Protokoll der Sitzung vom 11.11.2020

(Beifall)

Auch zu diesem Thema gab es viele Debatten. Deswegen ha ben wir im Anhörungsverfahren noch einmal explizit klarge stellt – es ist eigentlich selbstverständlich, aber es ist wichtig, dies zu betonen –: Selbstverständlich untersteht diese Rege lung der Wahrung der Wissenschaftsfreiheit. Sie kann also nur in diesem Rahmen umgesetzt werden. Ich glaube, dass wir da mit eine Regelung vorgelegt haben, die alle Sichtweisen ad äquat berücksichtigt.

Zum Schluss: Es gibt noch jede Menge weiterer Änderungen, auch relevanter Änderungen, etwa in den Bereichen „Corona bedingte Anpassungen“, Bauherreneigenschaft, Datenschutz, „Verfahrensvereinbarungen bei Struktur- und Entwicklungs plänen“, „Stärkung der Lehrbeauftragten an Musikhochschu len“, „Tandemprofessuren für HAWs“. All diesen Themen werden wir uns im Rahmen der vertieften Beratungen im Wis senschaftsausschuss widmen können.

Ich freue mich auf den weiteren Beratungsprozess und bedan ke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall – Abg. Nicole Razavi CDU: Löst das jetzt schon die doppelte Redezeit für die Fraktionen aus?)

Ich habe mir überlegt, ob ich die Redezeit der Fraktionen verlängern muss. Schauen wir mal.

Herr Kollege Salomon, Sie haben das Wort.

(Zurufe, u. a.: Wir dürfen doch auch nur fünf Minu ten!)

Ja, ja.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich wi derstehe der Verlockung, Ihnen jetzt noch den Rest zu erzäh len,

(Oh-Rufe)

was in diesem Gesetz steht. Ich werde nur einige Punkte he rausgreifen.

Am Anfang möchte ich an die Rede der Frau Ministerin an knüpfen. Gesetze sind kein Selbstzweck, sind nicht für sich selbst da und dienen nicht sich selbst, sondern immer den Menschen, an die sie adressiert sind. So ist es auch in diesem Fall. Das Landeshochschulgesetz soll vor allem unserer Wis senschaft, Forschung und Lehre dienen und diese stärken.

Was meine ich damit genau? Wir haben in den letzten Wo chen, Monaten und erst gestern die Meldungen über den Impf stoff gegen das Coronavirus mitverfolgt, der bei CureVac, der bei BioNTech und der weltweit entwickelt wird.

Wir haben in den letzten Monaten auch zu Recht die Bedeu tung der gesellschaftlich wichtigen Bereiche Pflege, Medizin und Gesundheitswirtschaft insgesamt, aber darüber hinaus auch der Gastronomie, der Kultur und der Wirtschaft gesehen, die man vorher vielleicht oftmals unterschätzt hat. Wir haben gesehen, welche Bedeutung diese gesellschaftlichen Bereiche für unser Gemeinwohl, für unsere Gesellschaft haben.

Meines Erachtens ist dabei oftmals die Wissenschaft – bis auf ein paar mediale Leuchtfeuer, die es durchaus gab – zu kurz gekommen, und das, obwohl – das darf man durchaus festhal ten; das darf ich zumindest für mich festhalten – mir die Wis senschaft und uns die Wissenschaft durchaus Halt gegeben hat, eine Orientierung gegeben hat, immer mit Antworten da war, die in dieser Zeit aber nicht immer unverrückbar waren. Man muss auch sehen: Wissenschaft ist keine allgemeingül tige Religion oder irgendetwas in dieser Richtung, sondern Wissenschaft muss den Stand der Information, der Technik wiedergeben, muss informieren, muss die Menschen führen und aufzeigen, was aus wissenschaftlichen Gesichtspunkten ein möglicher, ein richtiger Weg ist.

Dabei sind die Meldungen, die wir von BioNTech und Cure Vac bekommen haben, keine Selbstverständlichkeit. Wir dür fen nicht annehmen, dass der Weg sowieso dahin geführt hät te.

Es ist, denke ich, wichtig, festzuhalten: Diese Meldungen, die wir über den Impfstoff haben, die Meldungen, die wir in der Technik allgemein, aber auch in den Gesellschaftswissen schaften haben, beginnen bei uns in Baden-Württemberg, in Deutschland und weltweit in den Vorlesungssälen, in den Se minarräumen, in den Laboren.

Die Wissenschaft beginnt bei uns an den Hochschulen, an den Wissenschaftseinrichtungen. Deswegen sind Unternehmen wie BioNTech, wie CureVac natürlich wirtschaftliche Erfolgs geschichten;

(Beifall)

sie zeigen aber auch zusätzlich, dass wir gerade die Kraft und die Innovation aus der Wissenschaft ziehen. Deswegen sind CureVac und BioNTech vor allem Erfolgsgeschichten der Wissenschaft. Das sollten wir meines Erachtens noch einmal herausarbeiten.

(Vereinzelt Beifall)

Dabei ist auch noch einmal zu betonen, dass die Innovations kraft – damit knüpfe ich wieder an den Anfang an – ein we sentliches Merkmal ist. Wir werden nicht über die Größe, über die Mittelhöhe mit anderen Nationen, Regionen auf der Welt

konkurrieren können, sondern wir müssen mit innovativen, mit klugen Köpfen darauf reagieren. Dafür haben wir auch gute Beispiele.

Deswegen haben wir zu den Aufgaben im Gesetz verankert – die Frau Ministerin hat es ausgeführt –, dass die Innovation auch zukünftig ein wesentlicher Gesichtspunkt unserer Hoch schulen ist. Die Hochschulen haben in diesem Bereich bereits viel gemacht.

Wir verstärken diesen Bereich um eine zweite Aufgabe, in dem wir in diesem Gesetzentwurf den Aufgaben der Hoch schulen insgesamt ein Update gegeben haben – das ist ein zweiter großer Punkt, den es zu unterstützen gilt –, nämlich in dem Thema Nachhaltigkeit und damit auch in dem Thema Klimaschutz. Das ist eine weitere große Herausforderung, vor der wir weltweit stehen, vor der wir in Baden-Württemberg stehen.

Auch dieses Thema haben wir in diesem Gesetzentwurf zen tral verankert, haben es zur Aufgabe der Rektorate – es ist al so zukünftig Chefsache bzw. Chefinnensache – gemacht. Es ist – so glaube ich – wichtig, dass wir in Zukunft solche Auf gaben noch mehr in den Hochschulen, mit den Hochschulen, mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, mit den Studierenden zusammen denken. Dann schaffen wir diese Auf gaben auch. Das sind große Aufgaben. Da müssen wir auch auf die Innovationsfähigkeit und auf die Kraft unserer Hoch schulen setzen.

(Vereinzelt Beifall)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wurde unter den Aufgaben noch ein dritter wichtiger Punkt definiert: das The ma Tierschutz. Gerade Baden-Württemberg hat hier eine be sondere Rolle, weil wir sehr forschungsstark sind, in der Ver gangenheit einen sehr hohen Tierverbrauch hatten. Wir müs sen darauf reagieren, indem wir unseren Hochschulen in der Lehre die Möglichkeit geben, wenn es vergleichbare adäqua te Methoden gibt, dass diese auch eingesetzt werden können, damit die Studierenden in unserem Land auch ein Studium ohne Tierversuche absolvieren können.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Oh, bitte!)

Auch das ist meines Erachtens ein wesentlicher Erfolg und ist tatsächlich eine Ausformung des im Grundgesetz verankerten Tierschutzrechts. Das haben wir jetzt auch in das Landeshoch schulgesetz eingeführt, meine Damen und Herren.

(Beifall – Abg. Rüdiger Klos AfD: Was für ein Quatsch!)

Lassen Sie mich zum Schluss bitte noch kurz Folgendes sa gen. Das Landeshochschulgesetz, wie es Ihnen jetzt vorliegt, ist ein starkes Zeichen für unseren Wissenschafts- und For schungsstandort. Wir werden weiter daran arbeiten – das ha ben wir ganz stark vor –, dass wir unsere Erfolgsgeschichten, von denen CureVac nur ein Beispiel von vielen ist, in diesem Land fortführen können.

Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss und dann auf die zweite Lesung hier im Plenum.

Vielen Dank.

(Beifall)

Als Nächste spricht Frau Kollegin Marion Gentges.

Verehrte Frau Präsidentin, mei ne sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorlie genden Gesetzentwurf ändern wir zum zweiten Mal in dieser Legislaturperiode das Hochschulrecht unseres Landes.

Auslöser für die Novelle Anfang 2018 war ein Urteil des Ver fassungsgerichtshofs Baden-Württemberg. Nach diesem Ur teil mussten die Regelungen zur Wahl und Abwahl der Rek toratsmitglieder neu gefasst werden. Wir haben damals die Gelegenheit genutzt und u. a. einen eigenen Status für Dok toranden oder auch zusätzliche Spielräume für unternehmeri sche Gründungen aus Hochschulen geschaffen.

Auch die nun im Entwurf vorliegende Novelle des Hochschul rechts in Baden-Württemberg geht auf einen äußeren Anlass zurück, auf Änderungen – es wurde bereits angesprochen – im Umsatzsteuerrecht, die das erhebliche Risiko bergen, dass Leistungen von Hochschulen künftig der Umsatzsteuer unter fallen. Darauf reagiert der vorliegende Entwurf. Er sieht im Hochschulrecht Regelungen vor, die es den Hochschulen er leichtern sollen, sich bei der umsatzsteuerrechtlichen Bewer tung von Kooperationsbeziehungen auf einen gesetzlich defi nierten Ausnahmetatbestand zu berufen.

Dabei muss allerdings eines klar sein: Die steuerrechtliche Bewertung liegt nicht in unserer Hand, liegt nicht in der Hand des Gesetzgebers. Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an, und diese werden von den Finanzämtern geprüft und ab gewogen.

Es geht also mit den Regelungen im Grunde nur darum, an dieser Stelle Auslegungshilfe zu leisten. Eine Gewissheit, dass uns das am Ende gelingen wird, gibt es leider nicht.

In der Konsequenz bedeutet das auch, meine Damen und Her ren, dass wir uns als Haushaltsgesetzgeber darauf einstellen müssen, den Hochschulen gegebenenfalls künftig durch an fallende Umsatzsteuer entstehende Mehrkosten angemessen auszugleichen. Nur so wird es gegebenenfalls auch gelingen können, den hohen Standard in Forschung und Lehre, den wir an unseren Hochschulen haben, weiter aufrechtzuerhalten.

Wir haben, meine sehr geehrten Damen und Herren, durch den äußeren Anlass verursacht auch andere Änderungen im Hochschulrecht angestoßen. Es wurde bereits gesagt: allein im LHG selbst über 300 Änderungen. Wenn man jetzt darauf eingehen möchte, treten der Umfang der Änderungen auf der einen Seite und die begrenzte Redezeit auf der anderen Seite in ernsthafte Konkurrenz. Deshalb würde ich es schlaglicht artig und exemplarisch probieren.

Wir schaffen in den Änderungen eine Grundlage zur Übertra gung der Bauherreneigenschaft auf die Hochschulen. Über diese Frage wurde lange gerungen. Ich freue mich deshalb umso mehr, dass es jetzt gelungen ist, endlich eine Lösung zu finden, die auch Eingang in das Landeshochschulgesetz fin det.

(Beifall – Zuruf: Sehr gut!)

Außerdem erweitern wir mit der Novelle die Möglichkeiten der Hochschulen, Unternehmensgründungen aus ihrem Um

feld zu fördern. Hochschulen können Gründern nicht mehr nur wie bislang drei Jahre, sondern bis zu fünf Jahre Einrich tungen der Hochschulen zur Verfügung stellen, wenn die Grün der zuvor Mitglieder der Hochschule waren.

Über die staatliche Anerkennung nicht staatlicher Hochschu len wurde bereits gesprochen.

Wir schaffen Regelungen, die es den Hochschulen ermögli chen, in ihrer Satzung ein Verbot von Gesichtsvollverschlei erungen vorzunehmen, insbesondere wenn es unter Sicher heitsaspekten, prüfungsrechtlichen Vorgaben oder besonde ren Anforderungen einzelner Lehrveranstaltungen erforder lich ist.

Wir führen – auch das wurde schon gesagt – das Ordnungs recht an den Hochschulen wieder ein, um in Fällen, in denen der Hochschulbetrieb von einzelnen Hochschulmitgliedern massiv oder sogar mit Gewalt gestört wird, die Hochschulen in die Lage zu versetzen, angemessen zu reagieren.