Protokoll der Sitzung vom 15.10.2020

Wollen Sie Behörden in die privaten Räume von Menschen schicken,

(Zurufe von der AfD)

um zu kontrollieren, ob dort maximal zehn Leute sind? Das, was Sie da beschlossen haben, ist lebensfremd. Mit solchen Maßnahmen werden Sie keinerlei Wirkung erzielen.

Was uns fehlt, sind – im Gegenzug zu den Maßnahmen, die jetzt schon wieder für die Wirtschaft schwierig werden – auch Maßnahmen, die die Wirtschaft entlasten. Warum haben Sie beispielsweise nicht über Verlustrücktrag oder über eine wirk liche Steuerreform – Stichwort Solidaritätszuschlag – gere det? Sie können nicht nur – ich halte es zumindest nicht für sinnvoll – der Bevölkerung nur mit Zumutungen kommen, sondern Sie müssen sich auch die Frage stellen, wie man die se Zumutungen flankieren kann. Dazu völlige Fehlanzeige bei dieser gestrigen Konferenz.

Jetzt komme ich zur Mutter allen Unsinns, nämlich dem Be herbergungsverbot. Sie, Herr Ministerpräsident, haben uns heute allen Ernstes zu erklären versucht, die Regelung, die Sie jetzt für das Beherbergungsverbot gefunden haben – für tou ristisch Reisende ja, aber für Geschäftsreisende nein –, habe damit zu tun, dass man generell die Kontakte reduzieren wol le, und so rechtfertige sich diese Maßnahme. Herr Minister präsident, mit Verlaub: Das glauben Sie selbst nicht.

(Zuruf: Doch, der glaubt es!)

Denn das, was Sie da am heutigen Tag beschrieben haben, ist im Grunde die arithmetische Mitte zwischen der Position von Armin Laschet und der von Markus Söder.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Sie haben sich gestern zum Thema Beherbergungsverbot doch nicht einigen können. Sie haben stundenlang hin und her dis kutiert und haben keine einheitliche Lösung gefunden. Dann haben Sie, genauso wie Ihr Sozialminister Lucha – – Der hat ja in den letzten Tagen einen Erkenntnisprozess durchlebt. Herr Lucha, am Sonntagabend haben Sie in einer Diskussion im BILD-Talk Christian Lindner beschimpft: „Wie kann man

gegen ein Beherbergungsverbot sein?“ Gestern haben Sie hier hingegen erklärt: „Meinetwegen bräuchte es kein Beherber gungsverbot.“ Das können Sie im Plenarprotokoll nachlesen.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Jetzt wurde der Ministerpräsident dieser Erkenntnis teilhaf tig, ebenso wie die CDU-Fraktion. Der Eiertanz vom Kolle gen Reinhart war bemerkenswert. Er hat gesagt: „Alle sind dagegen; deshalb ist es richtig.“

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Ich habe mich doch öffentlich geäußert!)

So in etwa haben Sie es begründet. – Ihr Tourismusminis ter, Ihre Wirtschaftsministerin, alle äußerten, sie seien gegen diesen Unfug.

(Abg. Anton Baron AfD: Sehr richtig!)

Heute haben Sie erklärt: „Gut, dass diese Regelung weiterhin besteht.“

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Nein! Völlig missverstanden!)

Sie ist ein politischer Kompromiss. Der Ministerpräsident hat auf der einen Seite eingesehen, dass sie Blödsinn ist, will auf der anderen Seite aber Herrn Söder und Frau Merkel aus dem Klub der Umsichtigen signalisieren: „Ich bin ein braver Schü ler.“ Deshalb gibt es diesen Kompromiss. Die Regelung wird dann mit einer dadurch entstehenden angeblichen Reduktion von Kontakten begründet.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Udo Stein AfD – Abg. Anton Baron AfD: Aber die Touristen dürfen trotzdem kommen!)

Diese Regelung betrifft nur eine Branche, meine Damen und Herren, und diese Regelung sollten Sie sich wirklich noch ein mal überlegen.

(Abg. Anton Baron AfD: Absurd!)

Sie ist wirklich absurd.

(Abg. Anton Baron AfD: Ja!)

Kollege Reinhart hat zu Recht gesagt, es gebe keinerlei Be leg dafür, dass im Hotel- und Gaststättengewerbe eine beson dere Infektionshäufigkeit festzustellen sei. Das gilt nicht nur für Geschäftsreisen, sondern auch für touristische Reisen.

Deswegen habe ich eine herzliche Bitte, meine Damen und Herren: Wir haben einen dringlichen Antrag eingebracht. Las sen Sie uns darüber abstimmen. Lassen wir diesen Unfug. Auch andere Länder setzen diesen Unfug nicht um. Lassen Sie uns ein Signal an die Bevölkerung geben, dass eine ver antwortungsvolle Politik betrieben wird. Lassen Sie uns ein Signal geben, dass nicht immer nur eine Branche zum Prügel knaben einer bestimmten Politik wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Wolfgang Rein hart CDU meldet sich.)

Es ist keine Redezeit mehr vor handen.

Meinetwegen darf er seine Frage gern stellen.

Herr Kollege Rülke, ich wollte nur klargestellt haben – –

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das bestimmt die Präsi dentin!)

Bitte nur eine Frage und kein Statement.

Herr Kollege Rülke hat mich angesprochen.

(Zuruf von der SPD: Lauter!)

Ich wollte fragen, ob Ihnen bewusst ist, dass nicht nur zwei Kollegen aus der Regierung, sondern auch der Fraktionsvor sitzende der CDU öffentlich gesagt haben, dass sie das Beher bergungsverbot auch unter den von Herrn Papier genannten Aspekten für rechtlich bedenklich halten. Er hat im Übrigen der Regierung in dem Punkt recht gegeben, dass sie eine völ lig neue Verordnung in diesem Punkt erlassen wird – das ist angekündigt worden –, um das Verbot aufzuheben. Nachdem der VGH es auch so sieht, ist es ohnehin aufgehoben.

Wo ist Ihre Frage?

(Vereinzelt Heiterkeit und Beifall)

Hat er das verstanden?

Frau Präsidentin, ich brauche für meine Antwort keine Frage. Ich bedanke mich beim Kollegen Reinhart, dass die CDU-Fraktion damit ange kündigt hat, unserem Antrag zuzustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Daniel Karrais FDP/DVP: Genau! – Abg. Anton Baron AfD: Lassen wir darüber im Parlament abstimmen! Namentliche Abstimmung!)

Ich erteile Herrn Abg. Dr. Ge deon das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Stellen Sie sich vor, Sie seien krank: Sie gehen zum Arzt, der Arzt schaut Sie kurz an und verordnet eine Medizin.

(Unruhe)

Vielleicht können Sie die Privatunterhaltungen einstellen. – Nennen wir die Medizin einmal „Quarantänosan“ und „Mas kefortin“. Sie nehmen die Medizin ein. Nach zwei Tagen geht es Ihnen schlechter. Sie gehen dann wieder zum Arzt. Er schaut Sie streng an und verdoppelt die Dosis. Es geht Ihnen daraufhin noch schlechter.

(Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch: So machen Sie das?)

Sie gehen nach zwei Tagen wieder zum Arzt. Diesmal schaut er Sie nicht nur streng an, sondern er scheißt Sie richtig zu sammen: Sie haben nicht genügend gelüftet, Sie haben nicht genügend Müsli gegessen, Sie haben die Anordnungen nicht befolgt! Und er erhöht nochmals die Dosis.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Müsli wäre gut für Sie!)

Sichtlich geschockt gehen Sie nach Hause, essen noch mehr Müsli, lüften noch mehr, nehmen noch mehr „Quarantänosan“ und „Maskefortin“, und es wird noch schlechter. Sie schlep pen sich nach zwei Tagen noch mal zum Arzt. Er schaut Sie nur noch kurz an, erhöht nochmals die Dosis, und zwei Tage später sind Sie tot.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: War das so bei Ihnen?)

Meine Damen und Herren, solche Ärzte, die immer dem Pa tienten die Schuld geben, aber nie sich selbst fragen, ob die Diagnose und die Therapie richtig sind, nennt man Scharlata ne.