Herr Kollege Hofelich, wenn Sie nicht mehr weiterwissen, ziehen Sie immer die abgenutzte Kampfvokabel des Neolibe ralismus heraus.
Fällt Ihnen wirklich nichts Besseres mehr ein, als immer wie der diese Vokabel zu bringen? Fragen Sie sich doch vielleicht einmal, warum die viel zitierten „kleinen Leute“, die Sie an sprechen, eben nicht mehr Ihre „Volkspartei“ – in Anführungs strichen – wählen, sondern uns. Ich könnte Ihnen das erklä ren. Finden Sie es doch aber selbst heraus. – Damit will ich es ein Bewenden haben lassen.
Was Sie anbelangt, Frau Ministerin Sitzmann, habe ich ein ge wisses Verständnis dafür, wenn Sie als Finanzministerin eine etatistische Sicht auf die Dinge haben. Die müssen Sie haben. Das ist logisch. Ich sage aber: Das ist zu kurz gesprungen. Denn Sie fragen: „Wo nehmen wir denn die Einsparungen her,
wenn wir die Erbschaftsteuer nicht mehr haben?“, und ich sa ge Ihnen: Wir werden bei den anderen Steuern, bei den Er tragsteuern, Steuermehraufkommen haben, wenn die Erb schaftsteuer gestrichen wird, weil eine Kapitalabwanderung dann nämlich nicht stattfinden wird und weil das in puncto Einkommensteuer zusätzliche Einkünfte bringt.
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmel dungen vor. Damit ist die Aktuelle Debatte beendet und Punkt 2 der Tagesordnung erledigt.
Darf ich noch um etwas Ruhe bitten? – Sehr geehrte Kolle ginnen und Kollegen, sehr geehrte Mitglieder der Regierung, bevor wir nun in die Mittagspause eintreten, darf ich Sie auf die Eröffnung der Ausstellung „Stand up! Mädchen zeigen Meinung“ hinweisen, die unmittelbar im Anschluss im Foyer stattfindet.
Die Landesarbeitsgemeinschaft Mädchenpolitik möchte mit ihrer Ausstellung anlässlich des gestrigen Weltmädchentags auf die weltweite Benachteiligung von Mädchen aufmerksam machen. Es geht darum, die Bedürfnisse und Wünsche von Mädchen sichtbar zu machen und die Partizipation von Mäd chen in der Gesellschaft zu stärken.
Meine Damen und Herren, ich möchte Sie an dieser Stelle aus drücklich bitten, der Einladung zu folgen und sich die Aus stellung anzusehen. Dieses wichtige Thema verdient unsere Aufmerksamkeit. Daher lade ich Sie herzlich zu der nun statt findenden Ausstellungseröffnung mit anschließendem Steh empfang ein und freue mich, Sie gleich unten im Foyer be grüßen zu dürfen.
E r g e b n i s s e d e r V e r k e h r s m i n i s t e r k o n f e r e n z v o m 6. u n d 7. O k t o b e r 2 0 1 6 i n S t u t t g a r t
Vielen Dank, Herr Präsi dent. – Herr Minister, die Verkehrsministerkonferenz hatte die Sicherung der innerstädtischen Mobilität und der Luftreinhal tung auf der Tagesordnung. Dazu meine Frage: Welche Be schlüsse wurden dort gefasst, und welche Auswirkungen ha ben diese Beschlüsse auf Baden-Württemberg, auf unsere Ver kehrspolitik und das Luftreinhaltekonzept, insbesondere hier in Stuttgart?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herzlichen Dank für die Frage. Die Verkehrsministerkonferenz fand am vergan genen Donnerstag und Freitag in Stuttgart statt, obwohl Ba den-Württemberg nicht den Vorsitz hatte. Aber es ist so, dass die großen Länder die kleinen Länder – in diesem Fall Meck lenburg-Vorpommern – bei der Durchführung der zweiten Ver kehrsministerkonferenz unterstützen.
Wir hatten eine umfangreiche Tagesordnung, aber der in der Öffentlichkeit am meisten wahrgenommene Tagesordnungs punkt lautete „Sicherung der innerstädtischen Mobilität und der Luftreinhaltung“. Darüber haben wir natürlich auch viel diskutiert. Es ist in der Verkehrsministerkonferenz, die im Ap ril stattfand, schon einmal darüber diskutiert worden. Die Ver kehrsministerkonferenz hat eine länderoffene Arbeitsgruppe – so heißt das Format – eingerichtet. Unter der Führung von Bremen und Berlin sind die bisher vorliegenden Maßnahmen bearbeitet und bewertet worden, und zwar immer mit Blick auf die beiden Fragen: Wie sichern wir die Mobilität? Wie hal ten wir die Luft sauber bzw. schützen wir die Gesundheit der Menschen?
Das war sozusagen der doppelte Anspruch. Daraus ist ein An trag erwachsen, der sehr umfangreich und sehr weitreichend ist und der am Ende auch bis auf einen Punkt einstimmig ver abschiedet worden ist. Zunächst ist es ein klares Bekenntnis dazu, dass wir alle besorgt sind über die hohen Schadstoffbe lastungen in den Städten, insbesondere hinsichtlich der Stick oxide. In Klammern – das muss ich dazusagen –: Es ist nicht nur Stuttgart, sondern es sind etwa 80 Städte in Deutschland, in denen die Grenzwerte bei Stickoxiden nicht eingehalten werden. Obwohl die Grenzwerte schon seit 2010 gelten, hal ten wir sie immer noch nicht ein. Es wird darauf hingewiesen, dass das natürlich schwerpunktmäßig ein Problem in Bal lungsräumen und in großen Städten ist.
Es wird drittens gesagt, dass Bund und Länder die Kommu nen dabei unterstützen müssen, dass sie eine Verkehrsentwick lung und Raum- und Siedlungspolitik machen können, die den Individualverkehr dauerhaft zurückfährt und vor allem die an deren, umweltfreundlichen Verkehrsarten – ÖPNV, Fuß- und Radverkehr – verbessert, die Verkehrsträger besser miteinan der vernetzt, auch das Umsteigen durch Park-and-ride-Plätze, Bike-and-ride-Plätze usw. erleichtert.
Schließlich legen wir Minister auch Wert darauf, dass auf eu ropäischer Ebene bald Klarheit geschaffen wird, dass die Fahr zeuge auch so sauber sind, wie die Hersteller dies auf den Pa pieren angeben. Sprich: Wir brauchen neue Zulassungsver fahren, die an den realen Emissionen im Verkehr angelegt sind, das heißt, Real Driving Emissions als Regelung, die al so hinsichtlich der Abgasemissionen nahe am Verkehr sind, und auch ein neues Zulassungsverfahren – das WLTP-Verfah ren –, das damit einhergeht.
Eines ist, glaube ich, in den letzten Wochen und Monaten sehr deutlich geworden: Wären die Autos so sauber, wie es auf dem Papier steht, hätten wir all die Probleme nicht. Dass wir in den Städten nach wie vor hohe Schadstoffbelastungen haben, hat etwas mit dem Nichteinhalten, mit dem Nutzen der Schlupf löcher und mit dem Betrugsverfahren zu tun.
Ich sage es auch noch gleich dazu: Dass wir so hohe Stick oxidbelastungen haben, liegt daran, dass die Umweltzonen als Maßnahmen gegen Feinstaub konstruiert waren, nicht gegen NOx. Die Folge war, dass die Motoren mit Euro-5-Norm so optimiert wurden, dass der Feinstaub reduziert wurde und die Stickoxidwerte in die Höhe gegangen sind. Jetzt haben wir heute Dieselfahrzeuge der Euro-5-Norm, die bei der Partikel emission besser geworden sind, aber bei Stickoxid, NOx, schlechter geworden sind. Das ist unser Problem.
Deswegen ist es richtig, dass ab 2015 der Grenzwert aus der Zulassungsnorm Euro 6 gilt, die dieses Problem wieder ein fängt. Deswegen brauchen wir dringend möglichst viele Eu ro-6-Fahrzeuge und weniger Altfahrzeuge im Dieselbereich.
... bittet die Verkehrsministerkonferenz den Bund, gemein sam mit den Ländern Strategien zu erarbeiten, die den geordneten Ausstieg aus der Nutzung fossiler Kraftstoffe – vor allem im Pkw-Segment – unterstützen.
Die nationalen Ziele sollen in die europäischen Verhandlun gen zu den Emissionsanforderungen an Neuwagen integriert werden.
Das ist ein sehr weitgehender Ansatz. Er steht aber im Geist der Verantwortung, dass wir bis Mitte des Jahrhunderts im Verkehrssektor weitgehend klimaneutral werden müssen. Das heißt aber auch, dass wir jetzt anfangen müssen, von der fos silen Verbrennung Abstand zu gewinnen.
Daher besteht die Forderung, alternative Antriebe, Elektroan triebe, Erdgas, Flüssiggas und natürlich Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie zu fördern. All dies müssen wir massiver und intensiver unterstützen als bisher.
Wir fordern auch, dass die öffentlichen Flotten, die Fahrzeu ge des ÖPNV bis hin zu den Taxen, umgerüstet werden müs sen und wir dort schnellstmöglich abgasarme Fahrzeuge ha ben.
Jetzt komme ich zum letzten Punkt, der eben umstritten war, zu der Frage: Brauchen wir dazu eine blaue Plakette, ja oder nein? Die Verkehrsministerkonferenz hat lange diskutiert und hat am Ende gesagt: Dieses Thema ist noch nicht entschei dungsreif. Baden-Württemberg hat zusammen mit Berlin, Bre men und Hessen gesagt: Wir brauchen die blaue Plakette.
Ich sage auch hier noch einmal in aller Deutlichkeit: Wir brau chen in Stuttgart – da gibt es klare Berechnungen, klare Ana lysen – die blaue Plakette, um sicherzustellen, dass saubere Dieselfahrzeuge einfahren dürfen. Ansonsten müssten wir da mit rechnen, dass per Gerichtsentscheid alle Fahrzeuge – oder alle Dieselfahrzeuge – nicht mehr nach Stuttgart einfahren dürfen, weil die Grenzwerte sonst nicht eingehalten werden.
Ich sage ganz klar: Die blaue Plakette ist eine Maßnahme, die nicht zwingend überall eingeführt wird. Aber den Kommu nen, die trotz aller Anstrengungen – mehr ÖPNV, mehr Rad verkehr, umfassenderes Umsteigekonzept usw. – die Grenz werte nicht einhalten können, muss ein Hebel in die Hand ge geben werden, wie sie die Flotte in ihrem Ballungsraum mo dernisieren können. Man könnte ja auch sagen, dass die sau beren Dieselfahrzeuge und selbstverständlich auch die saube ren Benziner einfahren dürfen, die dreckigen aber eben nicht mehr.
Das ist eine Forderung, die in der Verkehrsministerkonferenz noch nicht mehrheitsfähig war. Ich bin aber froh, dass sie nicht grundsätzlich abgelehnt wurde. Wir, die Landesregierung, werden dranbleiben; denn wir haben – das sage ich ganz of fen – einen richtigen Druck; wir stehen vor der nächsten Ge richtsverhandlung.
Bei der Europäischen Kommission stehen wir ebenfalls schon auf dem Anklagepodest. Die Kommission klagt ja am Beispiel Stuttgart gegen Deutschland. Deswegen müssen wir zeigen, dass wir alles tun, was wir können. Wir müssen aber auch da rauf hinweisen, dass wir einige Dinge nur tun können, wenn durch den Bund oder Europa die Voraussetzungen dazu ge schaffen werden.
Herr Minister, das Stichwort „Blaue Plakette“ ist gefallen. Uns würde interessieren, wie wir Belastungen für Handwerker, für Lieferanten, die von aus wärts kommen, so gering wie möglich halten können. Was ist da von Ihrer Seite geplant?