Protokoll der Sitzung vom 12.10.2016

In den vergangenen Monaten und Jahren haben wir uns auch von Baden-Württemberg aus angestrengt, die Interessen des Südweststaats einzubringen, insbesondere die Interessen des familiären Mittelstands. Wir haben hier – das ist nicht immer einfach – Terraingewinne erzielt, wie der jetzige Kompromiss zeigt.

Eines will ich auch noch sagen: Diese Republik wird nicht an ders regiert werden können – ebenso wie das Bundesland Ba den-Württemberg – als durch Kompromisse, die vertretbar sind. Das Zerschießen von Kompromissen von den Außenpo sitionen aus ist nichts, was das Wesentliche dieses Landes aus macht; da können Sie reden, so viel Sie wollen.

Im Übrigen entfernen Sie sich mit dem, was Sie hier tun, von Ihren Wählerinnen und Wählern, von den kleinen Leuten, die Sie – fälschlicherweise – gewählt haben. Sie sind eine neoli berale, distanzierte Partei geworden – Sie sind es eigentlich schon immer –, die mit den Leuten, die Sie gewählt haben, in Wirklichkeit gar nichts zu tun hat. Das will ich Ihnen einmal sagen.

(Beifall bei der SPD und der CDU sowie Abgeord neten der Grünen – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Die Angst vor der Wählerflucht, gell?)

Herr Schweickert, wir werden in den kommenden Jahren – wenn es bei dieser Opposition bleibt – sicherlich einiges ge meinsam haben. Ich weiß, dass es an einigen Stellen gemein sam geht. An dieser Stelle geht es nicht. Das wird Sie nicht wundern. Wir haben hier unterschiedliche Auffassungen.

Ich will sagen, was erreicht worden ist. Erstens – das ist nicht das Schlechteste –: Das Aufkommen der Steuer ist gesichert. Das ist eine gute Sache, weil dies – egal, ob es letztlich 1 % oder 2 % des Steueraufkommens sind – Teil der Steuerland schaft in Deutschland ist und es im Rahmen der Steuergerech tigkeit richtigerweise eingeordnet werden muss.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Alles Sozialisten!)

Lächerlich. – Herr Kollege Schwarz, der gerade nicht da ist, hat es blitzschnell erkannt: Die Heraufsetzung des Unterneh menswerts hat für Baden-Württemberg sogar einen Vorteil. Er hat hier die Zahl 50 Millionen € genannt. Das zerschießt zwar etwas die Fassade, die die Frau Ministerin in Bezug auf die Mehreinnahmen gern aufbaut. Aber Tatsache ist, dass wir in Baden-Württemberg sogar etwas mehr davon haben werden als bisher. Das ist die Situation.

Ich finde, dass das Aufkommen gesichert ist, ist für uns als Vertreter des Staates keine schlechte Botschaft.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Vertreter des Staates?)

Natürlich sind wir Vertreter des Staates. Baden-Württem berg ist ein Staat. Entschuldigung, unter Ihnen sind doch ein paar Leute, die sich mit Politik auskennen.

Zweitens sollen die Arbeitsplätze beim Betriebsübergang er halten bleiben. Das war insbesondere den Familienbetrieben in Baden-Württemberg ein wichtiges Anliegen. Meine Vor redner haben es gesagt: Das ist weitgehend gelungen. Ich fin de, wenn fünf Jahre nach Betriebsübergang 85 % verschont und nach sieben Jahren 100 % steuerlich verschont werden, wenn die Arbeitsplätze erhalten bleiben, dann ist das ein Wort. Das ist die richtige Richtung.

Dass zum Unternehmenswert nicht unbedingt Luxusgegen stände wie Kunstsammlungen und Edelsteine zählen – etwas anderes kann hier wohl niemand ernsthaft erwarten. Deswe gen haben wir das u. a. im Vermittlungsausschuss klargestellt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Das dritte Ziel ist, die Regelung verfassungsfest zu machen. Darüber ist gehöhnt worden. Wir werden sehen, was passiert. Ich finde, es sind wichtige Dinge erreicht worden, etwa, dass die Regelung mit den 20 Mitarbeitern nicht haltbar ist und auf fünf Mitarbeiter heruntergegangen wurde. Schäuble hatte ein mal an drei Mitarbeiter gedacht, aber Schwamm darüber; jetzt wurde die Grenze auf fünf Mitarbeiter festgesetzt. Ich denke, dass wir auch mit dem Verwaltungsvermögen so, wie es defi niert worden ist, richtig liegen. Es war auch notwendig, dass das geschieht.

Das Ganze ist in den Vermittlungsausschuss gegangen; man hatte sich schon vorher in der Arbeitsgruppe darüber unter halten. Die CSU hat gesagt: „Am Bundestagsbeschluss wird kein Komma verändert.“ Es sind ein paar Kommas verändert worden, und das ist auch gar nicht falsch.

Als Vertreter der sozialdemokratischen Seite will ich Folgen des sagen: Die sozialdemokratische Seite, die bei Ihnen so fort schlimmste Umsturzverdächtigungen hervorruft, hat ein paar Dinge im Vermittlungsausschuss des Bundesrats erreicht; etwa die bereits beschriebene Erhöhung des Unternehmens werts um 10 % mit einem höheren Steueraufkommen.

Ich finde es auch richtig, dass Familienunternehmen weniger privat vom Gewinn entnehmen dürfen. Richtig ist auch, dass es keine bloße Stundung auf komplette zehn Jahre ohne Vor aussetzung und ohne Zins gibt; auch das ist erreicht worden. Auch Unternehmen, die lediglich Finanzmittel verwalten, oh ne selbst produktiv als Unternehmen tätig zu sein, werden von dieser Erbschaftsteuerregelung nicht abgedeckt.

Im Vermittlungsausschuss sind Dinge erreicht worden, die ich klasse finde.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD)

Ob sie nun unter Mitwirkung unserer Finanzministerin er reicht worden sind – wie bereits angesprochen, scheint das nicht so zu sein, aber vielleicht hat sie noch eine eigene Sicht dazu –, will ich aufgrund des guten Ergebnisses nicht in den Vordergrund rücken.

Auch der Ministerpräsident hat zur Klärung des Ergebnisses eher die Kamera des Südwestrundfunks gesucht, als dass er

wirklich der gefragte Gesprächspartner im Kompromiss zwi schen SPD und CDU war.

(Zuruf der Abg. Thekla Walker GRÜNE)

Na ja, wenn man so gern auf die Kamera zugeht, muss man sich auch mal etwas vorhalten lassen.

(Beifall des Abg. Dr. Erik Schweickert FDP/DVP – Lachen bei der SPD – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜ NE: Oje!)

„Oje!“ Da habe ich schon ganz andere Zustimmungen vom Kollegen Sckerl bekommen.

(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜ NE: Aber die Zeiten scheinen vorbei zu sein!)

Das liegt aber am Rollenwechsel des Kollegen Sckerl und nicht an der Qualität meiner Argumente.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das Argument mit dem Ministerpräsidenten war nicht sehr stark, Herr Kollege! Sorry!)

Na ja, ich verzichte darauf, auf ein paar Dinge hinzuweisen, wie etwa der Koalitionspartner den Kollegen Sckerl sieht. Lassen wir es einmal so stehen.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das würde mich interessieren!)

Wir haben einen Kompromiss, der vertretbar ist, einen Kom promiss, der im Übrigen von den meisten Verbänden – ich ha be die „Deutsche Handwerks Zeitung“ bei mir und kann es gern vorlesen – als vertretbar und richtig angesehen wird. Das heißt, die FDP hat irgendwie für ihr Anliegen keinen rechten Adressaten mehr. Die meisten sagen: „Das ist die Richtung, die von uns unterschrieben wird.“ Dass ein Kompromiss – ich wiederhole es – in dieser Republik notwendig ist, ist klar.

Ich will am Ende eines sagen: Die Volksparteien, die ja von einigen – wie schreiben Sie da immer? – als „Kartellpolitiker“ und „regierende Kräfte“ dargestellt werden – – Das müssen Sie sich einmal vorstellen: die „regierenden Kräfte“!

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Blockparteien! – Zuruf des Abg. Andreas Stoch SPD)

Ja, Blockpartei.

(Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Einheitspartei! – Wei tere Zurufe)

Jetzt kommt es, Herr Meuthen – da werden Sie sich gleich wieder aufblasen –: Diese Volksparteien haben in dieser Fra ge bewiesen, dass sie zu einem Kompromiss – –

(Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Volkspartei? 12 %!)

Hören Sie mit Ihrer Häme auf; das sage ich Ihnen! Treten Sie einmal irgendwo bei einer Volkswahl an, bei der Sie als Gemeinderat aufgestellt sind. Dann stehen Sie direkt vor den Bürgern, so, wie das viele von uns machen. Hören Sie mit der Höhnerei hier auf! Denn wir wissen genau, dass wir bei der

letzten Landtagswahl eine schwierige Phase hatten. Sie haben nicht das Format, die Sozialdemokratie herunterzumachen, Herr Professor Meuthen. Das sage ich Ihnen.

(Beifall bei der SPD, den Grünen, der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Das ma chen Sie schon selbst!)

Es ist unglaublich, mit welcher Chuzpe Sie hier antreten. Gu cken Sie sich einmal an, was Ihre Fraktion zuwege bringt!

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Die, die etwas zuwege bringen, sind wir!)

Wir sind hier in einer Situation, in der die Volksparteien be wiesen haben, dass sie in einer wichtigen, strittigen Frage der Republik eine Lösung gefunden haben. Das ist auch ein Be weis dafür, dass diese Republik mit den Kräften, die über Jahr zehnte aus ihr hervorgegangen sind, auch künftig solche Kom promisse finden kann. Deswegen bin ich zufrieden, dass wir das Ergebnis haben, das nun vorliegt. Es ist auch für BadenWürttemberg ein gutes Ergebnis. Alle, die herumhöhnen, sind an den Rändern, aber nicht in der Mitte dieser Gesellschaft, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grü nen, der CDU und der FDP/DVP)

Für die Landesregierung er teile ich Frau Finanzministerin Sitzmann das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Es ist schon in den Vorreden deutlich geworden, dass bei der Neuregelung der Erbschaftsteuer für Baden-Württemberg viel auf dem Spiel stand. Baden-Württemberg ist ein wirtschafts starkes Land. Es ist innovativ und hat viele leistungsfähige Unternehmen. Bei uns im Land gibt es so viele Familienun ternehmen wie sonst fast nirgends in der Republik.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Das soll auch so bleiben!)

Unser Ziel ist, dass das so bleibt und die Familienunterneh men in unserem Land, die Unternehmen bei uns insgesamt langfristig in die Zukunft denken, Weltmarktführer bleiben. Sie sind das Rückgrat der wirtschaftlichen Stärke dieses Lan des.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen, der CDU und der SPD)