Deswegen: keine Larmoyanz, sondern eine klare Hinwendung dazu, dass wir Fortschritte und Taten sehen wollen.
Dritter Punkt: Es gibt Dinge, mit denen man sich auseinan dersetzen muss. Dazu gehört CETA. Wir haben bei CETA, denke ich, eine vorbildliche Kommunikation innerhalb des Landtags erreicht. Die Politik insgesamt hat gegenüber Euro pa klargestellt, dass es ein gemischtes Abkommen ist. Wir wis sen, dass wir eine Protokollnotiz brauchen, in der klar und ver bindlich geregelt ist, was wir heute noch nicht gesehen haben. Wir wissen ganz genau, dass wir mit CETA auch ein Modell für andere Abkommen schaffen können, bei denen wir euro päische Werte auch ohne jede Überheblichkeit in andere Tei le der Welt exportieren können. Deswegen lohnt es sich, auf CETA zu setzen und es weiterhin besser zu machen, meine Damen und Herren.
Ein letzter Punkt, Frau Präsidentin, in sieben Sekunden: Ich bin der Meinung, wir brauchen auch Projekte, mit denen wir anderen weiter helfen. In der Tat, der „Juncker-Fonds“ war das noch nicht. Es sind drei Länder – Kollege Dr. Aden hat mich darauf aufmerksam gemacht –, die wesentlich davon profitieren: die bisherigen EU-Länder Spanien, Italien und, wenn ich recht sehe, Polen. Es ist einfach so, dass wir schau en müssen, dass baden-württembergische Firmen, baden-würt tembergische Verwaltung im Huckepack auch Projekte ma chen in den neuen Ländern, im Osten und im Südosten Euro pas, wo der EFSI-Fonds tatsächlich Vorteile bringen kann und damit auch uns Vorteile bringt. Das geschieht derzeit noch zu wenig. Ich bitte auch und fordere die Landesregierung auf, sich in diesem Sinn einzusetzen – nicht so sehr für die EFSIProjekte bei uns, sondern auch dafür, dass EFSI-Projekte in interessanten Regionen Europas vorankommen.
Dass wir dabei sind, ein Feld zu bestellen, das dringend be stellt werden muss, ist vollkommen klar. Wir müssen unsere Europapolitik intensivieren. Ich bitte und fordere die Regie rung auf, dass sie das mit einem Geist tut – wir selbst tun es auch –, bei dem wir nicht bloß weitermachen können wie bis her.
Vielen Dank. – Frau Prä sidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Tagesordnungs punkt heißt „Bericht über aktuelle europapolitische Themen“. Ich habe mir ein paar Punkte herausgesucht.
Zum einen geht es um den Vorschlag der Kommission, Dub lin III auszuweiten oder zu verändern, gemeinhin Dublin IV genannt.
Was steht in Dublin IV? Ein automatisch ausgelöster Vertei lungsmechanismus bei überproportionaler Belastung eines EU-Mitglieds. Man kann sich auch freikaufen mit 250 000 € pro Flüchtling. Der Asylbewerber muss sich im Land der il legalen Einreise und des legalen Aufenthalts den Behörden stellen. Wichtig: Der Familienbegriff wird ausgeweitet, z. B. jetzt auch auf Geschwister und auch auf Veränderungen, die sich erst im Laufe der Flucht ergeben, etwa durch eine Hei rat. Auf jeden Fall – das ist sicher, das ist wichtig – unterstützt die FDP/DVP diesen Vorschlag. Grundsätzlich könnte man aber sagen, dass die Staaten, die weniger Asylanten und Flücht linge aufnehmen, vielleicht auch mehr Personal für Frontex abstellen sollten.
In diesem Zusammenhang möchte ich einen kurzen Blick nach Ungarn werfen. Wie man eine Abstimmungsniederlage in ei nen Erfolg umdeuten kann, hat uns dort Ministerpräsident Or bán wirklich gezeigt. Seine mit 40 Millionen € gesponserte Kampagne gegen die Aufnahme von Flüchtlingen hat nicht das erforderliche Quorum erreicht. Nur 40 % der Abstim mungsberechtigten beteiligten sich dort an der Abstimmung. Von denen haben zwar fast alle dem Vorschlag zugestimmt, aber man kann wohl davon ausgehen, dass die Nichtwähler nicht einverstanden waren. Der Grund für die Enthaltung ist wohl die etwas aufdringliche Werbekampagne, die laut Me dienberichten sogar manchem eingefleischten Flüchtlingsgeg ner zu viel wurde.
Ungeachtet dessen will Orbán ein Gesetz ins Parlament ein bringen lassen, das die geplante Umverteilung der anerkann ten europäischen Flüchtlinge verhindern soll – entgegen der Beschlüsse der EU. Es stört Orbán einen Kehricht, dass er ge gen EU-Beschlüsse verstößt.
Aber leider gibt es da auch demokratische Vorbilder. Denken wir nur an die Finanzpolitik. Auch da haben viele europäische Staaten gegen ihre eigenen Gesetze verstoßen.
Zum Brexit möchte ich noch ein paar Dinge sagen. Das We sentliche ist eigentlich schon angesprochen.
... sollte man sich auf eine Katastrophe für die EU vorbe reiten. Denn nach dem Votum der Briten... wird erstmals ein Mitglied den Klub verlassen. Die zweitgrößte Volks wirtschaft der EU mit der drittgrößten Bevölkerung und der schlagkräftigsten Armee will raus und... beweisen, dass man auch außerhalb der Union erfolgreich sein kann.
Es geht hier nicht nur um den Verlust des zweitgrößten Net tozahlers der EU, sondern es wird auch ein fatales politisches Signal in die Welt, an andere Staaten gesandt. Es wird nicht nur der Wohlstand Europas gefährdet. Europa ist in einem schweren Fahrwasser, nicht nur wegen der Flüchtlingsproble matik.
Natürlich ist uns allen klar: Rosinenpickerei geht nicht. Mit den Briten muss ganz normal und klar verhandelt werden.
Zum Freihandelsabkommen CETA: Wir haben hier eine tol le Anhörung dazu durchgeführt. Wir haben festgestellt, dass man im Grunde genommen über alle Fraktionsgrenzen hin weg mehr oder weniger der gleichen Meinung ist, nämlich dass CETA wichtig ist. Das Parlament hat sich im Rahmen des Selbstbefassungsrechts mit diesem Thema beschäftigt. Obwohl wir hier ganz wenig Entscheidungskompetenz haben, war es in meinen Augen sehr wichtig, dass wir dieses Thema angepackt haben, um uns selbst darüber klar zu werden, vor allem aber auch, um der Bevölkerung von Baden-Württem berg zu sagen: Die Politik schläft nicht, sie nimmt sich der Sorgen an.
Ich muss nichts weiter dazu sagen. Im Grunde waren alle Din ge klar. Ein paar müssen vielleicht nachbehandelt werden.
Ich bin mir nicht si cher, ob ich Sie gerade richtig verstanden habe. Haben Sie ge rade gesagt, dass wir bezüglich der Einschätzung von CETA alle einer Meinung seien?
Gut, dann werde ich das etwas präzisieren. Die sieben Gutachter, die zur Anhörung hier waren, haben nach meinem Dafürhalten mehr oder weniger für CETA gesprochen, aber haben den einen oder anderen Punkt durchaus kritisch beleuchtet. Insgesamt kam dabei nach meinem Dafürhalten heraus: CETA ist insgesamt ein Vertrags werk, das eine Blaupause für andere Welthandelsabkommen sein kann. In diesem Sinn habe ich das jetzt dargestellt.
Moment! Sie können Ihre Zwi schenfrage erst stellen, wenn der Redner sie zulässt. – Lassen Sie eine zweite Frage zu?
Ich denke, dass wir alle unter einer selektiven Wahrnehmung leiden, mehr oder weniger. Man liest nur das, was man kennt, was man gern lesen möchte. Darüber muss man nicht weiter reden.
Aber in diesem Zusammenhang möchte ich noch etwas hin zufügen: Ich persönlich finde es sehr erstaunlich, dass diesel ben Personen, die laut und deutlich „Refugees welcome!“ ru fen, auf der anderen Seite „Products are not welcome!“ schrei en.
Ich bezweifle – das muss ich ehrlicherweise sagen –, dass das viel beschworene „Chlorhühnchen“ gefährlicher ist als ein un registrierter Flüchtling – unabhängig davon, dass Nahrungs mittel bei CETA gar nicht das Thema sind. Das nur dazu.
Ich glaube, die ganze CETA-Diskussion funktioniert nach fol gendem Prinzip: Man schlägt das Pferd, man meint den Rei ter; man schlägt CETA und meint TTIP. Ich denke, das ist ein wesentlicher Punkt dieser Diskussion gewesen.
Ich denke, die Blue Card sollte verändert werden. Die Blue Card wird nicht sehr angenommen: 39 000 Personen in Euro pa nutzen sie, 90 % davon leben in Deutschland. Die Blue Card sollte so verändert werden, dass sich die Voraussetzun gen, nach Europa zu ziehen, verbessern.
Das sind die Punkte, die ich Ihnen vortragen wollte. Sie ha ben gemerkt, worauf ich Wert gelegt habe. Ich denke, das reicht für heute.