Sehr geehrte Frau Prä sidentin, werte Kollegen Abgeordnete! Hier habe ich nur zwei Minuten Redezeit, aber im Finanzausschuss habe ich lange und ausführlich zu diesem Thema geredet. Sie können es auf meiner Homepage nachlesen.
Es handelt sich um das Bodenwertsteuergesetz – auch so ge nannt von der Frau Finanzministerin –, das kaum mehr etwas mit der Materie der herkömmlichen Grundsteuer oder der Grundsteuer in anderen Bundesländern zu tun haben wird. Ich möchte deshalb besser von einer Bodenfiktivwertsteuergesetz gebung reden. Diese Bodenfiktivwertsteuer ist ökologisch falsch, sozial und moralisch falsch sowie juristisch-legal äu ßerst fragwürdig.
Intakte Hausgärten werden in Zukunft ein teurer Luxus sein. Aber wo sonst als in intakten Hausgärten haben wir eine klein räumige Biodiversität?
Die Bodenfiktivwertsteuer ist sozial und moralisch falsch. Sie trifft heftig Besitzer, Mieter, Bewohner von Ein- und Zweifa milienhäusern in älteren Wohngebieten, nämlich dort, wo man sich diese Wohnungen früher einfacher leisten konnte. Sie bie ten vergleichsweise billiges Wohnen. Es wohnen darin junge Leute, junge Familien, es wohnen Rentner darin. Diese Woh nungen werden extremst verteuert. Das ist absurd. Das ist so zial und moralisch wirklich falsch.
Zudem ist die baden-württembergische Bodenfiktivwertsteu er juristisch-legal äußerst fragwürdig. Woher sonst kommt das dauernde Pfeifen im Walde, wenn ich andauernd höre, das sei verfassungskonform? Sie wissen genau: Was Sie da machen, ist fragwürdig.
Denn nicht der konkrete, der momentan tatsächliche Wert des Grundstücks wird besteuert, sondern ein fiktiver Wert. Es heißt sogar mehrfach im Gesetzentwurf „das Potenzial eines Grund stücks“, das heißt der abstrakte Wert, die abstrakte Leistungs fähigkeit des Grundstücks, kein konkreter Wert. Das ist eine fiktive Fantasiezahl. Das, was mit dem Grundstück vielleicht
möglich wäre, soll besteuert werden. Das ist eine Steuer auf eventuelle Möglichkeiten, nicht auf Fakten und Tatsachen.
Es bleibt nur zu hoffen, dass Gerichte dies erkennen und die sen ideologischen Wahnsinn stoppen. Wenn nicht, dann wer den wir in ca. zehn bis 15 Jahren...
... kaum mehr freiste hende Ein- und Zweifamilienhäuser im Einzugsbereich von Städten, Vororten und Gemeinden haben.
Sehr geehrte Damen und Herren! Allen Unkenrufen der Op position zum Trotz: Der Gesetzentwurf, der heute abgestimmt wird, ist mutig, ökologisch, innovativ, transparent, verfas sungsfest und gerecht.
Wie bereits von der Kollegin Walker und dem Kollegen Wald betont worden ist, haben wir uns lange und intensiv mit die sem Gesetzentwurf beschäftigt.
(Abg. Emil Sänze AfD: Das hat ja nichts genutzt! – Abg. Rüdiger Klos AfD: Das merkt man ihm nicht an!)
Wir haben ihn auch intensiven verfassungsrechtlichen Prüfun gen unterzogen. Nach diesen intensiven Diskussionen und Verhandlungen können wir heute die jahrzehntelange Diskus sion um die Grundsteuer hier in Baden-Württemberg endlich zu einem erfolgreichen Abschluss bringen.
Besonders stolz bin ich darauf und können wir darauf sein, dass das erste eigene Landessteuergesetz in Baden-Württem berg gleichzeitig auch einfach und gerecht ist. Wir setzen auf Steuervereinfachung und Steuergerechtigkeit. Beides ist die Grundlage für dieses Gesetz, meine Damen und Herren.
Die Grundsteuer ist mit einem Volumen von ca. 1,8 Milliar den € eine der verlässlichsten Einnahmequellen der Kommu nen. Sie wissen, dass die Einnahmen aus der Grundsteuer zu 100 % den Kommunen zur Verfügung stehen. Im Gegensatz zur Gewerbesteuer und zu den Schlüsselzuweisungen ist die
se Einnahmequelle konjunkturunabhängig. Wir sehen heute, wie wichtig es ist, diese Einnahmequelle zu haben.
Durch die Grundsteuer erhalten die Kommunen – das ist der Sinn – einen Ausgleich für Leistungen, die nicht über Gebüh ren und Beiträge direkt zugeordnet werden können.
Wer den Gesetzentwurf studiert hat, weiß, dass wir an der grundsätzlichen Unterscheidung zwischen der Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftliche Vermögen und der Grund steuer B für das Grundvermögen festhalten. Bei der Grund steuer A setzen wir auf das Bundesmodell. Bei der Grundsteu er B wenden wir das Prinzip der Bodenwertsteuer an.
Die Bewertung der Grundsteuer B erfolgt zum Stichtag 1. Ja nuar 2022. Sie beruht auf lediglich zwei Parametern, nämlich der Grundstücksfläche und dem Bodenrichtwert. Einfacher, meine Damen und Herren, geht es definitiv nicht.
Ich finde es schon sehr interessant, dass die SPD hier für das Bundesmodell plädiert. Ich kann es mir jetzt nicht verkneifen, Ihnen einmal zu sagen, wie beim Bundesmodell die Grund steuer berechnet wird.
Sie wird mit zwei Säulen berechnet, nämlich zum einen – da ist es fast analog zu unserem Modell –: Bodenrichtwert mul tipliziert mit der Grundstücksfläche. Dazu kommt noch ein Abzinsungsfaktor. Das ergibt den abgezinsten Bodenwert. Das fließt als eine Säule in den Grundstückswert ein.
Da gibt es nämlich eine fiktive Miete in Euro pro Quadratme ter nach Gebäudetyp – also Einfamilienhaus, Zweifamilien haus, Mehrfamilienhaus –, Wohnungsgröße in Quadratmetern und Baujahr, gegebenenfalls mit einem Zu- und Abschlag auf grund der Mietstufe. Diese fiktive Miete multipliziert mit der Wohnfläche, hochgerechnet auf zwölf Monate ergibt den jähr lichen Rohertrag. Der jährliche Rohertrag abzüglich der Be wirtschaftungskosten nach Gebäudetyp und Baujahr ergibt den jährlichen Reinertrag. Der jährliche Reinertrag multipli ziert mit dem Vervielfältiger in Abhängigkeit der Restnut zungsdauer und des Liegenschaftszinses ergibt den Barwert des Reinertrags.
Diese zweite Säule fließt dann in den Grundstückswert ein. Das Ganze multipliziert mit der Steuermesszahl ergibt den Steuermessbetrag. Schließlich erhält man durch Multiplikati on mit dem Hebesatz der Kommune die Höhe der Grundsteu er.
Wie man das jetzt als einfaches Modell anpreisen kann, ist mir absolut unverständlich, meine Damen und Herren.
Es ist eben extrem kompliziert, es ist nicht transparent. Es ist doch für die Steuerpflichtigen überhaupt nicht nachvollzieh bar, wie die Grundsteuer am Ende berechnet wird.
Meine Damen und Herren, bei unserem Modell ist das defini tiv anders. Es ist einfach, es ist transparent, es ist nachvoll ziehbar, es ist gerecht, und – darauf komme ich gleich noch – es ist verfassungsfest.
Ja, dazu kommen wir gleich noch, Herr Kollege Hofelich. – Die Lage des Grundstücks wird nach tatsächlich realen Wertverhältnissen abgebildet. Deshalb stellen wir damit die vom Bundesverfassungsgericht geforderte relationsgerechte Bewertung sicher.