Protokoll der Sitzung vom 14.10.2020

Eigentlich kann man es nicht einmal als mutig bezeichnen, die eigene Existenz zu retten; es ist eine schiere Notwendig keit. Das Klimaschutzgesetz des Landes mit seinen Maßnah men wird das Weltklima nicht retten.

(Abg. Udo Stein AfD: Warum machen Sie es dann?)

Wir haben es – ich habe es eingangs schon gesagt – mit einer globalen Herausforderung zu tun. Baden-Württemberg hat an den globalen CO2-Emissionen einen Anteil von plus/minus 0,2 %.

(Abg. Udo Stein AfD: Aha! Aber wir versuchen es halt mal!)

Aber wir sind in Baden-Württemberg die Blaupause. Wir sind die Blaupause dafür, ob es möglich ist, in einer der wichtigs ten Industrieregionen Europas oder gar weltweit

(Abg. Carola Wolle AfD: Und wenn es nicht klappt, auch egal!)

wirtschaftliche Stärke und Klimaschutz zu vereinbaren. Es ist nämlich auch die Blaupause dafür, zu zeigen, dass sich unse re kohlenstoffbetriebene Wirtschaft dekarbonisieren lässt und man sie dekarbonisieren kann.

Ich bin davon überzeugt: Wir können es; und hierfür gibt es heute vielfach auch schon Beispiele. So hatten wir in der letz ten Woche den Ressourceneffizienzkongress mit über 1 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, darunter drei Viertel aus der Wirtschaft – diesmal leider digital und nicht so, wie wir es die letzten acht Mal gewohnt waren. Das ist die größte Ver anstaltung dieser Art in Deutschland, und wir haben dabei in der letzten Woche das Klimabündnis des Landes mit den Un ternehmen gestartet. Wir haben mit 17 Unternehmen begon nen, die unterschrieben haben, ehrgeizige Klimaschutzpläne in Richtung Klimaneutralität ihrer Unternehmen vorzulegen. Dabei haben sich die Unternehmen für ihre Planungen unter schiedliche Fristen gesetzt; das Ziel aber ist in jedem Fall die Klimaneutralität.

Es sind sehr große Unternehmen dabei – SAP, Bosch –, es sind mittelgroße dabei wie die MVV – einer der großen deutschen Energieversorger –, es sind Mittelständler dabei wie die SICK AG, die J. Schmalz GmbH, Rothaus, die Lorenz GmbH & Co. KG – ein Unternehmen mit annähernd 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – sowie auch noch kleinere Unternehmen wie der Konfitürenhersteller Simmler. All diese Unternehmen – ich könnte noch weitere nennen – haben sich zum Ziel ge setzt, klimaneutral zu werden.

Die kleinen und mittleren Unternehmen unterstützen wir sei tens meines Hauses in diesem Bündnis mit der Wirtschaft mit Beratung, mit Förderung, mit Tischgesprächen, bei denen man sich untereinander über seine Erfahrungen austauscht etc.

Ich bin sehr sicher, dass diese 17 Unternehmen der Anfang sein werden und dass viele diesem Beispiel folgen werden. Das ist auch gut so; denn es zeigt, dass sich die Wirtschaft in

Baden-Württemberg mit uns in der Landespolitik auf den Weg macht, dieses Land zu dekarbonisieren. Und darüber bin ich sehr froh.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Paul Nemeth CDU)

Im Übrigen: Das, was diese Unternehmen machen, folgt ei nem Leitbild, und dieses Leitbild, Herr Karrais, hat einen Na men: Es nennt sich ökosoziale Marktwirtschaft.

(Lachen bei der AfD – Abg. Rüdiger Klos AfD: Re den Sie nicht von Dingen, von denen Sie nichts ver stehen!)

Das machen diese Unternehmen.

(Abg. Daniel Karrais FDP/DVP: Das können sie ja machen!)

Das ist letztendlich der Rahmen der Wirtschaft im 21. Jahr hundert, und dafür setzen wir hier mit die Leitplanken, auch in diesem neuen Klimaschutzgesetz.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Die Inhalte – ich habe es schon eingangs gesagt – haben wir eigentlich ausführlich diskutiert, und sie wurden über Mona te hinweg auch in der Öffentlichkeit diskutiert. Ich nenne noch mal einige Punkte.

Als Erstes nenne ich die verpflichtende Wärmeplanung in 103 Städten.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Voll durchgeknallt!)

Übrigens, Frau Rolland: Klar, es gibt noch 1 000 Gemeinden mehr in Baden-Württemberg. Aber die 103 großen Städte um fassen 5,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner. Bei die sen in den kommenden drei Jahren eine kommunale Wärme planung zu erstellen, das ist erst mal vorrangig. Für die ande ren 1 000 Kommunen in Baden-Württemberg machen wir nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens ein Förderpro gramm, über das sie eine 80- bis 90-prozentige Förderung be kommen, die darauf aufsetzt. Aber nur mal theoretisch ange nommen, ich würde alle 1 000 Kommunen in Baden-Würt temberg verpflichten: Wo soll denn das Know-how, das Inge nieur-Know-how herkommen, um so etwas in kurzer Zeit vo ranzutreiben?

(Beifall des Abg. Karl Rombach CDU – Abg. Rein hold Gall SPD: Von den Landkreisen z. B.!)

Das ist doch in der Kürze der Zeit gar nicht verfügbar.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und des Abg. Karl Rombach CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: Landkreise!)

Dadurch würde man die Preise für Beratung hochtreiben. Das ist einfach ein völliger Unsinn – das muss ich mal so deutlich sagen –, so etwas hier vorzuschlagen.

(Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Paul Nemeth und Karl Rombach CDU)

Im Übrigen will ich noch sagen: Das ist eine sehr kluge Her angehensweise, die wir da wählen.

(Zuruf von der AfD: Sagen Sie!)

Denn bis im Jahr 2023 die 103 Pläne vorliegen – so steht es im Gesetz –, werden wir über das Brennstoffemissionshan delsgesetz auf Bundesebene eine CO2-Bepreisung beginnend mit 25 € je Tonne und ansteigend bis 55 € je Tonne haben. Dann wird sich zunehmend die eine oder andere Stadt über legen, die Dinge, die da drinstehen, auch umzusetzen, weil dann die neue Welt wirtschaftlich attraktiver gegenüber der alten Welt wird und wir nicht jedes Mal mit Millionen an Steu ergeldern in die Förderung hineingehen müssen, um solche Projekte zum Tragen zu bringen. Mit der kommunalen Wär meplanung und der Herangehensweise sind wir bundesweit führend.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Zur Fotovoltaikpflicht – das ist auch vom Kollegen Renkonen angesprochen worden –: Die Zeit ist einfach reif, Leute.

(Beifall der Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE – Zurufe der Abg. Udo Stein und Rüdiger Klos AfD)

Wenn wir heute bei den größeren Anlagen in Industrie, Ge werbe und Dienstleistungen oder bei den Discountern – An lagen mit 100, 200 KW – Stromerzeugungskosten von 7, 8, 9 Cent je Kilowattstunde haben, dann quäle ich damit doch niemanden, sondern ich tue ihm damit einen Gefallen;

(Abg. Daniel Rottmann AfD: Dem schon, den ande ren nicht!)

denn er selbst zahlt 15, 16, 17 Cent. Es ist einfach so.

(Vereinzelt Beifall bei den Grünen)

Jetzt kann man natürlich die Frage stellen: Warum machen sie es nicht von sich aus? Ganz einfach: weil andere Dinge im täglichen Geschäft dieser Unternehmen wichtiger sind, als sich damit auseinanderzusetzen, ob man eine PV-Anlage aufs Dach legt. Aber diese Maßnahme hier steigert letztlich die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, die das dann zum Schluss machen, weil die Stromerzeugungskosten für sie günstiger werden.

(Zuruf von der AfD)

Deswegen ist es der richtige Schritt. Wenn es nach meiner Fraktion gegangen wäre, hätten wir es auch bei den Wohnge bäuden gemacht.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Sonst noch was?)

Das ist an unserem Koalitionspartner gescheitert.

(Vereinzelt Beifall bei der AfD)

Ich bin mir aber sehr sicher, dass das in der nächsten Legisla turperiode kommen wird, weil es auch da Sinn macht.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Anton Baron AfD: Ohne uns! Sie wissen, wer dann die Mehrheit hier im Landtag hat!)

Auch die anderen Punkte, die vorgesehen sind, etwa dass zu künftig die Kommunen ihre Energieverbräuche auf einer Platt form darstellen, anhand derer sie sich dann auch untereinan der vergleichen können und sehen können, wo die Nachbar kommunen stehen und welches Einsparpotenzial, das die Nachbarkommunen genutzt haben, in der eigenen Kommune noch besteht, das sind doch, denke ich, sinnvolle Sachen. Da kann man doch nicht so reden, wie Sie, Frau Rolland, das hier getan haben.

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Gabi Rolland: Doch! Genau das kann man! – Gegenrufe von den Grünen – Abg. Anton Baron AfD: Das ist Schrott! – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Dieses Klimaschutzgesetz mit den genannten Maßnahmen ist bundesweit unter den Ländern führend,

(Lachen des Abg. Anton Baron AfD)

weil kein anderes Bundesland so etwas wie die PV-Pflicht und die verpflichtende kommunale Wärmeplanung vorsieht.