Politiker, sind als Vorbilder und auch als Gesetzge ber gefragt, um Rahmenbedingungen und Grenzen vorzuge ben und um auch entsprechend zu sanktionieren. Genau dem kommen wir, die CDU, nach. Wir halten uns nicht heraus, wir handeln, und zwar auf allen Ebenen:

(Zuruf: Oje!)

das Gesetzespaket gegen Rechtsextremismus und Hass auf Bundesebene, die Antidiskriminierungsstellen auf Bundes- und Landesebene, die Förderung zahlreicher Projekte und Maßnahmen, die sich dieses Themas annehmen, allen voran auch in dem wichtigen Bereich der Bildung wie „Schule oh ne Rassismus – Schule mit Courage“. Auch in meinem Wahl kreis gibt es zahlreiche Schulen, die mitmachen und vorange hen, die für eine weltoffene und bereichernde Gesellschaft ein stehen, die für das Thema sensibilisieren, die Gemeinsamkei ten in den Vordergrund stellen und versuchen, rassistisches Gedankengut im Keim zu ersticken.

(Beifall)

Daran sehen wir: Die Rahmenbedingungen, die wir hier im Landtag setzen, kommen vor Ort an, werden umgesetzt und gelebt. Genau das ist der richtige Weg. Wenn ein jeder in sei nem Bereich dieses Thema aktiv angeht – sei es zu Hause, in der Schule, in den Vereinen, beim Sport, wie etwa beim Fuß ball – dann kommen wir weiter. Denn noch einmal: Wir brau chen alle, um rassistisches Gedankengut in unserer Gesell schaft im Keim zu ersticken.

(Beifall)

Was uns, meine Damen und Herren, allerdings nicht hilft, das ist Generalverdacht von beiden Seiten, und das sind Schein debatten wie die um die Streichung des Begriffs „Rasse“ aus dem Grundgesetz. Das verstehen wir, die CDU-Fraktion, nicht unter Handeln, sondern das ist purer Aktionismus.

Vielen Dank.

(Beifall – Zurufe)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Binder.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Oh, der Herr Ge neralsekretär!)

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Herzlichen Dank ausdrücklich an die grü ne Fraktion, die dieses Thema auf die Tagesordnung hat set zen lassen. Denn es ist notwendig, dass wir uns hier im Land tag von Baden-Württemberg mit einem Thema auseinander setzen, das die Gesellschaft in unserem Land, in ganz Deutsch land beschäftigt, weil der vom Kollegen Lede Abal eindrück lich beschriebene Vorfall in den USA auch hier zu einer Dis kussion geführt hat. Ich möchte aber bei dieser Gelegenheit auch sagen, dass dieser Vorfall nicht damit vergleichbar ist, wie in diesem Land staatlicherseits mit den Bürgerinnen und Bürgern umgegangen wird. Trotzdem ist die Diskussion not wendig, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall)

Deutschland ist ein weltoffenes Land mitten in Europa mit ei ner demokratischen Staatsverfassung, einem etablierten Rechts staat, funktionierenden Institutionen sowie weit entwickelten Strukturen des demokratischen Engagements der Zivilgesell schaft und ausgeprägten Formen der Mitbestimmung. Den noch ist nicht zu übersehen: Rassismus, rassistische Diskri minierung, Vorurteile, Hass und Hetze auch im Netz und Ge walt gibt es auch mitten in Deutschland und in Baden-Würt temberg. Wer dies so anspricht, äußert keinen Generalver dacht, sondern beginnt eine Debatte.

(Beifall)

Sie haben es vielleicht auch gelesen: Vor Kurzem, am 22. Ju ni 2020, hat ein Start-up-Unternehmer in der „Süddeutschen Zeitung“ berichtet, dass eine Mutter ihr Kind bittet: „Gib mir mal aus den Buntmalstiften den hautfarbenen Stift.“ Das Kind fragt: „Welche Farbe meinst du?“

Das zeigt uns doch ganz deutlich, dass man nicht als Rassist geboren ist. Deshalb ist es die Aufgabe des handlungsfähigen Staates, der Gesellschaft, dafür zu sorgen, dass unsere Kinder nicht zu dem werden und mit den Werten, mit denen sie ge boren sind, in dieser Gesellschaft Anklang finden, liebe Kol leginnen und Kollegen.

(Beifall)

Wir, der Staat und die Gesellschaft, haben die verdammte Pflicht und die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass unsere Kinder ihre Weltoffenheit bewahren, und dürfen es keinesfalls zulas sen, dass der immer stärker werdende Rassismus auch in un serem Land unsere Demokratie gefährdet. Ein Ort, in dem sich Hass und Hetze immer mehr Bahn bricht, ist das Netz, sind die sozialen Medien.

Hass und Hetze in Diskussionen entgegenzutreten wird nach der Weizenbaum-Studie von 73 % als sehr wichtig eingestuft. Im alltäglichen Handeln der Menschen zeigt sich jedoch ein anderes Bild: Lediglich 33 % der Menschen, die im Netz in Kontakt mit einem Hasskommentar gekommen sind, haben schon einmal einen Kommentar gemeldet. Der Anteil der Menschen, die auf den Kommentar eingegangen sind und da

zu aufgefordert haben, respektvoll zu bleiben, ist mit 27 % noch geringer. Die Gruppe derer, die den Hass direkt unter stützt, ist mit 3 % dagegen sehr klein.

Man darf nicht den Fehler machen, soziale Medien als solche zu verteufeln. Ein handlungsfähiger Staat – wir alle – hat viel mehr die Pflicht, den demokratischen Diskurs auch in den so zialen Medien zu schützen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall)

Deshalb ist es wichtig, dass ein handlungsfähiger Staat ge setzliche Grundlagen schafft, so wie es der Deutsche Bundes tag mit der Verabschiedung des Gesetzespakets gegen Hass und Hetze in der letzten Woche getan hat.

Hass und Hetze zielen zu 70 % auf Migranten oder Menschen mit Migrationshintergrund. Es wird ganz gezielt versucht, be stimmte Bevölkerungsgruppen zu diffamieren oder zu bedro hen. Es muss Schluss damit sein, dass Menschen eingeschüch tert und mundtot gemacht werden. Diese widerliche Hetze muss endlich vor Gericht landen, liebe Kolleginnen und Kol legen.

(Beifall – Zuruf: Auch bei den anderen 30 %!)

In Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland steht:

Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstam mung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politi schen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt wer den. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachtei ligt werden.

Es bestreitet niemand, dass die Gründer des Grundgesetzes mit der Aufnahme des Begriffs „Rasse“ ein Zeichen gegen den Nationalsozialismus setzen wollten und dass aus Artikel 3 ein Schutz gegen Rassismus abgeleitet wird. Doch nach über 70 Jahren ist es notwendig und auch richtig, darüber zu diskutie ren, ob dieser Begriff nicht aus dem Grundgesetz zu streichen ist. Rassen gibt es in der Tierwelt, aber nicht bei Menschen. Das sollten wir auch in unserer Verfassung zum Ausdruck bringen.

(Beifall)

Der Begriff „Rasse“ ist keiner juristischen Interpretation zu gänglich. Nicht ohne Grund gibt es kaum konkrete juristische Kommentare oder Rechtsprechungen zu diesem Thema. Es ist widersprüchlich, wenn sich ein Mensch gegen Rassismus wehrt, sich auf das Grundgesetz bezieht und das mit dem Be griff „Rasse“ tun muss. Deshalb müssen wir das Grundgesetz ändern, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall – Zuruf)

Wenn eine Ministerin des Landes Baden-Württemberg das Ganze als Scheindiskussion abqualifiziert

(Abg. Anton Baron AfD: Zu Recht!)

und die Kollegin Huber das gerade noch einmal wiederholt,