Das geht nun bei Geldvermögen; da mag das sein. Auch bei Wertpapieren geht das noch. Komplizierter und auch nicht mehr realistisch umsetzbar wird es aber, wenn es sich bei der Erbmasse um Immobilien oder eben um Betriebsvermögen handelt. Der geringe Ertrag – oder gar der fiskalische Verlust –, der aus einer Erbschaftsteuer resultiert, steht in keiner Re lation zu dem unverhältnismäßig kostenintensiven bürokrati schen Aufwand, der um diese Steuer herum betrieben wird.
Was der kurzsichtige Ökonom und Politiker nicht bedenkt, sind die Anreize zur Kapitalflucht, die durch die Erbschaft steuer massiv verstärkt werden. Dies führt zu Ertragsteueraus fällen an anderer Stelle. Wenn Sie also sagen, die Erbschaft steuer bringe uns 5 Milliarden €, dann nehmen Sie dabei wie der eine rein etatistische Sicht ein. Die sind da. Sie sehen aber nicht, was dadurch verloren geht, dass wir Kapitalflucht ha ben.
Ja, das ist eine Botschaft. Das ist eine klare Botschaft, und die ist notwendig. Die ist übrigens in anderen Ländern längst gehört und umgesetzt. Aber dazu komme ich jetzt gleich.
Die Erbschaftsteuer bewirkt, übrigens egal, in welcher Form Sie sie ausgestalten, Verluste von Arbeitsplätzen, Abwande rung, Liquidation, im schlimmsten Fall Insolvenz von Unter nehmen. Das, meine Damen und Herren, ist nicht sozial ge recht. Deshalb wird die Erbschaftsteuer auch in immer mehr Staaten abgeschafft. Sie fragen mich, ob ich die Erbschaft steuer abschaffen will, und ich sage Ihnen: Ja. Wir brauchen uns nämlich nicht zu wundern, wenn in Zukunft immer mehr Kapital abfließt in Länder, die das längst getan haben. Das, meine Damen und Herren, sind jetzt nicht irgendwelche ver rückten neoliberalen Länder. Das sind durchaus sozialdemo kratisch geprägte Länder wie etwa Österreich oder Schweden, denen man nun keinen ausgeprägten Neoliberalismus unter stellen wird.
Das ist Kapital, das uns hier fehlt. Über den aussterbenden Mittelstand, Arbeitsplatzverlagerung ins Ausland und fehlen de Investitionen im eigenen Land braucht man sich dann nicht zu wundern, wenn man so kleinmütige Reformen einer Steu er macht, die tatsächlich abgeschafft gehört.
Wer Weitblick hat, weiß auch: Erbschaftsteuer ist massiv leis tungsfeindlich. Meine Damen und Herren, wer befürchten
muss, dass die Früchte seiner Arbeit am Lebensende soziali siert werden, wird sich entsprechend weniger anstrengen. Das ist doch eigentlich logisch.
Die Erbschaftsteuer wirkt hier als eine ausgeprägte Motivati onsbremse. Dass es den eigenen Kindern und Enkeln eines Tages gut gehen soll, ist ein anthropologisch tief in der Fami lie verwurzeltes Ziel.
Es ist nur natürlich, dass der Ansporn zur produktiven Tätig keit größer ist, wenn man das Erarbeitete eines Tages seinen Nächsten vererben kann, damit diese z. B. den familieneige nen Betrieb reibungslos fortführen können oder anderweitig für sich vorsorgen können. So sieht ein vernünftiger Genera tionenvertrag aus.
Je stärker jedoch das Erbe versteuert, also der großen, anony men Gesellschaft zugeführt wird, desto geringer wird der An reiz zu produktiver Tätigkeit. Statt also eines nachhaltigen in tergenerativen Handelns wird durch die Erbschaftsteuer ein konsumtives Verhalten gefördert, und all das auf Kosten na türlicher familiärer Solidarität, die die Keimzelle unserer Ge sellschaft darstellt.
Bedarf es eigentlich noch weiterer Argumente, um sich klar zumachen, dass die Erbschaftsteuer der Gesellschaft im All gemeinen und dem Mittelstand im Besonderen massiv scha det?
Dann müssen wir also erkennen, dass die Apologeten der Erb schaftsteuer kurzsichtig sind, sozialdemagogisch, nivellie rungssüchtig und neidzerfressen.
Frei nach Ludwig von Mises – die Restliberalen in der FDP werden ihn noch kennen – nehmen sie sogar eine Verschlech terung der Situation aller in Kauf, wenn sie bloß das Bewusst sein haben, dass es sonst niemandem besser geht.
Die Verteidiger des Privateigentums, der Vertragsfreiheit, der darauf gründenden Rechtsstaatlichkeit, der sozialen Markt wirtschaft, der generationenübergreifenden Familienbande hingegen sind weitsichtig. Deshalb sind wir nicht für die Um gestaltung der Erbschaftsteuer, sondern für deren Abschaf fung.
Dies übrigens auch – damit komme ich zum Schluss – aus höchst pragmatischen Gründen. Meine Damen und Herren, die Erbschaftsteuer war nicht umsonst in den letzten zehn Jah ren drei Mal vor dem Bundesverfassungsgericht. Man muss kein großer Prophet sein, um zu sagen: Auch die jetzige Re
form wird wieder vor dem Verfassungsgericht landen. Sie wird es, weil sie nämlich ebenfalls nicht verfassungsfest ist, und zwar, weil das gar nicht geht.
Denn wir haben drei Problematiken: Wir haben eine Bewer tungsproblematik, wir haben eine Substanzbesteuerungspro blematik, und wir haben eine Ungleichbehandlungsproblema tik. Diese Ungleichbehandlungsproblematik können Sie nicht verfassungsfest machen, wenn Sie familieneigene Betriebe nicht entsprechend von der Erbschaftsbesteuerung ausneh men. In dem Moment haben Sie die Ungleichbehandlung, die nicht verfassungsfest ist. Jeder, der sich jemals mit der Erb schaftsteuer befasst hat, kennt diese Problematik, und jeder, der ein bisschen Kenntnis davon hat, weiß: Das Ding landet wieder vor dem Verfassungsgericht. Das ist sozusagen eine ABM für Juristen und für Politiker, die sich ad infinitum mit dieser Problematik beschäftigen –
das Ganze für ein Steueraufkommen, das insgesamt bundes weit nicht einmal 6 Milliarden € umfasst. Das ist eine sinnlo se Form von Steuerpolitik. Die einzig richtige Konsequenz ist, die Erbschaftsteuer ersatzlos abzuschaffen, wie es uns bei spielsweise Österreich und Schweden bereits vorgemacht ha ben.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte ei gentlich anders beginnen, aber aus gegebenem Anlass – weil man sich in diesem Haus ja nicht alles gefallen lassen muss – beginne ich so.
Gute Politiker haben keine bloß abstrakten Ziele oder eine professorale Rhetorik, sondern sie haben konkrete Ziele, und sie haben eine Verantwortung gegenüber dem Normalbürger, meine Damen und Herren. Darum geht es hier.
(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Claus Paal CDU: Sehr gut! – Zuruf des Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD)
Die Erbschaftsteuerreform mag auch die Wirkung haben, dass Geld von der einen Tasche in die andere Tasche fließt, näm lich zum Staat; aber dies dient nicht der Umverteilung, son
Deswegen sage ich: Die konkreten Ziele sind mit dieser Erb schaftsteuerreform erreicht. Sie sind auch durch das Bemü hen aus Baden-Württemberg – meine Vorredner haben darauf hingewiesen –, sowohl von der bisherigen Landesregierung als auch von der neuen Landesregierung, erreicht worden.
In den vergangenen Monaten und Jahren haben wir uns auch von Baden-Württemberg aus angestrengt, die Interessen des Südweststaats einzubringen, insbesondere die Interessen des familiären Mittelstands. Wir haben hier – das ist nicht immer einfach – Terraingewinne erzielt, wie der jetzige Kompromiss zeigt.