trag. Das heißt doch, Sie fordern die Landesregierung zugleich auf, sich nicht an den eigenen Beschluss zu halten, sondern diesen erst zu überprüfen. Ja, wo hat es so etwas schon ein mal gegeben? Was für ein Demokratieverständnis haben Sie denn? So funktioniert es für uns nicht.
Erstens: Die Begründung, warum bei den ermittelten Brutto kosten an öffentlichen Schulen ein Abschlag nach § 18 a Ab satz 9 des Privatschulgesetzes vorzunehmen ist, können wir nicht nachvollziehen.
Zweitens: 96 % aller Ausbildungsplätze in der Physiothera pie und ein fast so hoher Anteil in der Logopädie werden von Privatschulen angeboten, und Sie haben mit denen nicht dar über kommuniziert, dieses Gesetz nicht abgestimmt. Das ist kein angemessener Umgang.
Und drittens: Das Thema Schulgeldfreiheit wird in dem Ge setzentwurf komplett ausgeblendet. Das darf aus unserer Sicht nicht länger so bleiben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen Abgeordnete! Nicht alles, was lange braucht, zu wachsen, wird auch gut, sondern manches wird schlecht, so wie dieser Gesetzentwurf und die darin enthaltenen Anpassungen. Die Anhörung und die danach erfolgten Diskussionen haben sehr deutlich gezeigt, dass hier noch einiges im Argen liegt und dass eine Hauruckaktion in dieser Form hier heute Abend wirklich nicht zielführend und aufgrund der Übergangsregelungen auch nicht notwendig ist. Sie geben das eigentlich sogar selbst zu, indem Sie das jetzt noch überprüfen lassen.
Sicherlich wäre ein Rechtsanspruch aller Privatschulen auf Förderung an sich richtig und sinnvoll. Es besteht hier ja so gar ausnahmsweise einmal parteiübergreifend Konsens be züglich einer echten Schuldgeldfreiheit – oder, wenn man sich wirklich nicht darauf verständigen kann, die richtig vernünf tige, gute Lösung zu machen, dann wenigstens für diese bei den Berufsgruppen, für die Logopäden und die Physiothera peuten, eigene Kopfsätze zu gestalten. Aber dafür fehlt Ihnen offensichtlich die Kraft oder der Mut.
Dabei ist hier wohl schon hundertmal gesagt worden, Gesund heit sei – angeblich – Daseinsfürsorge. Wenn das aber so ist, dann steht das in einem krassen Widerspruch zu dieser gran diosen Privatisiererei der letzten Jahre, die gerade im Bereich Gesundheit stattgefunden hat. Ganz ehrlich: Es wird niemand behaupten, dass die Arbeits- und Erfolgsbedingungen in den entsprechenden Einrichtungen dadurch wirklich besser ge worden sind.
Im Gegensatz dazu betreiben Sie jetzt eine staatliche Finan zierung der privaten berufsbildenden Schulen für die Gesund heitsberufe. Das ist an und für sich sinnvoll. Aber die Berufs verbände haben sich doch in der Anhörung ganz deutlich ge gen die landesrechtliche Regelung der Förderung der Logo pädie- und Physiotherapieschulen in Baden-Württemberg aus gesprochen. Warum eigentlich? Irren die sich wirklich kom plett? Nein, sie haben sich dagegen ausgesprochen, weil die Leistungsbeschreibung der öffentlichen Physiotherapie- und Logopädieschulen in dem Gutachten fehlerhaft ist. Von den Verbänden wurde deutlich gemacht: Die Förderung ist nicht kostendeckend; nein, sie stehen in der Zukunft sogar schlech ter da als in der Gegenwart. Das kann man ja nur als ein biss chen skurril betrachten.
Der größte Streitpunkt – aber das ist bekannt – bei der Berech nung der Finanzierung ist, dass bei den Schulen in privater Trägerschaft nicht die ermittelten tatsächlichen Kosten der Ausbildung an den öffentlichen Schulen zugrunde gelegt wer den. Darauf muss man erst einmal kommen, etwas anderes zugrunde zu legen als dies – aber immerhin.
Zudem fällt mir ein: Heute Morgen haben wir doch viel vom Hören, vom Zuhören und vom Erhören gehört. Leider ist die Regierungsbank leer; wir werden halt nicht erhört.
Jedenfalls – langer Rede kurzer Sinn –: Die Forderung der Verbände war ja, weitere lösungsorientierte Gespräche zu füh ren. Diese ist leider Gottes – aber vielleicht liege ich hier auch falsch –
nicht erfüllt worden. Jetzt halten Sie sich – jedenfalls die Re gierung – krampfhaft an diesem Gutachten fest und versuchen auf Biegen und Brechen, die Gesetzesänderung noch zum En de der Legislatur durchzudrücken.
Wir stellen fest: Eine intensive Auseinandersetzung mit den aufgeworfenen Kritikpunkten hat offensichtlich nicht stattge funden oder nicht stattfinden sollen.
Auch die Anhörung vom 9. Juli muss man daher als Alibiver anstaltung ansehen. Wenn man schon von vornherein der Mei nung ist, die Gesetzesänderung sei besser als nichts, und das mithin als gelungene Zwischenlösung auf dem Weg zur Schul geldfreiheit betrachtet, dann sind wir wieder am Anfang der Diskussion. Warum nicht gleich eine richtige Lösung?
Das aber, meine Damen und Herren, ist doch an dieser Stelle wirklich deutlich zu kurz gedacht und ist zum Schluss sogar
den Grünen und der CDU aufgefallen, sodass sie einen eige nen Entschließungsantrag eingebracht haben, um noch zu ret ten, was zu retten ist – oder eben auch nicht zu retten ist.
Man hat also selbst bemerkt, dass die bisherige Übergangslö sung anscheinend besser ist als die jetzt vorgesehene Rege lung.
Trotzdem ist man angeblich – das werden wir nachher bei der Abstimmung merken – mit alldem zufrieden. Warum, warum, warum? Es wäre sicherlich sinnvoller gewesen, zu warten, bis man sich auf die Schulgeldfreiheit verständigt, die wir doch angeblich alle fordern.
Daher kann ich an dieser Stelle natürlich nur sagen: Wir wer den diesen Gesetzentwurf leider ablehnen müssen.
Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf doch ein mal herzlichen Dank sagen. Ich finde es toll, dass jemand den ganzen Tag die Aufgabe wahrnimmt, das Redepult zu desin fizieren. Ganz herzlichen Dank für diese Unterstützung.
Herr Minister Lucha, ich sage Ihnen und den Regierungsfrak tionen ganz herzlichen Dank, dass wir am 9. Juli im Ausschuss die Anhörung durchführen konnten. Diese Anhörung war, wie es Kollege Hinderer schon gesagt hat, wirklich interessant. Es gab eine deutliche Kritik an dem Gesetzentwurf. Ich hatte auch das Gefühl, dass wir das Ganze unterschiedlich interpre tiert haben. Aber es wurde noch einmal sehr deutlich gemacht und beschrieben, wie sich die Situation der Heilmittelerbrin ger in Baden-Württemberg darstellt. In den Bundesländern rund um Baden-Württemberg besteht die Schulgeldfreiheit. Viele Fragen zum Gutachten sind in der Anhörung nicht aus geräumt worden, sondern es haben sich noch zusätzliche Fra gen ergeben.
Herr Minister, Sie haben gesagt, das Thema Schulgeldfreiheit habe nicht zum Auftrag gehört. Ich weiß nicht, wer Ihnen den Auftrag erteilt hat. Es wäre ja eine Position gewesen, wie sie in anderen Ländern auch besteht, wonach man das für sich selbst als Auftrag mitnimmt.
Die Situation ist schon bizarr. Wir legen in dem Gesetzent wurf die Kopfsätze fest, und wahrscheinlich werden Sie nach her noch ein Überraschungsei auspacken und sagen: In einer Übergangsphase – die vielleicht bis zum Termin der Land tagswahl geht, vielleicht auch noch darüber hinaus, vielleicht aber auch nur bis zum Jahresende – wird es wahrscheinlich den Kopfsatz entsprechend dem Entschließungsantrag geben. So, wie es im Entschließungsantrag steht, ist das der bis 2018 geltende Fördersatz. Aber das werden wir nachher sicher hö ren.
Nur: Es ist bemerkenswert, jetzt etwas zu beschließen, bei dem man schon jetzt sagt: Der Betrag bleibt nicht so, sondern
wird noch einmal freiwillig angepasst. Das habe ich so bisher auch noch nicht erlebt. Insofern glaube ich: Einem Gesetz, das so merkwürdig aufgebaut ist, dass man schon jetzt sagt: „Die Werte, die darin stehen, werden für die Physiotherapieschu len nicht ausreichen“, kann man nicht zustimmen.
Der zweite Bereich, bei dem wir uns gewünscht hätten, dass man das Ganze in einem Gesetz regelt, sind die Ergotherapie schulen, die nach wie vor als Ergänzungsschulen und nicht als Ersatzschulen geführt werden und jetzt nur eine freiwillige Förderung bekommen – die im Übrigen nach dem Entschlie ßungsantrag von CDU und Grünen auch nochmals zu über prüfen ist. Vielleicht gibt es schon heute ein Ergebnis, und wir bekommen eine Information zu dieser Überprüfung.
Aber die Situation bei der Ergotherapie wird sich noch deut licher verschlechtern, denn wir haben hier ein Schulgeld von teilweise 400 oder 450 € im Monat, und es gibt Schülerinnen und Schüler, die Kredite aufnehmen, damit sie ihre Schulzeit finanzieren können.
Herr Minister Lucha, Sie waren wie ich auch am 4. Juli 2019 bei der bundesweit größten Demonstration von ErgotherapieAuszubildenden hier in Stuttgart. Man hätte jetzt ein ganzes Jahr Zeit gehabt, dieses Thema mit aufzunehmen. Es ist für mich wirklich nicht nachvollziehbar, warum man nicht die Heilmittelerbringer insgesamt in den Blick genommen hat, sondern jetzt nur ein Stückwerk macht und die Ergotherapie schulen vor große existenzielle Herausforderungen stellt.
Wenn ich die Ansprüche aus dem Wahlprogramm der Grünen und aus dem Koalitionsvertrag nehme, dann ist das jetzt nicht sehr weit gesprungen, was das Privatschulgesetz anbelangt.
Der Entschließungsantrag enthält auch Punkte, die man mit Sorge sehen muss. Wenn man beispielsweise die Zielsetzung hat, die Finanzierung mittelfristig nach dem Krankenhausfi nanzierungsgesetz zu gestalten, würde das bedeuten, dass al le Physiotherapieschulen 51 % der Anteile an die Kranken häuser abgeben müssen. Dann frage ich mich schon, inwie weit es eine faszinierende unternehmerische Option ist, wenn man für diese Finanzierung die Mehrheit seines Unterneh mens abgeben muss. Ich glaube, das kann nicht die Lösung sein.