Deshalb – so sind wir sicher – braucht es einen vertieften Blick darauf, was alles schieflief. Denn es ist schlicht nicht zu akzeptieren, dass das Land derart in ein Projekt hineinstolpert und mal eben aus Versehen einen zweistelligen Millionenbe trag investieren muss.
Am Ende des Ganzen steht für uns die Entscheidung der Lan desregierung vom 22. September dieses Jahres, also vor drei Wochen, verkündet einen Tag später vom Wirtschaftsminis terium. Zitat:
Diese Entscheidung der Landesregierung hat eine Vorge schichte, die es zu beleuchten gilt, angefangen bei den Plänen eines Pavillons von der Wirtschaft für die Wirtschaft hin zur Entscheidung der Landesregierung vor drei Wochen.
Ja, Baden-Württemberg nimmt im nächsten Jahr an der Expo teil und übernimmt hierfür die Finanzierung. Damit ist auch klar, dass es mitnichten darum geht, das laufende Regierungs handeln zu überprüfen.
Wir wollen – keine Sorge – auch nicht mitreden bei der Aus wahl der Tapetenfarbe oder bei der Frage, was dann da im nächsten Jahr inhaltlich passiert und wie sich die Regierung ihre weiteren Planungen vorstellt.
Ich muss das deshalb sagen, weil es doch bemerkenswert war: Kaum hatten SPD und FDP/DVP entschieden, einen Untersu chungsausschuss einrichten zu wollen, war die Regierung of fensichtlich in Aufruhr, und der Ministerpräsident fühlte sich berufen, in einer Regierungspressekonferenz dem Parlament Hinweise zu geben, was es dürfe und was nicht.
Wie groß muss die Angst bei Ihnen sein, wenn Sie so anfan gen? Was haben Sie zu verbergen, wenn Sie darüber nachden ken, solche Geschütze aufzufahren, um eine berechtigte Auf klärung der zurückliegenden Vorgänge zu verhindern, meine sehr geehrten Damen und Herren?
Aber ich verstehe schon, dass insbesondere die Wirtschafts ministerin in Sorge ist. Schließlich gab es in Ihrem Haus, Frau Ministerin, Vorgänge, die Sie am liebsten unter den Teppich kehren würden. Sie waren schon gezwungen, manche Aus kunft zu geben, nachdem es mehrere parlamentarische Initia tiven meiner Fraktion gab. Aber spätestens dann, wenn im Ausschuss nachgehakt wurde, wurden Sie vage und wichen Sie aus.
Es ist lange nicht weitergegangen, es muss aber weitergehen. Wir setzen nun also heute diesen Ausschuss ein, weil viele Fragen offen sind. Im Übrigen haben ja nicht nur wir von SPD und FDP/DVP Fragen. Die Grünen blieben zwar in den Aus schusssitzungen, wenn es um die Expo ging, immer seltsam ruhig, um dann doch immer mal wieder Nadelstiche zu set zen, gern auch über die Presse.
Auch hier scheint es also durchaus Unmut und ein Bedürfnis nach Aufklärung zu geben über das, was sich das Wirtschafts ministerium hier geleistet hat. Die Grünen scheinen ja ihr Ur teil schon gesprochen zu haben, wenn man der Pressemittei lung der grünen Landtagsfraktion vom 16. Juli dieses Jahres glauben darf. Dort heißt es – ich zitiere –:
Aber auch das grün geführte Staatsministerium fühlte sich laut Medienberichten berufen, das Wirtschaftsministerium darauf hinzuweisen, dass gefälligst die Wirtschaftsministerin selbst das ausbaden müsse, was sie selbst und ihr Haus angerichtet haben. Das klingt gerade so, als gäbe es ein Interesse über SPD und FDP/DVP hinaus, diese Vorgänge aufzuklären.
Unser Untersuchungsauftrag, über den wir heute befinden, zielt also darauf ab, die Vorgänge aufzuklären, die letztlich zu der Entscheidung vor drei Wochen geführt haben, dass sich das Land an der Expo im kommenden Jahr beteiligt.
Wir wollen untersuchen, wie das Projekt angebahnt wurde, welche Vereinbarungen zwischen Land und Projektgesell schaft bestanden, und natürlich auch, wie es zu der Berufung dieses ominösen Commissioner General kam. Wurde im Vor feld überhaupt geprüft, welche Entscheidungsbefugnis ein sol cher Commissioner General hat? Oder fand die Berufung tat sächlich mal eben auf Zuruf statt, und die damalige Abtei lungsleiterin dachte, das würde dann schon irgendwie so pas sen? Wie war die Leitungsebene des Ministeriums hierbei ein gebunden? Was wusste die Ministerin selbst – oder wusste sie nichts? Auch das wäre ja bemerkenswert.
Uns stellen sich natürlich auch Fragen dazu, was passierte, als der Vertrag zwischen Baden-Württemberg – so steht es auf dem Vertrag – und Expo abgeschlossen wurde, und wann dann die ersten Bedenken auftauchten, ob denn vielleicht mit Ba den-Württemberg tatsächlich nicht doch das Bundesland ge meint sein könnte.
Auch bei den Kosten, die dann ja wohl die Grundlage der Ka binettsentscheidung am 22. September 2020 waren, gibt es Aufklärungsbedarf. Welche Kalkulationen gab es? Wie lief die Sponsorensuche? Und welche Ausstiegsoptionen wurden vor der Entscheidung am 22. September 2020 überhaupt ge prüft?
Auch weitere Aspekte, die im Antrag enthalten sind, werden wir im Untersuchungsausschuss zu thematisieren haben.
Noch ein Wort zum zeitlichen Ablauf: Ja, die Wahlperiode neigt sich dem Ende zu, und nein, das spricht nicht gegen die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Es gab schon andere Untersuchungsausschüsse, die in noch kürzerer Zeit wichtige Sachverhalte aufgeklärt haben.
Ein Parlament, das bei einem so offensichtlichen Missmanage ment einer Landesregierung, einer Vertragspartnerschaft des Landes, die nicht beabsichtigt war, und einer Verfünffachung der Kosten still bliebe, würde seiner Verantwortung nicht ge recht werden.
In diesem Sinn bin ich gespannt auf unsere gemeinsame Ar beit im Untersuchungsausschuss und erwarte, dass nicht nur SPD und FDP/DVP, sondern auch Grüne und CDU daran in teressiert sind, diese ungehörigen Vorgänge in der Landesre gierung und insbesondere im Wirtschaftsministerium von Frau Ministerin Hoffmeister-Kraut aufzuklären.
Genau das ist unser Fokus. Wenn ein derart falsches Regie rungshandeln Schule macht, dann werden wir beim nächsten Mal noch größere Überraschungen erleben. Wir sehen das auch in der Bundesregierung, wenn ein Minister Scheuer Ver träge unterschreibt. Wir müssen bei diesen Dingen wachsam sein; wir, das Parlament, müssen im Sinne der Bürgerinnen und Bürger und der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler dar auf achten, dass eine Regierung ihr Handwerk kann.
(Abg. Rüdiger Klos AfD: Und das von der SPD! – Abg. Bernd Gögel AfD: Das haben wir heute Mor gen gesehen, wie wachsam Sie sind!)
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP begibt sich mit einem Mund-Nasen-Schutz zum Redepult. – Abg. Rüdiger Klos AfD: Für die 3,50 m!)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der ursprüngliche Gedanke war ja gut, zu sagen: Wir präsentieren das Land Baden-Würt temberg in einer Kooperation von Regierung und Wirtschaft auf der Weltausstellung in Dubai. Auch ein Engagement über den Landeshaushalt in einer Größenordnung zwischen 2 und 3 Millionen € erschien da angemessen. Insofern hat meine Fraktion dieses Projekt zunächst wohlwollend begleitet.
eine Kostenexplosion – Kollege Stoch hat es gesagt – um das Fünf- bis Sechsfache. Wer weiß, was noch passiert? Aber das dürfen wir ja zunächst nicht untersuchen; weitere Kostenstei gerungen sind dann aktuelles Regierungshandeln. Vor allem das Missmanagement, das dazu geführt hat, ist schon einiger maßen bemerkenswert.
Der Steuerzahler hat schon ein berechtigtes Interesse daran, wie mit seinem Geld umgegangen wird, wenn ein Projekt, das ursprünglich ausgelegt ist auf eine Landesbeteiligung von un ter 3 Milliarden €, sich dann verfünffacht, versechsfacht – oder vielleicht am Ende sogar noch mehr.
Immer noch unter 3 Milliarden €, gut. Fürs Protokoll: Der Kollege Reinhart hat eine Benchmark gesetzt. Wir werden se hen, wie nah man dem dann kommt.
Was die Aufklärung anlangt, haben wir verschiedene Anfra gen an die Regierung gestellt. Das war auch öfter Thema im Wirtschaftsausschuss. Aber so richtig weit kam man nicht. Es stellt sich natürlich auch die Frage, inwieweit diejenigen, die da Auskunft gegeben haben, das Ganze selbst verstanden ha ben. Denn es ist ja schon bemerkenswert, dass man sozusa gen in ein Projekt hineinschlittert. Man beginnt ein Projekt, ernennt einen Generalkommissar, ist der Meinung, das Land sei gar nicht Verhandlungspartner, aber hinterher stellt man überrascht fest, man sei doch Verhandlungspartner und habe da ein Projekt. Da stellt sich schon die Frage: Gibt es noch weitere Projekte, die diese Regierung hat und von denen sie nichts weiß,
Das wäre schon interessant. Aber wir dürfen das im Untersu chungsausschuss natürlich nicht aufklären, denn das betrifft ja aktuelles Regierungshandeln.
Es würde uns auch interessieren, wie man auf die Idee kom men kann, einen solchen Generalkommissar zu ernennen, der bei einem Verband tätig ist, dem man dann sozusagen Carte blanche gibt und der das Ganze dann in den Morast reitet. Der Verband trennte sich dann von ihm, und hinterher tauchte er an anderer Stelle wieder auf. Offensichtlich gibt es da schon ein Interesse, die Leute aus der Schusslinie zu nehmen.
Dies gilt im Übrigen auch für manche Ministerialbeamten. Da hat offensichtlich jemand in der zuständigen Abteilung des Ministeriums nicht so ganz glücklich agiert, was dann dazu führte, dass sie in einer anderen Position, nämlich als Landes polizeipräsidentin, wieder auftrat. Auch das ist bemerkens wert und wird wahrscheinlich auch Gegenstand dieser Unter suchung sein.