Protokoll der Sitzung vom 15.10.2020

Deswegen wurde sie auch parteiübergreifend von verschiede nen Oberbürgermeistern unterstützt. Unterschiedliche Verbän de wie das Institut der deutschen Wirtschaft, der Naturschutz bund und auch der Mieterschutzbund

(Abg. Peter Hofelich SPD: Der heißt Mieterbund! DMB!)

haben dieses Modell schon immer favorisiert.

Auch in der Anhörung zeigte sich breite Unterstützung, auch wenn es in Bezug auf die Belastungsverschiebung kritische Stimmen gibt. Das ist ganz klar. Ich möchte dazu aber sagen: Dass es eine Belastungsverschiebung gibt, ist doch modellun abhängig eine klare Folge des Urteils des Bundesverfassungs gerichts. Denn bislang war die Grundsteuer ungerecht. Wenn es jetzt eine neue Grundsteuer gibt, wird es selbstverständlich zu Belastungsverschiebungen kommen. Das liegt in der Na tur der Sache.

Am Ende werden die Kommunen mit ihrer Hebesatzautono mie über die endgültige Höhe der Grundsteuer entscheiden. Wir hätten ihnen gern noch die Grundsteuer C dazugegeben, um noch mehr Druck auf brachliegende innerstädtische Grund stücke ausüben zu können, damit diese bebaut werden. Sie al le kennen den Wohnungsmangel.

Klar ist aber: Die Bodenwertsteuer ist jetzt aus unserer Sicht der richtige Weg. Sie ist innovativ, verfassungskonform, bü rokratiearm und – ich zitiere den Naturschutzbund von heute – „ein Meilenstein für nachhaltige Steuerpolitik“.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Karl Zimmermann CDU: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen“! – Heiterkeit – Ge genruf des Abg. Andreas Stoch SPD: Ich höre da pu re Begeisterung! – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Jimmy, lange sitzt du nicht mehr da oben! – Abg. Tobias Wald CDU: Jimmy! – Weitere Zurufe)

Herr Abg. Wald, Sie ha ben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, mei ne Damen und Herren! In der Folge des Urteils des Bundes verfassungsgerichts hat der Bund zur Umsetzung der verfas sungsrechtlichen Vorgaben rechtzeitig ein Grundsteuerreform gesetz verabschiedet. Gemeinsam mit unseren Freunden, der CSU in Bayern,

(Lachen bei der SPD und der AfD – Abg. Thomas Blenke CDU: Das ist so! – Abg. Peter Hofelich SPD: Kretschmann sagte doch immer: „Mappus im Quad rat“!)

haben wir uns für eine Länderöffnungsklausel eingesetzt – so gar mit Erfolg. Der größte Föderalist unseres Landes wollte diesen Weg erst nicht einschlagen, hat ihn dann aber gemein sam mit uns begangen.

Wir haben uns für ein eigenes baden-württembergisches Mo dell entschieden, da wir nach intensiver Prüfung festgestellt haben, dass das Bundesmodell von Scholz kompliziert, in transparent, bürokratisch und – so sagt man auch – voraus sichtlich auch verfassungswidrig ist.

Unser Ziel, meine Damen und Herren, ist eine verfassungs konforme, im Bereich jeder Gemeinde aufkommensneutrale, leicht handhabbare und anhand von objektiven Kriterien nach vollziehbare Neuregelung der Grundsteuer. Unter Einhaltung dieser Prämissen haben wir uns verschiedene Modelle ange schaut und uns mit Experten beraten. Hierbei mussten wir feststellen, dass das reine Flächenmodell ebenso ungerecht ist wie das reine Bodenwertmodell.

Die Finanzministerin hat im Herbst letzten Jahres einen Ge setzentwurf vorgelegt, dem das reine Bodenwertmodell zu grunde lag. Da beide Modelle in ihrer Reinform für uns nicht tragbar waren, weil sie zu Verwerfungen zwischen Wohn- und Gewerbegrundstücken führen, haben wir diesen Entwurf ab gelehnt.

Ferner haben wir uns auch verschiedene Kombimodelle an geschaut und uns beraten lassen. Die CDU-Landtagsfraktion konnte auf Vorschlag unseres Fraktionsvorsitzenden Profes sor Reinhart schlussendlich eine gerechte Modifizierung des Bodenwertmodells durchsetzen, damit Wohnen nicht noch teurer wird.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: „Durchsetzen“! Nicht vereinbart, durchgesetzt!)

In Baden-Württemberg müssen durch die Reform, das Lan desgrundsteuergesetz, 5,6 Millionen Grundstücke und Immo bilien neu bewertet werden. Das ist ein enormer Aufwand für die Verwaltung. Befreiungstatbestände werden unverändert aus dem bisher geltenden Recht übernommen und systemkon form integriert.

Für die Grundsteuer A machen wir uns das Bundesrecht un verändert zu eigen. Für die Grundsteuer B sind die zentralen Bausteine der Wertermittlung die Grundstücksfläche und der dazugehörige Bodenrichtwert. Es erfolgt ein Abschlag von 30 %, wenn das Grundstück überwiegend wohnwirtschaftlich

genutzt wird. Die Steuermesszahl wird dabei regelmäßig ge prüft und gegebenenfalls angepasst.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Erhöht!)

Die Ermittlung und Veröffentlichung der Bodenrichtwerte er folgen durch die Gutachterausschüsse in den Kommunen. Hierbei sehen wir allerdings noch große Herausforderungen – nicht nur in der Abbildung der neuen, reformierten Gutach terausschüsse, sondern auch, weil die von den Gutachteraus schüssen festgestellten Bodenrichtwerte für das gesamte Grund stück gelten und angewandt werden. Oftmals ist es so, dass Grundstücke nicht vollumfänglich bebaut werden können, weil baurechtliche oder naturschutzrechtliche Vorgaben dage gensprechen. Hier müssen wir unter Umständen noch einmal entsprechend nachjustieren und darüber beraten.

Eine separate Grundsteuer C war mit der CDU-Landtagsfrak tion nicht zu machen, da wir das modifizierte Bodenwertsteu ermodell haben. Unser Ziel ist ein Grundsteuermodell, das bestmöglich auf Baden-Württemberg zugeschnitten ist. Vor allem die Unterstützung der kommunalen Familie war für uns von großer Bedeutung, da die Grundsteuer eine wichtige Ein nahmequelle für die baden-württembergischen Städte und Ge meinden ist.

Die kommunalen Landesverbände tragen das neue Landes grundsteuergesetz vollumfänglich mit. Gleichzeitig erfüllt es auch die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts. Das ist ein wichtiger Stein.

Die Sorge, wonach die Grundsteuer für viele Baden-Württem berger deutlich höher ausfallen wird als bisher, ist derzeit nicht gerechtfertigt;

(Abg. Reinhold Gall SPD: Doch!)

denn es gilt die Wahrung der Aufkommensneutralität. Das be deutet, dass vor dem Inkrafttreten der Grundsteuer alle Kom munen in Baden-Württemberg die Auswirkungen des neuen Berechnungsmodells auf die Grundstücke in ihrer Gemarkung überprüfen müssen.

(Abg. Peter Hofelich SPD: Einige haben das schon!)

Wird eine deutliche Abweichung zwischen den neuen und den alten Grundsteuererträgen festgestellt, muss der Hebesatz an gepasst

(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

und eine zufriedenstellende Lösung für die Bürgerinnen und Bürger herbeigeführt werden. Ich denke, die Kommunen, mei ne Damen und Herren – – Ich hätte von der SPD gern den Rückhalt für die Kommunen in Baden-Württemberg. Den se he ich nicht, wenn Sie das so belächeln.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Weil es nicht stimmt, was Sie sagen! Es stimmt halt nicht, was Sie sagen!)

Die Kommunen in Baden-Württemberg sind sich dieser Ver antwortung bewusst, ganz klar. – Jetzt spricht sogar der ehe malige Innenminister den Kommunen das ab.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Ja, der weiß auch, wovon er spricht!)

Sollte sich auf der Wegstrecke, meine Damen und Herren, bis zum 1. Januar 2025 bei der Umsetzung noch Änderungsbe darf in der Praxis oder im Gesetz ergeben, werden wir ent sprechend nachsteuern. Wir sind auf einem guten Weg.

Ich freue mich auf die Beratungen im Finanzausschuss.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU – Vereinzelt Beifall bei den Grünen)

Herr Abg. Hofelich, Sie haben das Wort.

Wenn ich nach dem Kollegen Wald spreche, muss ich das Redepult immer 5 cm herunterfahren.

(Abg. Tobias Wald CDU: Ich hoffe, nur das Pult, Herr Kollege!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vielen Dank für die Gelegenheit, in dieser Phase der Gesetzesberatung noch mit einigen Argumenten zur Diskussion beizutragen. Ich will das gern tun und hoffe, dass dies der Beginn einer Diskussi on ist.

Ich will aber zum Einstieg gleich sagen, weil auch Frau Wal ker darauf eingegangen ist: Selbstverständlich ist es für uns, die SPD, wichtig, dass wir sorgfältig mit Grund und Boden umgehen. Selbstverständlich ist es wichtig, dass wir innova tive Wohnformen möglich machen. Selbstverständlich ist es für uns wichtig, dass wir ungenutzte Brachflächen wieder nut zen können, z. B. auch mit einem Programm des Landes für ungenutzte Industriebrachflächen, das überfällig ist. Für uns ist es auch wichtig, dass wir den Wohnungsmangel in Städten bekämpfen.

Mit dem kürzlich verstorbenen Hans-Jochen Vogel gab es je manden, der in Deutschland dazu Geschichte geschrieben hat, der als Oberbürgermeister in München begonnen hat. Deswe gen sage ich Ihnen gleich: Für uns war das Urteil des Bundes verfassungsgerichts ein Aufruf zu mehr Gerechtigkeit bei der Wohnungswirtschaft in diesem Land.

(Beifall bei der SPD – Abg. Tobias Wald CDU: Man versteht Sie akustisch schlecht!)

(Abg. Tobias Wald CDU: Man versteht Sie akustisch schlecht!)

Es war vielleicht in Richtung CDU nicht verständlich.

(Zuruf: Es war zu leise!)

Für uns ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit der Hinwendung zum Verkehrswert ein Aufruf zu mehr Gerech tigkeit in der Wohnungswirtschaft und in der Bodenpolitik in diesem Land. Das ist klar. Die Frage ist, was Ihr Gesetzent wurf dazu bietet.

Ich will zum Einstieg doch noch mal etwas zur Historie der gesamten Geschichte sagen, weil diese durch die Frau Minis terin etwas verklärt wurde.