Rainer Hinderer
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Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Die Doppik ist, wie ich mei ne, durch, aber noch nicht von allen geliebt. Darüber brauchen wir heute aber nicht mehr zu streiten.
Beim Gesetz über den Kommunalen Versorgungsverband wer den eigentlich – der Minister hat darauf hingewiesen – unstrit tige Anpassungen an aktuelle Entwicklungen und Bestimmun gen, die nun mal sein müssen, vorgenommen.
Substanziell für unsere Kommunen wichtiger sind sicher die vorgesehenen Änderungen des Gesetzes zur Reform des Ge meindehaushaltsrechts. Da kann ich anschließen: Nicht nur wegen der momentanen pandemiebedingten Erschwernisse für unsere Kommunen ist es auch aus unserer Sicht sachge recht, die Frist für die Verpflichtung zum erstmaligen Erstel len eines Gesamtabschlusses nach kommunaler doppischer Rechnungslegung nochmals um vier Jahre auf das Jahr 2025 zu verschieben.
Einen Hinweis, Herr Minister, erlaube ich mir aber schon: Ich habe bereits im Juli 2019 in einer Kleinen Anfrage nach dem Stand der Umstellung auf das neue kommunale Haushalts recht gefragt. Da ging es insbesondere um die Frage, was un sere Rechenzentren leisten können. Ich habe aber auch ge fragt, ob es noch weitere Überlegungen für die Kommunen gibt, die damals schon in Verzug waren, um weitere Ausnah meregelungen zu schaffen. In Ihrer Antwort stand:
Grundsätzliche Ausnahmeregelungen sind daher nicht vorgesehen.
Jetzt kommt doch wieder eine. Man lernt ja nie aus.
Abschließend noch eine Frage, zu der Sie dann aber gern auch noch in der Ausschussberatung Stellung nehmen können: In
der Gesetzesbegründung verweisen Sie auf die Entwicklun gen und Erfahrungen in anderen Ländern bezüglich der Um stellung auf die kommunale Doppik und auf damit zusammen hängende Probleme bei der Erstellung der Jahresabschlüsse. Sie schreiben in Ihren Ausführungen:
In einigen Ländern wurden daher bereits... Erleichterun gen und Vereinfachungen eingeführt.
Insofern die Frage: Planen Sie über die Verschiebung hinaus noch weitere Änderungen? Das wird in dieser Legislaturperi ode wahrscheinlich nicht mehr der Fall sein. Aber halten Sie weitere Vereinfachungen und Erleichterungen für erforder lich? Auch darüber können wir ja sicherlich noch im Aus schuss sprechen.
Vielen Dank. – Ich habe jetzt eine Minute eingespart, die ich dann beim nächsten Tagesordnungspunkt brauche.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Lucha, die Landesregierung legt uns heute einen Gesetzentwurf vor, den Sie eigentlich nicht wollen. Sie sprachen gerade davon, was Sie hier machen. Ich darf jetzt vielleicht sagen, was Sie ei gentlich denken.
Das ist ein Gesetzentwurf, den die mit zuständige Wissen schaftsministerin Bauer ablehnt. Es ist ein Gesetzentwurf, der vonseiten aller Berufs- und Standesverbände, vonseiten der Fachschaften, der Hochschulen, der Studierenden heftigst kri tisiert wird. Es ist ein Gesetzentwurf, der die erwarteten Zie le nicht erreichen wird.
Sie sagen, das sei nur eine Maßnahme. Ich sage: Dieser Ge setzentwurf ist wirklich für die Tonne.
Ich habe nicht mitgezählt, wie viele Kröten die CDU im Lau fe dieser Legislaturperiode schlucken musste, aber eines ist sicher: Statt eines Weihnachtskarpfens oder einer Weihnachts gans kommt jetzt eine ganz fette Kröte zurück. Sie, liebe Kol legen von den Grünen – Frau Kollegin Krebs hat gesagt, Sie hätten gerungen –, sind an dieser Stelle niedergerungen wor den.
Es ist überhaupt keine Frage, dass die hausärztliche Versor gung der Menschen im Land und auf dem Land eine ganz he rausragende Aufgabe ist und deutlich verbessert werden muss. Warum und wieso, wurde gerade schon gesagt; diesen Teil kann ich überspringen. Aber eine vertragliche Verpflichtung von Studierenden zur Aufnahme einer Tätigkeit in der haus ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum halten wir aus min destens fünf Gründen für völlig daneben.
Erstens: Diese Maßnahme wird frühestens in elf Jahren mög licherweise zu einigen Landärztinnen und Landärzten zusätz lich führen – nach Studium und Facharztausbildung. Eher werden daraus 14 bis 16 Jahre. Wir brauchen schon viel schneller Abhilfe. Schon jetzt fehlen 600 Ärztinnen und Ärz te, demnächst werden es 1 000 sein.
Zum Zweiten: Wie wollen wir von 18- bis 19-jährigen Schul abgängerinnen und Schulabgängern erwarten, wenn sie den Weg ins Medizinstudium und in die Facharztausbildung erst angehen, dass sie sich schon jetzt entscheiden?
Ich glaube, das wird nicht hinhauen.
Zum Dritten – auch ein wichtiger Punkt –: Mit der Landarzt quote bekommt der Medizinstudienplatz auch in Baden-Würt temberg einen Preis. Wir sagen, dass ein Studienplatz in Deutschland nicht durch die Möglichkeit einer Strafzahlung käuflich sein darf. Ganz drastisch formuliert: Selbst mit der drohenden Vertragsstrafe von stattlichen 250 000 € bei Nicht erfüllung wird sich das wohlhabende Elternhaus vielleicht überlegen: Zahle ich nachher die Strafe und erspare mir dafür die Kosten in Budapest? Der Sohnemann, der kein Einserab itur hat, studiert dann eben doch in Ulm, Tübingen, Heidel berg, Freiburg oder Mannheim.
Zum Vierten: Für das Image der Landärzte ist die Quote kon traproduktiv, sogar schädigend. Diese Quote fördert das Bild einer unattraktiven Tätigkeit als Hausarzt. Gerade für dieses Argument müsste eigentlich auch die CDU empfänglich sein,
die es sonst mit den Quoten nicht so arg hat.
Schlussendlich: Die Kosten für dieses Gesetz sind der Wahn sinn. 1,2 Millionen € pro Jahr – mit diesem Betrag könnten Sie allein sechs zusätzliche Medizinstudienplätze dauerhaft finanzieren oder noch ganz andere Maßnahmen einführen; da rauf gehe ich jetzt nicht ein.
„Sieben Punkte für mehr Landärzte in Baden-Württemberg“ haben wir schon längst formuliert. Ich gebe Ihnen das Papier gern. Daraus könnten Sie einiges finanzieren.
Wir sind gespannt auf die Beratung des Gesetzentwurfs im Ausschuss. Dann können Sie auch erklären, Herr Minister Lucha, warum Sie elf Stellen brauchen. Sie können auch er klären, warum Sie die Anhörungsergebnisse nicht umfänglich
und deutlich dargestellt haben – in den Vorlagen sehr ge schönt.
Heute zitiere ich einmal jemanden, den Sie sonst immer sehr gern zitieren, nämlich Professor Gerlach, den Vorsitzenden des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen. Gerlach sagt:
Die „Landarztquote“ klingt auf den ersten Blick plausi bel und ist daher für Politiker sehr attraktiv, bei genaue rer Betrachtung ist sie aber weitgehend ungeeignet.
Für manche Politiker – ich schaue zum Platz von Professor Reinhart, der jetzt aber nicht mehr da ist – scheint diese Quo te vor allem für den Wahlkampf attraktiv zu sein. Wir kom men bei genauer Betrachtung zu dem Schluss: Dieses Gesetz ist nichts anderes als eine teure, unnötige, ineffektive, nicht zielführende Symbolpolitik, die Sie davon abhält, wirklich wirkungsvollere Maßnahmen zur Lösung unserer hausärztli chen Versorgungsprobleme auf dem Land endlich nachhaltig anzugehen.
Ich bleibe dabei: ein Gesetz für die Tonne.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, werte Kolle ginnen und Kollegen!
Vielen Dank, ich wäre so schnell fertig, daher hätte ich sie aufgelassen. Aber vielen Dank für diesen Hinweis.
Wir haben in der ersten Lesung und in den Ausschussberatun gen diesen Gesetzentwurf aus unserer Sicht hinreichend be raten. Wir haben auch schon signalisiert, dass wir dem Ge setzentwurf zustimmen werden.
Es kommt jetzt noch ein Antrag von der AfD-Fraktion, den wir auch ohne Aussprache hätten ablehnen können.
Ich habe die Vermutung – meine Vorrednerin und mein Vor redner bestätigen mich in meiner Vermutung –, dass wir heu te noch mal über dieses Gesetz sprechen, um Dank zu sagen. Dem möchte ich mich nicht verwehren. Ich möchte einen drei fachen Dank an alle Hilfsorganisationen – ich zähle sie jetzt nicht auf; man läuft immer Gefahr, eine davon zu vergessen – aussenden in dieser vorweihnachtlichen Zeit; auch dafür, was in den vergangenen Monaten im Rahmen der Pandemie – ich denke an die Teststrecken usw. – schon geleistet wurde. Ich denke aber auch an das, was in den nächsten Monaten noch zu leisten ist, auch von vielen, vielen Ehrenamtlichen z. B. in den Impfzentren. Und ich denke an die vielen Ehren amtlichen, die ganz ohne Pandemie Tag für Tag und ohne gro ße öffentliche Aufmerksamkeit ihren Dienst machen. Dafür ein herzliches Dankeschön auch seitens der SPD-Fraktion.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Ich denke, dieser Gesetzentwurf ist ein schönes Beispiel dafür, dass es gut ist, ein Gesetz in zwei Le sungen zu beraten und dazwischen eine Ausschussberatung vorzunehmen.
Wir haben in der Ausschussberatung noch einmal festgestellt, dass, wie ich in der ersten Lesung bereits gesagt habe, viele Punkte im Kommunalabgabengesetz eigentlich unstrittig sind. Es geht um Anpassungen, es geht um Fragen des Datenschut zes, es geht um die Staffelung der Kindertagesstättengebüh ren – die besser ist als der jetzige Zustand, aber viel schlech ter als das, was wir vorschlagen, nämlich eine Befreiung. Auch die Änderung der Gemeindeordnung – Artikel 2 des Ge setzes – ist ja völlig unstrittig.
Nichtsdestotrotz ist dann in der Ausschussberatung etwas Schönes passiert, nämlich dass auch aufseiten der Regierungs fraktionen – zumindest bei den Grünen – nochmals ein Nach denken eingesetzt hat, und zwar dadurch, dass es einen Ver besserungsvorschlag aus den Reihen der Opposition gab, den wir in Form eines Entschließungsantrags eingebracht haben.
Es geht in der Tat noch mal um die Frage: Wann beginnt die Verjährungsfrist? Was ist der richtige Zeitpunkt zur Festset zung der Verjährungsfrist bei der Erhebung von Erschlie
ßungsbeiträgen? Dieser Entschließungsantrag betrifft diesen Sachverhalt. Wir haben gesagt: Der Zeitpunkt des Beginns der Verjährungsfrist müsste besser definiert werden. Wir haben dann bewusst auch eine offene Formulierung gewählt. Kolle ge Klein hat gerade kritisiert, dass wir keinen konkreten Vor schlag machen. Aber dieser Vorschlag lässt zumindest zu, dass man z. B. nach Bayern schaut, wo es eine Regelung gibt: 20 Jahre – meinetwegen auch 25 Jahre – nach Baubeginn einer Anlage und nicht nach einer vagen Fertigstellung, wo oftmals überhaupt nicht nachvollziehbar ist, wann die Fertigstellung eigentlich erfolgt.
Zum Zweiten haben wir beantragt, für die Kommunen – und das auch im Sinne der Kommunen, anders als bei der AfD – einen großzügigen Übergangszeitraum zu ermöglichen, zum einen, um offene Posten noch abrechnen zu können, und zum anderen, um sich auf eine Neuregelung einstellen zu können.
Herr Kollege Klein, ich kann etwas nicht ganz nachvollzie hen: Sie haben gerade gesagt, das wäre ein kleines Problem, das nur Einzelfälle betrifft, weil Kreisstraßen und Bundesstra ßen nicht erschließungspflichtig sind. Aber die meisten Men schen in einer Kommune wohnen an der Gemeindestraße oder an einer Ortsstraße und nicht an einer Kreis- oder Bundesstra ße. Insofern ist das nicht nur ein kleines Problem, sondern ein Problem, das immer wieder aufschlägt und auch mit ganz praktischen Beispielen hinterlegt werden kann.
Jedenfalls hatten wir das Gefühl, das ist ein guter Antrag, den wir mit dem Entschließungsantrag eingebracht haben. Uns wurde zumindest von den Grünen auch signalisiert, er gehe in die richtige Richtung. Bei der Abstimmung des Antrags gab es dann so eine gewisse „Handhebeblockade“. Übrig geblie ben ist die Forderung, dass der Begriff „Vorteilslage“ einer Präzisierung bedarf. Da sind wir jetzt gespannt, Herr Innen minister, wie Sie diese Präzisierung hier vornehmen.
Zusammenfassend von unserer Seite: Artikel 2 – Änderung der Gemeindeordnung – ist unstrittig; dem stimmen wir auch zu.
Zu Artikel 1 – Änderung des Kommunalabgabengesetzes –: In weiten Teilen – ich habe es gesagt – sind es wichtige An passungen, auch notwendige Anpassungen. Er ist insgesamt – das muss man auch sagen – eine Verbesserung gegenüber dem Status quo. Aber er ist nicht gut genug im Hinblick auf die Regelung zur Verjährungsfrist. Deshalb werden wir uns bei Artikel 1 enthalten. Wir geben der Landesregierung mit unserem Entschließungsantrag nochmals die Chance zur Nach besserung – wenn dann doch vielleicht auch die Regierungs fraktionen zustimmen.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, werte Kolle ginnen und Kollegen! Weil ich ja auch Berichterstatter für die sen Tagesordnungspunkt bin, möchte ich für das Protokoll schon noch mal festhalten, dass entgegen dem Wunsch der Grünen – zumindest im Ausschuss – und entgegen der Bitte des Ausschussvorsitzenden der Herr Minister jetzt in der zwei ten Lesung gerade keine Präzisierung des Begriffs „Vorteilsla ge“ vorgenommen hat. Ich glaube, das können wir so festhal ten.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Auch von unserer Seite vorab ein Dan keschön für den umfassenden Bericht und, Frau Böhlen, für Ihre engagierte Arbeit mit Ihrem Team. Ich denke, niemand – auch wir nicht – wird Ihnen absprechen, dass Sie Ihre Arbeit mit großem Engagement und sehr viel Leidenschaft erledi gen. Bürgeranliegen, Ombudsräte und andere Formate um Po litik und Verwaltungshandeln auf der einen Seite und Bürger interessen auf der anderen Seite gut in Einklang zu bringen ist Ihnen ein Herzensanliegen; das haben Sie in der Vergangen heit bewiesen. Da sind Sie glaubwürdig; das stellen wir über haupt nicht in Abrede, und es wird auch in diesem Bericht deutlich.
Kollege Blenke hat bereits darauf hingewiesen, dass der grö ßere Teil der Arbeit bei Ihrem Vorgänger lag, aber dass auch
Sie den Bericht geprägt haben. Ich nehme an, Herr Kollege, Sie haben mit „Prägung“ auch die vielen Bilder in der ge druckten Version gemeint. Dies ist uns auch aufgefallen. Es sind dreimal so viele Bilder wie in der Drucksache. – Aber das ist nicht das Thema.
Ich melde Zweifel an, dass das Konstrukt einer Bürgerbeauf tragten in der vorliegenden Form ein passgenaues Angebot ist, um die hochgesteckten Ziele zu erreichen, die mit dieser Stelle – insbesondere vonseiten der Grünen – verbunden wa ren. Kollege Sckerl, das ist dann auch kein Gezänk, sondern gut begründete Kritik, denke ich. Wir wundern uns auch, dass aus den Reihen der CDU nur sehr wenige Fragezeichen hin ter diese Stelle und den damit verbundenen Haushaltsposten von immerhin 340 000 € gesetzt werden.
Die meisten Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern kommen uns allen doch sehr vertraut vor, liebe Kolleginnen und Kol legen. Jeder Abgeordnete und jede Abgeordnete hat die vor nehme Pflicht, Bürgerbeauftragter im Wahlkreis und fachpo litisch auch im ganzen Land zu sein.
Es sind aber nicht nur die Themen und Eingaben, die sich nur unwesentlich von dem unterscheiden, was uns Abgeordneten in unserem Tagesgeschäft begegnet. Auch die Handlungsop tionen der Bürgerbeauftragten sind ähnlich begrenzt wie bei einem ganz normalen Abgeordneten: Sie rufen an, Sie fragen nach, z. B. beim Jobcenter, beim Sozialdienst, bei der Ver kehrsbehörde oder bei der Ingenieurkammer. Sie vermitteln zwischen Konfliktparteien, indem Sie zum Gespräch bitten, oder Sie verweisen an den zuständigen Abgeordneten im Wahl kreis. Mehr können Sie letztlich auch nicht tun, weil Ihnen keine weiter gehenden Eingriffsrechte und Befugnisse zuge standen sind – ganz im Gegensatz zum Petitionsausschuss, der nach Artikel 35 a unserer Landesverfassung bestellt ist und gesetzlich verankerte Durchgriffs- und Weisungsrechte und viel weiter gehende Handlungsoptionen als die Bürger beauftragte hat.
Diese Kritik ist nicht neu und wurde von mir bereits im letz ten Jahr vorgetragen. Aber wie Sie nun, Frau Böhlen, dieser Kritik begegnen, finde ich, mit Verlaub, schon unterirdisch. Sie versuchen, Ihre Daseinsberechtigung, Ihre Arbeit zu un termauern, indem Sie die Arbeit des Petitionsausschusses schlechtreden; ich sage es mal so. Das steht jemandem, der acht Jahre selbst Vorsitzende des Petitionsausschusses war, nicht gut zu Gesicht.
Wenn der Petitionsausschuss tatsächlich so arbeitet, wie Sie behaupten – die vorherige Aussprache hat eigentlich das Ge genteil bewiesen –, nämlich dass es – einige Zitate aus dem Bericht – „langwierige Prozesse“, „Mangel an Effizienz“, „le diglich 1:1-Übernahme der Stellungnahmen der Landesregie rung oder nachgeordneter Behörden“ gibt, dann muss der Pe titionsausschuss seine Arbeitsweise überdenken, anstatt von Ihnen infrage gestellt zu werden. Dabei hatten Sie acht Jahre Zeit, die Arbeit des Petitionsausschusses in die richtigen Bah nen zu lenken.
Gelinde gesagt, schon anmaßend finde ich Ihre Idee, die Sie uns auf Seite 20 Ihres Berichts unter der Überschrift „Poten
zial zum Geldsparen“ zumuten. Kurz zusammengefasst steht dort nämlich: Wenn zusätzlich zu den drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei der Bürgerbeauftragten noch mehr Stel len geschaffen würden, könnte der Petitionsausschuss seine zeitaufwendige und teure Arbeit zurückfahren.
Liebe Frau Böhlen, Ihr Versuch, das Verhältnis von Bürger beauftragter und Petitionsausschuss zu klären, scheitert aus meiner Sicht kläglich. Aber Sie haben ein Jahr Zeit, um im nächsten Bericht diesen Teil deutlich zu verbessern.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, werte Kolle ginnen und Kollegen! Herr Kollege Hockenberger, ich glau be, wir beschließen es heute noch nicht, sondern der Gesetz entwurf geht erst einmal zur Beratung in den Ausschuss. Aber wir beraten es dort mit einer positiven Grundstimmung – und ohne Maske.
Ist die Coronapandemie eine Katastrophe? Sie ist zumindest nicht das, was wir uns gemeinhin unter einer Katastrophe vor stellen: kein kurzes Elementarereignis schlimmen Ausmaßes wie ein Erdbeben oder ein Orkan, keine schlimme, aber doch zeitlich eingrenzbare Lage wie ein Hochwasser oder ein Wald brand und auch kein furchtbares Unfallereignis wie ein Flug zeugabsturz oder ein Zugunglück. Trotzdem geht die Bewäl tigung dieser Pandemie mit sämtlichen Strategien, Planungen, Konzepten und Maßnahmen weit über das hinaus, was wir uns unter dem Normalfall des Einsatzgeschehens für unsere Or ganisationen des Bevölkerungsschutzes, die Feuerwehren und Rettungsdienste, vorstellen.
Ich denke, der Begriff „Außergewöhnliche Einsatzlage“ be schreibt ganz zutreffend, was wir gerade allesamt schmerzlich erleben. Dass die Organisationen des Bevölkerungsschutzes in Baden-Württemberg insgesamt doch gut, zuverlässig und effi zient arbeiten, haben wir in den letzten Monaten während der Pandemie erlebt. Ich nenne nur einmal den Einsatz in stationä ren oder mobilen Testzentren, die Einrichtung von Notkliniken oder Behelfsunterkünften für infizierte geflüchtete Menschen.
Der Bevölkerungsschutz in Baden-Württemberg ist ohne die zahlreichen Ehrenamtlichen nicht denkbar. Ihnen gilt heute auch unser ganz großer Respekt und eine Überdosis an Dan keschön.
Die Ehrenamtlichen sind das Rückgrat des Bevölkerungs schutzes. Eine Stärkung ihrer Rechte ist eine Stärkung des Be völkerungsschutzes insgesamt.
Ebenfalls durch diese besondere Lage wurde auch die Not wendigkeit offenbar, eine rechtliche Regelung zu schaffen, die unterhalb einer Katastrophe liegt, aber dennoch über den Re gelbetrieb hinausgeht. Insofern stimmen wir der Einführung
dieses neuen Begriffs „Außergewöhnliche Einsatzlage“ zu, der ja dann mit dem Gesetz legaldefiniert wird.
Im Kern bringt die Gesetzesänderung eine Regelung der Rech te der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer in einem sol chen Fall. Von der Katastrophe unterscheidet sich die außer gewöhnliche Einsatzlage durch die Voraussetzungen, aber auch im Hinblick auf die Rechtsfolgen. Es gibt keine beson deren Eingriffsbefugnisse gegenüber Dritten, sondern es bleibt bei den allgemeinen Befugnissen des Feuerwehrgesetzes, des Rettungsdienstgesetzes oder des Polizeigesetzes.
Die Rechte der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer im Ka tastrophenfall werden aber auf die außergewöhnliche Einsatz lage übertragen. Sie müssen also insbesondere zur Wahrneh mung ihres Dienstes unter Fortzahlung des Lohns freigestellt werden und bekommen Schaden ersetzt. Das ist gut so.
Das ist für die ehrenamtlich Engagierten ein substanzieller Fortschritt gegenüber der derzeitigen Situation, in der ja im mer wieder Fragen der Freistellung, der Entschädigung oder der Versicherung im Schadensfall neu ausgehandelt werden müssen.
Aber nicht nur die Rechtsstellung der Helferinnen und Helfer wird verbessert. Klar ist auch: Der Zugriff der Katastrophen schutzbehörden auf die Organisationseinheiten des Bevölke rungsschutzes wird erleichtert.
Analog zu den Regelungen im Katastrophenfall wird eine Pflicht zur Mitwirkung der Einheiten des Katastrophenschut zes auch im Falle der Bekämpfung von außergewöhnlichen Einsatzlagen angeordnet. Sie können damit gegenüber gelten der Rechtslage leichter in die Pflicht genommen werden.
Für die Hilfsorganisationen erwächst aus diesem Gesetz auch eine zusätzliche Verpflichtung und Verantwortung. Aber Sie schreiben ja in der Vorlage, dass die Verbände – das haben wir auch wahrgenommen – weitgehend zugestimmt haben. Sie wissen also, was auf sie zukommen wird.
Ergänzend zu den bestehenden Regelungen wird bestimmt, dass das Land im Verhältnis zu den eingesetzten Kräften zu künftig für die Einsatzkosten, die durch einen auswärtigen Einsatz anfallen, einsteht. Das ist gut so. Ferner begrüßen wir ausdrücklich die Klarstellung, dass keine automatische Un terstellung des Polizeivollzugsdienstes unter die Weisungsge walt der Katastrophenschutzbehörde erfolgt.
Insofern sehen wir die vorgeschlagenen Regelungen als aus gewogen an und beraten das positiv. Der Innenminister ist jetzt nicht mehr anwesend.
Es ist für ihn sicherlich – das zeigt die bisherige Diskussion – ein Wohlfühlgesetz. Er hat aber auch noch andere Aufgaben. Wahrscheinlich, Herr Staatssekretär Klenk, arbeitet er gerade am Leitstellengesetz, auf das wir auch warten. Er hat uns zuge sagt, dass das noch kommt. Wir sind gespannt. Das Rettungs dienstgesetz ist ja schon abgeblasen worden. Das Leitstellen gesetz muss noch kommen. Daran gilt es noch zu arbeiten.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, werte Kolle ginnen und Kollegen! Wir reden über Abgaben, und ich scheue mich auch nicht, positiv über Abgaben zu sprechen. Abgaben und Gebühren – Kollege Klein hat darauf hingewiesen – sind neben den wenigen direkten Kommunalsteuern eine wichtige Einnahmequelle für unsere Städte und Gemeinden, damit sie die ihnen übertragenen Aufgaben ordentlich und angemessen finanzieren und ausüben können.
Das ist gut so, denn unsere Kommunen sorgen dafür, dass die Infrastruktur für eine gute Daseinsvorsorge vorgehalten, ge pflegt und ausgebaut wird und dass der gesellschaftliche Zu sammenhalt funktioniert. Das braucht nicht nur guten Willen und kluge kommunalpolitische Entscheidungen, sondern kos tet auch Geld.
Deshalb müssen auch die gesetzlichen Grundlagen, auf denen Abgaben erhoben werden, stimmig und zeitgemäß sein und von Zeit zu Zeit aktuellen Erfordernissen angepasst werden. Das macht die Landesregierung mit diesem Gesetzentwurf, den wir auch grundsätzlich positiv bewerten.
Ich komme zu ein paar Einzelregelungen im Kommunalabga bengesetz. Elektronische Datenübermittlung ist heute Stan dard bzw. sollte Standard sein. Dass da an manchen Stellen noch viel Luft nach oben ist, erleben wir momentan bei der Datenübermittlung in Sachen Covid-19-Testungen und der Nachverfolgung von Kontaktpersonen. Hier sind wir vieler orts noch im Zeitalter von händischer Datenerfassung und Faxübertragung.
Im Bereich der Kommunalabgaben soll es besser werden, und an uns wird dies sicher nicht scheitern. Die datenschutzrecht lichen Erfordernisse müssen dabei selbstverständlich beach tet werden.
Zum Thema Erschließungsumlagen hat Kollege Klein alles Wesentliche gesagt.
Die Berücksichtigung kalkulatorischer Zinsen oder der Kal kulation von Verwaltungsgebühren oder die Erstellung von Luftbildern zur Ermittlung versiegelter Flächen zur Bemes sung der Niederschlagswassergebühr vollziehen wir nach.
Unnötig hingegen könnte aus unserer Sicht eine Anpassung der Regelung über die Gebühren für die Benutzung von Kin dergärten und Tageseinrichtungen sein – Stichwort: verpflich tende Einführung von sozial gestaffelten Gebühren. Diese Än derung wäre nämlich dann überflüssig, wenn die Landesre gierung und die sie tragenden Fraktionen der Forderung der SPD-Fraktion nach landeseinheitlicher Gebührenfreiheit in der Kindertagesbetreuung Folge leisten würden.
Da dies leider an Grün-Schwarz gescheitert ist,
müssen wir natürlich selbstredend die Vorgaben des SGB VIII im Landesrecht abbilden.
Zu den vorgesehenen Änderungen in der Gemeindeordnung: Das ist ein weiterer Lockerungsschritt, was das Führen einer sonstigen Bezeichnung neben dem Städte- und Gemeindena men – hier auch bezogen auf einzelne Ortsteile – anbelangt. Auf Drängen der SPD-Fraktion haben wir ja bereits die Zu lässigkeit von Bäder- und Kurortzusätzen in den Gemeinde namen ermöglicht. Wir begrüßen es, dass zukünftig auch Zu satzbezeichnungen, die auf dem geschichtlichen Hintergrund, einer Eigenart oder der heutigen Bedeutung einer Gemeinde beruhen, geführt werden dürfen. Das Verfahren dazu wird ver einfacht und mit einer stärkeren kommunalen Komponente versehen. Kommunale Komponenten gefallen uns. Aber, Herr Minister Strobl, Sie wollen wahrscheinlich auch nicht in Ih rer Heimatstadt bzw. in Stadtteilen dann auf Ortsteilschildern „Seeräuber“, „Saureiter“ oder „Linsenfarmer“, geschweige denn „Krautscheißer“, „Blunsenbacher“ oder „Dachreiter“ le sen.
Um solchen Unfug zu verhindern, haben Sie deshalb zu Recht die Maßgeblichkeit hoch genug gesetzt: Erforderlich ist ein Gemeinderatsbeschluss mit qualifizierter Mehrheit von drei Vierteln der Stimmen aller Mitglieder – das ist das höchste denkbare Quorum. Außerdem bedarf eine Zusatzbezeichnung auch noch der Genehmigung des Innenministers. Da kann
dann ja nichts mehr anbrennen. Wir sind gespannt auf die Be ratungen im Ausschuss.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Meine Vorrednerin und mein Vorred ner haben schon darauf aufmerksam gemacht, dass dieses Ge setz weder rechtlich noch inhaltlich zustimmungsfähig ist. Wir haben auch in den Ausschussberatungen keine neuen Erkennt nisse, keine neuen Argumente gehört. Wir bleiben deshalb bei unserer Meinung und unserer Haltung – ja, Asylrecht ist zu vörderst auch eine Haltungsfrage – und lehnen diesen Gesetz entwurf ab.
In der Ausschussberatung gab es aber auch null Anzeichen da für, dass bei den Antragstellern noch ein Rest Empathie für die Situation von Geflüchteten in unserem Land oder ein Fun ke Wohlwollen gegenüber Menschen, die sich ihr Schicksal nicht selbst ausgesucht haben, vorhanden sein könnte.
Insofern gilt, was ich in der ersten Lesung gesagt habe: Die se Gesetzesvorlage der AfD ist der sehr durchschaubare Ver such, ihre durch und durch fremdenfeindliche Gesinnung in einen rechtlichen Rahmen zu bringen.
Ich habe es gerade gesagt: Ausländerrecht und Asylrecht sind für uns Sozialdemokraten eine Frage der Haltung. Da wird uns mitunter nicht nur bei unseren sozialdemokratischen Grund werten wie Brüderlichkeit oder Solidarität einiges abverlangt, sondern auch unsere verfassungsrechtlichen Grundsätze ver langen uns hier einiges ab.
Natürlich stellen sich Fragen: Wie gehen wir um mit illegaler Einreise? Was tun, wenn Mitwirkungspflichten missachtet werden? Wohin mit straffälligen Asylbewerbern? Warum schie ben wir Gefährder nicht schneller ab, vielleicht sogar in Bür gerkriegsländer, vielleicht in Länder, in denen nach wie vor katastrophale humanitäre Lagen sind, wie Syrien? Das wur de kürzlich auch von einigen Unionspolitikern gefordert.
Ich räume ein: Es fällt nicht immer leicht, sich bei der Beant wortung dieser Fragen und natürlich auch vor dem Hinter grund der aktuellen furchtbaren Geschehnisse in Frankreich und in Österreich nicht von unseren niedrigen Instinkten lei
ten zu lassen. Aber Leitmotiv unseres Asylrechts sind nicht Ausgrenzung und Rache, nein, die Grundmelodie unseres großartigen Grundgesetzes ist Ausfluss der Aufklärung, Aus fluss von Humanität oder auch, wenn Sie so wollen, unserer abendländisch-christlichen Tradition. Wer antritt, diese zu ver teidigen – gegen wen auch immer –, der muss sich auch ver gegenwärtigen: Nicht nur die einfache Praxis der Nächsten liebe, nein, auch Fremden- und sogar Feindesliebe werden uns da abverlangt. Ich weiß, das ist keine leichte Übung. Aber es lohnt, von Zeit zu Zeit darüber nachzudenken. Ein Gesetzent wurf der AfD bietet allemal wenigstens dazu Gelegenheit.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Herr Kollege Hockenberger, Sie haben mich gerade so freundlich auf meine Gefühle angesprochen, die ich im Ausschuss zum Ausdruck gebracht habe. Nach der ersten Lesung und der Beratung im Ausschuss sowie den bei den Vorreden jetzt habe ich noch immer den Eindruck,
dass zumindest die demokratischen Fraktionen hier im Land tag
unserer Gesetzesvorlage etwas abgewinnen können und ge wisse Sympathien dafür hegen; man kann es eben nicht so richtig sagen, weil die Initiative von der Opposition kommt.
Im Kern bleibt als Ablehnungsgrund übrig: Für eine Ände rung ist gerade nicht der richtige Zeitpunkt. Wahrscheinlich ist auch der Antragsteller nicht der richtige. Wir werden se hen, ob sich nach dem 14. März 2021 der richtige Zeitpunkt findet für eine Regelung, deren Notwendigkeit zumindest von allen kommunal engagierten Repräsentanten auch der ande ren Fraktionen gesehen wird.
Eine Ausnahme bildete in der ersten Lesung die AfD-Frakti on. Sie haben sich an der mangelnden Definition des Begriffs „Spaßkandidat“ ereifert. Richtig ist: Dafür gibt es keine rechts sichere und sicher auch keine gerichtsfeste Definition.
Mit Ausnahme von Ihnen haben, glaube ich, alle verstanden, was damit gemeint ist. Gemeint sind sicher nicht, Herr Klos, Kandidierende der AfD; das hat sicher nichts mit Spaß zu tun, das ist bitterer Ernst.
Was für ein Unheil daraus entstehen kann, hat man zuletzt in Burladingen gesehen.
Wir stellen bei dieser Gesetzesinitiative auch nicht die Frage nach der Qualifikation oder der Geeignetheit von Bewerbe rinnen und Bewerbern. Dafür hat der Wähler/die Wählerin als Souverän sicher das richtige Gespür. Es geht schlicht und er greifend um die Frage, was man einer Kandidatin/einem Kan didaten im Vorfeld einer Wahl zumuten oder abverlangen kann. Das sind beileibe keine hohen Hürden. Zumutbar ist es doch, die Gemeinde, in der man oder frau kandidieren möch te, wenigstens einmal aufzusuchen und je nach Gemeindegrö ße zehn, 20 oder 30 Unterschriften zu sammeln oder – wenn das zu viel ist – zumindest ein paar Verbündete in der Gemein de zu haben, die diese Unterschriftensammlung vor Ort orga nisieren.
Wir sind nach wie vor der Meinung, dass diese Anforderun gen zumutbar, maßvoll und angemessen wären und der Wich tigkeit des Amtes einer Bürgermeisterin/eines Bürgermeisters und der Ernsthaftigkeit einer Kandidatur Rechnung tragen würden. Das haben auch alle Stellungnahmen aus der kom munalen Familie im Rahmen der Anhörung so gesehen.
Wir bitten deshalb noch einmal um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf und ebnen dann für den Teil bezüglich der Un terschriften den Weg, indem wir einer getrennten Abstimmung über die Nummern 1 und 2 in Artikel 1 zustimmen. Das er folgt auf Vorschlag der FDP/DVP-Fraktion. Vielen Dank vor ab für die Unterstützung zu diesem zweiten Teil.
Zum ersten Teil bezüglich der Aufstellungsversammlung: Ich habe schon darauf hingewiesen, dass diesbezüglich kein Mas senproblem besteht. Aber die aktuelle Rechtslage führt immer wieder zu Problemen bei den Wahlversammlungen auf Ort schaftsebene in sehr kleinen Ortschaften mit ganz wenigen Mitgliedern einer Wählervereinigung oder einer Partei. Die se Probleme könnten wir ausräumen.
Aber auch bezüglich dieses Punktes wurde uns in den Bera tungen signalisiert, dass die Änderung nicht jetzt beschlossen werden müsse, weil die nächsten Kommunalwahlen noch ein paar Jahre auf sich warten ließen und neue Kandidatenaufstel lungen zu Ortschaftsratwahlen erst ab dem Jahr 2023 fällig würden. Das ist richtig. Insofern sind wir gespannt, welche Änderungen im Kommunalwahlgesetz bis dahin noch auf den Weg gebracht werden müssen – und wenn ja, von wem. Wenn von uns, werden wir diesen Punkt und auch den anderen Punkt ganz sicher wieder auf die Agenda setzen.
Vielen Dank.
Vielen Dank. – Frau Präsiden tin, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich beginne mit einem Zitat:
Wer sagt: Auf deutschem Boden können nicht alle Prob leme dieser Welt gelöst werden, der hat Recht. Ich füge aber hinzu: Deutschland muss für Menschen, die um Frei heit, um Leib und Leben fürchten müssen, eine gute und eine sichere Adresse sein und bleiben.
Nein, es war nicht Helmut Schmidt; das hat Johannes Rau gesagt, und zwar schon im Jahr 2000.
Dieses Vermächtnis, „Deutschland muss... eine gute und ei ne sichere Adresse sein und bleiben“ ist für uns von der SPD nach wie vor Leitmotiv sozialdemokratischer Asylpolitik, auch nach der europäischen Flüchtlingskrise 2015/2016 und trotz oder gerade wegen „Pegida“ und des Einzugs rechtsex tremer Kräfte in unsere Parlamente.
Zum Glück, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist unser schö nes Land nicht einmal unter Pandemiebedingungen und im Winter so kalt, wie es mir beim Lesen dieses Gesetzentwurfs der AfD geworden ist.
Herr Kollege Lede Abal hat schon auf die Nichtzuständigkeit und die Widersprüchlichkeiten hingewiesen. Diese Gesetzes vorlage ist der klägliche Versuch, Ihre durch und durch frem denfeindliche Gesinnung in einen rechtlichen Rahmen zu brin gen und Ihrer Hetzpropaganda einen rechtsstaatlichen An schein zu verleihen.
Aber das gelingt Ihnen nicht. Schon Ihre Sprache entlarvt, wes Geistes Kinder Sie sind: „Eindämmung der Armutsmigrati
on“ statt Hilfe für geflüchtete Menschen, „weniger attraktiv ausgestaltete Unterbringung und Versorgung“ oder „öffent lich-rechtliches Nutzungsverhältnis“ statt menschenwürdigem Wohnen, Ausschluss von privater Wohnungsnahme, kein Zu gang zu Bargeld, Gemeinschaftsunterkünfte sollen erforder lichenfalls als mobile Unterkünfte bereitgestellt werden. Sa gen Sie doch, was Sie wollen: „Flüchtlinge gehören ins Zelt lager.“ Das meinen Sie doch.
Sie versuchen, mit der Forderung nach einer zentralen Unter bringung von geflüchteten Menschen und der Übertragung der Verantwortung von der Gemeindeebene auf die Kreis- und Regierungsbezirksebene die Kommunen auf Ihre Seite zu zie hen. Aber auch dieses Manöver ist zu durchsichtig. Meine Vorredner haben bereits darauf hingewiesen.
Außerdem sind unsere Städte und Gemeinden erstens zu selbst bewusst und zweitens vor allem zu anständig, um Ihnen auf den Leim zu gehen. Ich zitiere aus der gemeinsamen Stellung nahme der kommunalen Landesverbände – der Kollege Lo rek hat auch schon daraus zitiert –:
Die kommunale Familie hat ein sehr ausgeprägtes Inter esse an gelingender Integration und ist sich bewusst, dass es sich vor Ort entscheidet, ob die Werte unserer Gesell schaft akzeptiert und gelebt werden.
Insofern kann die in der Zielsetzung des Gesetzentwurfs ge nannte Eindämmung der Armutsmigration mittels weitgehen der Zentralisierung der Unterbringung und grundsätzlicher Gewährung von Sachleistungen nicht überzeugen.
Nicht nur, aber auch deshalb lehnen wir Ihren Gesetzentwurf natürlich ab.
Souveränität, Rechtsstaatlichkeit und Freiheit in unserem Land werden entgegen dem, was die AfD in ihrer Gesetzesbegrün dung schreibt, nicht durch massenhafte Armutsmigration aus fremden Kulturen verletzt. Sie werden verletzt durch die Aus breitung eines völkischen, fremdenfeindlichen, rassistischen und rechtsradikalen Denkens, Sprechens und Handelns
in unserer Gesellschaft und in unseren Parlamenten, allen vo ran durch die AfD im Landtag von Baden-Württemberg.
Danke.
Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Der Innenausschuss bekommt heute noch einiges an Arbeit. Herr Innenminister Strobl, bei der Be ratung des vorherigen Tagesordnungspunkts haben Sie gesagt,
den Gesetzentwurf der FDP/DVP müssten Sie ablehnen. Aber dem nun vorliegenden Gesetzentwurf der SPD-Fraktion kön nen Sie sicher zustimmen. Die Beobachter des kommunalpo litischen Geschehens wissen, wovon ich jetzt gleich reden werde.
Bei der Bürgermeisterwahl in Bad Herrenalb 2019 gab es 29 Kandidatinnen und Kandidaten, davon 24 Bewerber aus der Satirepartei „Die PARTEI“ oder aus deren Umfeld. Ein Kan didat der PARTEI erklärte: „Wir haben Bad Herrenalb ausge wählt, da hier weniger als 8 000 Menschen leben. Dann müs sen wir keine Unterstützerunterschriften sammeln.“ Ziel war ein Eintrag ins Guinnessbuch der Rekorde. Zur Vorstellungs runde vor der Bürgerschaft reiste die Mehrheit der Kandidie renden aus dem gesamten Bundesgebiet erst gar nicht an.
Bei der Bürgermeisterwahl in Mauer im Rhein-Neckar-Kreis gab es zehn Bewerberinnen und Bewerber, davon sieben aus der Satirepartei „Die PARTEI“. Acht Bewerberinnen und Be werber kamen lediglich auf Einzelergebnisse zwischen null und zehn Stimmen.
Bei der Bürgermeisterwahl in Erdmannhausen 2020 gab es ein Jubiläum: die 50. Kandidatur von U. R. – übrigens CDUMitglied – in einer Gemeinde unter 20 000 Einwohnern.
Bei der Bürgermeisterwahl in Weinsberg 2020 wurde Viel fachkandidat S. S. bei der Kandidatenvorstellung nach Belei digungen und Provokationen das Wort entzogen, und er wur de der Halle verwiesen. Der Staatsschutz ermittelte wegen ei nes vermuteten Hitlergrußes.
Bei der OB-Wahl in Villingen-Schwenningen im Jahr 2018 erpresste Dauerkandidatin F. M. Herrn Marcel Klinge MdB damit, ihn zu outen, sollte er sich nicht für sie aussprechen.
Mit der Änderung von § 10 Absatz 3 des Kommunalwahlge setzes wollen wir dafür sorgen, dass es zu weniger solcher Schein-, Spaß- und Dauerkandidaturen bei Bürgermeisterwah len kommt.
In den vergangenen Jahren zeichnete sich der Negativtrend ab, dass oftmals immer wieder dieselben Personen in verschie denen Orten zu Bürgermeisterwahlen antreten. Zu besonders großen Problemen führen diese Spaßkandidierenden dann, wenn sie die Wahl anfechten und damit dafür sorgen, dass der gewählte Bürgermeister bzw. die gewählte Bürgermeisterin das Amt erst einmal nicht antreten kann. Der Verband BadenWürttembergischer Bürgermeister e. V. führt in seiner Stel lungnahme zu dem Gesetzentwurf das Beispiel der Stadt Ru tesheim an, in der eine gewählte Bürgermeisterin ihr Amt erst nach einem Jahr antreten konnte, und das, obwohl der bekann te Dauerbewerber nur 1 % der Stimmen auf sich vereinigen konnte.
Wir wollen mit der gesetzlichen Änderung erreichen, dass Kandidierende vor ihrer Bewerbung zumindest ein Mal vor Ort gewesen sein müssen, um Unterstützerunterschriften zu sammeln, und zwar auch in kleinen Kommunen. Bislang sieht das baden-württembergische Kommunalwahlgesetz lediglich vor, dass in Kommunen mit über 20 000 Einwohnerinnen und Einwohnern die Bewerbung zur Bürgermeisterwahl von einer bestimmten Anzahl von wahlberechtigten Personen unter zeichnet werden muss. Unser Vorschlag: Bewerbungen zur
Bürgermeisterwahl müssen in Gemeinden bis zu 3 000 Ein wohnern von zehn, in Gemeinden mit über 3 000 bis zu 10 000 Einwohnern von 20 und in Gemeinden von über 10 000 bis zu 20 000 Einwohnern von 30 zum Zeitpunkt der Unterzeich nung der Bewerbung wahlberechtigten Personen unterzeich net sein. Dies entspricht im Übrigen auch dem Erfordernis, das jeder Kandidat bzw. jede Kandidatin bei der Aufstellung für die Kommunalwahlliste erbringen muss, und erscheint uns als eine moderate Regelung, die für jeden Bewerber bzw. je de Bewerberin mit vertretbarem Aufwand umsetzbar ist.
Wir freuen uns, dass neben dem Verband Baden-Württember gischer Bürgermeister auch der Städtetag und der Gemeinde tag unsere Gesetzesinitiative unterstützen und begrüßen. Dies zeigt, dass es hier Handlungsbedarf gibt. Daher wäre es schön, wenn auch die anderen Fraktionen, meine Kolleginnen und Kollegen, sich unserem Anliegen anschließen könnten.
Es gibt einen kleineren zweiten Bestandteil unseres Gesetz entwurfs. An uns wurde das Problem herangetragen, dass die aktuelle Regelung zur Aufstellung von Bewerbern für die Wahl der Ortschaftsräte immer wieder zu Problemen führe und deshalb Erleichterungen wünschenswert wären. Ich ge stehe gern ein, dass das kein Massenproblem ist und dass das Problem nicht alle Kommunen gleichermaßen betrifft.
Die aktuelle Rechtslage führt immer dann zu Problemen, wenn bei Wahlversammlungen in kleinen Ortschaften nur zwei Mitglieder erscheinen. Es tritt verstärkt auf, wenn es in dieser Ortschaft nur sehr wenige Mitglieder – möglicherwei se insgesamt nur drei Mitglieder – gibt. In diesem Fall kommt eine Aufstellungsversammlung nicht zustande und ist eine so genannte Höherzonung auf die Gemeindeebene ausgeschlos sen. Das hat zur Folge, dass die Wählervereinigung bzw. Par tei keinen Wahlvorschlag einreichen kann.
Deshalb wollen wir in § 9 Absatz 2 des Kommunalwahlgeset zes den zweiten Halbsatz streichen. Damit soll sichergestellt werden, dass unabhängig von der Anzahl der Mitglieder in ei ner Ortschaft eine Höherzonung auf Gemeindeebene erfolgen kann. Dies ist insbesondere für den Fall relevant, dass nur zwei Mitglieder zur Bewerberaufstellung für die Ortschafts ratswahl erscheinen und damit nach jetziger Rechtslage das Einreichen eines Wahlvorschlags für die Ortschaftswahl aus geschlossen ist.
Insbesondere zu diesem Thema freue ich mich auf die Aus schussberatungen und auf den Austausch von guten Argumen ten.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, werte Kolle ginnen und Kollegen! Liebe Frau Kollegin Erikli, meine Re de beginnt genauso wie Ihre: Vor über einem Jahr – die 18 da zwischen liegenden Monate haben Sie elegant unter den Tisch gekehrt – hat uns bzw. der Landesregierung „Mehr Demokra tie e. V.“ zum Gesetzentwurf vom 25. April ins Stammbuch geschrieben:
Der Landtagsmehrheit
ich glaube, das sind Sie noch –
wird empfohlen, dem Anliegen des Gesetzentwurfs nach zukommen und dies nicht auf die lange Bank zu schieben.
Dem wurde leider nicht gefolgt. Sie haben es zunächst auf die lange Bank geschoben.
Auch wenn die Regierungsfraktionen immer mal wieder sig nalisiert haben, dass man zu einer gemeinsamen Lösung kom men könnte: Heute, nach 18 Monaten, auch nachdem mehre re Gesprächsangebote ausgeschlagen wurden, können wir festhalten: Die Regierungsfraktionen wollen nicht, dass es zu einer Erweiterung von direktdemokratischen Elementen auf der Ebene der Landkreise kommt.
Das bedeutet, auch wenn Sie es gern hätten: Auch unter ei nem grünen Ministerpräsidenten und einer grün geführten Landesregierung wird es nicht dazu kommen, dass die demo kratische Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger in den Land kreisen verbessert werden kann, und das – darauf haben Sie zu Recht hingewiesen –, obwohl es sich um Vorschläge für Regelungen handelt, die es in allen anderen Bundesländern
mit Landkreisen gibt – außer in Hessen –, und dort ausschließ lich gute Erfahrungen gemacht wurden, Herr Kollege Hocken berger. Aus anderen Bundesländern wissen wir nämlich, dass Bürgerentscheide und Bürgerbegehren für die Landkreise ers tens mit vertretbarem Aufwand verbunden sind und zweitens auch nicht komplexer sind als die Durchführung auf Gemein deebene.
Auch bei der Evaluierung durch das Innenministerium – Herr Kollege Hockenberger, Sie haben darauf hingewiesen; wenn Sie es genau lesen, erkennen Sie, glaube ich, dass es hinsicht lich der Landkreise eher eine Meinungsumfrage als eine Eva luierung war; das wäre zutreffender – haben die Landkreise kaum vorgebracht, dass der Aufwand zu hoch sei oder die Fra gestellungen zu komplex seien. Wir konnten zumindest nichts Substanzielles daraus lesen. Das entkräftet auch das Argu ment, kreiskommunale Themen eigneten sich für Bürgerbe gehren nicht, weil diese zu komplex seien.
Im Übrigen zeigt die Gesamtevaluierung, die sich im Wesent lichen um Neuregelungen seit 2015 kümmerte, dass sich alle Befürchtungen, die es hinsichtlich der Ausweitung von Bür gerbeteiligung gab, gerade nicht bewahrheitet haben. Das ist auch ein Argument für uns, jetzt den nächsten Schritt zu ge hen.
Auch das Argument, Kreiseinwohner seien je nach Gemein de von Kreisbürgerentscheiden zu stark unterschiedlich be troffen, kann mit Blick auf andere Bundesländer widerlegt werden. Fast alle Kreisbürgerentscheide bezogen sich auch auf Themen, die die gesamte Kreisbevölkerung – unabhängig von der Gemeinde – betrafen; ich nenne z. B. die Abfallent sorgung oder die Gesundheitsversorgung.
Insofern wird Baden-Württemberg auch künftig einen Son derweg bei der Bürgerbeteiligung auf Landkreisebene gehen, für den es aus unserer Sicht keine guten Argumente gibt. Chance vertan!
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, werte Kolle ginnen und Kollegen! Ich sage einen Dank an die CDU. Den Titel dieser Aktuellen Debatte – ich glaube, das ist auch ein bisschen eine Wohlfühldebatte – „Starke Leistung in der Kri se – Respekt für unsere Blaulicht-Organisationen!“ können wir aus voller Überzeugung zu hundert Prozent dick unter streichen.
Von der Coronakrise und ihren Folgen sind Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste in besonderem Maß betroffen. Sie sor gen für Sicherheit und Ordnung und helfen an vorderer Front, und das selbstverständlich auch in Zeiten eines Pandemielock downs bei erhöhter Infektionsgefahr. Die Arbeit der Blaulicht organisationen hat sich dadurch verändert. Die Polizei muss zusätzlich zum Tagesgeschäft die Einhaltung der Corona-Ver ordnungen kontrollieren und stößt dabei oftmals auf Unver ständnis oder gar Widerstand. Rettungsdienste und Feuerweh ren müssen sich bei ihren Einsätzen, die oft auch engen kör perlichen Kontakt erfordern, auf eine erhöhte Infektionsge fahr einstellen und besondere Hygienemaßnahmen ergreifen.
Dies alles erschwert die Arbeit. Die enorme Belastung müs sen die vielen Beschäftigten, die – das wurde gesagt – oft auch ehrenamtlich tätig sind, aushalten und trotzdem weiter in die Einsätze gehen, für unsere Sicherheit sorgen und Menschen leben retten.
Diese Aufgabe, liebe Kolleginnen und Kollegen, erfüllen al le Beteiligten bei Polizei, Rettungsdienst, Bergwacht, DLRG, Feuerwehr, THW und allen anderen Blaulichtorganisationen vorbildlich. Im Namen der SPD-Fraktion ein ganz herzlicher Dank für diesen herausragenden Einsatz.
Unbegreiflich ist deshalb auch für uns, dass Angriffe auf Po lizei, Feuerwehr und Rettungsdienste immer weiter zuneh men. Die Fallzahlen von Gewalt gegen Polizeibeamte haben im Jahr 2019 im Vergleich zum Vorjahr um 5 % zugenommen. Gestern hat der GdP-Bevollmächtigte Jochen Zeng aus Frank furt im „Morgenmagazin“ von bundesweit täglich 200 Ge walttaten gegen Polizeibeamte berichtet. Ähnliches gilt leider für Gewalttaten gegen Angehörige des Rettungsdienstes und der Feuerwehr. Das ist besonders besorgniserregend, weil hier auch viele Ehrenamtliche tätig sind.
Die Respektlosigkeit gegenüber denjenigen, die eigentlich helfen wollen, ist erschreckend, und die Ursachen hierfür sind sicher nicht eindimensional zu erklären. Manches entzieht sich zumindest meinem gesunden Ermessen. Vor einer Woche konnte sich ein Feuerwehrmann in Mannheim nur durch ei nen Sprung zur Seite vor dem Fahrer eines Sprinters retten, der auf ihn zuhielt. Als Nächstes hielt dieser auf einen eben falls am Einsatzort anwesenden Polizisten zu und flüchtete, nachdem dieser einen Warnschuss abgab.
Gewalt gegen Polizeibeamte und Angehörige der Rettungs dienste ist beileibe kein Kavaliersdelikt und muss mit Härte geahndet werden. Die §§ 114 und 115 des Strafgesetzbuchs bieten eine zu Recht geschaffene Grundlage dafür.
Da es sich bei den Tätern, wie zuletzt in Stuttgart oder Frank furt, vielfach um Jugendliche oder Heranwachsende handelt, muss die Strafe der Tat auf dem Fuß folgen. Das heißt: keine langen Wartezeiten und Verfahren. Die Häuser des Jugend rechts, die wir mit ins Leben gerufen haben, sind eine gute Sa che und leisten einen wichtigen Beitrag zur Verfahrensbe schleunigung.
In der gesellschaftlichen Debatte aber, die wir zu diesem The ma führen müssen, vielleicht auch neu führen müssen, gilt es herauszuarbeiten, dass Respekt nicht erst bei der Frage der Gewalt gegen staatliche Institutionen beginnt, sondern bereits bei der Frage, wie wir eigentlich zu unserem Staat und seinen Institutionen stehen. Aus gutem Grund gibt es in Europa das staatliche Gewaltmonopol. Das ist eine der Grundfesten un serer Gesellschaft und unseres Rechtsstaats. So ist es kein Zei chen von Respekt, wenn man keine Flaschen oder Steine auf die Polizei wirft oder Rettungskräfte nicht bei ihrer Arbeit stört oder gar angreift – das ist eine Selbstverständlichkeit, meine Damen und Herren.
Wenn diese Selbstverständlichkeit nicht mehr Konsens ist und staatliche Institutionen nicht mehr respektiert werden, wenn spektakulär in der Stuttgarter Innenstadt oder in Frankfurt aus heiterem Himmel Angriffe auf die Polizei geschehen oder in Mannheim Feuerwehrleute umgefahren werden, muss nach den Ursachen geforscht werden.
Darüber hinaus geht es aber doch darum, generell verlorenes Vertrauen in den Staat und in staatliche Institutionen wieder zugewinnen. Deshalb gilt es, mit aller Konsequenz jene in Schranken zu weisen, die das staatliche Gewaltmonopol in frage stellen oder die die staatlichen Institutionen und Behör den verächtlich machen, und das geschieht eben nicht nur auf den Straßen, sondern leider zunehmend auch wieder in Parla menten.
Auch die Landesregierung steht in einer besonderen Verant wortung, unseren Blaulichtorganisationen mit Respekt zu be gegnen. Sie hat rechtlich und tatsächlich die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass diese ihre Arbeit gut erledigen können. Oftmals sind es ja wirklich nur Kleinigkeiten. Kollege Blen ke hat darauf hingewiesen. Eine Entschädigung für Ehrenamt liche im Rettungsdienst ist so eine Frage oder auch ein Hel fergesetz. Es geht auch darum, dass diejenigen, die ganz vorn den Kopf hinhalten und dabei mit dem neuartigen Virus kon frontiert sind, bestmöglich gerüstet sein müssen. So wäre es natürlich hilfreich gewesen, wenn von Beginn der Pandemie an auch genügend Masken für die Polizistinnen und Polizis ten zur Verfügung gestanden hätten.
Herr Minister Strobl, auch die schon seit Langem angekün digte Novellierung des Rettungsdienstgesetzes oder des Leit stellengesetzes lässt auf sich warten. Es ist ebenfalls kein Zei chen von besonderer Respektbekundung, wenn die Rechts grundlagen, auf denen die Rettungsdienste in unserem Land handeln, nicht den aktuellen Erfordernissen entsprechen. Viel leicht können Sie nachher noch etwas dazu sagen, wie der Fahrplan für dieses Verfahren der Gesetzgebung aussieht.
Zum Schluss ein Appell von mir an jeden Einzelnen und jede Einzelne: Jeder bzw. jede Einzelne kann dazu beitragen, dass der Respekt gegenüber den Blaulichtorganisationen in unse rem Land wieder steigt, indem man sich benimmt, sich an Re geln hält und seinen gesunden Menschenverstand einschaltet – und eben nicht zu Zehntausenden an die Badeseen pilgert, wenn davor ausdrücklich gewarnt wird, weil es ab einem be stimmten Maß nicht möglich ist, Abstandsregeln einzuhalten bzw. deren Einhaltung zu kontrollieren, wie z. B. am letzten Sonntag am Breitenauer See in meinem Nachbarwahlkreis – oder indem man die Arbeiten der Rettungskräfte nicht durch Gaffen oder Fotografieren behindert, sondern indem man ei ne Rettungsgasse freihält und den Anweisungen der Polizei Folge leistet.
Respekt für die Blaulichtorganisationen in unserem Land be ginnt mit der Achtung und der Wertschätzung der Menschen, die in den Institutionen und Organisationen in unserem Land einen unverzichtbaren Dienst für uns alle leisten. Dafür sind wir dankbar, und wir stehen vorbehaltlos zu Polizei, Feuer wehr, Rettungsdiensten und allen anderen Hilfsorganisatio nen. Da gibt es für die SPD-Fraktion kein Vertun.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, werte Kolle ginnen und Kollegen! Frau Kollegin Krebs, Frau Kollegin Neumann-Martin: Über ein verbranntes Schwarzbrot können Sie noch so viel Zuckerguss gießen, da wird keine Torte mehr draus. So ist es auch mit diesem Gesetz.
Heute ist schon mehrfach die Rede von guten Tagen gewesen – von guten Tagen für die parlamentarische Demokratie, von einem guten Tag für die Umwelt, für den Artenschutz, von ei nem guten Tag für die Landwirtschaft. Es ist sicher kein gu ter Tag für die Gesundheitsfachberufe mit diesem Gesetz, das Sie wirklich in den Sand gesetzt haben.
Ich versuche aber mal, positiv zu beginnen, und bedanke mich bei den Fraktionen der Regierungskoalition, dass sie unserem Ansinnen im Ausschuss für Soziales und Integration, eine öf fentliche Anhörung durchzuführen, zugestimmt haben. Denn diese Anhörung war wirklich sehr aufschlussreich. Ich bedan ke mich auch bei den Vertretern der Verbände, die vorgetra gen haben, dass sie dem Ausschuss trotz heftiger Brüskierung durch den Sozialminister in den vorgelagerten Verhandlungen Rede und Antwort gestanden haben.
Das war es aber auch schon mit den Good News im Zusam menhang mit dieser Gesetzesvorlage der Landesregierung. Al les andere sind Bad News, Chaos und Murks. Die Anhörung hat schonungslos offengelegt, wie schlecht dieser Gesetzent wurf vorbereitet und vor allem mit den Betroffenen kommu niziert wurde.
Ich frage mich schon, Frau Kollegin Krebs, ob wir in der glei chen Anhörung waren. Da habe ich ein Fragezeichen. Nicht nur, dass es knapp drei Jahre gedauert hat, bis die schon lan ge angekündigte Gesetzesänderung überhaupt das Licht des Parlaments erblickt hat, nicht nur, dass die Landesregierung mit einem Jahr Verzögerung gegenüber ihrer ursprünglich be schlossenen Zeitplanung ein Gutachten präsentiert hat, nein, es war vor allem die Art und Weise, wie die dringend erfor derliche Einführung eines eigenen Kopfsatzes für die Physio therapie- und Logopädieschulen zum Gesetz geworden ist: Ein Gutachten wird 1 : 1 in einen Gesetzestext gegossen, und die neuen Kopfsätze für die Schulen werden vom Sozialmi nister einfach diktiert, nicht mit den Betroffenen diskutiert; es werden keine Gegenargumente erörtert, keine alternativen Be rechnungsmodelle in Erwägung gezogen. Es wird kein Kom promiss gesucht und keine politische Bewertung vorgenom men, und das, obwohl die Gutachter selbst – die bei der An hörung übrigens wohlweislich lieber in Berlin geblieben sind – in ihrem Gutachten geschrieben haben – ich zitiere –:
Die Frage, ob mithilfe der von uns ermittelten Kopfsätze und der aktuellen Zuschussquote die Ausbildung an pri vaten Schulen angemessen finanziert wird, kann das Gut achten nicht beantworten. Dies ist ein Thema, das im po litischen Willensbildungsprozess erörtert und gelöst wer den muss.
Diese Erörterung, die aus unserer Sicht zwingend notwendig gewesen wäre, die mit Betroffenen zu führen gewesen wäre, hat eben nicht stattgefunden. Zugleich sind auch alle Hei lungsversuche der Vertreter der Regierungsfraktionen, die ja das Unheil kommen sahen, kläglich gescheitert. Sie haben selbst in der ersten Lesung gesagt, dass die Forderungen der Verbände berechtigt und nachvollziehbar sind und dass Sie bis zur Sitzung im Sozialausschuss einen Vorschlag für eine finanzielle Übergangsregelung vorlegen wollten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben uns einen solchen Vorschlag eben nicht vorgelegt. Was Sie uns vorgelegt haben, ist ein Entschließungsantrag mit einem Prüfauftrag an die Lan desregierung. Herr Kollege Rülke hat heute schon gesagt, ein Prüfauftrag sei eine Beerdigung dritter Klasse. Genauso ist es auch hier.
Herr Kollege Poreski – er ist nicht mehr da –, wenn ich mich recht erinnere, haben Sie dann versprochen, bis zur zweiten Lesung eine Konfliktlösung zu präsentieren. Das ist heute. Die Höhe der Förderung sollte bis zur Zweiten Beratung klar sein. Ich sehe nichts; da liegt auch nichts auf dem Tisch. Wo ist sie denn? Es bleibt bei dem Entschließungsantrag aus dem Aus schuss. Wenn sich die Landesregierung dann wieder so an die vorgegebenen Fristen hält wie bei ihren eigenen Beschlüssen, dann ist die Legislaturperiode zu Ende, bevor irgendetwas vor liegt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, Sie stimmen jetzt gleich einem Gesetz der Landesregierung zu und geben zugleich eine Prüfung für dieses Gesetz in Auf
trag. Das heißt doch, Sie fordern die Landesregierung zugleich auf, sich nicht an den eigenen Beschluss zu halten, sondern diesen erst zu überprüfen. Ja, wo hat es so etwas schon ein mal gegeben? Was für ein Demokratieverständnis haben Sie denn? So funktioniert es für uns nicht.
Wir lehnen dieses Gesetz also aus folgenden Gründen ab:
Erstens: Die Begründung, warum bei den ermittelten Brutto kosten an öffentlichen Schulen ein Abschlag nach § 18 a Ab satz 9 des Privatschulgesetzes vorzunehmen ist, können wir nicht nachvollziehen.
Zweitens: 96 % aller Ausbildungsplätze in der Physiothera pie und ein fast so hoher Anteil in der Logopädie werden von Privatschulen angeboten, und Sie haben mit denen nicht dar über kommuniziert, dieses Gesetz nicht abgestimmt. Das ist kein angemessener Umgang.
Und drittens: Das Thema Schulgeldfreiheit wird in dem Ge setzentwurf komplett ausgeblendet. Das darf aus unserer Sicht nicht länger so bleiben.
Ich denke, das sind drei gute und gewichtige Gründe, dieses Gesetz abzulehnen.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, werte Kolle ginnen und Kollegen! Herr Minister Lucha, bei Ihrer Rede zur Rassismusdebatte habe ich geklatscht, bei Ihrer Rede zu die ser Vorlage leider nicht. Unstrittig ist, dass angesichts der Al terung der Gesellschaft in ganz vielen Gesundheitsberufen mehr Fachkräfte zur Sicherung einer ausreichenden und gu
ten Patientenversorgung und zur Verbesserung der Versor gungsqualität gebraucht werden. Heute sprechen wir von Phy siotherapie und Logopädie. Gedanklich müssen wir auch die Ergotherapie und die Podologie in die Diskussion über die zu künftige Finanzierung mit einbeziehen.
Wir haben Mangelberufe zu verzeichnen. Das wird in der Sta tistik der Arbeitsagentur ausgewiesen. Auf der Internetseite des Verbands Physikalische Therapie findet man für Ausbil dungsinteressierte den Satz:
Die Physiotherapieausbildung ist stark nachgefragt, an den Ausbildungsstätten gibt es entsprechende Wartezei ten.
Wir müssen also gegen den Fachkräftemangel tätig werden und mehr interessierten jungen Menschen die Möglichkeit ge ben, zum Physiotherapeuten oder Logopäden ausgebildet zu werden. Dafür brauchen wir in Baden-Württemberg ganz drin gend die Unterstützung der Privatschulen, denn an diesen gibt es bei uns im Land momentan die meisten Ausbildungsplät ze. Bis auf zwei Ausbildungsstätten für Physiotherapie an den Universitätskliniken Freiburg und Heidelberg sind alle Ge sundheitsschulen in freier, privater Trägerschaft.
Deshalb muss es zwangsläufig unser Ziel sein, die Ausbil dungsplätze an den privaten Gesundheitsschulen in BadenWürttemberg attraktiv zu halten, sie sogar noch attraktiver zu gestalten und sie vor allem überhaupt möglich zu machen. Um dieses Ziel zu erreichen, hätten gemeinsam mit den privaten Schulen Lösungen gefunden werden müssen. Leider passier te bei den Beratungen zu dem heute vorgelegten Gesetzent wurf der Landesregierung genau das Gegenteil. Herr Minis ter Lucha, daher ist heute kein besonderer Tag für die Privat schulen – entgegen dem, was Sie gesagt haben.
Sie haben sich das Vertrauen der privaten Schulen für Gesund heitsberufe gründlich verspielt. Sie haben ihnen ein Gutach ten aufgetischt, das von der anderen Seite nie nachvollzogen, geschweige denn akzeptiert wurde. Dieses Gutachten haben Sie im Verhältnis 1 : 1 in einen Gesetzentwurf übernommen und sind, als Gegenstimmen laut wurden, nicht einen Milli meter vom ersten Entwurf abgewichen. Nicht einmal zu einer Diskussion kam es. Es gab kein Aushandeln. Erst jetzt, auf der Zielgeraden, kommt von Ihnen und den Regierungsfrak tionen die Ankündigung, dass man bis zu den Ausschussbe ratungen noch einmal nachjustieren will. Ich sage: Das ist zu spät.