Protokoll der Sitzung vom 14.10.2020

Wir kommen zur

S c h l u s s a b s t i m m u n g

Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. – Danke sehr. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Keine Enthaltungen. Damit ist dem Gesetz mehrheitlich zu gestimmt.

Tagesordnungspunkt 7 ist somit erledigt.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des E-Government-Gesetzes Ba den-Württemberg und weiterer Vorschriften – Drucksa che 16/8481

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für In neres, Digitalisierung und Migration – Drucksache 16/8810

Berichterstatter: Abg. Daniel Karrais

Das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Rede zeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Herr Abg. Lede Abal steht schon bereit, um für die Grünen zu sprechen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kollegin nen und Kollegen! Wir verabschieden nun das zweite Gesetz zur Änderung des E-Government-Gesetzes Baden-Württem berg und weiterer Vorschriften. Das Land weitet die Digitali sierung in der Landesverwaltung zunehmend aus, und dazu dient auch das heutige Gesetz, auch wenn es zunächst einmal den Zeitpunkt, ab dem verpflichtend eine elektronische Ak tenführung erfolgen muss bzw. die Nutzung der BITBW für die Landesverwaltung zwingend vorgeschrieben ist, nach hin ten verschiebt.

Im Wesentlichen befasst sich dieses Gesetz mit diesen beiden Fragen: der verbindlichen Einführung der E-Akte und der Ver pflichtung zur Nutzung der BITBW.

Bisher war als verbindlicher Einführungstermin der E-Akte für alle Behörden des Landes der 1. Januar 2022 vorgesehen. Inzwischen hat sich erwiesen, dass ein einheitlicher Stichtag aus mehreren Gründen nicht sinnvoll ist: Das sind technische Gründe, organisatorische Gründe und insbesondere auch wirt schaftliche Gründe; das hat die Ausschreibung erbracht. Da her halten wir es für sinnvoll und auch für notwendig, den Rollout nicht zu einem bestimmten Stichtag erfolgen zu las sen, sondern ihn in einem rollierenden Prozess zu strecken, der dann bis Ende des Jahres 2024 abgeschlossen werden soll.

Diese neue Rollout-Strategie bedeutet auch, dass jede Lan desverwaltung die elektronische Akte vor der endgültigen und ausschließlichen Einführung bereits ein Jahr lang in der Pra xis anwendet. Wir seitens der grünen Landtagsfraktion ver sprechen uns davon eine deutlich störungsärmere Umstellung und hoffen, dass auch die Bürgerinnen und Bürger dann eine möglichst reibungslose Umstellung erleben werden.

Weiter beschließen wir heute eine Änderung zum Errichtungs gesetz der BITBW, dem zentralen IT-Dienstleister der Lan desverwaltung. Hier verschieben wir den Zeitpunkt, zu dem die Dienststellen und Einrichtungen der Landesverwaltung die Leistungen der BITBW verbindlich in Anspruch nehmen müssen. Auch diese Entscheidung ist richtig, da mit Schnel ligkeit, vor allem mit risikobehafteter Schnelligkeit, nieman dem geholfen ist.

Wir werden daher diesem Gesetz, diesen zeitlichen Verschie bungen zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Nun hat noch einmal Kol lege Hockenberger für die CDU-Fraktion das Wort.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist heute nicht das letzte Mal!)

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Beim dritten Mal heute möchte ich es mir jetzt wirklich leicht machen. Denn alles, was Kollege Lede Abal gesagt hat, hat in diesem Fall ge stimmt. Es stimmt meistens, aber diesmal hat es genau ge stimmt.

(Beifall der Abg. Daniel Andreas Lede Abal und Tho mas Hentschel GRÜNE)

Er hat die Chronologie bemüht. Er hat den Grund genannt, er hat die Zeitverschiebungen genannt.

Die Begründung enthält noch ein weiteres Detail, nämlich dass sich insbesondere bei der Polizei zusätzliche Anforde rungen ergeben haben, die das Verfahren auch noch einmal ein bisschen verzögert haben.

Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man setzt sich ein ideales Ziel, hält daran fest, und es wird nichts – da gibt es Er fahrungen –, oder man setzt sich ein ideales Ziel, sieht dann, dass man es nicht erreichen kann, und steuert nach, weil man am Ende zu einem guten Ergebnis kommen will. Ich glaube, das ist der tiefere Sinn des heute vorliegenden Gesetzentwurfs.

Wenn Sie im Nachgang zur ersten Lesung den „Staatsanzei ger“ gelesen haben, haben Sie gesehen, dass genau zu dieser Frage ein Professor der Hochschule Ludwigsburg Stellung ge nommen hat. Zusammenfassend hat er formuliert, es sei rea listischer und ehrlicher, die Einführung zu verschieben, um so ein Scheitern zu vermeiden.

Ich glaube, ein Scheitern wollen wir nicht. Wir wollen, dass es gut wird. Wir wollen, dass es funktioniert. Deswegen hal ten wir am Ziel fest, aber den Zeitplan differenzieren wir ein wenig.

Auch ich differenziere meinen; ich bin nämlich fertig mit mei nen Ausführungen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU sowie der Abg. Daniel Andre as Lede Abal und Thomas Hentschel GRÜNE – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Stickelberger braucht jetzt viel länger!)

Herr Abg. Stickelberger, Sie haben ein frisch geputztes Pult.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit „Scheitern“ wäre ei gentlich das Projekt, um das es in diesem Gesetzentwurf geht, zutreffend umschrieben. Solche Begriffe wie „neue RolloutStrategie“ können nur mit Mühe die eingetretene Misere über decken. Wir haben eher den Eindruck, dass uns nach dem Scheitern von „ella“ auch bei einem weiteren Großprojekt im Land, nämlich der Einführung der elektronischen Akte, ein Scheitern droht.

Die Verschiebung zunächst bis ins Jahr 2025 ist natürlich ein schwerer Rückschlag für die Modernisierung und Digitalisie rung der Verwaltung – und das gerade vor dem Hintergrund von Corona. Da hat sich ja gezeigt, was Digitalisierung leis tet – und was sie vor allem nicht leistet – und dass wir da er heblichen Nachholbedarf haben. Deshalb sind Ausbau und Beschleunigung das Gebot der Stunde.

Nach mehreren Jahren der Erprobung und des Vorlaufs hat man nun erkannt, wie komplex die europaweite Ausschrei bung ist, und macht geltend, dass aus fachlichen, organisato rischen und wirtschaftlichen Gründen eine schrittweise Ein führung notwendig sei. Da fragt man sich schon: Wurde das Projekt eigentlich mal seriös geprüft? Gibt es ein stimmiges Konzept für diesen Plan der Einführung der elektronischen Akte?

Offensichtlich hat man diesen ganzen Prozess unterschätzt und die Landesverwaltung, insbesondere BITBW und alle, die an diesem Prozess beteiligt sind, überfordert. Das ist keine Kritik an den Bediensteten, sondern an der Führung dieses Projekts im Haus des Herrn Innenministers. Sie bekommen heute die Kritik ab, Herr Staatssekretär; Sie werden es ver kraften.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Besser als der Innenminister!)

Aber es stellt sich schon die Frage: Warum hat man nicht von vornherein dieses Projekt seriös geprüft und aus den Erfah rungen von „ella“ gelernt? Eine schrittweise Einführung hät te durchaus nahegelegen, und zwar von Anfang an. Die Jus tiz hat es im Übrigen so gemacht.

Naheliegend ist es auch, dass man die Polizei einbezieht; sie ressortiert ja schließlich in Ihrem Haus, im Innenministerium. Da ist schon die Frage: Warum hat man dies nicht von Anfang an gemacht?

Damit sind wir bei der politischen Verantwortung für dieses Projekt. Da muss ich schon sagen – wenn man BITBW hier anführt –: Das ist keine Kritik an den Beschäftigten, sondern Kritik an der Hausspitze, die selbst in der Stellungnahme zu einem Berichtsantrag zum Ausdruck bringt, dass die Anzahl der zur Verfügung stehenden Stellen bei BITBW nicht aus reicht, dass man Tätigkeiten aus dem Finanzministerium aus Kapazitätsgründen nicht übernehmen könne und eine Ertüch tigung zur Bewältigung der an sie gestellten Anforderungen in der Vergangenheit nicht stattgefunden hat. Auf dieser Ba sis wollen Sie dieses Großprojekt „Einführung der elektroni schen Akte“ stemmen? Daran glauben wir nicht.

Ich glaube, BITBW und die beteiligten Aufgabenträger ste hen vor einer komplexen Aufgabe, werden überfordert und haben zu wenig Personal. Damit sind wir bei der Verantwort lichkeit der Hausspitze, des Innenministers, der offensichtlich seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei diesem Projekt im Regen stehen lässt.

Jetzt will man zur schrittweisen Einführung übergehen und muss für die schrittweise Einführung in den einzelnen Res sorts jedes Mal einen eigenen Kabinettsbeschluss herbeifüh ren. Da fragt sich schon: Welchen Einfluss hat eigentlich der Digitalisierungsminister in diesem Land auf die Digitalisie rung, insbesondere auch, wenn es um andere Ressorts geht? Warum setzt er sich nicht ausreichend für eine entsprechende stellenmäßige Ausstattung ein? Warum kann er sich gegen über den Ressortegoismen nicht durchsetzen? Wo bleibt denn die dringend notwendige Ertüchtigung? Wir sehen sie nicht.

Wir sind gespannt, wie es weitergeht. Wir glauben jedenfalls, dass mit diesem vorliegenden Reparaturgesetz nicht verhin dert werden kann, dass die elektronische Akte auf der Strecke bleibt. Ein weiteres Dilemma wie bei „ella“ droht uns. Wir se hen kein Licht am Horizont, dass es diesmal besser wäre.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Als Nächster spricht Herr Abg. Stein für die AfD.

(Unruhe)

Lieber Herr Kollege Salomon, die Akustik ist so, dass Ihre Stimme ziemlich stark hier heruntertönt.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Schön, dass man uns wahrnimmt!)

Man tut es, ja.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das ist heute die ers te Wahrnehmung des Oberhauses! Bei der Abstim mung werden wir nie wahrgenommen! – Zuruf: Den stellen wir in die Ecke!)