Protokoll der Sitzung vom 14.10.2020

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Mit dieser Änderung würden wir dem Gesetzentwurf zustim men – in der vorliegenden Form aber nicht.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Für die FDP/DVP-Fraktion er teile ich Herrn Abg. Dr. Goll das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ich habe, ehrlich gesagt, keine große Lust, auf diese ganzen Wendungen und Windungen einzuge hen, die wir gehört haben, mit denen man versucht, eine ziem lich plausible Sache, auf Deutsch gesagt, abzuwimmeln. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen. Die einen wer fen uns vor, dass wir von der Aktion „Demokratie wagen!“ abgeschrieben haben, die anderen werfen uns vor, dass wir nicht alles abgeschrieben haben.

(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja, was stimmt jetzt? – Zuruf: Manche können nicht einmal richtig abschreiben!)

Ich gehe daher nur auf wenige Punkte ein.

Wir hätten gern eine erstaunliche, eine eigentlich nicht hin nehmbare Benachteiligung, die zwischen Bürgern und Bürge rinnen der Landkreise und der Stadtkreise von Baden-Würt temberg besteht, beendet. Die Bürger aus Stadtkreisen haben mehr Rechte als die aus Landkreisen. Warum eigentlich? Mit Ausnahme Hessens und Baden-Württembergs haben alle an deren Bundesländer das mittlerweile eingesehen und eine ent sprechende, denkbar harmlose Regel zu der Möglichkeit von Einwohneranträgen, Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden auch in den Landkreisen eingeführt. Davor müssen wir doch keine Angst haben. Ich habe wiederholt darauf hingewiesen: In der Praxis hat sich herausgestellt, dass dadurch nichts auf wendiger oder teurer wird. Es ist nur ein freundliches Ange bot an die Menschen. Es ist schade, dass es dafür heute ab sehbar keine Mehrheit geben wird – heute!

Ich möchte darauf hinweisen: Ich bin schon erstaunt, dass die Grünen bei diesem Punkt das Feld kampflos der CDU über lassen haben. Der Kollege Sckerl hat beim letzten Mal ge fragt: „Hätten wir dafür die Koalition riskieren sollen?“ Das ist zu einfach gedacht. So funktioniert so etwas nicht. Dann kann man auch einen Deal machen.

(Vereinzelt Lachen – Zuruf von den Grünen: Und ihr hättet noch ein Pöstchen ausgehandelt!)

Ich sage nur: Sie hätten sich z. B. die auch überraschende Zu stimmung zu einer weiteren Polizeigesetznovelle, die Sie mal abgelehnt hatten, ohne Weiteres erkaufen können, indem Sie dann der anderen Sache zugestimmt hätten.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wir sind doch hier nicht auf einem Basar! – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Wenn Sie so gute Ratschläge haben, warum haben Sie das früher nicht gemacht?)

Das zeigt, die Grünen haben das Interesse an diesem Thema verloren. Das ist nur zu bedauern.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Warum haben Sie das nicht ausverhandelt, wenn Sie so klug sind?)

Ich habe vorhin gesagt, dieser Punkt wird heute keine Mehr heit bekommen. Ich hoffe, dass er in Zukunft mal eine Mehr heit finden wird. Mehr kann ich heute nicht dazu sagen, son dern Ihnen nur empfehlen, überraschenderweise doch zuzu stimmen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Habt ihr jetzt mehr abgeschrieben oder weniger?)

Für die Landesregierung er teile ich Herrn Minister Strobl das Wort.

(Abg. Anton Baron AfD: Hoffentlich mit Maske!)

Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Die bestehenden berechtigten Zweifel, ob es in der bewährten kommunalen Praxis in Baden-Württem berg sinnvoll ist, weitere direktdemokratische Elemente auf der Landkreisebene einzuführen, konnten auch im Gesetzge bungsverfahren in den gesamten vergangenen sechs Monaten nicht ausgeräumt werden. Die wesentlichen Punkte möchte ich noch einmal kurz herausstellen.

Wichtig ist zunächst: Der Landkreistag, dessen Mitglieder durch den Gesetzentwurf unmittelbar betroffen sind, lehnt den Entwurf ebenso wie übrigens der Gemeindetag eindeutig ab.

(Beifall des Abg. Karl Rombach CDU)

Er macht in seiner Stellungnahme deutlich, dass die direktde mokratischen Elemente auf der Gemeindeebene nicht ohne Weiteres auf die Kreisebene übertragen werden können. Die Aufgaben der Landkreise sind eben andere als die Aufgaben der Gemeinde. Das hat Kollege Ulli Hockenberger nachvoll ziehbar und anschaulich erläutert.

Wichtig ist aus meiner Sicht außerdem, dass bevölkerungsrei che Teile des Kreisgebiets bei Standortfragen zu Einrichtun gen, an denen ein Interesse der Bürger besteht – beispielswei se der Standort eines Krankenhauses –, den einwohnerschwa chen Bereich überstimmen können. Umgekehrt gilt dies auch bei unbeliebten Einrichtungen, etwa im Bereich der Abfallent sorgung.

(Abg. Anton Baron AfD: Aha!)

Hier liegt erkennbar der Unterschied zu den Stadtkreisen, in denen bereits nach derzeitiger Rechtslage über diese Themen im Rahmen eines Bürgerentscheids abgestimmt werden kann. Bei den Stadtkreisen handelt es sich im Gegensatz zu den Landkreisen um räumlich deutlich beschränktere Gebiete. Das ist eben ein Unterschied. All das ist aber mehrfach gesagt wor den.

Nun hat aber auch der Evaluationsbericht zur Novellierung der Gemeindeordnung im Jahr 2015, den wir ja noch abwar ten wollten, an den Bedenken nichts, aber auch gar nichts ge

ändert. Im Gegenteil: Die Evaluation hat die seitens des Land kreistags geäußerten Bedenken hinsichtlich der Komplexität und lokal unterschiedlicher Interessenlagen in den Kreisen be stätigt. Der Kollege Hockenberger hat ja hier bereits auf die 84 % verwiesen, die die Einführung abgelehnt haben.

All das scheinen Sie in der FDP/DVP-Fraktion einfach nicht zur Kenntnis zu nehmen.

Die Evaluation hat darüber hinaus ergeben, dass nach Ein schätzung einer Mehrheit der hierzu antwortenden Gemein den mit den örtlichen Bürgerentscheiden in den allermeisten Fällen keine Befriedungswirkung erreicht werden konnte. Das spricht nicht gerade für eine Erweiterung auf die Landkreis ebene.

Die Einschätzungen und die Expertise der Gemeinden, der Kreise und der kommunalen Verbände, die auf breit aufge stellter kommunaler Erfahrung beruhen, sollten wir doch be rücksichtigen. Der Gesetzentwurf der FDP/DVP-Fraktion stellt sich klar gegen die Expertise der Gemeinden, der Krei se und der kommunalen Verbände. Dem können wir nicht fol gen.

Alles in allem sehe ich den Bedarf für eine Einführung der mit dem Gesetzentwurf geforderten Instrumente auf der Landkreis ebene nach wie vor nicht. Aus der Sicht der Landesregierung ist der Gesetzentwurf daher abzulehnen.

Lassen Sie mich noch mit einem grundsätzlichen Gedanken schließen, der mir persönlich wichtig ist. Aus gutem Grund wurden im Grundgesetz und in der Landesverfassung Grund satzentscheidungen zugunsten der repräsentativen Demokra tie getroffen, auch für die kommunale Ebene. Ebenso aus gu tem Grund sind direktdemokratische Elemente schon seit Jahr zehnten in unserer Gemeindeordnung enthalten.

Dieses fein austarierte Verhältnis zwischen der repräsentati ven Demokratie als Grundsatz und den direktdemokratischen Elementen als Ergänzung bedarf zweifellos unserer Aufmerk samkeit und sorgfältigen Diskussion und von Zeit zu Zeit möglicherweise auch einer gewissen Anpassung. Freilich las sen Sie uns nicht vergessen, dass gerade die repräsentative Demokratie durch und durch demokratisch ist.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, in der Allgemeinen Aussprache liegen mir keine weiteren Wort meldungen vor.

Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 16/5892. Der Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration emp fiehlt Ihnen in der Beschlussempfehlung Drucksache 16/8808, den Gesetzentwurf abzulehnen.

Zunächst stelle ich den Änderungsantrag der Fraktion der AfD, Drucksache 16/9033, zur Abstimmung, der in § 17 b Ab satz 1 die Angabe 14 durch die Angabe 16 ersetzen will. Wer stimmt dem Änderungsantrag der AfD-Fraktion zu? – Gegen probe! – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist damit mehrheitlich abgelehnt.

Sind Sie damit einverstanden, dass ich den Gesetzentwurf im Ganzen zur Abstimmung stelle? – Das ist der Fall. Vielen Dank. Wer dem Gesetzentwurf Drucksache 16/5892 zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit mehrheitlich ab gelehnt.

Punkt 6 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

a) Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der

SPD und der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz zur Ein führung des inklusiven Wahlrechts in Baden-Württem berg – Drucksache 16/8191 (Geänderte Fassung)

b) Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregie

rung – Gesetz zur Änderung wahlrechtlicher Vorschrif ten – Drucksache 16/8506

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für In neres, Digitalisierung und Migration – Drucksache 16/8807

Berichterstatter: Abg. Ulli Hockenberger

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allge meine Aussprache zu beiden Gesetzentwürfen eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich das Wort Herrn Abg. Po reski. – Wo sehe ich ihn?

(Abg. Thomas Poreski GRÜNE begibt sich zum Re depult.)