Das ist die Tonlage gewesen. Aber im Grunde genommen ist durch Ihren fröhlichen Redebeitrag auch ein bisschen klar ge worden: Glücklich ein Land, glücklich Baden-Württemberg, das solche Probleme diskutiert.
Allerdings haben mich zwei Aspekte bei dieser Debatte etwas nachdenklich gemacht. Heute sind ja starke Worte gefallen: „Missachtung des Parlaments“, „Täuschung der Bevölke rung“.
(Vereinzelt Beifall – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es halt! – Abg. Andreas Stoch SPD: Das ist die Wahrheit!)
Aber es ist ein Unterschied, ob man etwas hin sagt oder schreibt. Der Fraktionsvorsitzende der SPD hat gestern auf den Draht legen lassen, diese Regierung verhalte sich demokratiefeind lich.
Schauen Sie mal: Den allermeisten – nicht allen, aber den al lermeisten – in diesem Haus unterstelle ich, dass sie es mit dieser Demokratie ernst und gut meinen.
Wenn wir ständig „Alarm!“ rufen, dann ist das so, als ob wir im Landtag dreimal am Tag den Feueralarm auslösen. Dann geht beim fünften Mal niemand mehr ins Freie. Wenn Sie dau ernd einen Alarmismus erzeugen – – Schauen Sie einmal: Herrn Ministerpräsident Kretschmann als einen Feind unse rer Demokratie zu bezeichnen ist einfach absurd.
Damit machen Sie auch vieles kaputt. Es ist alles wie in einer Schönwetterdemokratie. Wenn unsere Demokratie aber ein mal in ein schweres Fahrwasser kommt, dann werden Ihre Ru fe im Wind verhallen – das ist das Problem –, weil wenig Sub stanz dahinter ist und Sie es zum falschen Zeitpunkt so auf blasen müssen. Sie müssen den baden-württembergischen In nenminister nicht loben. Selbst wenn es gerechtfertigt wäre, müssen Sie es nicht tun.
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Warum soll ten wir auch? – Abg. Andreas Stoch SPD: Das ist kei ne Schwierigkeit!)
Aber eines sollten wir wissen: Da steht einer, der die Demo kratie bis zum letzten Atemzug verteidigen wird – und das un terstelle ich allen, die hier sind.
Wenn Sie die Kraft dazu finden, sollten Sie sich bei Herrn Kretschmann – bei mir müssen Sie es nicht tun; das ist ge schenkt –, beim Ministerpräsidenten des Landes Baden-Würt temberg, irgendwann einmal – Sie müssen es gar nicht öffent lich tun – entschuldigen und sagen: „Da bin ich etwas über das Ziel hinausgeschossen, die Geschichte war nicht in Ord nung.“
Ein zweiter Punkt macht mir ebenfalls Sorgen, und zwar nicht erst heute: Wenn ich sehe, was wir gemeinsam im Landtag von Baden-Württemberg diskutiert haben, seitdem sich der Landtag konstituiert hat, dann zeigt sich: Es gibt eine Frakti on – oder zwei Fraktionen;
wer weiß? –, die vor allem eines geschafft hat: dass sich die ser Landtag ziemlich stark mit sich selbst beschäftigt.
(Abg. Nicole Razavi CDU zur AfD: Mit Ihnen! – Ge genruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Das stimmt nicht! Das sehen Sie doch gerade!)
Ja, ja, klar. Ich will der Opposition – das liegt mir fern – nicht erklären, wie sie ihre Arbeit etwas verbessern könnte. Aber zu dieser Art der Selbstbeschäftigung leistet die SPDFraktion mit diesem Antrag natürlich noch einmal einen Bei trag – und das in der Kernzeit.
(Beifall bei den Grünen und der CDU – Zuruf von der SPD: Legen Sie es doch offen! – Vereinzelt Bei fall!)
Mein Rat wäre: Besinnen wir uns darauf, wofür wir gewählt worden sind. Wir sind gewählt worden, die Herausforderun gen anzunehmen, die Probleme zu lösen, aber nicht dafür, uns ständig mit uns selbst zu beschäftigen.
Es geht darum, Probleme zu lösen, und man darf auch als Op position durchaus zur Lösung der Probleme dieses Landes Beiträge leisten. Das tut heute leider die SPD mit dieser De batte nicht.
(Beifall bei den Grünen und der CDU – Abg. Dr. Ste fan Fulst-Blei SPD: Kriegen wir auch einmal eine Antwort? – Abg. Andreas Stoch SPD: Sie geben doch Anlass dazu! Sie sind der Minister des Nichtssagens! – Weitere Zurufe von der SPD, u. a.: Ein Witz ist das! – Kriegen wir jetzt eine Antwort oder nicht? – Nebel kerzen! – Unverschämtheit! – Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)
Wir könnten uns über die Lage der inneren Sicherheit nach den Vorfällen in Chemnitz oder über die Digitalisierung im Land oder über das Rettungswesen unterhalten, um nur ein mal drei Bereiche aus meinem Ressort zu nennen. Aber Sie kochen jetzt zum soundsovielten Mal die etwas schale und ziemlich erkaltete Suppe mit den Nebenabsprachen hoch.
Herr Stoch, man merkt es Ihnen auch selbst an. Ich habe schon bessere schauspielerische Leistungen gesehen als die, die Sie heute vollbracht haben.
Herr Kollege Dr. Rülke, sosehr ich den Unterhaltungswert Ih res Beitrags und auch anderer Beiträge von Ihnen schätze:
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Da haben Sie Glück gehabt, dass ich nicht dabei war! – Heiter keit bei der AfD – Gegenruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So schlimm bist du auch wieder nicht!)
Aber jetzt sehe ich da den Kollegen Goll sitzen. Er saß mir am Tisch nämlich gegenüber – gell, Herr Goll?
Wenn Sie, lieber Herr Dr. Rülke, sich einmal ein bisschen bei Herrn Dr. Goll erkundigt hätten, dann hätten Sie Ihre Rede mit noch weniger Ernsthaftigkeit gehalten, als Sie sie ohne hin schon gehalten haben.